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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.378/2003 /kra 
 
Urteil vom 26. Januar 2004 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, 
Ersatzrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiber Weissenberger. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Alexander R. Lecki, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8500 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 19. Juni 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der Kantonstierarzt des Kantons Thurgau erhielt am 9. Januar 2002 schriftlich ein Klage über die Haltung eines Hundes durch X.________. Am gleichen Tag kontrollierte der Kantonstierarzt in Begleitung des Gemeindeammannes und eines Polizeibeamten unangemeldet das Haus von X.________, der zu jener Zeit im Urlaub weilte. Die Kontrolleure vernahmen bereits auf dem Hof ein stetes Gejaule. Sie fanden den Hund im fensterlosen Heizungsraum der Scheune in einer Hundebox aus Metall. Nach einer fotografischen Dokumentation der vorgefundenen Situation wurde das Tier beschlagnahmt und fremdplatziert. Der Kantonstierarzt erstattete am 14. Januar 2002 beim Bezirksamt Steckborn Strafanzeige wegen Verstosses gegen das Tierschutzgesetz. 
B. 
Mit Strafverfügung des Bezirksamtes Steckborn vom 20. Juni 2002 wurde X.________ der Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz (Missachtung der Vorschriften über die Hundehaltung) schuldig gesprochen und zu einer Busse von Fr. 300.-- verurteilt. X.________ wurde vorgeworfen, seinen Hund zwischen Frühling 2000 und 9. Januar 2002 bei der Anpassung an eine veränderte Haltung überfordert, ihn in einer für die Einzelhaltung vorschriftswidrig engen Box gehalten und nicht für eine ausreichende Beleuchtung der Räumlichkeiten gesorgt zu haben. 
 
Die von X.________ gegen die Strafverfügung erhobene Einsprache erklärte die Bezirksgerichtliche Kommission Steckborn am 31. Oktober 2002 für unbegründet. Sie verurteilte X.________ zu einer Busse von Fr. 300.--. 
 
Das Obergericht des Kantons Thurgau wies die Berufung von X.________ am 19. Juni 2003 ab, sprach ihn der Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz schuldig und verurteilte ihn wie die früheren Instanzen zu einer Busse von Fr. 300.--. 
C. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 19. Juni 2003 aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Obergericht des Kantons Thurgau beantragt in seiner Stellungnahme, die Beschwerde abzuweisen (act. 6). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass das angefochtene Urteil eidgenössisches Recht verletze. Die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ausgeschlossen (Art. 269 BStP). 
 
Das Bundesgericht hat seinem Entscheid die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde zu Grunde zu legen, wobei offen-sichtlich auf Versehen beruhende Feststellungen von Amtes wegen berichtigt werden. Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheids richten, das Vorbringen neuer Tatsachen, neue Einreden, Bestreitungen und Beweismittel, sowie Erörterungen über die Verletzung kantonalen Rechts sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). 
 
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zu den Umständen der Haltung seines Hundes zu wenden scheint (Beschwerde, S. 4 f.), ist er nicht zu hören. 
2. 
Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer der Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz (TSchG, SR 455) schuldig gesprochen. Sie stützte sich dabei auf Art. 29 Ziff. 1 lit. a TSchG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 TSchG sowie Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 und Anhang 1 Ziff. 151, Art. 14 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 1 Tierschutzverordnung (TSchV, SR 455.1). 
2.1 Gemäss Art. 29 Ziff. 1 lit. a TSchG, der den Titel "Übrige Widerhandlungen" trägt, wird - vorbehältlich einer Bestrafung wegen Tierquälerei nach Art. 27 TSchG - mit Haft oder mit Busse bis zu 20'000 Franken bestraft, wer vorsätzlich die Vorschriften über die Tierhaltung im Sinne der Art. 3 und 4 TSchG missachtet. 
 
Nach Art. 3 Abs. 2 TSchG darf die für ein Tier notwendige Bewegungsfreiheit nicht dauernd oder unnötig eingeschränkt werden, wenn damit für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind. Laut Absatz 3 erlässt der Bundesrat nach Anhören der interessierten Kreise Vorschriften über das Halten von Tieren, namentlich über Mindestabmessungen, Beschaffenheit, Belichtung und Belüftung der Unterkünfte, Belegungsdichte bei Gruppenhaltung sowie Anbindevorrichtungen. 
 
Art. 1 TSchV, der unter dem 1. Kapitel "Allgemeine Tierhaltungsvorschriften" steht, enthält Bestimmungen zur tiergerechten Haltung. Nach Absatz 1 der Norm sind Tiere so zu halten, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört werden und ihre Anpassungsfähigkeit nicht überfordert wird. Art. 4 Abs. 2 TSchV regelt die tiergerechte Unterkunft näher. Er verlangt, dass Unterkünfte leicht zugänglich und hinreichend geräumig sind, damit die Tiere normal stehen und liegen können. Die Unterkünfte müssen zudem so gebaut sein, dass die Verletzungsgefahr gering ist. Art. 31 Abs. 1 TSchV schreibt vor, Hunde, die in Räumen gehalten werden, müssten sich täglich entsprechend ihren Bedürfnissen bewegen können. Wenn möglich sollen sie Auslauf im Freien haben. Im Anhang 1 zur TSchV Ziff. 151 bestehen Vorschriften über die Grösse von Hundeboxen je nach Gewicht der Tiere. Bei einem Hund mit einem Sollgewicht von 22 bis 24 kg, wie dies hier der Fall ist (angefochtenes Urteil, S. 22), beträgt die vorgeschriebene Grundfläche für die Box mindestens 3,0 m2 und deren Höhe mindestens 180 cm. Art. 14 TSchV schliesslich setzt die Mindestanforderungen an die Lichtverhältnisse fest. Gemäss dessen Absatz 2 müssen Ställe, in denen sich die Tiere dauernd oder vorübergehend aufhalten, wenn möglich durch natürliches Tageslicht beleuchtet sein. Die Beleuchtungsstärke im Bereich der Tiere muss tagsüber mindestens 15 Lux betragen. 
2.2 Die Vorinstanz begründet den Schuldspruch zusammengefasst wie folgt: Aufgrund der Beweislage stehe fest, dass der Beschwerdeführer seinen Hund bis Frühling 2000 häufig mit sich genommen und ihm auch sonst sehr viel Freiheiten gewährt habe. Ab Frühling 2000 sei der Beschwerdeführer abrupt zur Anbindehaltung und zur Haltung in einer Box übergegangen. Der Hund sei jeweils von abends 23 h oder 24 h bis morgens 06.20 h sowie während Abwesenheiten des Beschwerdeführers für jeweils vier bis fünf Stunden in der Box eingeschlossen gewesen. Der Beschwerdeführer habe seinen Hund nicht schrittweise an den Haltungswechsel gewöhnt. Dies habe das vom Beschwerdeführer und von den Gutachtern als aktives bis hyperaktives eingeschätzte Tier überfordert. Es habe mit stundenlangem Bellen, Jaulen, Heulen usw. bis zur Erschöpfung darauf reagiert. Auch habe es sich zu befreien versucht und dabei sogar die Gitterstäbe der Box verbogen. Die übereinstimmenden Aussagen der Nachbarn zeigten eindrücklich, wie der Hund auf die plötzliche Änderung der Haltung von grossen Freiheiten zur Ketten- und Boxenhaltung mit langen Zeiten des Alleinseins verzweifelt reagiert habe. Das teilweise panikartige, lang anhaltende Verhalten zeige, dass er durch die Haltung erhebliche Schmerzen und Leiden erlitten habe (angefochtenes Urteil, S. 16 ff.). Es ergebe sich, dass der Beschwerdeführer seinen Hund in der Anpassungsfähigkeit an eine veränderte Haltung überfordert und damit den objektiven Tatbestand von Art. 29 Ziff. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 Abs. 2 TSchG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 TSchV erfüllt habe. Der Beschwerdeführer habe auch subjektiv den Tatbestand erfüllt. Er sei von seinen Nachbarn wiederholt auf die Leiden seines Hundes während seiner Abwesenheit hingewiesen worden. Die Nachbarn hätten ihn teilweise sogar gedrängt, seine Hundehaltung zu ändern. Er habe sich jedoch jede Einmischung verbeten. Auf die verbogenen Gitterstäbe der Hundebox angesprochen, an denen der Beschwerdeführer später Hufeisen befestigte, habe er erklärt, wenn man einen gewalttätigen Menschen einsperre, dann lasse dieser die Tür auch nicht in Ruhe und randaliere. Diese Aussage zeige, dass der Beschwerdeführer sein Fehlverhalten nicht einsehe oder nicht einsehen wolle. Die Hinweise durch die Nachbarn und die verbogenen Gitter der Hundebox sowie das Fachwissen des Beschwerdeführers, der als Tierarzt beruflich seit 1998 ausschliesslich mit Kleintieren und Pferden zu tun habe, lasse keinen anderen Schluss zu, als dass er die Verwirklichung des Tatbestandes mindestens in Kauf genommen oder sich damit abgefunden habe (angefochtenes Urteil, S. 21 f.). 
 
Die Vorinstanz bejaht sodann eine Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz auf Grund der zu geringen Lichtverhältnisse und der zu kleinen Hundebox. Der Kantonstierarzt habe den Hund am 9. Januar 2002 in einer Box mit den Aussenmassen 131 x 127 cm vorgefunden. Vorgeschrieben sei jedoch eine Grundfläche von 3 m2 und eine Höhe von 180 cm. Die Lichtmessung in der Scheune habe am 24. Mai 2002 bei meist sonniger, zeitweise leicht bewölkter Witterung zwischen 1 und 7,4 Lux ergeben. Mit den bei geöffneter Tür maximal gemessenen 7,4 Lux betrage die Beleuchtungsstärke in der Scheune im günstigsten Fall rund die Hälfte der geforderten 15 Lux. Während der Ferienabwesenheit des Beschwerdeführers habe sich der Hund von 07.40 bis 12.00 Uhr, von 13.00 bis 16.00 Uhr, von 16.30 bis 17.20 Uhr und vom Eindunkeln (im Januar um ca. 18.15 Uhr) bis 23.00 oder 24.00 Uhr in der Box befunden, also während insgesamt mindestens 13 Stunden. Die Box sei damit zweifellos sein Tagesaufenthaltsort gewesen, selbst wenn man den Aufenthalt nachts nicht mitrechne. Ferner habe der Beschwerdeführer zugegeben, dass sein Hund auch in der Zeit, in der er ihn betreute, tagsüber bis zu vier oder fünf Stunden in der Box war. Das liege über der von der Gutachterin festgelegten maximalen Aufenthaltsdauer von bis zu vier Stunden täglich. Da der Beschwerdeführer die Umstände der Haltung und insbesondere auch den Tagesablauf in der Betreuung des Hundes während seiner Ferienabwesenheit gekannt habe, sei in Bezug auf diesen Sachverhalt der Tatbestand im Sinne von Art. 29 Ziff. 1 lit. a TSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2, Art. 31 Abs. 1 und Anhang 1 Ziff. 151 TSchV objektiv und subjektiv erfüllt (angefochtenes Urteil, S. 21 ff.). 
2.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid verletze Art. 1 StGB, weil ihm das Verhalten der von ihm instruierten Personen während seiner Ferienabwesenheit zugerechnet worden sei, obschon ihm im fraglichen Zeitraum die Tatmacht gefehlt habe. Die Vorinstanz habe ferner zu Unrecht einen Verstoss gegen das Tierschutzgesetz bejaht, obschon die Gutachterin die Haltungsform für akzeptabel befunden habe. 
 
Diese Einwände sind offensichtlich unbegründet und wurden von der Vorinstanz bereits überzeugend widerlegt. Der Beschwerdeführer hatte für seine Ferienabwesenheit zwei Personen mit der Betreuung seines Hundes beauftragt. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz wusste er, dass keiner der Betreuer den Hund tagsüber betreuen konnte. Die Tagesabläufe in Bezug auf seine Unterbringung in der Hundebox waren dem Beschwerdeführer bekannt (angefochtenes Urteil, S. 21). Als Halter des Tieres war er verpflichtet, dafür zu sorgen, dass in seiner Abwesenheit die Vorschriften über die Tierhaltung eingehalten wurden. Indem er Personen entgegen diesen Bestimmungen instruierte, missachtete er diese Vorschriften in eigener Person. Ob er als mittelbarer Täter gilt (dazu BGE 101 IV 306 E. 8 S.310; vgl. auch BGE 120 IV 17 E. 2d S. 22 f.; 85 IV 22; 77 IV 89 E. 1; 71 IV 132 E. 3 S. 136), muss hier nicht beantwortet werden, da dies ebenfalls eine Täterschaftsform darstellt und die Rechtsfolgen die gleichen sind. Indem er die Betreuer instruierte und die Instruktionen während seiner Ferien jederzeit hätte ändern können, verfügte der Beschwerdeführer über die erforderliche Tatherrschaft. 
 
Was die Einzelheiten der Haltung des Hundes betrifft, hat die Gutachterin diese nur unter den Voraussetzungen als akzeptabel erachtet, dass der Hund für das ruhige Alleinsein gezielt trainiert werde, sein Tagesaufenthaltsort nicht in der Scheune sei, eine adäquate, körperlich und geistig fordernde Beschäftigung stattfinde sowie Dritte ihn während der Abwesenheit des Halters tagsüber zu Hause oder auswärts artgerecht betreuten und er nicht stundenlang eingesperrt sich selber überlassen werde (vgl. angefochtenes Urteil, S. 18). Wer wie der Beschwerdeführer einen Hund mit einem Sollgewicht zwischen 22 und 24 kg jeweils während mehr als den halben Tag bzw. mehr als vier Stunden in eine Box von rund 1,6 m2 Grundfläche und 1,3 m Höhe einsperrt, die maximal mit 7 Lux erhellt wird, verstösst gegen die von der Vorinstanz genannten Bestimmungen zur artgerechten Haltung. Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht. 
3. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dementsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau und dem Obergericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Veterinärwesen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 26. Januar 2004 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: