Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_305/2024
Urteil vom 25. April 2024
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Vernachlässigung von Unterhaltspflichten; Anspruch auf ein faires Verfahren, unabhängiger Richter, Prinzip der Waffengleichheit etc.; Nichteintreten,
Beschwerde gegen den Zirkulationsentscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 14. Februar 2024 (ST.2022.134-SK3 /
Proz. Nr. ST.2018.43134).
Die Präsidentin zieht in Erwägung:
1.
Das Kantonsgericht St. Gallen trat am 14. Februar 2024 auf die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Entscheid des Kreisgerichts St. Gallen vom 9. Juni 2022 nicht ein. Der Beschwerdeführer wendet sich mit elektronischer Beschwerdeeingabe an das Bundesgericht.
2.
2.1. Die Beschwerde in Strafsachen ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1 BGG). Die 30-tägige Frist ist nur gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben wird (Art. 48 Abs. 1 BGG); im Falle der elektronischen Einreichung nach Art. 42 Abs. 4 BGG ist für die Fristwahrung der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind (Art. 48 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht hat diesbezüglich jüngst festgehalten, dass für die Einhaltung einer Frist einzig die rechtzeitige Ausstellung der Abgabequittung massgebend ist, mit welcher die Zustellplattform den Eingang der Meldung bestätigt (Urteil 6B_739/2021 vom 14. Juni 2023 E. 1.2.2 mit diversen Hinweisen).
2.2. Der per Einschreiben verschickte Zirkularentscheid vom 14. Februar 2024 wurde dem Beschwerdeführer gemäss Sendungsverfolgung der Post am 29. Februar 2024 am Schalter zugestellt. Die Frist für die Einreichung der Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG begann folglich am 1. März 2024 zu laufen und endete unter Berücksichtigung von Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG am 15. April 2024. Davon geht auch der Beschwerdeführer aus. Indessen hat er seine elektronische Beschwerde - wie sich aus der Abgabequittung von PrivaSphere ergibt - erst am 16. April 2024 und damit nach Fristablauf übermittelt. Die Beschwerde erweist sich mithin als verspätet.
3.
Der Beschwerdeführer ersucht sinngemäss um Wiederherstellung der Frist (Art. 50 BGG).
3.1. Gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG wird eine versäumte Frist wiederhergestellt, wenn der Gesuchsteller nachweist, dass er oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innerhalb der Frist zu handeln, und binnen 30 Tagen die Wiederherstellung verlangt und die versäumte Rechtshandlung nachholt. Ein unverschuldetes Hindernis im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung liegt vor, wenn der Partei (und gegebenenfalls ihrem Vertreter) kein Vorwurf gemacht werden kann (vgl. BGE 143 I 284 E. 1.3; 112 V 255 E. 2a; Urteil 6B_774/2021 vom 3. November 2021 E. 1.2 mit Hinweis). Nach der Rechtsprechung kann die Wiederherstellung nur bei klarer Schuldlosigkeit gewährt werden. Jedes Verschulden einer Partei, ihres Vertreters oder beigezogener Hilfspersonen, so geringfügig es sein mag, schliesst die Wiederherstellung aus. Es gilt ein strenger Massstab (Urteile 6B_1480/2022 vom 13. Januar 2023 E. 3.1; 6B_774/2021 vom 3. November 2021 E. 1.3, 6B_1367/2020 vom 9. Februar 2021 E. 3; je mit Hinweisen).
3.2. Der Beschwerde liegt u.a. ein ärztliches Zeugnis vom 2. April 2024 bei, das dem Beschwerdeführer eine nicht näher umschriebene krankheitsbedingte 100%-ige Arbeitsunfähigkeit vom 1. April 2024 bis und mit 30. April 2024 attestiert. Dass und weshalb er aus gesundheitlichen Gründen nicht im Stande gewesen sein soll, die von ihm verfasste Rechtsschrift rechtzeitig einzureichen oder eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen, ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht im Geringsten dargetan. Allein aus dem ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsattest lässt sich nicht auf ein so weitgehendes Handlungshindernis im Sinne von Art. 50 BGG schliessen (statt vieler siehe Urteile 6B_1289/2023 vom 22. Februar 2024 E. 13 und 6B_230/2010 vom 15. Juli 2010 E. 2.2), dies umso mehr, als der Beschwerdeführer die Beschwerde einschliesslich Fristwiederherstellungsgesuch trotz attestierter 100%-iger Arbeitsunfähigkeit am 16. April 2024 aufgegeben hat bzw. hat aufgeben können.
3.3. Sodann weist der Beschwerdeführer auf "eine beeinträchtigte fristgerechte Zustellung durch eine fehlerhafte Adressierung" hin, wie sie durch das System von PrivaSphere vorgeschlagen worden sei. Durch eine "Vakanz der zentralen Kanzlei laut Telefonbuch" und das "Fehlen einer eindeutigen E-Mail auf der Webseite des Bundesgerichts" für elektronische Eingaben sei ihm der rechtliche Zugang zusätzlich erschwert worden. Dieses Vorbringen stellt, soweit nachvollziehbar, ebenso wenig einen Grund dar, um eine Fristwiederherstellung zu rechtfertigen. Die offizielle Zustelladresse des Bundesgerichts (Lausanne) für die Übermittlung von elektronischen Beschwerden wird im auf dem Internetauftritt des Bundesgerichts publizierten Anhang zum Reglement des Bundesgerichts über den elektronischen Rechtsverkehr mit Parteien und Vorinstanzen (ReRBGer) angegeben; sie entspricht der Adresse des elektronischen Postfaches des Bundesgerichts auf der Zustellplatform PrivaSphere und ist - auch für einen Laien - ohne Schwierigkeiten zu finden. Aus den vom Beschwerdeführer eingereichten Unterlagen geht hervor, dass er seine Beschwerde am 15. April 2024 um 23:59:38 Uhr via PrivaSphere und folglich unmittelbar vor Ablauf der Beschwerdefrist elektronisch zum Versand aufgab. Nur wenige Sekunden später, jedoch bereits nach Fristablauf, nämlich am 16. April 2024 um 00:00:13 Uhr, erhielt er eine Fehlermeldung, wonach die Beschwerdeeingabe wegen ungültiger Adresse ("invalid address") nicht übermittelt habe werden können. Diesen Umstand hat sich der Beschwerdeführer indessen selbst zuzuschreiben, wartete er mit dem Versand seiner Beschwerde doch derart lange zu, dass ihm nach Zustellung der Fehlermeldung keinerlei Zeit verblieb, die Beschwerde - sei es elektronisch oder postalisch - erneut innert Frist zu übermitteln (vgl. hierzu Urteile 6B_1401/2022 vom 7. März 2023 E. 3 und 6B_1149/2021 vom 8. November 2021 E. 6). Mit seinem riskanten Verhalten, die Beschwerde buchstäblich nur wenige Sekunden vor Ablauf der 30-tägigen Beschwerdefrist aufzugeben, beraubte er sich selbst der Möglichkeit, die Beschwerde rechtzeitig einreichen zu können. Dem Gesuch um Fristwiederherstellung kann demgemäss nicht entsprochen werden.
4.
Auf die Beschwerde ist infolge Verspätung im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen.
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen
3.
Die Kosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. April 2024
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill