Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_623/2022
Urteil vom 25. August 2022
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Denys,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichterin Koch,
Bundesrichter Hurni,
Gerichtsschreiberin Andres.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Angelina Grossenbacher,
Beschwerdeführer,
gegen
Leitung Jugendanwaltschaft des Kantons Bern, Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
"Überhaft"; Entschädigung,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 22. März 2022 (BK 22 23).
Sachverhalt:
A.
Das Jugendgericht des Kantons Bern verurteilte A.________ am 27. Mai 2016 wegen eventualvorsätzlicher schwerer Körperverletzung, Raufhandels, Besitzes von Marihuana und unanständigen Benehmens zu einem Freiheitsentzug von 11 Monaten unter Gewährung des teilbedingten Vollzugs. Es rechnete die ausgestandene Untersuchungshaft von 156 Tagen und den vorzeitigen Strafvollzug von 107 Tagen an den Freiheitsentzug an. Ferner ordnete das Jugendgericht die Schutzmassnahme der Unterbringung in einer Erziehungseinrichtung an.
Das Obergericht des Kantons Bern stellte mit Urteil vom 6. Juli 2017 die Rechtskraft der Schuldsprüche wegen Raufhandels, Besitzes von Marihuana und unanständigen Benehmens sowie der Anordnung der Schutzmassnahme der Unterbringung in einer Erziehungseinrichtung fest und sprach A.________ der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig. Es verurteilte ihn zu einem Freiheitsentzug von 24 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft, und stellte fest, dass er sich seit dem 13. Februar 2016 im vorzeitigen Strafvollzug und seit dem 7. Juni 2016 in der Schutzmassnahme der Unterbringung befindet.
B.
B.a. Mit Nachentscheid vom 1. März 2021 hob die Regionale Jugendanwaltschaft Emmental-Oberaargau die Unterbringung von A.________ in einer offenen Erziehungseinrichtung auf und hielt fest, dass der Freiheitsentzug von 24 Monaten nicht mehr zu vollziehen ist. Eine hiergegen erhobene Beschwerde hiess die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Bern teilweise gut, da die Jugendanwaltschaft eine amtliche Verteidigung hätte anordnen und eine allfällige Überhaft sowie die damit einhergehende Entschädigungsfrage hätte prüfen müssen.
B.b. Die Rechtsvertreterin von A.________ ersuchte am 29. Juli 2021 darum, als amtliche Verteidigerin eingesetzt zu werden. Zudem beantragte sie namens von A.________ die Anrechnung des rechtswidrig erlittenen Freiheitsentzugs an die mit Strafbefehl vom 17. Mai 2021 und mit Strafbefehl vom 23. Juli 2021 ausgefällten Freiheitsstrafen.
B.c. Mit Verfügung vom 3. August 2021 setzte die Jugendanwaltschaft die Rechtsvertreterin von A.________ als dessen amtliche Verteidigung ein.
B.d. Am 29. Dezember 2021 verfügte die Jugendanwaltschaft, dass auf die nachträgliche Anordnung des mit Urteil des Obergerichts vom 6. Juli 2017 beschlossenen unbedingten Freiheitsentzugs von 24 Monaten (Ziff. 1) und auf die Ausrichtung einer Entschädigung mangels Überhaft verzichtet werde (Ziff. 2).
B.e. A.________ erhob beim Obergericht des Kantons Bern Beschwerde gegen Ziffer 2 der Verfügung der Jugendanwaltschaft und beantragte im Hauptpunkt, es sei ihm aufgrund der entstandenen Überhaft von 345 Tagen eine Entschädigung von Fr. 34'500.-- auszurichten.
C.
Das Obergericht des Kantons Bern wies die Beschwerde am 22. März 2022 ab.
D.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der obergerichtliche Beschluss sei aufzuheben und ihm sei aufgrund der erstandenen Überhaft von 345 Tagen eine Entschädigung in Höhe von Fr. 34'500.-- zuzusprechen, eventualiter sei er angemessen zu entschädigen, subeventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Erwägungen:
1.
1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe 156 Tage in Untersuchungshaft, 114 Tage im vorzeitigen Strafvollzug, insgesamt 856 Tage in einer offenen Einrichtung, die ihm zur Hälfte anzurechnen seien, 204 Tage in einer geschlossenen Anstalt, 75 Tage in einer weiteren Institution, die ihm zu einem Drittel anzurechnen seien, und insgesamt 138 Tage in Arrest sowie Sicherungshaft verbracht. Dies ergebe total 1'065 Tage anrechenbare Haft. In Berücksichtigung der 24 Monate Freiheitsentzug, zu dem er mit Urteil vom 6. Juli 2017 verurteilt worden sei, ergebe dies eine Differenz von 345 Tagen, die ihm als erstandene Überhaft gestützt auf Art. 431 Abs. 2 StPO i.V.m. Art. 110 Abs. 7 StGB und Art. 32 Abs. 3 JStG (SR 311.1) zu entschädigen seien. Indem ihm die Vorinstanz eine Entschädigung verweigere, verletze sie nicht nur die vorgenannten Bestimmungen, sondern auch das Gleichbehandlungsgebot (Art. 8 BV) und das Willkürverbot (Art. 9 BV).
1.2. Die Vorinstanz hält zunächst als unbestritten fest, dass der neben der stationären Schutzmassnahme angeordnete Freiheitsentzug von 24 Monaten bereits erstanden bzw. abgegolten und damit keine Reststrafe mehr zu vollziehen sei. Sie erwägt weiter, die Auffassung des Beschwerdeführers, wonach die Dauer, um welche die anrechenbaren Freiheitsentzüge durch Untersuchungshaft, vorzeitigen Strafvollzug und Massnahmenvollzug zusammen (insgesamt 1'065 Tage) den ausgefällten Freiheitsentzug von 24 Monaten (720 Tage) übersteige, Überhaft darstelle und im Umfang von 345 Tage zu entschädigen sei, gehe fehl. Zur Begründung führt sie aus, die Jugendstrafprozessordnung (JStPO; SR 312.1) enthalte keine besonderen Regelungen zu rechtswidrig angewandten Zwangsmassnahmen und Überhaft, weshalb die Bestimmungen der Strafprozessordnung anwendbar seien (Art. 3 Abs. 1 JStPO i.V.m. Art. 431 StPO). Vorliegend habe die Untersuchungshaft und der vorzeitige Strafvollzug von insgesamt 270 Tagen nicht länger gedauert als die tatsächlich ausgefällte Strafe von 720 Tagen, womit keine Überhaft vorliege. Die Dauer des Massnahmenvollzugs könne nicht zu einer Entschädigung wegen Überhaft führen. Hierfür bestehe weder eine gesetzliche Grundlage noch ein nachvollziehbarer Grund. Die Dauer der mit Urteil des Jugendgerichts des Kantons Bern vom 27. Mai 2016 angeordneten Schutzmassnahme der Unterbringung gemäss Art. 15 JStG sei nicht auf den gestützt auf Art. 11 Abs. 1 JStG ausgesprochenen Freiheitsentzug beschränkt, sondern innerhalb des Rahmens von Art. 19 Abs. 2 JStG grundsätzlich unbeschränkt, solange die Schutzmassnahme sachlich geboten gewesen sei bzw. bis sie als aussichts- und zwecklos erschienen sei (Art. 32 Abs. 3 JStG). Der Massnahmenvollzug habe vorliegend länger gedauert als der gleichzeitig angeordnete Freiheitsentzug. Die Jugendanwaltschaft habe bei der jährlichen Überprüfung die Bestimmungen und Grundsätze gemäss Art. 19 JStG eingehalten. Schutzmassnahmen gemäss Jugendstrafgesetz seien schuldunabhängige strafrechtliche Sanktionen. Ihre Anordnung ziele nicht auf einen Schuldausgleich, vielmehr würden ausschliesslich erzieherische und/oder therapeutische Zwecke verfolgt. Dagegen werde als Untersuchungshaft i.S.v. Art. 110 Abs. 7 StGB jede Freiheitsentziehung verstanden, die im Verlauf der Strafuntersuchung zum Zwecke der Untersuchung oder aus anderen Gründen der Sicherheit angeordnet werde. Damit lasse sich der Massnahmenvollzug vorliegend klar nicht unter den Begriff der Untersuchungshaft i.S.v. Art. 110 Abs. 7 StGB subsumieren. Vielmehr habe die längere Dauer der Schutzmassnahme dem Sinn und Zweck der Massnahme entsprochen, sei rechtmässig gewesen und führe nicht zu Entschädigungsansprüchen des Beschwerdeführers. Entgegen dessen Ansicht liege keine echte Gesetzeslücke vor. Mangels Anwendbarkeit von Art. 62c StGB sei die vom Beschwerdeführer zitierte Lehrmeinung nicht einschlägig. Der Massnahmenvollzug sei bis zu dessen Aufhebung rechtmässig und angezeigt gewesen. Die längere Dauer der Schutzmassnahme führe deshalb auch dann zu keinen Entschädigungsansprüchen, wenn die Dauer der Schutzmassnahme zusammen mit der erstandenen Untersuchungshaft und dem vorzeitigen Strafvollzug den ausgestandenen Freiheitsentzug von 24 Monaten übersteige. Dies führe einzig dazu, dass keine Reststrafe mehr zu vollziehen sei (vgl. Art. 32 Abs. 3 JStG). Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Arrest und Sicherungshaft habe indirekt auch seiner erzieherischen Betreuung gedient. Insgesamt seien seine Verlegungen zeitnah erfolgt und hätten der Fortsetzung der angeordneten Schutzmassnahme der Unterbringung gedient. Es lägen keine Hinweise vor, die es rechtfertigen würden, den Arrest oder die Sicherungshaft als Untersuchungshaft zu behandeln. Selbst wenn Arrest und Sicherungshaft als Untersuchungshaft qualifiziert würden und eine Anrechnung erfolgen würde, wäre dadurch die Dauer des ausgesprochenen Freiheitsentzugs von 24 Monaten nach wie vor nicht erreicht. Dem Beschwerdeführer sei demnach keine Entschädigung wegen Überhaft auszurichten (Beschluss S. 6 ff.).
1.3.
1.3.1. Sind gegenüber der beschuldigten Person rechtswidrig Zwangsmassnahmen angewandt worden, so spricht ihr die Strafbehörde eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zu (Art. 431 Abs. 1 StPO). Im Fall von Untersuchungs- und Sicherheitshaft besteht der Anspruch, wenn die zulässige Haftdauer überschritten ist und der übermässige Freiheitsentzug nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann (Art. 431 Abs. 2 StPO).
Art. 431 StPO gewährleistet Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung bei rechtswidrigen Zwangsmassnahmen (Abs. 1) oder bei Überhaft (Abs. 2). Überhaft liegt vor, wenn die Untersuchungs- und/oder Sicherheitshaft rechtmässig angeordnet wurde, diese den im Entscheid ausgesprochenen Freiheitsentzug aber überschreitet, also länger dauert als die tatsächlich ausgefällte Sanktion. Bei Überhaft nach Art. 431 Abs. 2 StPO ist also nicht die Haft per se, sondern nur die Haftlänge ungerechtfertigt. Sie wird erst im Nachhinein, das heisst nach Fällung des Urteils, übermässig (BGE 141 IV 236 E. 3.2 mit Hinweisen; Urteil 6B_375/2018 vom 12. August 2019 E. 2.5, nicht publ. in: BGE 145 IV 359). Art. 431 Abs. 2 StPO stellt die Grundregel auf, dass Überhaft nur zu entschädigen ist, wenn sie nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann, was im Einklang mit der im Kern kongruenten Regel von Art. 51 StGB steht. Art. 51 StGB liegt der Grundsatz der umfassenden Haftanrechnung zugrunde. Erst wenn eine Anrechnung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft an eine andere Sanktion nicht mehr erfolgen kann, stellt sich die Frage der finanziellen Entschädigung. Der Ausgleich von Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft soll demnach in erster Linie als Realersatz erfolgen (BGE 141 IV 236 E. 3.3; Urteil 6B_909/2019 vom 9. Juni 2020 E. 2.1). Die beschuldigte Person hat kein Wahlrecht. Sie hat gegebenenfalls in Kauf zu nehmen, dass eine an sich mögliche Entschädigung wegen Anrechnung entfällt (Urteile 6B_909/2019 vom 9. Juni 2020 E. 2.1; 6B_1203/2017 vom 1. November 2017 E. 4.1.2; 1B_179/2011 vom 17. Juni 2011 E. 4.2).
1.3.2. Als Untersuchungshaft gilt jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft (vgl. Art. 110 Abs. 7 StGB).
Im auf die Jugendlichen anwendbaren Strafverfahren sind die Untersuchungshaft und die Sicherheitshaft nur ausnahmsweise und nur, wenn keine Ersatzmassnahme in Betracht kommt, anzuordnen (Art. 27 Abs. 1 JStPO; vgl. dazu BGE 142 IV 389 E. 4). Art. 431 Abs. 2 StPO ist über den Verweis von Art. 3 JStPO auch auf die Jugendlichen anwendbar, welche demnach zu entschädigen sind, wenn die Untersuchungshaft formell rechtmässig war, aber das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht beachtet worden ist (BGE 142 IV 389 E. 5).
1.3.3. Im Jugendstrafverfahren ordnet die urteilende Behörde die nach den Umständen erforderlichen Schutzmassnahmen an, wenn der Jugendliche eine mit Strafe bedrohte Tat begangen hat und die Abklärung ergibt, dass er einer besonderen erzieherischen Betreuung oder therapeutischen Behandlung bedarf, unabhängig davon, ob er schuldhaft gehandelt hat (Art. 10 Abs. 1 JStG). Hat der Jugendliche schuldhaft gehandelt, so verhängt die urteilende Behörde zusätzlich zu einer Schutzmassnahme oder als einzige Rechtsfolge eine Strafe (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 JStG).
Eine Unterbringung ist nach Art. 15 Abs. 1 und 2 JStG anzuordnen, wenn die notwendige Erziehung und Behandlung des Jugendlichen nicht anders sichergestellt werden kann. Diese erfolgt namentlich bei Privatpersonen oder in Erziehungs- oder Behandlungseinrichtungen, die in der Lage sind, die erforderliche erzieherische oder therapeutische Hilfe zu leisten (Abs. 1). Die urteilende Behörde darf die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung nur anordnen, wenn sie für den persönlichen Schutz oder für die Behandlung der psychischen Störung des Jugendlichen unumgänglich ist (Abs. 2 lit. a) oder für den Schutz Dritter vor schwerwiegender Gefährdung durch den Jugendlichen notwendig ist (Abs. 2 lit. b). Als für den Schutz des Jugendlichen unumgänglich im Sinne von Art. 15 Abs. 2 lit. a JStG kann sich eine geschlossene Unterbringung etwa erweisen, wenn er während einer laufenden Schutzmassnahme immer wieder entweicht, da insoweit nur mittels Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung sichergestellt werden kann, dass der Jugendliche die erforderliche psychotherapeutische Behandlung erhält (Urteile 1B_292/2022 vom 28. Juli 2022 E. 2.1; 6B_326/2020 vom 17. April 2020 E. 3.3.2; 6B_85/2014 vom 18. Februar 2014 E. 4; 1B_32/2011 vom 15. Februar 2011 E. 2.7; vgl. Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1999 II 2235 Ziff. 423.241; MARCEL RIESEN-KUPPER, in: Kommentar StGB/JStG, Andreas Donatsch [Hrsg.], 21. Aufl. 2022, N. 8 f. zu Art. 15 JStG). Eine geschlossene Unterbringung kann sich besonders bei Drittgefährdung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 lit. b JStG auch aufdrängen, wenn ein Jugendlicher jegliche Zusammenarbeit verweigert, therapeutisch-erzieherisch unerreichbar ist und zudem weitere schwere Delikte begeht bzw. sich in immer grössere Schwierigkeiten verstrickt (Urteile 1B_292/2022 vom 28. Juli 2022 E. 2.1; 6B_326/2020 vom 17. April 2020 E. 3.3.2; 6B_661/2018 vom 24. August 2018 E. 1.4; 6B_85/2014 vom 18. Februar 2014 E. 4; 1B_437/2011 vom 14. September 2011 E. 4.2; je mit Hinweisen). Mit fehlender Motivation und schlechter Führung soll der Jugendliche nicht eine weniger eingreifende Massnahme erzwingen können. Jungen Straftätern soll durch die Massnahme gerade die Chance einer noch möglichen Förderung ihrer Persönlichkeitsentwicklung eröffnet werden (Urteile 6B_326/2020 vom 17. April 2020 E. 3.3.2; 6B_661/2018 vom 24. August 2018 E. 1.4; 6B_1000/2017 vom 25. Oktober 2017 E. 3.7; 6B_866/2017 vom 11. Oktober 2017 E. 1.6.3).
Art. 32 JStG regelt das Zusammentreffen von Schutzmassnahmen und Freiheitsentzug. Nach dessen Abs. 1 geht die Unterbringung dem Vollzug eines gleichzeitig ausgesprochenen oder eines wegen Widerrufs oder Rückversetzung vollziehbaren Freiheitsentzugs voraus. Wird die Unterbringung aufgehoben, weil sie ihren Zweck erreicht hat, so wird der Freiheitsentzug gemäss Abs. 2 nicht mehr vollzogen. Abs. 3 besagt, dass die urteilende Behörde bestimmt, ob und wieweit der Freiheitsentzug noch zu vollziehen ist, wenn die Unterbringung aus einem anderen Grund aufgehoben wird. Dabei ist die mit der Unterbringung verbundene Freiheitsbeschränkung anzurechnen. Dies entspricht der Regelung im Erwachsenenstrafrecht (vgl. Art. 57 Abs. 2 und 3 sowie Art. 62b StGB; HUG/SCHLÄFLI/VALÄR, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2019, N. 3 ff. zu Art. 32 JStG).
1.3.4. Gestützt auf Art. 90 Abs. 1 des Einführungsgesetzes des Kantons Bern vom 11. Juni 2009 zur Zivilprozessordnung, zur Strafprozessordnung und zur Jugendstrafprozessordnung (EG ZSJ/BE; BSG 271.1) können stationär eingewiesene Jugendliche während des Massnahme- oder Strafvollzugs vorübergehend in ein Gefängnis verlegt werden, wenn sie sich dem Vollzug entziehen oder beharrlich widersetzen, die Verlegung aus Sicherheitsgründen notwendig ist oder keine Einrichtung sie sofort aufnehmen kann. Die Verlegung ist durch die für die Einweisung in die Einrichtung zuständige Jugendanwaltschaft anzuordnen. Der oder dem Jugendlichen ist vorgängig das rechtliche Gehör zu gewähren.
Entziehen sich Jugendliche dem Vollzug der Sanktion durch Flucht oder widersetzen sie sich ihr beharrlich, kann die Jugendanwaltschaft sie gemäss Art. 89 Abs. 1 EG ZSJ/BE für höchstens sieben Tage in Arrest setzen.
1.4. Unbestritten ist vorliegend, dass der ausgesprochene Freiheitsentzug von 24 Monaten nicht mehr zu vollziehen ist, dem Beschwerdeführer insgesamt 1'065 Tage an den Freiheitsentzug (720 Tage) angerechnet werden (vgl. Art. 32 Abs. 3 JStG) und der Freiheitsentzug (Untersuchungshaft, vorzeitiger Strafvollzug, Unterbringung, Sicherungshaft und Arrest) den ausgesprochenen Freiheitsentzug demnach um 345 Tage überschritt.
Strittig ist hingegen, ob der im Rahmen einer Schutzmassnahme erstandene Freiheitsentzug als Untersuchungs- oder Sicherheitshaft zu verstehen und derjenige Teil dieses Freiheitsentzugs, der die Freiheitsstrafe überschritt, in Anwendung von Art. 431 Abs. 2 StPO als Überhaft zu entschädigen ist. Dies ist nachfolgend anhand von Sinn und Zweck des Jugendstrafrechts im Allgemeinen und der Schutzmassnahmen im Besonderen zu beurteilen (vgl. auch Urteil 6B_273/2021 vom 25. August 2022 E. 1.6 betreffend vorsorgliche Schutzmassnahme, zur Publikation vorgesehen).
1.5.
1.5.1. Das Jugendstrafrecht folgt wie das Strafgesetzbuch dem dualistisch-vikariierenden System, wonach neben einer Massnahme grundsätzlich auch eine Strafe auszufällen ist. Die Schutzmassnahme und die Strafe erfüllen ergänzende Funktionen. So ist die Strafe die Reaktion der Gesellschaft auf das mit der Tat verbundene Verschulden des Jugendlichen, während die Massnahme seiner persönlichen Situation Rechnung trägt (BBl 1999 II 2251 Ziff. 423.314.1). Im Jugendstrafrecht stehen die erzieherischen Massnahmen im Vordergrund. Die Sanktionen des Jugendstrafrechts dienen nicht der Tatvergeltung, sondern verfolgen das Ziel, den zu beurteilenden Jugendlichen im Sinne der Spezialprävention von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. So stehen Erziehung und Schutz des Jugendlichen als Leitprinzipien im Vordergrund (Art. 2 Abs. 1 JStG), wobei die Lebens- und Familienverhältnisse sowie die Entwicklung ihrer Persönlichkeit besonders zu beachten sind (Art. 2 Abs. 2 JStG). Das Jugendstrafrecht strebt die täterorientierte Sanktionierung minderjähriger Straftäter an. Jugendstrafrechtliche Sanktionen sollen in erster Linie eine erzieherische Wirkung erzeugen, indem sie als Erziehungsmittel weitere Straftaten verhindern und die soziale Integration der straffälligen Jugendlichen fördern sollen. Das Alter und der individuelle Entwicklungsstand der Jugendlichen ist stets zugunsten der Jugendlichen zu berücksichtigen (Art. 1 Abs. 3 JStG). Der Schutz der Jugendlichen ist unter einem fürsorgerischen Gesichtspunkt zu verstehen. Da die Straffälligkeit Jugendlicher oftmals auf ein schlechtes soziales Umfeld oder ein erzieherisches Fehlverhalten der Eltern zurückzuführen ist, sollen Jugendliche mit gezielten Schutzmassnahmen vor solchen Einflussfaktoren geschützt werden. Sie sollen befähigt werden, künftig straffrei zu leben (vgl. BGE 141 IV 172 E. 3.1; 137 IV 7 E. 1.3; DEBORAH TORRIANI, in: Schweizerisches Vollzugslexikon, Benjamin F. Brägger (Hrsg.), 2. Aufl. 2022, S. 416; siehe auch: BBl 1999 II 2216 Ziff. 411; CHRISTOF RIEDO, Jugendstrafrecht und Jugendstrafprozessrecht, 2013, S. 66 f. und S. 92 f.; NICOLE HOLDEREGGER, Die Schutzmassnahmen des Jugendstrafgesetzes unter besonderer Berücksichtigung der Praxis in den Kantonen Schaffhausen und Zürich, 2009, S. 27 und S. 59 ff.). Die Wahl der Sanktion erfolgt entsprechend nicht nach denselben Kriterien wie beim Erwachsenenstrafrecht (vgl. ausführlich hierzu: BGE 137 IV 7 E. 1.3 mit Hinweis).
1.5.2. Neben Strafen ( Art. 22-25 JStG ) kennt das Jugendstrafrecht namentlich Schutzmassnahmen. Dazu gehören die Aufsicht (Art. 12 JStG), die persönliche Betreuung (Art. 13 JStG), die ambulante Behandlung (Art. 14 JStG) sowie die offene und geschlossene Unterbringung (Art. 15 JStG). Strafen und Schutzmassnahmen können bzw. müssen miteinander kombiniert werden, wobei regelmässig zunächst die Massnahme und dann allenfalls die Strafe vollzogen wird (vgl. BGE 141 IV 172 E. 3.1 mit Hinweisen; Urteil 6B_326/2020 vom 17. April 2020 E. 3.3.1). Schutzmassnahmen nach Art. 12 ff. JStG sollen den Bedürfnissen des jugendlichen Rechtsbrechers nach Erziehung und Schutz Rechnung tragen. Sie sind daher periodisch auf ihre Wirkungen in Bezug auf die Persönlichkeit und Entwicklung des Jugendlichen und damit auf ihre Zweckmässigkeit zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Im Verlaufe des Vollzugs kann sich zeigen, dass die ursprünglich angeordnete Schutzmassnahme ihren Zweck aufgrund geänderter Verhältnisse nicht mehr erreicht und eine andere Schutzmassnahme als erforderlich oder jedenfalls als zweckmässiger erscheint. Art. 18 Abs. 1 Satz 1 JStG erlaubt daher eine Massnahme nachträglich zu ändern, d.h. durch eine andere zu ersetzen, wenn sich die Verhältnisse geändert haben, wobei die Änderung in der Anordnung einer im Verhältnis zur bisherigen mehr oder weniger eingreifenden Massnahme bestehen kann. Die in Art. 18 JStG geregelte Massnahmenabänderbarkeit bildet Wesensmerkmal des jugendstrafrechtlichen Massnahmenrechts. Es gilt dabei der Grundsatz der jederzeitigen Abänderbarkeit der Massnahme bis zur Vollendung des 25. Altersjahrs eines Jugendlichen (siehe Art. 19 Abs. 2 JStG; vgl. BGE 141 IV 172 E. 3.1 mit Hinweisen; Urteil 6B_326/2020 vom 17. April 2020 E. 3.3.1).
Schutzmassnahmen werden wie die Massnahmen im Erwachsenenstrafrecht im Gegensatz zu Strafen auf unbestimmte Zeit angeordnet (vgl. HUG/SCHLÄFLI/VALÄR, a.a.O., N. 3 zu Art. 18 JStG; RIEDO, a.a.O., S. 122). Die Vollzugsbehörde prüft jährlich, ob und wann die Massnahme aufgehoben werden kann. Sie hebt sie auf, wenn ihr Zweck erreicht ist oder feststeht, dass sie keine erzieherischen oder therapeutischen Wirkungen mehr entfaltet (Art. 19 Abs. 1 JStG). Die Möglichkeit, eine Schutzmassnahme aufzuheben, darf nicht dazu führen, dass diese vorschnell aufgegeben wird. Jeder Massnahmenvollzug ist mit Hindernissen, Widerständen und Schwierigkeiten verbunden (R IEDO, a.a.O., S. 124). Eine Qualität des Jugendstrafrechts muss es bleiben, dass die Vollzugsbehörden mit Beharrlichkeit und Geduld mit Jugendlichen arbeiten, dass sie die ins Auge gefassten oder getroffenen Lösungen selbst in Frage stellen, dass sie - was das JStG ermöglicht - kreative und unkonventionelle Wege beschreiten. Ziel muss dabei sein, den vorgezeichneten Weg eines Jugendlichen in eine kriminelle Karriere zu unterbrechen (HUG/SCHLÄFLI/VALÄR, a.a.O., N. 4 zu Art. 19 JStG). Alle Massnahmen enden spätestens mit Vollendung des 25. Altersjahres (Art. 19 Abs. 2 JStG). Sämtliche Schutzmassnahmen im Sinne von Art. 12 ff. JStG müssen den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismässigkeit gemäss Art. 36 Abs. 3 BV wahren, das heisst, die Massnahme muss zur Zielerreichung geeignet sowie erforderlich sein und es muss eine vernünftige Relation bestehen zwischen dem Eingriff und dem angestrebten Ziel (Art. 1 Abs. 2 lit. c JStG i.V.m. Art. 56 Abs. 2 StGB; Urteile 1B_292/2022 vom 28. Juli 2022 E. 2.2; 1B_32/2011 vom 15. Februar 2011 E. 2.6; RIEDO, a.a.O., S. 98; HUG/SCHLÄFLI/VALÄR, a.a.O., N. 5 f. zu Art. 10 JStG und N. 3b sowie N. 12d zu Art. 15 JStG; siehe auch: BGE 141 IV 172 E. 3.3).
1.5.3. Demgegenüber dient die Untersuchungshaft gemäss Art. 27 JStPO ausschliesslich der Aufklärung der Straftat und darf daher nicht länger dauern als durch die Haftgründe (Flucht-, Kollusions-, Wiederholungs- und Ausführungsgefahr) und die Schwere der Straftat bedingt. Auch muss sie hinsichtlich der in Aussicht stehenden Sanktion verhältnismässig sein (HUG/SCHLÄFLI, a.a.O., N. 6 zu Art. 27 JStPO). Im Sinne einer ultima ratio darf die Untersuchungshaft nur angeordnet werden, wenn ihr Zweck nicht durch andere Massnahmen erreicht werden kann (vgl. Art. 27 Abs. 1 JStPO; BGE 142 IV 389 E. 4; 137 IV 7 E. 1.6.1; JOSITSCH/RIESEN-KUPPER, Schweizerische Jugendstrafprozessordnung, Kommentar, 2. Aufl. 2018, N. 1 zu Art. 27 JStPO). Als Untersuchungshaft i.S.v. Art. 110 Abs. 7 StGB wird jede Freiheitsentziehung bezeichnet, die im Verlaufe einer Strafuntersuchung zum Zwecke der Untersuchung oder aus Gründen der Sicherheit angeordnet wird (BGE 124 IV 269 E. 4; METTLER/SPICHTIN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2019, N. 2 zu Art. 110 Abs. 7 StGB).
1.5.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Schutzmassnahmen gemäss Jugendstrafgesetz schuldunabhängige strafrechtliche Sanktionen sind, mit denen kein Schuldausgleich, sondern ausschliesslich erzieherische und/oder therapeutische Zwecke verfolgt werden (vgl. RIEDO, a.a.O., S. 94). Schutzmassnahmen sind im Unterschied zu Strafen zeitlich relativ unbestimmt. Ihr Ende bestimmt sich nicht durch simplen Zeitablauf. Auch sind sie im Unterschied zu Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht auf die Dauer des angeordneten Freiheitsentzugs beschränkt. Sie dauern vielmehr grundsätzlich so lange an, bis ihr Zweck erreicht ist, sich eine Zweckerreichung als aussichtslos erweist oder der Jugendliche das 25. Altersjahr erreicht hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 und 2 JStG ; vgl. E. 1.5.1 f.). Demnach unterscheidet sich die vorliegend in Frage stehende Schutzmassnahme der Unterbringung i.S.v. Art. 15 JStG angesichts ihrer Zielsetzung klar von der Untersuchungshaft i.S.v. Art. 110 Abs. 7 und Art. 51 StGB sowie Art. 431 Abs. 2 StPO. Dass eine Unterbringung die Dauer eines allenfalls gleichzeitig ausgesprochenen Freiheitsentzugs übersteigt, wird - sofern sie verhältnismässig ist - durch ihren erzieherischen und/oder therapeutischen Zweck gerechtfertigt. Um eine "doppelte Bestrafung" des Jugendlichen zu vermeiden, ist die mit der Unterbringung verbundene Freiheitsbeschränkung zwar auf den ausgesprochenen Freiheitsentzug anzurechnen, wenn die Unterbringung aus einem anderen Grund als jenem der Zweckerreichung aufgehoben wird (vgl. Art. 32 Abs. 3 JStG; BGE 142 IV 359 E. 2; 137 IV 7 E. 1.6.2). Dies hat jedoch nach dem Ausgeführten nicht zur Folge, dass der Jugendliche zu entschädigen ist, wenn der mit der Unterbringung verbundene Freiheitsentzug länger war als der ausgesprochene Freiheitsentzug, da damit ein eigener Zweck (erzieherische und/oder therapeutische Betreuung) verfolgt wurde. Mit der Vorinstanz führt dies einzig dazu, dass keine Reststrafe mehr zu vollziehen ist (vgl. Art. 32 Abs. 3 JStG; Beschluss S. 10). Dass die Schutzmassnahme letztlich gescheitert ist, ändert daran nichts.
1.5.5. Offen gelassen werden kann, wie eine vergleichbare Ausgangslage (der mit dem Massnahmenvollzug verbundene Freiheitsentzug übersteigt die ausgesprochene Freiheitsstrafe) im Erwachsenenstrafrecht zu beurteilen wäre. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, mit denen er eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots gemäss Art. 8 BV aufzeigen will, genügen den qualifizierten Begründungsanforderungen an eine Verfassungsrüge (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht. Er begründet seine Ansicht, wie sich die Rechtslage im Erwachsenenstrafrecht bei einer vergleichbaren Situation gestaltet, und damit letztlich auch die von ihm gerügte Ungleichbehandlung einzig mit dem Hinweis auf eine in der Literatur vertretene Meinung bzw. deren Wiedergabe. Auf die Rüge ist daher nicht einzutreten.
1.5.6. Auch die konkreten Umstände des zu beurteilenden Falles führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Vorinstanz legt überzeugend dar, dass der Massnahmenvollzug bis zu dessen Aufhebung rechtmässig und angezeigt war (Beschluss S. 8 ff.). Ihren Ausführungen und den Vollzugsakten ist zu entnehmen, dass der Vollzug der Schutzmassnahme zwar teilweise schwierig und konfliktbeladen war, weshalb das Setting wiederholt angepasst und der Beschwerdeführer versetzt werden musste, dieser sich jedoch jeweils wieder motivieren liess und sich zeitweise mit der Schutzmassnahme einverstanden erklärte bzw. diese akzeptierte und mitarbeitete. Bei der Ausgestaltung des Vollzugs der Schutzmassnahme wurde der Beschwerdeführer einbezogen und seine Meinung soweit möglich berücksichtigt. Insbesondere ist die Jugendanwaltschaft seinem Wunsch, mehr Verantwortung zu übernehmen, nachgekommen und organisierte ein Coaching, das auch ein auf Selbständigkeit ausgerichtetes Wohnsetting beinhaltete, was jedoch nach kurzer Zeit scheiterte. Schliesslich hob die Jugendanwaltschaft die Schutzmassnahme der Unterbringung in einer offenen Erziehungseinrichtung infolge Vollzugnotstands auf, da die angefragten Institutionen die Aufnahme des Beschwerdeführers ablehnten. Jedoch hielt die Jugendanwaltschaft unmissverständlich fest, dass der Beschwerdeführer, bei dem im forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 17. Juni 2020 eine Schizophrenie des paranoiden und hebephrenen Typus sowie ein multipler Substanzmissbrauch diagnostiziert wurde, weiterhin gefährlich und behandlungsbedürftig sei (Vollzugsakten, Faszikel 3, Nachentscheide der Jugendanwaltschaft vom 29. August 2017, 15. November 2018, 8. Oktober 2019, 5. Februar 2020 und 1. März 2021). Angesichts des Grundsatzes, wonach Schutzmassnahmen im Jugendstrafrecht nicht vorschnell aufgehoben werden sollten und mit Beharrlichkeit sowie Geduld mit Jugendlichen gearbeitet werden sollte (vgl. E. 1.5.2), sowie des Umstands, dass sich der Beschwerdeführer wiederholt für die Weiterführung der Schutzmassnahme motiviert zeigte, erweist sich der Massnahmenvollzug in einer Gesamtbetrachtung als verhältnismässig. Dass der Beschwerdeführer im Rahmen der jährlichen Überprüfung der Schutzmassnahme (vgl. Art. 19 Abs. 1 JStG) jeweils nicht anwaltlich vertreten war, vermag an dieser Beurteilung ebenso wenig etwas zu ändern wie sein Vorbringen, die Jugendanwaltschaft sei lange von einer falschen Prämisse ausgegangen bzw. hätte früher ein forensisch-psychiatrisches Gutachten einholen müssen. Soweit ersichtlich wurde eine psychotische Störung bzw. eine Störung aus dem schizophrenen Formenkreis erstmals im Frühjahr 2019 erwähnt, nachdem der Beschwerdeführer aufgrund eines Vorfalls während des vorübergehenden Vollzugs einer Erwachsenenstrafe in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden musste. Ziel der Verlegung in das Massnahmenzentrum Kalchrain war es unter anderem, die psychotische Störung des Beschwerdeführers zu klären und einen Behandlungsplan auszuarbeiten (Vollzugsakten, Faszikel 3, Nachentscheide der Jugendanwaltschaft vom 8. Oktober 2019 und 5. Februar 2020). Gestützt auf den Antrag des Beschwerdeführers, die Schutzmassnahme sei aufzuheben, eröffnete die Jugendanwaltschaft am 25. März 2020 erneut ein nachträgliches Verfahren, in dem sie dessen umfassende forensisch-psychiatrische Begutachtung anordnete (Vollzugsakten, Faszikel 3, Nachentscheid der Jugendanwaltschaft vom 1. März 2021). Retrospektiv hätte das Gutachten zwar bereits früher angeordnet werden können, jedoch führt dies nicht dazu, dass die Schutzmassnahme nicht rechtmässig oder unverhältnismässig war.
Damit bleibt es vorliegend dabei, dass die über den ausgesprochenen Freiheitsentzug hinausgehende Dauer der Schutzmassnahme nicht zu einer finanziellen Entschädigung des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 431 Abs. 2 StPO führt.
1.5.7. Nicht weiter einzugehen ist vorliegend auf den Arrest und die Sicherungshaft gemäss Art. 89 f. EG ZSJ/BE, da gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen, mit denen sich der Beschwerdeführer nicht auseinandersetzt, jedenfalls keine Überhaft (i.S.v. Art. 431 Abs. 2 StPO) vorliegen würde (vgl. Beschluss S. 10).
1.5.8. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz weder Bundes- noch Verfassungsrecht verletzt, indem sie den Antrag des Beschwerdeführers auf Entschädigung wegen Überhaft i.S.v. Art. 431 Abs. 2 StPO abweist. Auf dessen Ausführungen zur Höhe der Entschädigung ist folglich nicht einzugehen.
2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist gutzuheissen. Seine Bedürftigkeit ist ausgewiesen und seine Beschwerde war nicht von vornherein aussichtslos. Es sind daher keine Kosten zu erheben. Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers ist aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung auszurichten ( Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, Rechtsanwältin Angelina Grossenbacher, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. August 2022
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Andres