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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_8/2023  
 
 
Urteil vom 26. Januar 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Kölz, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Husmann, 
 
gegen  
 
Kriminalgericht des Kantons Luzern, Landenbergstrasse 36, Postfach 3439, 6002 Luzern, 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, Postfach 3439, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entlassung aus dem vorzeitigen Massnahmenvollzug, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 30. November 2022 
(2N 22 150/2U 22 49). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen des Verdachts des Angriffs, der Freiheitsberaubung, der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, der mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen das Tierschutz- und Tierseuchengesetz. Mit Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Luzern vom 30. April 2021 wurde er in Untersuchungshaft versetzt. Am 1. Juli 2021 stellte A.________ ein Gesuch um vorzeitigen Massnahmenvollzug, welcher ihm mit Verfügung vom 13. Juli 2021 per 16. Juli 2021 bewilligt wurde. Am 24. November 2021 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen A.________ mit dem Antrag, dieser sei mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten, einer unbedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- sowie mit einer Busse von Fr. 1'000.-- zu bestrafen. Unter Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe sei eine Massnahme nach Art. 61 StGB (Massnahmen für junge Erwachsene) anzuordnen. 
Am 25. Januar 2022 stellte der Vollzugs- und Bewährungsdienst des Kantons Luzern bei der Verfahrensleitung des Kriminalgerichts Luzern den Antrag auf Aufhebung des vorzeitigen stationären Massnahmenvollzugs und an deren Stelle die Anordnung einer kombinierten stationären therapeutischen Massnahme nach Art. 59 (Behandlung von psychischen Störungen) und Art. 60 StGB (Suchtbehandlung). Diesem Antrag entsprach das Kriminalgericht am 1. Februar 2022. 
Am 3. Oktober 2022 stellte A.________ ein Gesuch um unverzügliche Entlassung aus dem vorzeitigen Massnahmenvollzug und dem damit verbundenen strafprozessualen Freiheitsentzug. Das Zwangsmassnahmengericht wies das Gesuch am 18. Oktober 2022 ab. Dagegen erhob A.________ am 28. Oktober bzw. 7. November 2022 Beschwerde an das Kantonsgericht Luzern. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 30. November 2022 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 4. Januar 2023 führt A.________, vertreten durch seinen privaten Wahlverteidiger, Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, der Beschluss des Kantonsgerichts vom 30. November 2022 sei aufzuheben und er sei unverzüglich aus dem vorzeitigen Massnahmenvollzug nach Art. 59 und Art. 60 StGB und dem damit verbundenen strafprozessualen Freiheitsentzug zu entlassen, allenfalls unter Ersatzmassnahmen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei formell Sicherheitshaft für eine angemessene Dauer, max. 3 Monate, anzuordnen. Auf eine Weiterführung des vorzeitigen kombinierten stationären Massnahmenvollzugs nach Art. 59 und Art. 60 StGB sei zu verzichten. 
Die Oberstaatsanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Kriminalgericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Mit Eingabe vom 18. Januar 2023 teilte der Beschwerdeführer mit, die auf den 19. Januar 2023 angesetzte Hauptverhandlung sei vom Kriminalgericht abzitiert worden, dies mit der Begründung, die Akten hätten an das Bundesgericht gesandt werden müssen. Damit habe das Kriminalgericht erneut das Beschleunigungsgebot im Haftverfahren verletzt. Er beantrage daher, dass das Kriminalgericht anzuweisen sei, unverzüglich einen neuen Termin für die Hauptverhandlung anzusetzen. Weiter sei im Dispositiv festzuhalten, dass die Abzitierung der Hauptverhandlung das Beschleunigungsgebot in Haftsachen in schwerwiegender Weise verletzt habe. Der Beschwerdeführer hat am 24. Januar 2023 repliziert und hält an seinen Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer strafrechtlichen Angelegenheit, mit welchem die Vorinstanz das Haftentlassungsgesuch des Beschwerdeführers abgeweisen hat. Dagegen steht die Beschwerde nach Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und befindet sich nach wie vor in strafprozessualer Haft bzw. im vorzeitigen Massnahmenvollzug. Er ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. 
 
2.  
Gemäss Art. 236 Abs. 1 StPO kann die Verfahrensleitung der beschuldigten Person bewilligen, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehende Massnahmen vorzeitig anzutreten, sofern der Stand des Verfahrens es erlaubt. Der vorzeitige Straf- oder Massnahmenantritt stellt seiner Natur nach eine strafprozessuale Zwangsmassnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Strafvollzug dar. Damit soll schon vor Erlass des rechtskräftigen Strafurteils ein Haftregime ermöglicht werden, das auf die persönliche Situation der beschuldigten Person zugeschnitten ist; ausserdem können erste Erfahrungen mit der voraussichtlich sachlich gebotenen Vollzugsform gesammelt werden. Für eine Fortdauer der strafprozessualen Haft in den Modalitäten des vorzeitigen Strafvollzugs gelten uneingeschränkt die einschlägigen Bestimmungen über die Untersuchungs- und Sicherheitshaft gemäss Art. 221 ff. StPO (vgl. BGE 143 IV 160 E. 2 und 2.1 mit Hinweisen). 
Sowohl bei Untersuchungs- oder Sicherheitshaft als auch bei vorzeitigem Massnahmenvollzug ist auf ein Entlassungsgesuch hin zu prüfen, ob die Haftvoraussetzungen gegeben sind (BGE 143 IV 160 E. 2.3; 139 IV 191 E. 4.1 f.; 117 Ia 72 E. 1d; Urteil 1B_342/2020 vom 3. August 2020 E. 2.2; je mit Hinweisen). Gemäss Art. 221 StPO ist strafprozessuale Haft insbesondere zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ein im Gesetz genannter Haftgrund vorliegt, wozu unter anderem die Wiederholungsgefahr zählt (vgl. Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO). Die Haft muss überdies verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c und Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO). 
 
2.1. Der Beschwerdeführer stellt den dringenden Tatverdacht infrage. Zur Begründung führt er aus, die Vorinstanz habe es unterlassen, aufzuzeigen, inwiefern seine teilweise Geständigkeit einen dringenden Tatverdacht begründen würde. Damit habe sie ihre Begründungspflicht verletzt.  
 
2.2. Bei der Überprüfung des allgemeinen Haftgrundes des dringenden Tatverdachts hat das Bundesgericht keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen. Macht eine inhaftierte Person geltend, sie befinde sich ohne ausreichenden Tatverdacht in strafprozessualer Haft, ist vielmehr zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder Vergehen und eine Beteiligung der betreffenden Person an dieser Tat vorliegen, die Justizbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt dabei der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das untersuchte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte. Wurde gegen eine in Haft befindliche beschuldigte Person bereits Anklage erhoben oder erging schon ein den Tatvorwurf bestätigendes erstinstanzliches Strafurteil, so kann das Haftgericht in der Regel davon ausgehen, dass die allgemeine Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts vorliegt. Davon wäre ausnahmsweise abzuweichen, wenn der oder die Angeschuldigte im Haftprüfungs- oder Haftbeschwerdeverfahren darzutun vermöchte, dass die Annahme eines dringenden Tatverdachts unhaltbar ist (Urteil 1B_24/2021 vom 2. Februar 2021 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
2.3. Die Staatsanwaltschaft hat am 24. November 2021 Anklage erhoben gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts des Angriffs, der Freiheitsberaubung, der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen das Tierschutz- und Tierseuchengesetz. Damit ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der dringende Tatverdacht grundsätzlich zu bejahen (vgl. E. 2.2 hiervor). Wie die Vorinstanz festhielt, vermag der Beschwerdeführer mit seinen wenig substanziierten Ausführungen jedenfalls nicht aufzuzeigen, inwiefern die Annahme eines dringenden Tatverdachts unhaltbar sein soll. Vielmehr liegt mit dem vom Beschwerdeführer selbst erwähnten (Teil-) Geständnis, neben der erwähnten, bereits erfolgten Anklageerhebung, ein weiterer Anhaltspunkt vor, der vorliegend für die Annahme des dringenden Tatverdachts spricht. Es verletzt denn auch nicht die Begründungspflicht, wenn sich die Vorinstanz im vorliegenden Verfahren nicht weiter mit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen betreffend angebliche Unverwertbarkeit gewisser Beweismittel etc. auseinandergesetzt hat. Eine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse ist dem Sachgericht vorzubehalten (vgl. E. 2.2 hiervor). Der dringende Tatverdacht ist somit zu bejahen.  
 
3.  
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, es fehle an der Wiederholungsgefahr. 
 
3.1. Gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO liegt Wiederholungsgefahr vor, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.  
 
3.1.1. Bei den Vortaten muss es sich um Verbrechen oder schwere Vergehen gehandelt haben; zudem müssen sie gegen gleiche oder gleichartige Rechtsgüter gerichtet gewesen sein wie die drohenden Verbrechen oder schweren Vergehen. Die Vortaten können sich aus rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren ergeben. Sie können jedoch auch Gegenstand eines noch hängigen Strafverfahrens bilden, sofern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die beschuldigte Person sie begangen hat. Der Nachweis, dass diese eine Straftat verübt hat, gilt bei einem glaubhaften Geständnis oder einer erdrückenden Beweislage als erbracht (zum Ganzen: BGE 146 IV 326 E. 3.1; Urteil 1B_289/2022 vom 1. Juli 2022 E. 3.1; je mit Hinweisen).  
 
3.1.2. Dem Beschwerdeführer wird vorliegend unter anderem Angriff (Art. 134 StGB) und Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 StGB) vorgeworfen. Beide sich gegen die physische und psychische Integrität Dritter richtenden Delikte stellen gemäss Art. 10 Abs. 2 StGB Verbrechen dar, welche mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft werden. Der Beschwerdeführer ist insoweit geständig, als er zugibt, dem angeblich der Freiheit beraubten Opfer einen Kick gegeben zu haben. Wie dem aktenkundigen Strafregisterauszug entnommen werden kann, ist der Beschwerdeführer u.a. wegen Drohung (Art. 180 StGB), Nötigung (Art. 181 StGB) und sexueller Belästigung (Art. 198 StGB) vorbestraft. Bei den ersten beiden Delikten handelt es sich um Vergehen, die sexuelle Nötigung stellt indessen ebenfalls ein Verbrechen dar, welches mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft wird. Damit weist der Beschwerdeführer, entgegen seiner Behauptung, gleichartige Vortaten im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf, welche über die erforderliche Schwere verfügen, um den Tatbestand von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO grundsätzlich zu erfüllen. Daran ändert auch nichts, wenn er versucht, die Vorstrafe betreffend sexuelle Belästigung zu bagatellisieren. Das Vortatenerfordernis ist demnach erfüllt.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Der Beschwerdeführer ist sodann der Auffassung, das Gutachten, worauf sich die Vorinstanz bei der Beurteilung der Rückfallprognose gestützt habe, basiere auf nicht verwertbaren Beweisen und sei nicht glaubhaft.  
 
