Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1P.275/2006 /scd
Urteil vom 26. Juni 2006
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Politische Gemeinde Eschenbach, vertreten durch
den Gemeinderat, Rössligass 5, Postfach 46,
8733 Eschenbach,
Baudepartement des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 54, 9001 St. Gallen,
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen.
Gegenstand
Teilstrassenplan und Bauprojekt; Zulässigkeit der Enteignung,
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 12. April 2006.
Sachverhalt:
A.
Mit Beschluss vom 8. November 2004 genehmigte der Gemeinderat Eschenbach den Teilstrassenplan und das Bauprojekt Rickenstrasse, Abschnitt Eschenbach-Neuhaus, Korrektion Breiten bis Ochsen Neuhaus. Die Rickenstrasse soll redimensioniert werden, um den Durchgangsverkehr auf die Umfahrungsstrasse A53 zu lenken; zudem soll eine Radweglücke geschlossen und der Strassenbelag saniert werden.
Das Bauprojekt ist in vier Abschnitte gegliedert. Im vierten Teil, "Post Neuhaus bis Ochsen", soll die Fahrbahn um 1 m auf insgesamt 6 m reduziert werden. Der bestehende Fuss- und Radweg von Eschenbach in Richtung Neuhaus soll durch eine Verbreiterung des Trottoirs bis Ochsen Neuhaus verlängert und so an die bestehenden Radwege in Richtung St. Gallenkappel und Uznach angeschlossen werden. Vor der Ochsenkreuzung soll eine Mittelinsel errichtet werden, um ein sicheres Queren für Fussgänger und Radfahrer zu ermöglichen. Die bestehende Bushaltestelle soll 15 bis 20 m nach Osten, unmittelbar vor die Mittelinsel verlegt werden. Für die Erstellung der Mittelinsel und die damit verbundene Verbreiterung der Strasse werden 30 m2 Land von der Liegenschaft Rickenstrasse 6 (Grundstück Nr. 296) von X.________ beansprucht.
Am 4. Dezember 2004 erhob X.________ für sich und elf Mieter seiner Liegenschaft Rickenstrasse 6 Einsprache gegen das Bauprojekt. Der Gemeinderat wies die Einsprache am 31. Januar 2005 ab.
B.
Gegen den Einspracheentscheid rekurrierte X.________ an das Baudepartement des Kantons St. Gallen. Er beantragte, die Rickenstrasse sei umzuplanen und die Bushaltestelle sei am alten Ort zu belassen oder auf die andere Seite der Ochsenkreuzung zu versetzen. Das Baudepartement führte einen Augenschein unter Mitwirkung der Kantonspolizei, Verkehrstechnik, durch, und wies den Rekurs am 18. November 2005 ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.
C.
Daraufhin erhob X.________ Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Auch das Verwaltungsgericht führte einen Augenschein unter Mitwirkung eines Vertreters der Kantonspolizei, Verkehrstechnik, durch. Am 12. April 2006 wies es die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.
D.
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat X.________ am 9. Mai 2006 staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, der Teilstrassenplan und das Bauprojekt Rickenstrasse, Abschnitt Post Neuhaus bis Ochsen, sowie die Zulässigkeit der Enteignung seien zurückzuweisen.
E.
Das Verwaltungsgericht, das Tiefbauamt des Kantons St. Gallen und der Gemeinderat Eschenbach beantragen, die staatsrechtliche Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über ein Bauprojekt und den dazugehörigen Teilstrassenplan, der sich auf kantonales Recht stützt. Dagegen steht nur die staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht offen (Art. 34 Abs. 3 RPG; Art. 84 und 86 OG ).
Der Beschwerdeführer ist als Eigentümer des Grundstücks Nr. 296, das im Umfang von 30 m2 durch das Strassenbauprojekt beansprucht wird, in rechtlich geschützten eigenen Interessen berührt und somit zur Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG).
Die staatsrechtliche Beschwerde muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurzgefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Das Bundesgericht untersucht nicht von Amtes wegen, ob ein kantonaler Hoheitsakt verfassungswidrig ist, sondern prüft nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3/4; 117 Ia 393 E. 1c S. 395). Der Beschwerdeführer hat sich mit der Begründung im angefochtenen Entscheid im Einzelnen auseinander zu setzen und zu erklären, welches geschriebene oder ungeschriebene verfassungsmässige Individualrecht verletzt worden sein soll. Auf bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 107 Ia 186 E. b; 125 I 71 E. 1c S. 76, 492 E. 1b S. 495, je mit Hinweisen).
Im vorliegenden Fall ist fraglich, ob die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen genügt. Die Frage kann jedoch offen bleiben, wenn sich die Beschwerde ohnehin als unbegründet erweist.
2.
Der Beschwerdeführer hält das Strassenprojekt für "nicht notwendig, unzweckmässig und unverhältnismässig, zu kostenverschwenderisch und zu gefährlich". Damit macht er sinngemäss geltend, die angefochtene Einschränkung seiner Eigentumsrechte werde nicht durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und sei unverhältnismässig ( Art. 36 Abs. 2 und 3 BV ), weshalb sie die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) verletze.
Dies ist im Folgenden zu prüfen, und zwar grundsätzlich mit freier Kognition. Doch auferlegt sich das Bundesgericht Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht, und soweit sich ausgesprochene Ermessensfragen stellen, deren Beantwortung den primär für die Ortsplanung verantwortlichen Behörden überlassen bleiben muss (BGE 117 Ia 430 E. 4a S. 431 f. mit Hinweis).
3.
Die kantonalen Behörden gehen davon aus, dass die Errichtung einer Mittelinsel aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich sei, um schwächeren Verkehrsteilnehmern (Fussgängern und Radfahrern) das gefahrlose Überqueren der Rickenstrasse zu gestatten. Die unmittelbar an die Mittelinsel anschliessende Bushaltestelle bewirke eine zusätzliche Sicherheit, weil verhindert werde, dass der wartende Bus durch Motorfahrzeuge überholt werden könne. Der Fuss- und Radübergang und damit auch die Bushaltestelle müssten relativ nahe an der Ochsenkreuzung errichtet werden, weil erfahrungsgemäss vor allem Fussgänger nicht gewillt seien, gesicherte Strassenübergänge zu benutzen, wenn diese einen Umweg bedingten.
Diese Erwägungen, die an beiden Augenscheinen vom sachverständigen Vertreter der Kantonspolizei, Verkehrstechnik, bestätigt wurden, überzeugen, und werden auch vom Beschwerdeführer nicht widerlegt: Die von ihm genannten Unfälle ereigneten sich auf der A53 bzw. an der Einfahrt in das Dorf Neuhaus und weisen keinen Zusammenhang mit dem vorliegend streitigen Bauprojekt auf. Die vom Beschwerdeführer beschworene Gefahr einer Kollision zwischen Velofahrern und Fussgängern an der geplanten Überquerung könnte auch bei deren Verlegung an eine andere Stelle nicht völlig ausgeschlossen werden.
Der Beschwerdeführer schlägt in seiner staatsrechtlichen Beschwerde andere Möglichkeiten vor, die Verkehrssicherheit von Fussgängern und Radfahrern auf der Rickenstrasse zu erhöhen, insbesondere durch Einführung von Tempo 30. Die Gemeinde hält dies für realitätsfern, weil es sich um eine Gemeindestrasse 1. Klasse mit einem durchschnittlichen täglichen Verkehrsaufkommen von 7'000 bis 8'000 Fahrzeugen handle. Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben: Der Beschwerdeführer hätte diese Vorschläge schon im kantonalen Verfahren vorbringen können und müssen. Es handelt sich dabei um tatsächliche Noven, auf die im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht eingetreten werden kann (BGE 118 Ia 20 E. 5a S. 26; 108 II 69 E. 1 S. 71).
Insgesamt ist ein öffentliches Interesse an der Realisierung des Bauvorhabens (Mittelinsel mit Bushaltestelle vor der Ochsenkreuzung) zu bejahen, um die Sicherheit von querenden Fussgängern und Radfahrern zu erhöhen.
4.
Zu prüfen ist ferner, ob dies die privaten Interessen des Beschwerdeführers und seiner Mieter in unverhältnismässiger Weise beeinträchtigt.
4.1 Der Beschwerdeführer befürchtet bauliche Schäden an der Tiefgarage der Baute Rickenstrasse 6, wenn eine Bushaltestelle darüber erstellt werde. Die Bushaltestelle soll jedoch nicht auf, sondern vor der Tiefgarage zu liegen kommen. Im Übrigen würde der Beschwerdeführer für allfällige Schäden an seiner Tiefgarage entschädigt; der Vertreter des Baubüros hat schon am Rekursaugenschein vom 24. Mai 2005 zugesagt, vor Beginn der Arbeiten ein Rissprotokoll für die Tiefgarage zu erstellen, damit allfällige aus dem Bau resultierende Schäden festgestellt werden könnten.
Für die Ein- und Ausfahrt in und aus der Tiefgarage ergeben sich durch das Bauvorhaben keine Nachteile, sondern sogar Vorteile, wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid (E. 4b/bb S. 10 f.) ausgeführt hat; hierauf kann verwiesen werden.
4.2 Sodann macht der Beschwerdeführer geltend, dass nach dem Landabzug kaum mehr unüberbaute Fläche übrig bleibe, auf der Kinder spielen könnten. Er befürchtet deshalb, dass er keine Mieter mehr finden werde bzw. die Mieten weiter senken müsse.
Die für das Strassenprojekt benötigte Fläche von 30 m2 ist bescheiden und verbraucht keineswegs die gesamte unüberbaute Fläche des Grundstücks Nr. 296. Das vom Beschwerdeführer angesprochene Problem, Familien als Mieter an einer vielbefahrenen Strassenkreuzung zu gewinnen, besteht unabhängig von der Realisierung des Bauprojekts: Die Verlegung der Bushaltestelle führt zu keiner spürbaren Erhöhung der Strassenverkehrsimmissionen, zumal der Bus nur im Halbstundentakt fährt.
Dagegen ist mit dem umstrittenen Bauprojekt ein Gewinn an Sicherheit auch für die Mieter des Beschwerdeführers verbunden, wenn diese die Strasse überqueren.
4.3 Nach dem Gesagten hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass das öffentliche Interesse an der Verbesserung der Verkehrssicherheit die privaten Interessen des Beschwerdeführers überwiegt. Damit liegt kein unverhältnismässiger Eingriff in das Eigentum des Beschwerdeführers vor.
5.
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 156 OG) und es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 159 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Politischen Gemeinde Eschenbach, dem Baudepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Juni 2006
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: