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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_918/2020  
 
 
Urteil vom 26. März 2021  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Basler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ortsbürgergemeinde Rothrist, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Ries, 
Beschwerdegegnerin, 
 
1.       Konkursamt Aargau, Amtsstelle Oberentfelden, Postfach 56, 5036 Oberentfelden, 
2.       Grundbuchamt Zofingen, Brühlstrasse 5, 4800 Zofingen, 
3.       Handelsregisteramt des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3c, 5001 Aarau 1 Fächer, 
4.       Betreibungsamt Rothrist, 4852 Rothrist. 
 
Gegenstand 
Konkurseröffnung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, vom 29. September 2020 (ZSU.2020.199). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Ortsbürgergemeinde Rothrist betrieb A.________ mit Zahlungsbefehl Nr. xxx des Betreibungsamts Rothrist vom 27. November 2019 für eine Forderung von Fr. 3'950.-- nebst Zins zu 5 % seit 23. November 2019. Der Betriebene erhob Rechtsvorschlag. Mit Entscheid vom 24. Februar 2020 erteilte das Bezirksgericht Zofingen der Ortsbürgergemeinde Rothrist definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 3'600.-- nebst Zins zu 5 % seit 24. November 2019. 
 
B.   
Am 4. Juni 2020 stellte die Ortsbürgergemeinde Rothrist das Konkursbegehren über den Betrag von Fr. 1'005.50 nebst Zins zu 5 % seit 1. Juni 2020, nachdem die Konkursandrohung A.________ am 21. April 2020 zugestellt worden war und dieser die in Betreibung gesetzte Forderung nur teilweise bezahlt hatte. Das Bezirksgericht Zofingen eröffnete über den Schuldner am 11. August 2020 den Konkurs. 
Dagegen wandte sich A.________ mit Beschwerde vom 27. August 2020 an das Obergericht des Kantons Aargau und verlangte die Aufhebung des Konkurses. Mit Entscheid vom 29. September 2020 wies das Obergericht die Beschwerde ab und eröffnete, da es der Beschwerde zuvor aufschiebende Wirkung gewährt hatte, den Konkurs neu mit Wirkung ab dem Urteilsdatum, 09.00 Uhr. 
 
C.   
A.________ hat gegen diesen Entscheid mit Eingabe vom 2. November 2020 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht. Er beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids und der Konkurseröffnung. Zudem ersucht er um aufschiebende Wirkung. 
Mit Präsidialverfügung vom 8. Dezember 2020 hat das Bundesgericht der Beschwerde in dem Sinne aufschiebende Wirkung zuerkannt, als der Konkurs eröffnet bleibt, jedoch bis zum bundesgerichtlichen Entscheid Vollstreckungsmassnahmen zu unterbleiben haben, mit anderen Worten das Konkursverfahren nicht gefördert werden darf, aber bereits getroffene Sicherungsmassnahmen aufrecht erhalten bleiben. 
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, in der Sache aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend Konkurseröffnung; dagegen steht streitwertunabhängig die Beschwerde in Zivilsachen offen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. d, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG).  
 
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).  
 
2.   
Gemäss Art. 174 Abs. 2 SchKG kann das obere Gericht die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner mit der Einlegung des Rechtsmittels seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass die Schuld, einschliesslich der Zinsen und Kosten getilgt ist, der geschuldete Betrag beim oberen Gericht zuhanden des Gläubigers hinterlegt ist oder der Gläubiger auf die Durchführung des Konkurses verzichtet. Die Voraussetzungen des Glaubhaftmachens der Zahlungsfähigkeit und des Urkundenbeweises über die Bezahlung der Schuld oder über den Verzicht auf die Durchführung des Konkurses müssen kumulativ erfüllt sein (Urteile 5A_801/2014 vom 5. Dezember 2014 E. 6.1; 5A_413/2014 vom 20. Juni 2014 E. 3). Das Obergericht ist im angefochtenen Entscheid zum Schluss gelangt, der Beschwerdeführer habe die Schuld (inkl. Zinsen und Kosten) von Fr. 1'511.50 durch Einzahlung von Fr. 2'500.-- am 20. August 2020 bei der Obergerichtskasse hinterlegt und damit die erste Voraussetzung von Art. 174 Abs. 2 SchKG erfüllt. Allerdings habe er seine Zahlungsfähigkeit nicht glaubhaft gemacht. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs, weil die Vorinstanz die für die Glaubhaftmachung der aktuellen wie künftigen Projekte offerierte Parteibefragung begründungslos nicht durchgeführt habe. Die Rüge geht fehl. Die Vorinstanz hat diesbezüglich kritisiert, dass der Beschwerdeführer für seine Behauptungen, er erstelle derzeit mehrere Einfamilienhäuser und es befänden sich Um- und Neubauten mit einem Volumen von sechs Millionen Franken in Planung, keinerlei Belege eingereicht hat und vollständig im Vagen geblieben sei. Damit muss davon ausgegangen werden, dass die Vorinstanz die persönliche Anhörung zu diesen unsubstanziierten Parteibehauptungen zumindest implizit als nicht zielführend erachtet und den Antrag in antizipierter Beweiswürdigung verworfen hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nicht vor (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.3; 124 I 208 E. 4a). 
 
4.  
 
4.1. Wie dargelegt, setzt die Aufhebung der Konkurseröffnung infolge eines echten Novums gemäss Art. 174 Abs. 2 SchKG voraus, dass der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache dann, wenn für deren Vorhandensein gewisse Elemente sprechen, selbst wenn das Gericht noch mit der Möglichkeit rechnet, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (BGE 132 III 715 E. 3.1). Im Hinblick auf die Aufhebung der Konkurseröffnung heisst dies, dass die Zahlungsfähigkeit des Konkursiten wahrscheinlicher sein muss als seine Zahlungsunfähigkeit. In diesem Bereich dürfen keine zu strengen Anforderungen gestellt werden, insbesondere wenn die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des schuldnerischen Unternehmens nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Auch wenn der Schuldner die Zahlungsfähigkeit nicht strikt beweisen, sondern nur glaubhaft machen muss, so genügen seine Behauptungen allein nicht. Es liegt am Schuldner, Beweismittel vorzulegen, die geeignet sind, seine Zahlungsfähigkeit als glaubhaft erscheinen zu lassen (Urteile 5A_810/2015 vom 17. Dezember 2015 E. 3.2.1; 5A_786/2012 vom 18. Dezember 2012 E. 4; 5A_297/2012 vom 10. Juli 2012 E. 2.3). Der Schuldner muss insbesondere nachweisen, dass gegen ihn kein Konkursbegehren in einer ordentlichen Konkurs- oder in einer Wechselbetreibung hängig ist und dass keine weiteren vollstreckbaren Betreibungen vorliegen (Urteile 5A_93/2018 vom 18. April 2018 E. 4.1; 5A_606/2014 vom 19. November 2014 E. 3.1).  
 
4.2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Vorinstanz erwogen, der Beschwerdeführer sei Inhaber des Einzelunternehmens B.________. Der durch die Unternehmung selbst definierte Zweck gemäss Handelsregister-Eintrag laute wie folgt: Gebäude- und Liegenschaftsbetreuung, Umbauten, Renovationen und Planung. Im Betreibungsregister des Betreibungsamts Rothrist seien seit März 2019 zehn auf den Beschwerdeführer lautende Betreibungen verzeichnet. Mit Blick auf die hier vorzunehmende Beurteilung der Zahlungsfähigkeit sei zumindest bemerkenswert, dass sich die Betreibungen gegen den Beschwerdeführer erst sei Kurzem gehäuft hätten; dies deute auf Liquiditätsprobleme hin. Das Einzelunternehmen des Beschwerdeführers solle laut Zwischenbilanz per 20. August 2020 zwar über flüssige Mittel von Fr. 11'111.87 verfügt haben; allerdings habe der Beschwerdeführer gegenüber dem Konkursamt, ausgesagt, dass der Kassenbestand entgegen der Angabe in der Bilanz statt Fr. 9'427.10 bloss Fr. 4.40 betrage. Mangels entsprechender Belege und substanziierter Behauptungen seien die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers völlig unklar. Neben den erwähnten flüssigen Mitteln bestehe der einzig relevante Aktivposten in angefangenen Arbeiten im Umfang von Fr. 227'000.--. Worin diese aber bestehen würden, sei nicht einmal ansatzweise substanziiert. Dementsprechend könne auch die Werthaltigkeit der behaupteten angefangenen Arbeiten nicht beurteilt werden. Daran ändere die Bestätigung des Treuhänders des Beschwerdeführers, wonach die bestehenden Verbindlichkeiten mit den vorhandenen Aktiven gedeckt werden könnten, nichts, da diese Bestätigung auf den bilanzierten, nicht aber substanziierten Aktiven beruhe und weder Debitorenlisten eingereicht worden noch konkrete Kreditoren bezeichnet worden seien. Auch aus den privaten Verhältnissen des Beschwerdeführers könne nicht auf seine Zahlungsfähigkeit geschlossen werden, habe doch gemäss der letzten eingereichten Steuererklärung per 31. Dezember 2018 unter Berücksichtigung der Verschuldung das Reinvermögen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau bloss rund Fr. 4'334.-- betragen. Insgesamt würden die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers intransparent und unzureichend substanziiert erscheinen. Insbesondere sei unklar geblieben, wie der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt bestreite und aus welchen Mitteln die bilanzierten Passiven, die weitgehend aus Darlehen bestünden, bezahlt werden könnten. Es könne mithin nicht gesagt werden, dass seine Zahlungsfähigkeit wahrscheinlicher sei als seine Zahlungsunfähigkeit. Die Beschwerde sei deshalb abzuweisen.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Im Zusammenhang mit der Glaubhaftmachung prüft das Bundesgericht als Rechtsfrage frei, ob das kantonale Gericht das richtige Beweismass angewandt hat. Die Bewertung der Beweismittel, die dem Gericht zur Glaubhaftmachung der Zahlungsfähigkeit vorgelegt werden, betrifft hingegen die Beweiswürdigung bzw. Sachverhaltsfeststellung. Diesbezüglich kann die rechtsuchende Partei nur vorbringen, die vorinstanzlichen Feststellungen seien offensichtlich unrichtig (BGG 97 Abs. 1 BGG), d.h. willkürlich, oder würden auf einer anderen Rechtsverletzung i.S.v. Art. 95 BGG beruhen (BGE 130 III 321 E. 5; Urteile 5A_885/2019 vom 11. Dezember 2019 E. 4; 5A_175/2015 vom 5. Juni 2015 E. 3.1, in: SJ 2016 I 101; 5A_446/2014 vom 27. Oktober 2014 E. 4.3). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3).  
Willkür in der Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung liegt vor, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat. Vorausgesetzt ist dabei, dass die angefochtene Tatsachenermittlung den Entscheid im Ergebnis und nicht bloss in der Begründung als willkürlich erscheinen lässt (BGE 140 III 16 E. 2.1; 134 II 124 E. 4.1). 
 
4.3.2. Im konkreten Fall ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz von einem zu hohen Beweismass ausgegangen sein soll, hat sie doch ausdrücklich festgehalten, dass die Zahlungsfähigkeit nicht zu beweisen, sondern bloss glaubhaft zu machen ist und daran keine strengen Anforderungen gestellt werden dürfen. Soweit der Beschwerdeführer den Beweiswert des Zwischenberichts der Treuhandstelle betont und daraus folgert, dass die Vorinstanz übertriebene Anforderungen an das Glaubhaftmachen gestellt habe, übergeht er, dass sich die Treuhandstelle zur Werthaltigkeit nicht geäussert hat, da dies in der Verantwortung des Unternehmers liege. Dass - wie der Beschwerdeführer vor Bundesgericht geltend macht - Debitoren- und Kreditorenlisten nicht existieren sollen, ist mehr als erstaunlich und hätte vom Beschwerdeführer bereits im vorinstanzlichen Verfahren näher erörtert werden müssen (Art. 99 Abs. 1 BGG). Insgesamt steht vorliegend nicht das Beweismass zur Diskussion, sondern dessen Erfüllung und damit die vorinstanzliche Beweiswürdigung. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, geht - mit Ausnahme der vorstehend behandelten Gehörsrüge - nicht über eine unzulässige appellatorische Kritik hinaus.  
 
5.   
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Da vorliegend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf das Verbot beschränkt worden ist, während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens weitere Vollstreckungshandlungen vorzunehmen, erübrigt sich die Festsetzung eines neuen Konkursdatums (Urteil 5A_181/2018 vom 30. April 2018 E. 4). Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Konkursamt Aargau, dem Grundbuchamt Zofingen, dem Handelsregisteramt des Kantons Aargau, dem Betreibungsamt Rothrist und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. März 2021 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied       Der Gerichtsschreiber: 
 
Escher       Buss