Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_446/2023
Urteil vom 26. Juli 2023
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Gerichtsschreiber Kocher.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. A.B.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Steuerverwaltung des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 9, 8510 Frauenfeld.
Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2016,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 12. April 2023 (VG.2023.22/E).
Erwägungen:
1.
1.1. Die Eheleute A.A.________ und B.A.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtigen) haben seit der Steuerperiode 2014 steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________, Gemeinde V.________/TG. Dort sind sie Eigentümer einer Liegenschaft, die sie bewohnen (Urteile 2C_987/2017 vom 7. Dezember 2017 [Steuerperiode 2014) und 2C_450/2020 vom 15. September 2020 [Steuerperiode 2015]). In der Steuererklärung zur Steuerperiode 2016 deklarierten sie, soweit hier noch interessierend, Unterhaltskosten in Höhe von Fr. 1'469.-. Diese standen im Zusammenhang mit dem Einbau und der Reparatur eines Schrankes. Die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau (KSTV/TG; nachfolgend: die Veranlagungsbehörde) erliess am 21. November 2019 die Veranlagungsverfügungen zu den Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau und der direkten Bundessteuer. Der beantragte Abzug von Fr. 1'469.- wurde nicht beanstandet. Aus anderen Gründen erhoben die Steuerpflichtigen am 20. Dezember 2019 Einsprachen, welche die Veranlagungsbehörde mit Einspracheentscheiden vom 16. Mai 2022 teilweise guthiess. Am 15. Juni 2022 gelangten die Steuerpflichtigen an die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau, welche das Verfahren im Umfang von Fr. 214.- abschrieb und die Rechtsmittel im Übrigen abwies. Dadurch ergaben sich steuerbare Einkommen von Fr. 150'976.- für die Staats- und Gemeindesteuern bzw. Fr. 155'933.- für die direkte Bundessteuer.
1.2. Daraufhin riefen die Steuerpflichtigen am 9. Februar 2023 das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau an. Soweit im vorliegenden Verfahren von Belang, beantragten sie, der "Betrag von Fr. 1.45 inkl. MWST (entspricht dem kleinsten Frankenbetrag) " für das Einstellen der Zimmertüre sei als Unterhaltskosten zum Abzug zuzulassen. Das Verwaltungsgericht trat, was diese Unterhaltskosten betrifft, auf das Rechtsmittel nicht ein (Urteil VG.2023.22 vom 12. April 2023). Es erwog im Wesentlichen, dass sich das durch die Steuerrekurskommission festgestellte steuerbare Einkommen auf Fr. 150'976.- für die Staats- und Gemeindesteuern bzw. Fr. 155'933.- für die direkte Bundessteuer belaufe, von Gesetzes wegen abgerundet auf Fr. 150'900.- bzw. Fr. 155'900.-. Selbst wenn zusätzlich ein Betrag von Fr. 1.45 zum Abzug zuzulassen wäre, würden die steuerbaren Einkommen mit Blick auf die anzustellende Abrundung keine Änderung erfahren. Entsprechend vermöchten die Steuerpflichtigen kein rechtliches oder tatsächliches Interesse an der materiellen Prüfung geltend zu machen, weshalb auf das Rechtsmittel insofern nicht einzutreten sei.
1.3. Mit Eingabe vom 11. Juli 2023 wenden die Steuerpflichtigen sich mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids vom 12. April 2023 sei zur Betrag von Fr. 1.45 für das Einstellen der Zimmertüre als Unterhaltskosten zum Abzug zuzulassen. Die Steuerpflichtigen beanstanden das insoweit vorinstanzlich angeordnete Nichteintreten und stellen sich auf den Standpunkt, dass "auch ein betragsmässig nicht relevanter Betrag durch die Vorinstanz hätte beurteilt werden müssen". Es gehe hier um die "Grundsatzfrage, ob das Einstellen einer Zimmertür einen abzugsfähigen Liegenschaftsunterhalt darstellt".
2.
2.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG [SR 173.110]) und mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 149 II 66 E. 1.3; 149 IV 9 E. 2 Ingress; 149 IV 97 E. 1 Ingress). Unter den Sachurteilsvoraussetzungen ist insbesondere der Beschwerdebefugnis (Legitimation) nachzugehen.
2.2.
2.2.1. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a); durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b); und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Das schutzwürdige Interesse besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn die beschwerdeführende Person mit ihrem Anliegen obsiegt und dadurch ihre tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann. Das Rechtsschutzinteresse muss grundsätzlich aktuell sein (BGE 147 I 1 E. 3.4; 147 I 478 E. 2.2; 142 I 135 E. 1.3.1). Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse begründet - ohne die erforderliche Beziehungsnähe zur Streitsache selbst - keine Parteistellung (BGE 142 II 80 E. 1.4.1).
2.2.2. Von einem schutzwürdigen Interesse an der Aufhebung oder Änderung ist im abgaberechtlichen Umfeld regelmässig (nur) zu sprechen, wenn um tiefere Steuerfaktoren bzw. insgesamt eine niedrigere Steuerbelastung nachgesucht wird. Denkbar ist ferner, dass das Rechtsmittel zwar ohne abgaberechtliche Wirkung bleibt, es aber insofern bedeutsam ist, als andere Rechtsgebiete auf die abgaberechtliche Beurteilung abstellen. Ausnahmsweise ist das Rechtsschutzinteresse selbst bei beantragter Höherveranlagung zu bejahen, nämlich dann, wenn dadurch in einer Folgeperiode niedrigere Steuern anfallen oder beispielsweise ein ansonsten drohendes Nachsteuer- oder Steuerhinterziehungsverfahren abgewendet werden kann (ausführlich dazu Urteil 9C_611/2022 vom 14. März 2023 E. 2.3.2).
2.3.
2.3.1. Die Vorinstanz begründet ihr Nichteintreten damit, dass das abgerundete steuerbare Einkommen selbst dann unbeeinflusst bliebe, wenn von den bisher massgebenden Faktoren ein Betrag von Fr. 1.45 in Abzug gebracht würde. Sie stützt sich dabei einerseits auf § 3 Abs. 3 der Verordnung [des Kantons Thurgau] über den Ausgleich der kalten Progression (VAKP/TG; RB 640.13) sowie den Anhang 1 zum Gesetz [des Kantons Thurgau] vom 14. September 1992 über die Staats- und Gemeindesteuern (StG/TG; RB 640.1), anderseits auf Art. 36 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11). Die Steuerpflichtigen lassen die Auslegung und Anwendung des kantonalen bzw. eidgenössischen Rechts unbeanstandet und anerkennen stillschweigend, dass es sowohl auf Ebene der direkten Bundessteuer als auch der Staats- und Gemeindesteuern zur Abrundung auf die nächsttieferen 100 Franken kommt. Ebenso wenig üben sie Kritik an den vorinstanzlichen Feststellungen, wonach das steuerbare Einkommen sich - vor Abrundung - auf Fr. 150'976.- (Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau) bzw. Fr. 155'933.- (direkte Bundessteuer) belaufe. Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz sind mithin für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 43 E. 3.5; 149 IV 57 E. 2.2), nachdem die Steuerpflichtigen daran keinerlei Kritik üben, mit welcher sie der sie insofern treffenden qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit genügen könnten (Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 149 II 43 E. 3.6.4).
2.3.2. Die Steuerpflichtigen bemängeln vielmehr, dass trotz anerkannter tariflicher und betragsmässiger Irrelevanz eines zusätzlichen Abzugs von Fr. 1.45 zu prüfen gewesen wäre, ob der geltend gemachte Abzug berechtigt sei. Sie erblicken darin eine Grundsatzfrage. Es ist ihnen entgegenzuhalten, dass ein Gericht die materielle Prüfung einer Rechtsfrage nur und erst dann an die Hand zu nehmen hat, wenn sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels fraglich, obliegt es der beschwerdeführenden Partei, auch die Sachurteilsvoraussetzungen nachzuweisen (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 147 IV 453 E. 1.4.8; 142 V 26 E. 1.2; 141 IV 289 E. 1.3).
2.3.3. Diesen Nachweis erbringen die Steuerpflichtigen im bundesgerichtlichen Verfahren nicht. Mit Blick auf Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG ist vorab in Erinnerung zu rufen, dass in abgaberechtlichem Zusammenhang von einer hinreichenden Beschwerdebefugnis regelmässig (nur) auszugehen ist, wenn um tiefere Steuerfaktoren bzw. insgesamt eine niedrigere Steuerbelastung nachgesucht wird. Daran fehlt es hier. Selbst wenn die materielle Prüfung ergäbe, dass der streitbetroffene Abzug zu gewähren sei, träte im Ergebnis, "unter dem Strich", für die Steuerpflichtigen keine finanzielle Besserstellung ein. Dass die aufgeworfene Frage im ausserfiskalischen Bereich von Bedeutung sei, bringen die Steuerpflichtigen nicht vor, womit der Streitgegenstand rein theoretischer, jedenfalls nicht aktuell-praktischer Natur ist, wie das Gesetz dies fordert. Nicht zu den Aufgaben des Bundesgerichts zählt, abstrakte Rechtsfragen zu beantworten oder rechtstheoretische Streitigkeiten zu klären, die nicht entscheidrelevant sind. Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, in allgemeiner Weise Gutachten zu erstellen, die in der einen oder anderen Form früher oder später in ein Beschwerdeverfahren einfliessen können. Legitimiert zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nur, wer die Voraussetzungen von Art. 89 Abs. 1 BGG erfüllt (BGE 145 II 229 E. 5.1; 144 II 293 E. 2.3; 142 II 161 E. 3; 142 III 557 E. 8.3; Urteile 2C_345/2021 vom 29. Oktober 2021 E. 1.2.2; 2C_1082/2019 vom 8. Januar 2020 E. 3.2.4).
2.4. Die Steuerpflichtigen vermögen mithin kein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG anzurufen, aufgrund dessen das Bundesgericht der Sache materiell nachzugehen hätte. Es hat daher auch im bundesgerichtlichen Verfahren zum Nichteintreten zu kommen. Dies hat durch einzelrichterlichen Entscheid des Abteilungspräsidenten als Instruktionsrichter zu geschehen (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG). Ob überhaupt davon auszugehen wäre, dass die Steuerpflichtigen durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt sind (Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG), kann vor diesem Hintergrund offenbleiben. Die Beschwerde scheitert damit nicht etwa am geringen Streitwert, denn im abgaberechtlichen Zusammenhang ist keine Streitwertgrenze zu beachten (Art. 85 Abs. 1 BGG e contrario; BGE 136 I 65 E. 1.1; Urteile 9C_645/2022 vom 20. Februar 2023 E. 1.1; 2C_341/2015 vom 23. Dezember 2015 E. 1.2; 2C_160/2014 vom 7. Oktober 2014 E. 1.1). Der Grund für das Scheitern liegt vielmehr darin, dass selbst bei Gutheissung der Beschwerde für die Steuerpflichtigen keine Verbesserung der rechtlichen oder tatsächlichen Situation einträte. Es bliebe beim bisherigen Steuerbetrag.
3.
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Diese tragen ihren Anteil zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66 Abs. 5 BGG). Dem Kanton Thurgau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt der Präsident:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.- werden den Beschwerdeführern auferlegt. Diese tragen ihren Anteil zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitgeteilt.
Luzern, 26. Juli 2023
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Der Gerichtsschreiber: Kocher