Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_526/2024
Urteil vom 25. November 2024
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Haag,
Gerichtsschreiberin Dambeck.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Strassenverkehrsamt des Kantons Zug, Hinterbergstrasse 41, 6312 Steinhausen.
Gegenstand
Rechtsverweigerung (Strassenverkehrsrecht),
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, Einzelrichter, vom 20. August 2024 (V 2024 77).
Sachverhalt:
A.
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Zug entzog A.________ am 1. Juli 2024 den Führerausweis vorsorglich. Das dagegen von A.________ angehobene Beschwerdeverfahren ist beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug hängig.
B.
Mit E-Mail vom 24. Juli 2024 gelangte A.________ an das Strassenverkehrsamt und brachte vor, er werde aktuell ausschliesslich aufgrund seiner Behinderung diskriminiert, welche die einzige Grundlage für den Führerausweisentzug bilde. Er forderte das Strassenverkehrsamt auf, die Diskriminierung zu beseitigen oder gestützt auf das Behindertengleichstellungsgesetz eine angemessene Ersatzlösung zu schaffen.
Das Strassenverkehrsamt teilte A.________ am 9. August 2024 mit, allfällige finanzielle Ansprüche wären beim Sozialdienst seiner Wohngemeinde oder bei der IV-Stelle anzubringen. Mit Blick auf die laufenden Verfahren beim Verwaltungsgericht und beim Bundesgericht sei es nicht die richtige Anlaufstelle. Falls sein Invaliditätsgrad erheblich zugenommen habe, komme allenfalls eine Kontaktaufnahme mit Tixi-Taxi in Frage.
C.
Am 11. August 2024 reichte A.________ Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug ein, auf die dieses mit Urteil vom 20. August 2024 nicht eintrat.
D.
Dagegen gelangt A.________ mit Eingabe vom 11. September 2024 an das Bundesgericht und beantragt, das Strassenverkehrsamt sei anzuweisen, das Verfahren sofort an die Hand zu nehmen. Seine Beschwerde sei in Anwendung des Behindertengleichstellungsgesetzes den Behindertenorganisationen zu verkünden und ihm sei die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
Die Vorinstanz beantragt unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Auch das Strassenverkehrsamt stellt unter Verweisung auf die verwaltungsgerichtlichen Erwägungen Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer wurde über die Eingaben in Kenntnis gesetzt.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Endentscheid steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG ). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als vom Urteil direkt Betroffener gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
1.2. Der Beschwerdeführer beantragt, die Beschwerde sei in Anwendung von Art. 9 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR 151.3) den Behindertenorganisationen zu verkünden. Inwiefern eine Verfügung nach Art. 9 Abs. 3 lit. c und d BehiG vorliegen soll, die Gegenstand einer Beschwerde von Behindertenorganisationen sein kann und diesen in Anwendung von Art. 9 Abs. 4 BehiG zu eröffnen wäre, erschliesst sich nicht, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
1.3. Weiter hält der Beschwerdeführer fest, ihm sei ein öffentliches Verfahren nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK zur klaren Darlegung der Streitsache verwehrt worden. Inwiefern er aus dieser Bestimmung einen Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung vor der Vorinstanz ableiten können soll, zeigt er nicht auf und liegt auch nicht auf der Hand. Eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist daher zu verneinen.
2.
Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer sehe im angeordneten vorsorglichen Führerausweisentzug eine Diskriminierung von ihm als behinderte Person und fordere das Strassenverkehrsamt auf, diese Diskriminierung zu beseitigen. Damit verlange er die Wiederaushändigung seines Führerausweises.
Diese Interpretation der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Zwar bemängelt der Beschwerdeführer, es gehe vorliegend nicht um eine strassenverkehrsrechtliche, sondern um eine behindertengleichstellungsrechtliche Angelegenheit. Jedoch geht aus seiner Beschwerde kein anderer Grund für die geltend gemachte Verletzung seiner Rechte als behinderte Person hervor. Er hat seine, diesem Verfahren zugrunde liegende Eingabe denn auch beim Strassenverkehrsamt eingereicht. Zudem räumt er ein, zwischen dem vorliegenden Verfahren und jenem betreffend den vorsorglichen Führerausweisentzug bestehe ein "gewisser Konnex" und führt aus, er sei ausschliesslich wegen seiner Behinderung vom öffentlichen Leben ausgeschlossen und könne seine Kindertransporte nicht wahrnehmen. Soweit er daher die Beseitigung der geltend gemachten Diskriminierung verlangt, ist mit der Vorinstanz auf das hängige verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffend den vorsorglichen Führerausweisentzug zu verweisen. Seine Rügen im Zusammenhang mit der Gleichstellung behinderter Menschen kann er in jenem Verfahren geltend machen. Im Übrigen hat ihn bereits das Strassenverkehrsamt an den Sozialdienst seiner Wohngemeinde und an die IV-Stelle verwiesen. Im Vorgehen des Strassenverkehrsamts ist demnach keine Rechtsverweigerung zu erblicken. Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, die Vorinstanz habe ihm zu Unrecht das Rechtsschutzinteresse abgesprochen, übersieht er, dass sich die Vorinstanz dabei nicht auf die von ihm geltend gemachte Diskriminierung als behinderte Person, sondern auf seine Rechtsverweigerungsbeschwerde bezog.
3.
Nach diesen Erwägungen hält das angefochtene Urteil vor Bundesrecht stand und ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist der Beschwerdeführer kostenpflichtig; auf eine Kostenerhebung kann vorliegend aber ausnahmsweise verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird somit gegenstandslos. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt des Kantons Zug und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. November 2024
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck