Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_93/2022
Urteil vom 26. August 2022
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichterin Hänni,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Peter,
gegen
Amt für Migration des Kantons Luzern, Fruttstrasse 15, 6002 Luzern,
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern,
Bahnhofstrasse 15, 6003 Luzern.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 26. November 2021
(7H 20 257/7U 20 36).
Sachverhalt:
A.
A.________ (geb. 1980) stammt aus dem Kosovo. Er kam am 18. August 1991 im Familiennachzug zu seinen Eltern in die Schweiz, wo er seit dem 26. März 1997 über eine Niederlassungsbewilligung verfügt. A.________ wurde hier wiederholt straffällig und deshalb am 5. Juni 2007 und am 28. November 2011 ausländerrechtlich verwarnt. Es wurden ihm der Widerruf der Niederlassungsbewilligung und die Wegweisung in Aussicht gestellt. Das Obergericht des Kantons Aargau sprach A.________ am 3. Juli 2018 der mehrfachen versuchten schweren Körperverletzung sowie der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte schuldig, verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten und ordnete seine stationäre therapeutische Behandlung an (Art. 59 StGB [Behandlung von psychischen Störungen]). A.________ befindet sich seit dem 18. Dezember 2018 in der Klinik U.________.
B.
Das Amt für Migration des Kantons Luzern widerrief am 11. April 2020 die Niederlassungsbewilligung von A.________ und hielt ihn an, nach Beendigung der stationären therapeutischen Massnahme das Land zu verlassen. Die hiergegen gerichteten kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements vom 16. November 2020 sowie Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Luzern vom 26. November 2021). Die kantonalen Behörden gingen davon aus, dass die privaten Interessen von A.________ am Verbleib in der Schweiz wegen seiner langen Anwesenheit (30 Jahre) und seiner hier lebenden Familie (Mutter und Geschwister) insgesamt zwar bedeutend seien, das öffentliche (sicherheitspolizeilich begründete) Interesse an der aufenthaltsbeendenden Massnahme aber nicht überwögen.
C.
A.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts vom 26. November 2021 aufzuheben und ihn "letztmalig" ausländerrechtlich zu verwarnen. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz oder das Justiz- und Sicherheitsdepartement "mit den entsprechenden Auflagen" zurückzuweisen. Gegebenenfalls sei ihm im Rahmen einer Rückstufung eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersucht A.________ um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Das Kantonsgericht des Kantons Luzern beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Vom Justiz- und Sicherheitsdepartement und vom Staatssekretariat für Migration (SEM) sind keine Vernehmlassungen eingegangen.
Die Abteilungspräsidentin legte der Beschwerde am 27. Januar 2022 antragsgemäss aufschiebende Wirkung bei.
Erwägungen:
1.
Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung kann mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangt werden, da grundsätzlich ein Anspruch auf deren Fortdauern besteht (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG, Art. 34 AIG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1). Der Beschwerdeführer kann sich nach einem Aufenthalt von rund 30 Jahren auch in vertretbarer Weise auf den Schutz seines Privatlebens gemäss Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV berufen (BGE 144 I 266 ff.; Urteil 2C_528/2021 vom 23. Juni 2022 E. 4 zur Publikation vorgesehen). Nicht betroffen ist sein Anspruch auf Schutz des Familienlebens, da er in keiner partnerschaftlichen Beziehung mehr lebt und von ihm kein Abhängigkeitsverhältnis von der Mutter oder den Geschwistern dargetan wird (vgl. das Urteil 2C_632/2021 vom 18. Februar 2022 E. 1.2; BGE 144 II 1 E. 6 mit weiteren Hinweisen). Im Übrigen ist die Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK (bzw. Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 3 BV und Art. 96 Abs. 1 AIG) dieselbe, unabhängig davon, ob es sich um einen Eingriff in das Privat- oder das Familienleben handelt. Da auch die weiteren Urteilsvoraussetzungen gegeben sind (Art. 42, Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ), ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter Vorbehalt der nachstehenden Ausführungen einzutreten.
2.
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft - unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Parteien - jedoch nur die vorgebrachten Rügen, sofern andere rechtliche Mängel nicht auf den ersten Blick erkennbar sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten besteht eine qualifizierte Begründungspflicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 1 E. 1.4). Das Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in einem entscheidwesentlichen Punkt als
offensichtlich falsch oder unvollständig bzw. er sei in Verletzung von Art. 95 BGG festgestellt worden (Art. 105 Abs. 2 BGG). Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung oder die Sachverhaltsfeststellung klarerweise unhaltbar sein sollen, muss in der Beschwerdeschrift detailliert aufgezeigt werden (BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen; 134 II 244 E. 2.2).
2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe einzelne Sachverhaltselemente willkürlich gewichtet; er legt - entgegen seiner Begründungspflicht - indessen nur punktuell verfassungsbezogen dar, dass und
inwiefern dies der Fall sein soll. Soweit der Beschwerdeführer der Begründung des angefochtenen kantonalen Urteils lediglich seine Sicht der Dinge gegenüberstellt, ohne darzulegen, inwiefern die Vorinstanz die Beweise in Verletzung von Art. 9 BV (Willkür) gewürdigt oder den Sachverhalt offensichtlich unzutreffend bzw. in Verletzung von Art. 95 BGG festgestellt hätte, sind seine Vorbringen unzureichend substanziiert (Urteil 2C_632/2021 vom 18. Februar 2022 E. 2.2; vgl. LAURENT MERZ, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger/Kneubühler [Hrsg.], Basler Kommentar zum BGG, 3. Aufl. 2018, N. 53 zu Art. 42 BGG).
2.3. Es genügt vor Bundesgericht nicht - wie der Beschwerdeführer dies teilweise tut -, bloss die eigene, bereits in den kantonalen Verfahren vertretene Auffassung ohne vertiefte Auseinandersetzung mit der Begründung im angefochtenen Entscheid zu wiederholen und lediglich ein willkürliches Handeln der Vorinstanz zu behaupten und auf die eigenen Ausführungen im kantonalen Verfahren zu verweisen (vgl. Urteile 2C_99/2019 vom 28. Mai 2019 E. 2.2.2 und 2C_941/2018 vom 1. Mai 2019 E. 2). Das Bundesgericht behandelt im Folgenden nur jene Rügen, welche der Beschwerdeführer nicht in rein appellatorischer Weise erhebt (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2).
3.
3.1. Der Beschwerdeführer kritisiert in formeller Hinsicht, das Kantonsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. zu dessen Inhalt: BGE 142 II 49 E. 9.2; 140 I 99 E. 3.4; 135 II 286 E. 5.1). Es habe seine Ausführungen nicht hinreichend gewürdigt und den Sachverhalt unvollständig festgestellt. Aus einem Gutachten vom 18. April 2020, das in Widerspruch zu jenem vom 9. Dezember 2016 stehe und dem Strafurteil des Kantonsgerichts des Kantons Aargau zugrunde liege, ergebe sich, dass seine Straftaten im Zusammenhang mit seiner Erkrankung stünden und die ursprünglich angenommenen Anhaltspunkte für eine bereits "vorbestehende akzentuierte Persönlichkeit mit dissozialen und passiv-aggressiven Zügen" unzureichend belegt erschienen bzw. "aus heutiger gutachterlicher Sicht nicht nachvollziehbar" seien, da die "beschriebenen prämorbiden Persönlichkeits-, Beziehungs- und Verhaltensauffälligkeiten [...] mit hoher Wahrscheinlichkeit Ausdruck subklinischer psychopathologischer Veränderung im Rahmen der sich bereits schleichend entwickelnden schizophrenen Erkrankung gewesen" seien und "keine danebenstehende, eigenständige Persönlichkeitsproblematik" aufwiesen. Das Gutachten hebe zudem den positiven Verlauf der stationären Massnahme hervor, was die Vorinstanz zu wenig gewichtet habe.
3.2.
3.2.1. Die Rüge ist unbegründet: Sowohl das Kantonsgericht als auch die Justiz- und Sicherheitsdirektion haben das Gutachten vom 18. April 2020 in ihren Entscheiden berücksichtigt (dort E. 3.5 bzw. E. 5.1.4). Sie haben dem Umstand Rechnung getragen, dass sich nach diesem "eine gewisse Verbesserung der Legalprognose" im Vergleich zur früheren Beurteilung ergeben habe, doch gehe auch das neue Verlaufs- und Prognosegutachten "von einer erhöhten Rückfallgefahr" aus und empfehle der Gutachter dennoch eine Verlängerung der angeordneten stationären Massnahme. Der Beschwerdeführer tut nicht dar und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz in diesem Zusammenhang offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweismittel übersehen oder solche willkürlich ausser Acht gelassen hätte (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2).
3.2.2. Nach dem Gutachten vom 18. April 2020 konnten - insbesondere nach Etablierung einer effizienten antipsychotischen Depotmedikamentation - zwar Verbesserungen in einigen delikt- und risikorelevanten Störungsbereichen erreicht werden (S. 77 f.), doch bestehen - so das Gutachten weiter - nach wie vor Risikobereiche fort (oberflächlicher und teilweise brüchiger Realitätsbezug, anhaltende aus der Krankheitsdynamik resultierende Negativ- bzw. Residualsymptomatik, "noch recht begrenzte Krankheitseinsicht", niedrige Stresstoleranz, Tendenz zum sozialen Rückzug sowie zur Konflikt- und Belastungsvermeidung). Zwar könne die Wiederholungswahrscheinlichkeit für erneute (störungsbedingte) Gewalthandlungen des Beschwerdeführers heute - unter den etablierten Behandlungsbedingungen - als deutlich geringer als noch zur Tatzeit im Juni 2016 eingeschätzt werden; sie hätten aber immer noch als erhöht zu gelten, sodass dem Beschwerdeführer zum gegenwärtigen Zeitpunkt "noch keine ausreichend günstige Sozial- und Kriminalprognose" attestiert werden könne. Dieser geht in seiner Beschwerde denn auch mit dem Gutachter davon aus, dass er "noch keine vollständige Krankheitseinsicht" gebildet habe, welche garantieren könnte, dass er ausserhalb des stationären Rahmens sowie frei von behördlichen Auflagen diesbezüglich zuverlässig eine medikamentöse Behandlung in Anspruch nehmen würde. Dies ist jedoch gerade Grundvoraussetzung dafür, dass überhaupt von einer verminderten Rückfallgefahr gesprochen werden kann.
3.2.3. Die Vorinstanz hat somit die entscheidenden Umstände berücksichtigt und sich hinreichend dazu geäussert. Nach der bundesgerichtlichen Praxis genügt, dass die Begründung eines Entscheids die wesentlichen Überlegungen nennt, von denen die Behörde sich hat leiten lassen und auf die sie ihren Entscheid stützt; es ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten ausführlich auseinandersetzt und jedes Vorbringen einzeln widerlegt (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.2, 184 E. 2.2.1). Dass der Beschwerdeführer gewisse Aspekte anders gewichtet als die Vorinstanz genügt nicht, um den angefochtenen Entscheid bzw. die Beweiswürdigung als widersprüchlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen zu lassen (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3; Urteil 2C_632/2021 vom 18. Februar 2022 E. 2.3).
4.
4.1. Der Bewilligungsanspruch aus Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 Abs. 1 BV) gilt nicht absolut. Ein Eingriff in dessen Anwendungsbereich ist nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK statthaft, soweit dieser gesetzlich vorgesehen ist und eine verhältnismässige Massnahme darstellt, die sich in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesellschaft und Moral oder für die Wahrung der Rechte und Freiheiten anderer als notwendig erweist. Die Konvention verlangt im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK, die privaten Interessen der betroffenen Person am Verbleib im Land in einer Gesamtsicht zu erfassen und sie sorgfältig und fair dem öffentlichen Interesse an der aufenthaltsbeendenden Massnahme gegenüberzustellen (vgl. die Urteile des EGMR
I.M. gegen Schweiz vom 9. April 2019 [Nr. 23887/16], §§ 69 ff. sowie
Saber und Boughassal gegen Spanien vom 18. Dezember 2018 [Nr. 76550/13 und 45938/14] § 40; siehe auch BGE 144 I 266 E. 3; 135 I 143 E. 2.1, 153 E. 2.2.1; 122 II 1 E. 2 mit Hinweisen). Dies deckt sich inhaltlich mit der Verhältnismässigkeitsprüfung der aufenthaltsbeendenden Massnahme nach Art. 96 Abs. 1 AIG bzw. Art. 5 Abs. 2 BV.
4.2. Befindet sich eine ausländische Person - wie der Beschwerdeführer - bereits seit längerer Zeit in der Schweiz, soll ihr Aufenthalt nur mit Zurückhaltung beendet werden; allerdings ist dies bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn sie hier geboren ist und ihr ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat (BGE 139 I 31 E. 2.3.1). Bei gewichtigen Straftaten und bei Rückfall sowie bei wiederholter (unverbesserlicher) Delinquenz besteht regelmässig auch in diesen Fällen ein erhebliches öffentliches Interesse daran, die weitere Anwesenheit zu beenden, da und soweit die ausländische Person (1) hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht hat bzw. (2) sich von straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen nicht hat beeindrucken lassen und damit zeigt, dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheint, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.1, 31 E. 2.1; 137 II 297 E. 3.3).
4.3. Der Grad der von der betroffenen ausländischen Person fortbestehenden Bedrohung ist aufgrund ihres bisherigen Verhaltens abzuschätzen. Die entsprechende Gefahr setzt nicht voraus, dass ein Straftäter mit Sicherheit wieder delinquieren wird; ebensowenig wird (umgekehrt) verlangt, dass überhaupt kein Restrisiko mehr besteht (vgl. das Urteil 2C_270/2015 vom 6. August 2015 E. 4.1 mit Hinweisen [zum FZA]). Je schwerer die zu befürchtende bzw. vernünftigerweise absehbare Rechtsgutsverletzung wiegt, umso weniger ist ausländerrechtlich die Möglichkeit eines Rückfalls in Kauf zu nehmen (vgl. zum FZA: BGE 139 II 121 E. 5.3; 136 II 5 E. 4.2; 130 II 176 E. 4.3.1).
5.
Die Vorinstanz hat die entsprechende bundesgerichtliche Praxis zutreffend wiedergegeben und die verschiedenen Interessen bundesrechtskonform gegeneinander abgewogen:
5.1.
5.1.1. Der Beschwerdeführer ist am 3. Juli 2018 wegen mehrfacher versuchter schwerer Körperverletzung sowie mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zu einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten verurteilt und im Rahmen von Art. 59 StGB zu einer stationären Massnahme in einer entsprechenden Einrichtung verpflichtet worden. Er erfüllt somit - was nicht bestritten ist - den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a (i.V.m. Art. 62 lit. b AIG). Die Straftaten sind vor dem 1. Oktober 2016 begangen worden, weshalb Art. 63 Abs. 3 AIG keine Anwendung findet (BGE 148 II 1 E. 4.3.1). Sein ausländerrechtliches Verschulden wog dabei schwer: Er ging am 27. Juni 2016 mit einer Axt und einem Gertel auf einen Polizisten los. Weder die Aufforderung "Halt, Polizei, oder ich schiesse" noch der Einsatz eines Pfeffersprays vermochten ihn zu bremsen; erst Schüsse aus zwei Dienstpistolen und entsprechende Verletzungen am rechten Oberschenkel sowie am linken Unterarm stoppten ihn, bevor er die Axt einsetzen konnte. Egal gegen welche Körperteile der Polizisten er geschlagen hätte, war - so das Strafgericht - mit schweren oder gar lebensgefährlichen Verletzungen zu rechnen. Bereits zuvor hatte der Beschwerdeführer ein brennendes Holzstück gegen einen Polizisten geworfen. Die Polizei habe sich - so das Strafurteil weiter - im Vorfeld der Tat "vorbildlich" verhalten und sich die ganze Zeit um eine Deeskalation bemüht, weshalb das Verhalten des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar sei.
5.1.2. Der Beschwerdeführer ist auch anderweitig straffällig geworden: Von 2001 bis 2009 sind gegen ihn insgesamt 27 Strafbefehle bzw. -ur-teile ergangen. Dabei handelte es sich nicht nur - wie er heute geltend macht - um Bagatelldelikte: Er wurde am 7. Dezember 2005 wegen Raufhandels, am 19. Februar 2008 wegen Drohung, am 15. Dezember 2008 wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie am 27. März 2009 unter anderem wegen schwerer Körperverletzung (Freiheitsstrafe von 10 Monaten bedingt) verurteilt. Es wurde ihm (auch) deshalb der bedingte Strafvollzug verweigert. Im Übrigen teilte das Strafgericht die Auffassung des Gutachters, dass angesichts der chronifizierten psychischen Störung und der ungünstigen vorbestehenden Persönlichkeitsstruktur mit neuerlichen Straftaten, insbesondere mit gewalttätigen Handlungen (durchaus auch bewaffnet), zu rechnen sei. Bei der Beurteilung der Rückfallgefahr gilt im Ausländerrecht ein strengerer Massstab als im Straf- und Strafvollzugsrecht (vgl. BGE 137 II 233 E. 5.2.2). Diesem kommt nebst der Sicherungsfunktion eine resozialisierende und therapeutische Bedeutung zu; für die Ausländerbehörden steht demgegenüber in erster Linie das Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vordergrund (BGE 137 II 233 E. 5.2.2; zu einem dem vorliegenden ähnlich gelagerten Fall: Urteil 2C_632/2021 vom 18. Februar 2022 E. 4.1.3).
5.1.3. Dass das Gutachten vom 18. April 2020 zum Schluss kommt, dass nicht nachvollziehbar sei, warum der frühere Gutachter einen maximal mittelschweren Residualzustand bei undifferenzierter Schizophrenie diagnostiziert habe, ändert hieran nichts: Der Beschwerdeführer hat das Strafurteil diesbezüglich nicht angefochten oder eine weitere Expertise verlangt. Andere Fachleute haben die Diagnose des Gutachters im Strafverfahren in der Folge nicht infrage gestellt und der Bericht vom 18. April 2020 kommt ebenfalls zum Schluss, dass beim Beschwerdeführer nach wie vor eine Rückfallgefahr besteht, obwohl "die [...] beschriebenen prämorbiden Persönlichkeits-, Beziehungs- und Verhaltensauffälligkeiten [...] mit hoher Wahrscheinlichkeit Ausdruck subklinischer psychopathologischer Veränderungen" gewesen sein dürften und keine danebenstehende, eigenständige Persönlichkeitsproblematik darstellten (Negativ-Symptome im Sinne eines schizophrenen Residuums [ICD-10 F20.5]). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, bei seiner Tat schuldunfähig gewesen zu sein, ergibt sich dies so nicht aus dem Gutachten vom 18. April 2020. Der unbestrittenerweise eingeschränkten Schuldfähigkeit hat das Strafgericht Rechnung getragen, indem es die Einsatzstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten auf 2 Jahre und 1 Monat reduzierte. Die eingeschränkte Schuldfähigkeit ist deshalb nicht geeignet, die Schwere des ausländerrechtlichen Verschuldens zusätzlich infrage zu stellen.
5.1.4. Es besteht somit ein erhebliches sicherheitspolizeilich begründetes öffentliches Interesse daran, dass der Beschwerdeführer nach der Entlassung aus der strafrechtlichen Massnahme das Land verlässt. Dieses wird zudem durch seine erhebliche Verschuldung erhöht (ungetilgte Verlustscheine über Fr. 130'000.--).
5.2.
Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers, im Land verbleiben zu können, zwar gewichtig sind, aber das öffentliche Interesse daran, dass er nach der Entlassung aus dem Massnahmenvollzug ausreist, nicht zu überwiegen vermögen.
5.2.1. Das private Interesse des Beschwerdeführers ergibt sich in erster Linie aus seiner langen Aufenthaltsdauer von 30 Jahren und dem Umstand, dass seine nächsten Familienangehörigen (Mutter und Geschwister) in der Schweiz leben. Zu diesen unterhält er ein gutes Verhältnis. Dabei ist aber nicht zu verkennen, dass die entsprechenden Beziehungen nicht geeignet waren, ihn von seiner Straffälligkeit abzuhalten oder früher zur Erkenntnis seiner Behandlungsbedürftigkeit zu führen. Die Vorinstanz ging davon aus, dass die wirtschaftliche Integration des Beschwerdeführers gescheitert sei, auch wenn diese ab Zeitpunkt des Ausbruchs seiner psychischen Erkrankung nicht als überwiegend selbstverschuldet gelten könne. Dasselbe gelte in einem erheblichen Umfang auch für seine gesellschaftliche Integration, habe doch die Krankheit zu seinem sozialen Rückzug beigetragen. Indessen habe der Beschwerdeführer bereits in früheren Jahren erhebliche Schulden angehäuft (Verlustscheine über Fr. 130'000.--). Mit zusätzlichem Blick auf die diversen strafrechtlichen Verstösse müsse seine Integration insgesamt deshalb dennoch als gescheitert bezeichnet werden. Daran vermöchten weder der Umstand seiner psychischen Erkrankung noch die Tatsache etwas zu ändern, dass er aufgrund seiner Migration im Jugendalter sprachlich in der Schweiz gut integriert sei. Der Beschwerdeführer legt - entgegen seiner Begründungspflicht - nicht dar, inwiefern die entsprechende Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar wäre; seine Darlegungen erschöpfen sich in einem pauschalen Hinweis auf seine psychische Erkrankung.
5.2.2. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Aus dem Gutachten vom 18. April 2020 ergibt sich, dass er die albanische Sprache beherrscht (S. 51). Er ist auch mit den Verhältnissen und Gebräuchen in seiner Heimat vertraut. Er hat bis zu seinem 11. Lebensjahr im Kosovo gelebt und die prägenden Kinderjahre dort verbracht. In der Schweiz hätte die Familie - so der Beschwerdeführer - zu Hause weiterhin albanisch gesprochen (Gutachten vom 18. April 2020 S. 55). In der Heimat lebt zumindest noch ein Onkel mit seiner Familie. Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, zu diesem und seiner Familie keine Kontakte zu pflegen, doch hat er auch erklärt, dass er sich vorstellen könne, diesen einmal zu besuchen (Gutachten vom 18. April 2020 S. 65). Der Beschwerdeführer hat sich nach eigenen Angaben letztmals anlässlich der Beerdigung seines Vaters im Jahr 2015 im Kosovo aufgehalten. Das Grab des Vaters werde dort von Verwandten gepflegt, zuvor sei er "ein paar Mal" im Kosovo gewesen und habe dort Verwandte besucht. Seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester würden regelmässig einmal im Jahr zu Besuchen in den Kosovo fahren bzw. fliegen (Gutachten vom 18. April 2020 S. 54).
5.2.3. Es kann unter diesen Umständen nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer keinerlei Bindungen mehr zu seinem Heimatland unterhalten würde und ihm dieses gänzlich fremd wäre. Es dürfte ihm allenfalls nicht leicht fallen, dort wieder Fuss zu fassen. Seine hier gemachten beruflichen und sprachlichen Erfahrungen sowie die Anwesenheit von Verwandten dürften ihm dies jedoch erleichtern. Hinzu kommt, dass ihm seine IV-Rente auch im Kosovo ausbezahlt wird, was es ihm erlaubt, dort für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Seine in der Schweiz anwesenden Angehörigen können ihn von hieraus zusätzlich finanziell und psychologisch unterstützen, wie sie das bisher getan haben. Die hierfür erforderlichen persönlichen Kontakte lassen sich besuchsweise und gegebenenfalls auch über die neuen Kommunikationsmittel (Skype, WhatsApp, Threema usw.) wahr-nehmen.
5.2.4. Entgegen der Kritik des Beschwerdeführers lässt sich seine (paranoide) Schizophrenie auch in der Heimat - wenn allenfalls auch nicht so gut wie in der Schweiz - behandeln (vgl. mit Detailausführungen die Urteile 2D_14/2018 vom 13. August 2018 E. 5.2.1 und 2C_632/2021 vom 18. Februar 2022 E. 4.2.2). Der Beschwerdeführer wird auch dort unbestrittenermassen langfristig auf eine sorgfältig eingestellte medikamentöse Behandlung angewiesen sein; es besteht jedoch die Möglichkeit, noch während des Massnahmenvollzugs in der Schweiz die weiteren Schritte im Kosovo zu planen und dort das erforderliche Setting aufzubauen, um seine paranoide Schizophrenie nach Abschluss der stationären Massnahme und der Rückkehr in die Heimat adäquat weiter behandeln und einen Therapieunterbruch vermeiden zu können. Die vom Beschwerdeführer angeführten sprachlichen Barrieren unter den Fachleuten dürften dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen, wird in der Medizin doch weltweit auf Englisch kommuniziert. Die für den Beschwerdeführer erforderlichen Medikamente oder diesen ähnliche Substanzen finden sich auch im Kosovo oder können ihm nötigenfalls von hieraus zugestellt werden.
5.3.
5.3.1. Im Zusammenhang mit der Rüge, dass vor Abschluss des stationären Therapie-Settings und ohne ambulantes Setting inkl. erwachsenenschutzrechtlicher Begleitung eine aussagekräftige Einschätzung der Legalprognose nicht möglich sei und das Amt für Migration deshalb verfrüht gehandelt habe, hatte das Bundesgericht bereits Gelegenheit, festzustellen, dass diesbezüglich auf eine vernünftige zeitliche Distanz zwischen der Verfügung und der Entlassung zu achten sei, wobei die Zeitspanne zwischen der Regelung des künftigen Aufenthalts und der Entlassung aus dem Vollzug die voraussichtliche Dauer eines Rechtsmittelverfahrens nicht überschreiten sollte (BGE 137 II 233 E. 5.2.3; 131 II 329 E. 2.3 und 2.4).
5.3.2. Für den ausländerrechtlichen Entscheid über den weiteren Aufenthalt ist das Ende der strafrechtlichen Massnahme nicht notwendigerweise abzuwarten, da deren Erfolg ungewiss ist und ein Rückfallrisiko trotz dieser nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BGE 137 II 233 E. 5.2.3). Ein frühzeitiger ausländerrechtlicher Entscheid hat den Vorteil, dass Klarheit darüber geschaffen wird, wo die betroffene Person sich nach der Entlassung aus dem Vollzug aufhalten wird (vgl. BGE 137 II 233 E. 5.2.3; vgl. auch die Urteile 2C_394/2016 vom 26. August 2016 E. 4 und 2C_144/2018 vom 21. September 2018 E. 5.3).
5.3.3. Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 18. Dezember 2018 im Massnahmenvollzug. Das Amt für Migration hat die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers am 11. April 2020 widerrufen. Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt - falls die Massnahme nicht bereits früher als gescheitert zu gelten hat - in der Regel höchstens fünf Jahre (Art. 59 Abs. 4 StGB). Es kann damit nicht gesagt werden, das Amt habe zu früh über den künftigen ausländerrechtlichen Status des Beschwerdeführers entschieden.
5.4. Das Bundesgericht teilt die Ansicht des Kantonsgerichts, dass mit Blick auf die schwere psychische Erkrankung, die Straffälligkeit und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nur eingeschränkt Einsicht in seine Pflegebedürftigkeit zeigt, eine ausländerrechtlich relevante Rückfallgefahr fortdauert. Das öffentliche Interesse daran, dass er das Land nach Beendigung der strafrechtlichen Massnahme aus Sicherheitsgründen verlässt, überwiegt sein privates, hier verbleiben zu können. Er ist bloss unterdurchschnittlich integriert und seine Rückkehr in die Heimat ist ihm bei einer sorgfältigen Planung trotz seiner Schizophrenie zumutbar.
6.
6.1. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Für eine Rückstufung bzw. eine weitere Verwarnung - wie sie der Beschwerdeführer im Eventualstandpunkt beantragt - verbleibt kein Raum, nachdem die Voraussetzungen für den Widerruf und die Wegweisung erfüllt sind (vgl. das Urteil 2C_450/2019 vom 5. September 2019 E. 5.3).
6.2. Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann entsprochen werden, da die Beschwerde nicht als zum Vornherein aussichtslos zu gelten hatte und der Beschwerdeführer bedürftig ist (vgl. Art. 64 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.
2.1. Es werden keine Kosten erhoben.
2.2. Dem Beschwerdeführer wird Rechtsanwalt Viktor Peter, Willisau, als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben und diesem aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'800.-- zugesprochen.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 26. August 2022
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar