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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_204/2023  
 
 
Urteil vom 26. April 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Herrn Juan Fabian, 
 
gegen  
 
Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern, Migrationsdienst, 
Ostermundigenstrasse 99B, 3006 Bern, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), 
Kramgasse 20, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung; Beschwerderückzug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 2. März 2023 (100.2022.388U). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Verfügung vom 14. Oktober 2022 wies das Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern, Migrationsdienst (nachfolgend: Migrationsdienst), unter anderem einen Antrag des türkischen Staatsangehörigen A.________ (geb. 1971) auf Erteilung eines Visums für den langfristigen Aufenthalt zwecks Erteilung einer Einreise- und Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzugs zu seiner Schweizer Ehefrau, B.________, ab (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Dagegen erhob A.________ Beschwerde an die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern. Diese wies die Beschwerde mit Verfügung vom 9. November 2022 zur Verbesserung zurück, weil die Eingabe keine Originalunterschrift von A.________ bzw. eines zur Prozessvertretung befugten und bevollmächtigten Anwalts trug. Gleichzeitig wurde A.________ darauf hingewiesen, dass die Beschwerde als zurückgezogen gelte, wenn sie nicht innert angesetzter Frist in verbesserter Form wieder eingereicht werde.  
Nachdem A.________ erneut eine Rechtsschrift eingereicht hatte, die nur eine gescannte bzw. kopierte Signatur trug, schrieb die Sicherheitsdirektion mit Verfügung vom 7. Dezember 2022 das Verfahren androhungsgemäss als gegenstandslos geworden ab. 
Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, mit Urteil der Einzelrichterin vom 2. März 2023 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
1.3. A.________ gelangt mit Beschwerde vom 5. April 2023 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt, es sei "die Verfügung der Vorinstanz" aufzuheben und es sei ihm die Einreise in die Schweiz zwecks Verbleibs bei seiner Ehefrau zu gestatten und ihm nach erfolgter Einreise und Anmeldung eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Sodann beantragt er dem Bundesgericht, "in einer ausserordentlichen provisorischen Verfügung die Fehler der Vorinstanz [...] zu sanieren". In diesem Zusammenhang beantragt er insbesondere, "es sei Frau B.________ [...] als Gesuchstellerin sowie Beschwerdeführerin in diesem Verfahren anzuerkennen". Sollte dies nicht möglich sein, seien die von ihm gestellten Familiennachzugsgesuche "wegen administrativer Fehler zu annullieren" und es sei ihm eine Entschädigung zuzusprechen. Des Weiteren sei es seiner Ehefrau zu erlauben, ihr Gesuch ordnungsgemäss einzureichen. Ferner beantragt der Beschwerdeführer, es sei der im bernischen Verwaltungsverfahren geltende Anwaltszwang aufzuheben und sein Rechtsvertreter, Juan Fabian, als "legitimer Rechtsvertreter" anzuerkennen.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 42 BGG haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die Begründung hat sachbezogen zu sein; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen).  
 
2.2. Vor Bundesgericht kann der Streitgegenstand gegenüber dem vorinstanzlichen Verfahren weder geändert noch erweitert werden (Art. 99 Abs. 2 BGG). Ficht die beschwerdeführende Partei einen Nichteintretens- bzw. Abschreibungsentscheid oder - wie hier - einen Rechtsmittelentscheid an, der einen solchen bestätigt, haben sich ihre Rechtsbegehren und deren Begründung zwingend auf die vorinstanzlichen Erwägungen zu beziehen, die zum Nichteintreten oder zur Abschreibung bzw. zur Bestätigung des Nichteintretens oder der Abschreibung des Verfahrens geführt haben (Urteile 2C_130/2023 vom 22. März 2023 E. 2.1 mit Hinweisen; 2C_413/2022 vom 30. Mai 2022 E. 2.1; 2C_470/2021 vom 22. November 2021 E. 1.2).  
Soweit der Beschwerdeführer um die Erteilung einer Einreisebewilligung bzw. einer Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau ersucht, gehen seine Begehren über den Streitgegenstand hinaus, sodass darauf bereits aus diesem Grund nicht einzutreten ist. 
 
2.3. Hinzu kommt, dass das Bundesgericht die Anwendung kantonalen Rechts - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen (Art. 95 lit. c-e BGG) abgesehen - nur auf Bundesrechtsverletzungen, namentlich auf Willkür hin, prüft (BGE 143 I 321 E. 6.1; 141 IV 305 E. 1.2; 141 I 105 E. 3.3.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich des Willkürverbots, und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 143 I 321 E. 6.1; 142 I 99 E. 1.7.2). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 148 I 104 E. 1.5; 143 I 1 E. 1.4; 134 II 349 E. 3).  
 
3.  
 
3.1. Vorliegend hat die Vorinstanz in Anwendung des massgebenden kantonalen Verfahrensrechts erwogen, dass Verwaltungsbeschwerden eine Unterschrift enthalten müssten (Art. 67 i.V.m. Art. 32 Abs. 2 des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege [VRPG/BE; BSG 155.21]), wobei eine Originalunterschrift erforderlich sei und eine maschinelle Unterschrift nicht genüge. Eine Rechtsgrundlage für den elektronischen Rechtsverkehr fehle in der geltenden bernischen Verwaltungsrechtspflegeordnung, womit von vornherein ausser Betracht falle, die elektronischen Signaturen mit den eigenhändigen Unterschriften gleichzustellen. Sodann hat die Vorinstanz unter Hinweis auf Art. 15 Abs. 4 VRPG/BE erwogen, dass die Vertretung im vorliegend interessierenden Verfahren zugelassenen Anwältinnen und Anwälten, die nach der Anwaltsgesetzgebung zur Parteivertretung im Kanton Bern berechtigt seien, vorbehalten sei.  
In Bezug auf den Beschwerdeführer hat das Verwaltungsgericht festgehalten, dass seine Beschwerde an die Sicherheitsdirektion lediglich die elektronischen Unterschriften von ihm und seinem nicht anwaltlichen Rechtsvertreter getragen habe. Auch die zweite, innert Verbesserungsfrist eingereichte Eingabe habe bloss eine gescannte bzw. kopierte Unterschrift enthalten. Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer auch innert Nachfrist keine rechtsgültig unterzeichnete Beschwerdeschrift eingereicht hatte, ist die Vorinstanz zum Schluss gelangt, dass die Sicherheitsdirektion die bei ihr erhobene Beschwerde zu Recht als gegenstandslos geworden abgeschrieben habe. 
 
3.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei gar nicht zur Einreichung des Gesuchs berechtigt gewesen. Vielmehr sei einzig seine Ehefrau legitimiert gewesen, ein Familiennachzugsgesuch einzureichen. In der Folge hätten die Beschwerdeinstanzen seine Beschwerdelegitimation zu Unrecht bejaht bzw. von der "falschen Person" eine Unterschrift verlangt.  
Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens bildet ein vom Beschwerdeführer allein gestelltes Gesuch um Erteilung eines Visums für den langfristigen Aufenthalt zwecks Erteilung einer Einreise- und Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzugs, welches mit Verfügung des Migrationsdienstes vom 14. Oktober 2022 abgewiesen wurde (vgl. E. 1.1 hiervor). Ein allfälliges Familiennachzugsgesuch seiner Ehefrau ist nicht Verfahrensgegenstand und hätte vor diesem Hintergrund auch nicht sein müssen. 
Mit seinen Vorbringen macht der Beschwerdeführer sinngemäss geltend, die Vorinstanzen hätten einen Parteiwechsel von ihm auf seine Ehefrau vornehmen müssen. Dass er bzw. seine Frau im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht oder der Sicherheitsdirektion einen entsprechenden Antrag gestellt hätte, behauptet er nicht und ein solcher ist aus den von ihm eingereichten Unterlagen, so namentlich aus seinen Beschwerden an die Vorinstanzen, auch nicht ersichtlich. Mangels materieller Erschöpfung des Instanzenzugs sind diese erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren erhobenen Vorbringen unzulässig (vgl. dazu BGE 143 III 290 E. 1.1). Im Übrigen legt der Beschwerdeführer nicht substanziiert dar (vgl. E. 2.3 hiervor), dass und inwiefern die Vorinstanz gestützt auf das kantonale Verfahrensrecht verpflichtet gewesen wäre, von Amtes wegen einen Parteiwechsel anzuordnen. 
Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass weder der Migrationsdienst noch die nachfolgenden Rechtsmittelinstanzen die Legitimation des Beschwerdeführers infrage gestellt haben. Der Beschwerdeführer bringt keine Elemente vor, die es ausnahmsweise erlauben würden, die von ihm behauptete Nichtigkeit der bisher ergangenen Entscheide von Amtes wegen festzustellen (vgl. Urteil 2C_39/2023 vom 30. Januar 2023 E. 2.3 mit Hinweis). 
 
3.3. Sodann legt der Beschwerdeführer ausführlich dar, dass er "computertechnisch" unbegabt sei, in der Türkei weder über ein modernes Handy noch über einen privaten Computer verfüge und daher nicht in der Lage sei, sich bei einer anerkannten Signaturplattform anzumelden. Diese Ausführungen beziehen sich - soweit ersichtlich - auf einen allfälligen elektronischen Verkehr bzw. die Möglichkeit, eine Beschwerde elektronisch zu unterschreiben. Dabei verkennt der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz erwogen hat, dass im kantonalen Recht eine entsprechende Rechtsgrundlage fehle und Beschwerden eigenhändig zu unterschreiben seien, wobei gescannte oder kopierte Unterschriften nicht zulässig seien. Dass und inwiefern das Verwaltungsgericht das kantonale Recht betreffend die Anforderungen an die Unterzeichnung von Beschwerden willkürlich oder unter Verletzung von Bundesrecht angewendet habe, legt der Beschwerdeführer nicht substanziiert dar (vgl. E. 2.3 hiervor).  
Ebensowenig substanziiert sind seine Ausführungen betreffend Art. 15 Abs. 4 VRPG/BE, welcher vorsieht, dass zur Prozessvertretung vor Verwaltungsjustizbehörden auf dem hier interessierenden Gebiet des Ausländerrechts nur zugelassene Anwältinnen und Anwälte berechtigt sind. Zwar scheint der Beschwerdeführer der Auffassung zu sein, dass diese Regelung gegen Bundesrecht verstosse. Allerdings zeigt er nicht konkret auf, worin die Bundesrechtswidrigkeit genau bestehen soll. Die blosse Wiedergabe verschiedener Bestimmungen der ZPO (SR 272), der StPO (SR 312.0), des SchKG (SR 281.1) oder des VwVG (SR 172.021) reichen dazu nicht aus. Insbesondere tut er nicht dar, inwiefern diese Erlasse vorliegend anwendbar seien bzw. sich aus dem Bundesrecht ein Anspruch auf nichtanwaltliche Vertretung im vorliegend interessierenden Verfahren vor der Sicherheitsdirektion ergeben soll. 
 
3.4. Weiter wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, sie habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, "weil sie der gleichen Linie der Sicherheitsdirektion [gefolgt] und auf die Beschwerde nicht [eingegangen sei]". Er begründet diese Rüge mit allgemeinen theoretischen Ausführungen zum Anspruch auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter (Art. 30 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK), ohne konkreten Bezug zum angefochtenen Urteil. Damit genügen seine Ausführungen den qualifizierten Anforderungen an die Begründung von Verfassungsrügen allerdings nicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. E. 2.3 hiervor).  
Bloss theoretischer Natur sind ferner die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Verbot des überspitzten Formalismus und der Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) sowie zur Verletzung des Anspruchs auf Beweisführung (Art. 8 ZGB) und auf gleiche und gerechte Behandlung (Art. 29 Abs. 1 BV). Der Beschwerdeführer tut in keiner Weise dar, inwiefern die Anwendung der massgebenden kantonalen Vorschriften über die Unterzeichnung von Rechtsschriften und die Vertretung vor Verwaltungsjustizbehörden die genannten Garantien verletzt. Sein Argument, wonach die Vorinstanz überspitzt formalistisch gehandelt habe, weil sie von einer in der Türkei lebenden Person verlangt habe, dass sie Informatikkenntnisse besitze und mit dem "Schweizer elektronischen Standard" vertraut sei, geht an der Sache vorbei, wurde doch von ihm keine elektronische Signatur verlangt, sondern, dass die Beschwerde seine eigenhändige Unterschrift oder jene eines zur Prozessvertretung befugten und bevollmächtigten Anwalts trägt. Schliesslich tut der Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich dar, inwiefern sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) eine Pflicht der Behörden ergeben soll, seine Ehefrau zu kontaktieren und ihr die Möglichkeit einzuräumen, zur Unterschrift Stellung zu nehmen. 
 
3.5. Soweit der Beschwerdeführer schliesslich die Auferlegung der Verfahrenskosten durch die Vorinstanz zu beanstanden scheint, tut er nicht substanziiert dar, dass und inwiefern das Verwaltungsgericht das massgebende kantonale Recht (Art. 108 VRPG/BE) willkürlich angewendet habe.  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. b) nicht einzutreten.  
 
4.2. Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. April 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov