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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_650/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 26. Juni 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Denys, Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Faga. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Oswald, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,  
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Verletzung der Verkehrsregeln; Willkür, Unschuldsvermutung, Verletzung des rechtlichen Gehörs, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, vom 28. Mai 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 X.________ wird vorgeworfen, am 29. März 2011 mit einem Personenwagen auf der Zurzibergstrasse zwischen Zurzach und Tegerfelden (AG) die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h (nach Abzug der technisch bedingten Sicherheitsmarge von 4 km/h) um 36 km/h überschritten zu haben. 
 
B.  
 
 Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach sprach X.________ mit Strafbefehl vom 21. Juni 2012 der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. Sie bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 110.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie mit einer Verbindungsbusse von Fr. 1'000.--. 
 
 Auf Einsprache hin bestätigte das Gerichtspräsidium Zurzach am 13. September 2012 den Schuldspruch wegen grober Verkehrsregelverletzung, die bedingte Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 110.-- sowie die Verbindungsbusse von Fr. 1'000.--. 
 
 Die Berufung von X.________ wies das Obergericht des Kantons Aargau am 28. Mai 2013 im Wesentlichen ab. Es setzte die Verbindungsbusse auf Fr. 400.-- fest. 
 
C.  
 
 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben, und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Kantonspolizei Aargau führte die Geschwindigkeitskontrolle mit einem Lasermessgerät ab Stativ durch und zeichnete die Fahrzeuge auf Video auf. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts (Art. 9 BV) sowie unter Hinweis auf Art. 10 Abs. 3 StPO und Art. 29 Abs. 2 BV die Verletzung der Unschuldsvermutung und des rechtlichen Gehörs vor (Beschwerde S. 4 ff.). 
 
1.1. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; je mit Hinweisen).  
 
 Inwiefern das Sachgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt hat, prüft das Bundesgericht ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Willkür. Diese aus der Unschuldsvermutung abgeleitete Maxime wurde wiederholt dargelegt, worauf zu verweisen ist (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41 mit Hinweisen). 
 
 Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, anderenfalls darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 225 E. 3.2 S. 228; 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68; je mit Hinweisen). 
 
1.2. Die Vorinstanz würdigt die Beweise sachlich. Sie gelangt unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Erwägungen zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer auf der Zurzibergstrasse in Tegerfelden mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h fuhr, was nach Abzug eine relevante Geschwindigkeit von 116 km/h ergab. Die Vorinstanz setzt sich mit der Identifizierung des erfassten Fahrzeugs und den entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander. Sie schliesst eine Verwechslung der Fahrzeuge aus. Dazu hält sie insbesondere fest, auf dem Foto (Untersuchungsakten pag. 3) und der Videosequenz seien die zwei hintereinanderfahrenden Autos ausreichend erkennbar. Auch seien Fahrzeugmarke und -farbe auf dem Video ersichtlich. Damit sei es ohne Belang, dass das Kontrollnummernschild des hinteren Fahrzeugs, welches die Vorinstanz als das Auto des Beschwerdeführers identifiziert, nicht lesbar ist. Der Beschwerdeführer habe selbst eingeräumt, vor ihm sei ein anderes Fahrzeug gefahren. Das Verkehrsaufkommen sei gering gewesen. Es sei äusserst unwahrscheinlich, dass sich auf der kurzen Strecke zwischen Messung und polizeilicher Anhaltung ein weiteres ähnliches Auto befunden habe (Entscheid S. 6 f.).  
 
 In Bezug auf die Messung mittels Lasermessgerät setzt sich die Vorinstanz in der Folge mit verschiedenen Kritikpunkten des Beschwerdeführers auseinander. Sie begründet mit der ersten Instanz nachvollziehbar, weshalb das Foto in den Untersuchungsakten (auf dem das Fadenkreuz des Messgeräts nicht auf das Fahrzeugheck, sondern auf die Fahrbahn zeigt) nicht den Schluss auf eine unkorrekte Messung zulässt. Weiter legt sie dar, weshalb nach ihrer Überzeugung die fragliche Messung nicht dadurch verfälscht wird, dass zwei Fahrzeuge hintereinanderfahren. Insbesondere verweist die Vorinstanz auf die Bedienungsanleitung des Lasermessgeräts Riegl FG21-P. Sie schliesst aus, dass durch den so genannten Messstrahldurchmesser anstatt des hinteren das vordere Auto erfasst wurde (Entscheid S. 8 ff.). 
 
1.3.  
 
1.3.1. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass es sich beim gemessenen Fahrzeug um den von ihm gelenkten Personenwagen handelt. Was er vorbringt, überzeugt nicht und vermag die vorinstanzliche Beweiswürdigung, welche sich im Wesentlichen an das erstinstanzliche Beweisergebnis anlehnt, nicht zu erschüttern. Soweit er behauptet, Farbe und Automarke seien auf der Videosequenz nicht erkennbar, legt er einzig dar, wie das Beweismittel seiner Auffassung nach richtigerweise zu würdigen gewesen wäre. Gelangt die Vorinstanz zur Überzeugung, dass der vom Beschwerdeführer gelenkte Personenwagen (ein grauer BMW 320d) in Farbe und Modell dem Fahrzeug auf der Videosequenz der Kantonspolizei Aargau entspricht, ist dies zumindest vertretbar und nicht schlechterdings unhaltbar. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, es sei möglich, dass er im Zeitpunkt der Geschwindigkeitserfassung die Messstelle bereits passiert habe und die Polizeibeamten ihn irrtümlicherweise angehalten hätten. Dieses Vorbringen zeigt lediglich eine andere theoretisch denkbare Sachverhaltswürdigung auf. Dass aber eine andere Lösung oder Würdigung auch vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht.  
 
1.3.2. Der Beschwerdeführer stellt zudem das Ergebnis der Messung in Frage. Befinde sich ein anderes Fahrzeug im Messbereich, so sei mit Messfehlern zu rechnen. Das verwendete Lasermessgerät Riegl FG21-P weise in einer Entfernung von 300 Metern einen Messstrahldurchmesser von ca. zwei Metern auf. Dies gehe aus einer Publikation des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs e. V. (ADAC) hervor. Der Beschwerdeführer beruft sich zudem auf die Meinung eines deutschen Rechtsanwaltes, wonach Messungen mit zwei oder mehreren Fahrzeugen im Messfeld nicht verwendet werden dürfen.  
 
 Diese bereits im kantonalen Verfahren vorgebrachte Argumentation zieht zwar die Richtigkeit der ermittelten Daten theoretisch in Zweifel. Hingegen vermag sie die vorinstanzliche Beweiswürdigung im Ergebnis nicht zu erschüttern. Erst- und Vorinstanz verweisen auf die Weisungen des Bundesamts für Strassen (ASTRA) vom 22. Mai 2008 über polizeiliche Geschwindigkeitskontrollen und Rotlichtüberwachung im Strassenverkehr. Danach darf sich bei Messungen mit Radarpistolen nur ein Fahrzeug im Bildbereich befinden. Dieser Hinweis findet sich im folgenden Kapitel betreffend die Messungen mit Lasermessgeräten nicht (vgl. Ziffern 6.2 und 7 der genannten Weisungen). Die Vorinstanzen schliessen daraus, dass mehrere Fahrzeuge im Bildbereich der Verwertung einer Lasermessung nicht entgegenstehen. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Sie steht mit dem Wortlaut der fraglichen Weisungen zumindest nicht in Widerspruch. Selbst wenn das Gegenteil der Fall wäre, könnte der Beschwerdeführer daraus nichts für sich ableiten. Die Weisungen des ASTRA lassen die freie Beweiswürdigung durch die Gerichte unberührt (BGE 121 IV 64 E. 3 S. 66). Eine Verletzung der genannten Weisungen führt nicht zwingend zu einer Unverwertbarkeit des Messergebnisses (Urteil 6B_763/2011 vom 22. März 2012 E. 1.4). 
 
 Nach den vorinstanzlichen Feststellungen erfolgten drei gültige Messungen. Während der dritten Messung (in einer Distanz von rund 290 Metern, Einblendung "  measure " ab 12:24:26/16 - 12:24:27/15 gefolgt von der Anzeige "  valid ") befand sich das Fadenkreuz des Messgeräts ohne Unterbruch auf dem Heck des hinteren Fahrzeugs. Die Vorinstanz geht gestützt auf eine Bedienungsanleitung des fraglichen Messgeräts von einem Messstrahldurchmesser von ca. 25 cm bei einer Entfernung von 100 Metern respektive ca. 75 cm bei einer Distanz von rund 300 Metern aus (unter der vertretbaren Annahme, dass der Durchmesser und die Messdistanz proportional zueinander sind). Bei einem Durchmesser von 75 cm sei es höchst unwahrscheinlich, dass (anlässlich einer Messung in Fahrtrichtung) das vordere Fahrzeug erfasst werde. Anders stellte sich die Situation dar, wenn die Fahrzeuge nebeneinanderfahren würden. Damit ist die Rüge des Beschwerdeführers unbegründet, die Vorinstanz befasse sich nicht mit dem Hintereinanderfahren von mindestens zwei Fahrzeugen (wobei bei zwei Fahrzeugen nicht bereits von einem Fahrzeugpulk die Rede sein kann). Die vorinstanzlichen Erwägungen, mit denen sich der Beschwerdeführer nicht argumentativ auseinandersetzt, sind nachvollziehbar. Insbesondere leuchtet ein, dass bei einem Messstrahldurchmesser von 75 cm das hintere, anvisierte Fahrzeug erfasst wird, während sich das vordere Fahrzeug in dessen Schatten befindet. Die Annahme, dass Gleiches bei einem Messstrahldurchmesser von zwei Metern gilt, ist nicht schlechterdings unhaltbar. Indem der Beschwerdeführer auf zwei Publikationen verweist, welchen im Verfahren keine gutachterliche Funktion zukommt, erschöpft sich sein Vorbringen in einer blossen Parteibehauptung. Diese geht nicht über eine appellatorische Kritik hinaus.  
 
1.3.3. Die Geschwindigkeit des hinteren Fahrzeugs wurde innerhalb von rund vier Sekunden dreimal erfasst. Jeder Messung folgte die Statusanzeige "  valid ". Das Lasermessgerät FG21-P ist gemäss Bedienungsanleitung bis zu einem Messbereich von 600 Metern zugelassen. Ein Messfehler ist theoretisch denkbar. Selbst wenn die Argumentation des Beschwerdeführers vertretbar oder gar vorzuziehen wäre, bringt er keine Verfassungsverletzung vor. Er zeigt nicht auf, dass und inwiefern die vorinstanzliche Würdigung des Messergebnisses respektive die Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung schlechterdings unhaltbar sein sollte. Eine Verletzung der Unschuldsvermutung ist nicht ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit sie den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG zu genügen vermag. Die Vorinstanz konnte willkürfrei in vorweggenommener Beweiswürdigung den Beweisantrag des Beschwerdeführers (Beschwerde S. 13 f.) ablehnen, da hievon kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten gewesen wäre. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO liegt nicht vor (vgl. zum Recht des Betroffenen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden, sowie zur antizipierten Beweiswürdigung BGE 137 II 266 E. 3.2 S. 270; 136 I 265 E. 3.2 S. 272, 229 E. 5.3 S. 236 f.; je mit Hinweisen).  
 
2.  
 
 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. Juni 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Faga