Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_521/2024
Urteil vom 25. Juni 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Koch, als präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Hurni, Kölz,
Gerichtsschreiber Hahn.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Zollinger,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern,
2. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Vollzug Landesverweisung,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer,
vom 27. März 2024 (SK 24 3).
Sachverhalt:
A.
Mit Urteil des Obergericht des Kantons Bern vom 13. August 2020 wurde A.________ wegen mengenmässig qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten bei einer Probezeit von vier Jahren sowie zu einer Landesverweisung von fünf Jahren verurteilt.
B.
B.a. Der Migrationsdienst des Kantons Bern wies mit Verfügung vom 28. Juni 2023 den Antrag von A.________ auf Aufschub der Vollstreckung der rechtskräftigen Landesverweisung ab und setzte ihm eine Frist bis zum 31. August 2023 an, um selbstständig die Schweiz zu verlassen. Diese Verfügung focht A.________ bei der Sicherheitsdirektion des Kantons Bern an.
B.b. Mit Entscheid vom 28. November 2023 wies die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern die Beschwerde ab und entzog einem allfälligen Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung. Dagegen wandte sich A.________ an das Obergericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 27. März 2024 ab.
C.
C.a. A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Vollzug der Landesverweisung sei infolge konkreter und erheblicher Gefährdung der Gesundheit aufzuschieben.
C.b. Mit Verfügung vom 3. Juni 2024 wurde dem Gesuch um aufschiebende Wirkung entsprochen.
Die kantonalen Akten wurden beigezogen. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Der angefochtene Entscheid betreffend den Vollzug einer strafrechtlichen Landesverweisung bzw. deren Aufschub gemäss Art. 66d StGB ist der Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich zugänglich, da er den Vollzug einer Massnahme im Sinne von Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG betrifft (BGE 147 IV 453 E. 1.4.3; Urteil 6B_1392/2022 vom 26. Januar 2023 E. 2.1; je mit Hinweisen). Die Beschwerde wurde frist- (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG) und formgerecht (Art. 42 Abs. 1 BGG) gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid (Art. 80 Abs. 1 BGG) eingereicht. Zu prüfen bleibt die Beschwerdelegitimation nach Art. 81 BGG (vgl. nachfolgend).
1.2. Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b).
Nachdem das Urteil, das die Landesverweisung anordnet, rechtskräftig geworden ist, kann es nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden (formelle Rechtskraft) und kann auch nicht mehr zwischen denselben Parteien infrage gestellt werden (materielle Rechtskraft; vgl. BGE 147 IV 453 E. 1.4 mit Hinweisen). Daraus ergeben sich auch verfahrensrechtliche Konsequenzen in Bezug auf die Möglichkeiten, den Vollzug des rechtskräftigen Urteils anzufechten. Obwohl Entscheide über den Vollzug von Strafen und Massnahmen in Strafsachen grundsätzlich beschwerdefähig sind (Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG), ist die Beschwerde nicht zulässig, wenn der Vollstreckungsentscheid keine wirklich neue, im früheren Entscheid nicht vorgesehene Frage regelt, wenn sie keine neue Beeinträchtigung der Rechtslage des Beteiligten nach sich zieht, wenn das zu vollstreckende Urteil nicht in Verletzung eines unverzichtbaren und unverjährbaren Grundrechts des Beschwerdeführers ergangen ist, wenn es nicht nichtig erscheint oder wenn schliesslich die behauptete Verletzung eines Grundrechts nicht besonders schwerwiegend erscheint. Dann erweist sich die Beschwerde als unzulässig, da die beschwerdeführende Person nicht aufzeigt, über ein Rechtsschutzinteresse i.S.v. Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG zu verfügen (BGE 147 IV 453 E. 1.4.3 mit Hinweisen; Urteil 6B_1392/2022 vom 26. Januar 2023 E. 2.3 mit Hinweis).
Ein rechtlich geschütztes Interesse kann weder a priori ausgeschlossen noch allein aufgrund des Zeitablaufs vermutet werden. Da die beschwerdeführende Partei gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG (BGE 147 IV 453 E. 1.4.8; 141 IV 1 E. 1.1) genau darlegen muss, worin ihr Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG), obliegt es ihr, glaubhaft zu machen, dass sich die massgebenden Umstände seit dem die Massnahme anordnenden Urteil verändert haben, diese Änderungen zu einer anderen Beurteilung der Verhältnismässigkeit führen können und es sich deshalb aufdrängt, auf den Vollzug der Landesverweisung zu verzichten. In dieser Hinsicht und angesichts der Gesamtheit der zu berücksichtigenden Faktoren reicht es nicht aus, zu behaupten, dass sich ein einzelner Umstand geändert habe (BGE 147 IV 453 E. 1.4.8; Urteil 6B_1223/2022 vom 22. März 2023 E. 1.2.3; je mit Hinweisen).
1.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Vollzug der Landesverweisung stelle einen Verstoss gegen Art. 3 und Art. 8 EMRK dar. Er werde durch den Vollzug der Landesverweisung bzw. die Rückschaffung in seine Heimat Kosovo in akute Lebensgefahr gebracht. Er leide an einer genetisch bedingten obstruktiven Schlafapnoe und benötige ein medizinisches Gerät, welches an eine lückenlos funktionierende Stromversorgung angeschlossen sei. Zu seiner Legitimation nach Art. 81 Abs. 1 BGG äussert er sich nicht näher.
1.4.
1.4.1. Der Beschwerdeführer leidet gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) an einer mittelschweren Schlafapnoe. Die Diagnose der Schlafapnoe und die Therapie dieses Leidens erfolgten seit Dezember 2013, d.h. lange vor dem die Landesverweisung anordnenden Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 13. August 2020. Gemäss den verbindlichen und unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer zwischen September 2015 und Dezember 2020 die betreffende Therapie zudem unterbrochen. Soweit der Beschwerdeführer anderes behauptet, ohne Willkür zu rügen oder zu begründen, ist darauf nicht weiter einzugehen.
1.4.2. In dem die Landesverweisung anordnenden Urteil vom 13. August 2020 musste (siehe dazu BGE 145 IV 455 E. 9.1) und hat das Obergericht des Kantons Bern die Schlafapnoe bereits berücksichtigt und hielt das Obergericht damals ausdrücklich fest, der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stehe der Landesverweisung nicht entgegen. Die nunmehr vom Beschwerdeführer geltend gemachte gegenteilige Behauptung, die Diagnose sei erst später gestellt worden, ist damit aktenwidrig. Auch die Nervenkrankheit, an welcher er leidet, wurde vom Obergericht in seinem Urteil vom 13. August 2020 in die Beurteilung der Anordnung der Landesverweisung explizit miteinbezogen.
1.4.3. Der Beschwerdeführer begründet nicht, weshalb der Vollstreckungsentscheid eine neue, im früheren Entscheid nicht vorgesehene Frage regeln soll oder inwiefern sich die Verhältnisse in seiner Heimat betreffend die Behandlung seiner Schlafapnoe und die hierfür notwendige Stromversorgung seit der Anordnung der Landesverweisung verändert haben sollten.
1.4.4. Zusammengefasst zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass sich die massgebenden Umstände seit dem die Landesverweisung anordnenden Urteil derart verändert hätten, dass es sich aufdrängt, erneut zu prüfen, ob der Vollzug der Landesverweisung aufzuschieben ist. Somit fehlt es vorliegend an einem Rechtsschutzinteresse, womit auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
2.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. Juni 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Koch
Der Gerichtsschreiber: Hahn