3.2.2. Massgebliche Kriterien bei der Beurteilung der Rückfallprognose sind nach der Praxis des Bundesgerichts insbesondere die Häufigkeit und Intensität der fraglichen Delikte. Bei dieser Bewertung sind allfällige Aggravationstendenzen, wie eine zunehmende Eskalation respektive Gewaltintensität oder eine raschere Kadenz der Taten, zu berücksichtigen. Je schwerer die drohenden Taten sind und je höher die Gefährdung der Sicherheit anderer ist, desto geringere Anforderungen sind an die Rückfallgefahr zu stellen. Liegen die Tatschwere und die Sicherheitsrelevanz am oberen Ende der Skala, so ist die Messlatte zur Annahme einer rechtserheblichen Rückfallgefahr tiefer anzusetzen. Zu würdigen sind des Weiteren die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person. Liegt bereits ein psychiatrisches Gutachten vor, wie dies hier der Fall ist, ist dieses ebenfalls in die Beurteilung miteinzubeziehen. Im Haftprüfungsverfahren ist, anders als im Urteil in der Sache, jedoch keine umfassende Würdigung des psychiatrischen Gutachtens vorzunehmen. Die Überprüfung des Haftgerichts ist lediglich summarischer Natur (vgl. Urteil 1B_555/2022 vom 25. November 2022 E. 6.3 mit Hinweis). Zugleich ist daran festzuhalten, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr restriktiv zu handhaben ist. Hieraus folgt, dass eine negative, d.h. eine ungünstige Rückfallprognose zur Annahme von Wiederholungsgefahr notwendig, grundsätzlich aber auch ausreichend ist (BGE 146 IV 136 E. 2.2 mit Hinweis)  
 
3.3. In Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hielt die Vorinstanz fest, über die Beweiskraft des Gutachtens sei im Hauptverfahren zu befinden. Der Beschwerdeführer zeige jedenfalls nicht auf, weshalb die Aussagekraft des Aktengutachtens zu relativieren sei und inwiefern dieses von unzutreffenden Sachverhaltsannahmen ausgehe und Alternativhypothesen nicht explizit geprüft worden seien. In der Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 18. Oktober 2022, auf welche die Vorinstanz verweist, werde ausführlich aufgezeigt, weshalb das vom Beschwerdeführer beanstandete Aktengutachten vom 17. Juni 2021 den Schluss zulasse, dass eine Freilassung des Beschwerdeführers mit erheblichen konkreten Risiken für die öffentliche Sicherheit verbunden wäre (vgl. E. 3.2 der Verfügung vom 18. Oktober 2022). Gemäss dem Gutachten ist bei dem an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung leidenden Beschwerdeführer kurz- bis mittelfristig ein deutlich erhöhtes Risiko für Gewaltdelikte gegenüber Dritten anzunehmen (S. 49 des Gutachtens vom 17. Juni 2021). Die Rückfallprognose falle bei einer sofortigen Entlassung mittel- bis langfristig sehr ungünstig aus (S. 42 des Gutachtens vom 17. Juni 2021). Inwiefern diese Ausführungen geradezu unhaltbar sein sollen, ist nicht ersichtlich. Daran ändert auch nichts, dass es sich mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers um ein Aktengutachten handelt und der Gutachter darauf hingewiesen hat, die Validität der diagnostischen Zuordnung bleibe daher eingeschränkt. Wie dem Gutachten entnommen werden kann, können die diagnostischen Diskussionen aus forensisch-psychiatrischer Sicht dennoch mit ausreichender Sicherheit erfolgen (S. 27 des Gutachtens vom 17. Juni 2021). Angesichts der diversen aktenkundigen Vorstrafen, der nur kurz darauf erneuten, dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden angeblichen Straffälligkeit des Beschwerdeführers, seiner unbestritten gebliebenen psychischen Erkrankungen sowie der drohenden, die Sicherheit anderer gefährdenden Delikte gegen die psychische und physische Integrität verstösst es nicht gegen Bundesrecht, von einer ungünstigen Rückfallprognose auszugehen. Die Wiederholungsgefahr ist somit auch bei der erforderlichen restriktiven Handhabung zu bejahen und die betreffende Rüge des Beschwerdeführers erweist sich als unbegründet.  
 
4.  
Zu prüfen bleibt, ob die strafprozessuale Haft verhältnismässig ist (Art. 5 Abs. 2 BV). An der Stelle von Haft sind Ersatzmassnahmen anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c und Art. 237 f. StPO). 
 
4.1. Die Vorinstanz hielt mit Verweis auf das psychiatrische Gutachten fest, Ersatzmassnahmen seien bei der ungünstigen Risikokonstellation des Beschwerdeführers nicht erfolgversprechend anzuwenden. Daran vermag die Behauptung des Beschwerdeführers nichts zu ändern, wonach er gewillt sei, eine ambulante Therapie bei der Luzerner Psychiatrie sowie eine nach Möglichkeit stationäre Suchttherapie zu absolvieren. Diese vom Beschwerdeführer beantragten Ersatzmassnahmen erscheinen angesichts der konkreten Umstände nicht geeignet, den gleichen Zweck wie die strafprozessuale Haft bzw. der vorzeitige Massnahmenvollzug zu erfüllen.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Weiterführung des nunmehr seit über 21 Monaten andauernden strafprozessualen Freiheitsentzugs sei unverhältnissig und unzumutbar.  
 
4.2.1. Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung des Grundrechts auf persönliche Freiheit dar. Sie liegt dann vor, wenn die Haftdauer die mutmassliche Dauer der zu erwartenden freiheitsentziehenden Sanktion übersteigt (vgl. auch Art. 212 Abs. 3 StPO). Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der fraglichen Straftaten Rechnung zu tragen. Das Gericht darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe zur zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt (BGE 145 IV 179 E. 3.1; 143 IV 168 E. 5.1; 139 IV 270 E. 3.1; je mit Hinweisen). Ob eine Haftdauer als übermässig bezeichnet werden muss, ist aufgrund der konkreten Verhältnisse des einzelnen Falls zu beurteilen (BGE 145 IV 179 E. 3.5; 133 I 168 E. 4.1 mit Hinweisen). Obwohl sich Art. 212 Abs. 3 StPO nur auf die zu erwartende Freiheitsstrafe bezieht, sind auch freiheitsentziehende Massnahmen zu berücksichtigen. Droht eine Verurteilung zu einem stationären Massnahmenvollzug, ist daher die Fortdauer der strafprozessualen Haft verhältnismässig, wenn aufgrund der Aktenlage mit einer freiheitsentziehenden Massnahme ernsthaft zu rechnen ist, deren gesamter Vollzug deutlich länger dauern könnte als die bisherige strafprozessuale Haft (BGE 126 I 172 E. 5e; Urteil 1B_377/2022 vom 15. August 2022 E. 8.1.3; je mit Hinweisen).  
 
4.2.2. Die Staatsanwaltschaft beantragt gemäss ihrer Anklageschrift vom 24. November 2021 eine unbedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Der Beschwerdeführer befindet sich indes bereits seit 21 Monaten in strafprozessualer Haft bzw. im vorzeitigen Massnahmenvollzug. Stünde mithin einzig eine Freiheitsstrafe im Raum, wäre nach der erwähnten bundesgerichtlichen Rechtsprechung von deutlicher Überhaft auszugehen. Vorliegend beantragt die Staatsanwaltschaft jedoch weiter, dass unter Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe eine Massnahme anzuordnen sei. Der Beschwerdeführer befindet sich denn auch bereits seit dem 16. Juli 2021 im vorzeitigen Massnahmenvollzug. Angesichts der Tatsache, dass gutachterlich eine Massnahme empfohlen wird (vgl. S. 48 ff., insb. S. 51 des Gutachtens), ist übereinstimmend mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass im Falle einer Verurteilung die Anordnung einer stationären Massnahme ernsthaft in Betracht fällt. Der mit einer Massnahme nach Art. 61 Abs. 4 StGB verbundene Freiheitsentzug beträgt höchstens vier, bei einer Massnahme nach Art. 59 und Art. 60 StGB höchstens fünf Jahre, wobei die Massnahme jeweils um weitere fünf Jahre verlängert werden kann (Art. 59 Abs. 4 StGB). Somit droht jedenfalls zurzeit noch keine Überhaft, da der Vollzug der freiheitsentziehenden Massnahme deutlich länger dauern kann.  
 
4.2.3. Die Vorinstanz ging im angefochtenen Entscheid davon aus, dass die Hauptverhandlung in Kürze, nämlich am 19. Januar 2023 stattfinden und somit definitiv über die Frage einer anzuordnenden Massnahme entschieden würde. Wie der Beschwerdeführer dem Bundesgericht mit Schreiben vom 18. Januar 2023 mitteilte und belegte, wurde die für den 19. Januar 2023 anberaumte Hauptverhandlung allerdings abgesagt. Dies mit der Begründung, die Akten seien an das Bundesgericht geschickt worden.  
Wenn der Beschwerdeführer diesbezüglich vorbringt, das Kriminalgericht hätte mit geeigneten personellen und organisatorischen Massnahmen dafür zu sorgen gehabt, dass die Hauptverhandlung ungeachtet des Versands der Akten an das Bundesgericht hätte stattfinden können, ist ihm grundsätzlich zuzustimmen. Es trifft zu, dass sich der organisatorische Aufwand für die Anfertigung von Kopien der drei Bundesordner sowie des blauen Dossiers in Grenzen gehalten hätte. Grundsätzlich ist bei einem geringen Umfang an Akten zu erwarten, dass, wenn nicht elektronische Kopien, zumindest Papierkopien angefertigt werden, damit im gleichen Zeitraum eine Verhandlung in Haftsachen stattfinden und das Haftverfahren zügig vorangetrieben werden kann. Ob indes das vom Beschwerdeführer eingereichte Schreiben betreffend Abzitierung der Hauptverhandlung novenrechtlich (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG) überhaupt zu berücksichtigen ist, kann an dieser Stelle offen bleiben. Über die Einhaltung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen (Art. 5 StPO) wird spätestens das Sachgericht zu befinden haben. Das Kriminalgericht wird jedoch ausdrücklich aufgefordert, die Hauptverhandlung nunmehr zeitnah durchzuführen. 
 
4.2.4. Für das vorliegende Verfahren ist sodann entscheidend, dass sich der Beschwerdeführer in strafprozessualer Haft bzw. im freiheitsentziehenden Massnahmenvollzug befindet. Unter welchem Titel der Freiheitsentzug erfolgt, spielt vorliegend für die Beurteilung seines Haftentlassungsgesuchs insofern keine Rolle. Wie erwähnt sind die Voraussetzungen für den Entzug der Freiheit weiterhin erfüllt (vgl. E. 2 f.). Welche Massnahme definitiv bzw. ob überhaupt eine Massnahme auszusprechen sein wird, hat das Sachgericht zu entscheiden.  
 
5.  
 
5.1. Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz hätte die Kosten für seine (private) Verteidigung übernehmen müssen. Sein amtlicher Verteidiger habe ihn nicht aufgeklärt, dass mit der Umwandlung der stationären Massnahme nach Art. 61 StGB in eine kombinierte Massnahme nach Art. 59 und Art. 60 StGB eine "kleine Verwahrung" vorliege. Damit lägen objektive, besondere bzw. ausserordentliche Gründe vor, die auch unter "fair-trial"-Gesichtspunkten zum Ausschluss des amtlichen Verteidigers führen würden. Mit diesen Einwänden habe sich die Vorinstanz nicht auseinandergesetzt und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.  
 
5.2. Die Vorinstanz erwog, es stünde dem Beschwerdeführer frei, jederzeit eine private Verteidigung mit der Wahrung seiner Interessen zu beauftragen. Indes habe er diese selber zu entschädigen. Ihm sei eine amtliche Verteidigung bestellt worden und er sei angeblich bedürftig. Folglich könne und dürfe vorliegend nicht verlangt werden, dass die Wahlverteidigung in eine (zweite) amtliche Verteidigung umgewandelt werde. Ein solches Vorgehen liefe auf eine unzulässige Umgehung der Voraussetzungen für einen Verteidigerwechsel nach Art. 134 Abs. 2 StPO hinaus. Dies gelte umso mehr, als die vorliegenden Umstände nicht derart ausserordentlich seien, als dass sie die Beiordnung eines zweiten amtlichen Verteidigers rechtfertigen würden. Solche Umstände lege der Beschwerdeführer jedenfalls nicht hinreichend dar.  
 
5.3. Die gleichzeitige Verteidigung durch eine amtliche und eine Wahlverteidigung ist nicht ausgeschlossen. Die beschuldigte Person hat das Recht, sich durch mehr als eine Rechtsvertretung verteidigen zu lassen. Nach der Rechtsprechung hat sie insbesondere das Recht, sich zusätzlich zur amtlichen Verteidigung auch noch durch eine erbetene private Verteidigung vertreten zu lassen und diese dafür selbst zu entschädigen (vgl. Urteile 1B_424/2020 vom 15. Dezember 2020 E. 2.3 f.; 1B_364/2019 vom 28. August 2019 E. 3.4; je mit Hinweisen). In der Regel wird damit aber das Erfordernis der amtlichen Verteidigung entfallen (Art. 134 Abs. 1 i.V.m. Art. 132 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 StPO).  
 
5.4. Die Vorinstanz hat aufgezeigt, weshalb sie das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung durch den privaten Verteidiger abgewiesen hat. Damit ist sie ihrer Begründungspflicht nachgekommen (vgl. E. 10.2 des angefochtenen Entscheids). Der Vorinstanz ist denn auch zuzustimmen, wenn sie festhält, es lägen vorliegend keine ausserordentlichen Gründe vor, weshalb das Gesuch um eine zweite amtliche Verteidigung ausnahmsweise gutzuheissen wäre. Daran ändert die Behauptung des Beschwerdeführers nichts, ihm sei vom amtlichen Verteidiger nicht erklärt worden, dass eine Umwandlung der Massnahme in eine "kleine Verwahrung" zur Diskussion stünde und er zu keinem Zeitpunkt in eine solche Umwandlung eingewilligt habe. Ist das Vertrauensverhältnis zur amtlichen Verteidigung erheblich gestört, was bei mangelhafter Aufklärung zutreffen kann, ist es möglich, diese auszuwechseln (Art. 134 Abs. 2 StPO). Es wäre dem Beschwerdeführer offen gestanden, einen derartigen Wechsel seiner amtlichen Verteidigung zu beantragen. Dass er dies getan hätte, lässt sich jedoch weder den Akten entnehmen noch macht er dies geltend. Es sind keine objektiven Gründe ersichtlich, wonach eine sachgemässe Vertretung der Interessen des Beschwerdeführers durch den amtlichen Rechtsvertreter nicht mehr gewährleistet ist und dieser aus Gründen eines fairen Verfahrens im Beschwerdeverfahren von seinem privaten Verteidiger hätte vertreten werden müssen. Nach dem Ausgeführten durfte die Vorinstanz das Gesuch des Beschwerdeführers, ihm sei für das Beschwerdeverfahren sein privater Verteidiger als zweiter amtlicher Verteidiger zuzuordnen, abweisen, ohne dessen Anspruch auf eine wirksame Verteidigung oder generell das Recht auf ein faires Verfahren zu verletzen. Der Beschwerdeführer dringt mit der Rüge, die Weigerung, ihm einen zweiten amtlichen Verteidiger zuzuordnen, verletze Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. c EMRK sowie Art. 29 Abs. 2 und 3 BV und Art. 132 StPO, nicht durch.  
 
6.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt jedoch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (vgl. Art. 64 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Rechtsanwalt Markus Husmann wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'500.-- entschädigt.  
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kriminalgericht des Kantons Luzern, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. Januar 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier