Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_529/2024
Urteil vom 26. August 2024
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter Bovey, Hartmann,
Gerichtsschreiber Möckli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Daliah Luks Dubno,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Samuel Baumgartner,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Aufschiebende Wirkung (Gutachten),
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 6. August 2024 (RZ240005-O/Z02).
Sachverhalt:
A.
In einem zwischen den rubrizierten Eltern hängigen Verfahren betreffend Unterhalt und weitere Kindesbelange beauftragte das Bezirksgericht U.________ mit Verfügung vom 21. Juni 2024 lic. phil. C.________ von der Fachstelle für zivilrechtliche Gutachten des KJPP mit der Erstellung eines Gutachtens über die Erziehungsfähigkeit der Eltern.
B.
Hiergegen erhob die Mutter am 8. Juli 2024 eine Beschwerde, mit welcher sie verlangte, dass die Verfügung aufzuheben und insbesondere ein geeigneter neuer Sachverständiger (ausserkantonaler Facharzt) für ein Erziehungsfähigkeitsgutachten ausschliesslich über den Vater zu bestellen sei.
Mit Verfügung vom 6. August 2024 wies das Obergericht des Kantons Zürich das im Beschwerdeverfahren gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung ab.
C.
Gegen die obergerichtliche Verfügung hat die Mutter am 19. August 2024 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht mit den Begehren, die Verfügung sei aufzuheben und es sei im kantonalen Beschwerdeverfahren die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Ferner stellt sie für das bundesgerichtliche Verfahren Gesuche um aufschiebende Wirkung und um unentgeltliche Rechtspflege. Weil die Sache sofort spruchreif ist, wurde auf die Einholung von Vernehmlassungen und den Beizug der kantonalen Akten verzichtet.
Erwägungen:
1.
Beschwerdegegenstand bildet ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die aufschiebende Wirkung (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG ). Er ist, da nicht verfahrensabschliessend, ein Zwischenentscheid (vgl. BGE 134 II 192 E. 1.5), der nur unter den besonderen Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann, wobei diese in der Beschwerde darzutun sind (BGE 137 III 324 E. 1.1; 141 IV 289 E. 1.3).
Sodann ist der Entscheid über die aufschiebende Wirkung eine vorsorgliche Massnahme im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 134 II 192 E. 1.5; 137 III 475 E. 2), weshalb nur verfassungsmässige Rechte als verletzt gerügt werden können, wofür das strikte Rügeprinzip gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG gilt und bloss appellatorische Ausführungen ungenügend sind (zu den diesbezüglichen Begründungsvoraussetzungen namentlich BGE 134 II 244 E. 2.2; 142 II 369 E. 2.1; 142 III 364 E. 2.4).
2.
Die Beschwerdeführerin begründet den nicht wieder gutzumachenden Nachteil damit, dass sich der Eingriff in ihre Rechte nicht mehr rückgängig machen lasse, wenn das Gutachten erstellt sei.
Bloss tatsächliche Nachteile sind nicht ausreichend; der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss rechtlicher Natur sein (BGE 144 III 476 E. 1.2; 149 II 170 E. 1.3). Vor dem Hintergrund der zur Sache selbst vorgetragenen Ausführungen (dazu E. 3) ist fraglich, ob es effektiv um rechtliche Nachteile geht. Indes ist die Praxis relativ grosszügig; bei der Anordnung, sich einem psychiatrischen Gutachten zu unterziehen, wurde der nicht wieder gutzumachende Nachteil anerkannt (Urteil 5A_655/2013 vom 29. Oktober 2013 E. 1.1) und auch die Verneinung der Wiederherstellung - bzw. vorliegend die Nichtgewährung - der aufschiebenden Wirkung gegen die Anordnung eines polydisziplinären Gutachtens wurde als nicht wieder gutzumachender Nachteil angesehen (Urteil 8C_774/2018 vom 30. Januar 2019 E. 2.2.2).
Nach dem Gesagten ist von einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil auszugehen und die Beschwerde im Rahmen der erhobenen Verfassungsrügen in der Sache zu prüfen.
3.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 9 sowie von Art. 27 Abs. 2 BV. Sie macht geltend, als Psychiaterin im Raum U.________ tätig zu sein und Gefahr zu laufen, der Gutachterin, welche ihre private Situation mit den Kindern und dem ehemaligen Lebenspartner im Detail durchleuchten werde, beruflich irgendwann einmal wieder über den Weg zu laufen, was sie in ihrem beruflichen Fortkommen hindern könnte und damit einen unwiederbringlichen Einschnitt in ihre Wirtschaftsfreiheit bedeuten würde. Dies habe sie bereits in der kantonalen Beschwerde geltend gemacht und die Erwägung des Obergerichtes, sie lasse offen, welche (beruflichen) Nachteile sie konkret befürchte und inwiefern sie in ihrem beruflichen Fortkommen behindert wäre, sei mithin falsch. Sodann gehe die weitere obergerichtliche Erwägung, dass mit Blick auf die Regelung der Kindesbelange eine zügige Erstattung des Gutachtens angezeigt sei, an der Sache vorbei, denn einfach einmal etwas zu machen, bedeute nicht, dass es zügig vorwärts gehe; wer in die falsche Richtung laufe, komme nicht schneller ans Ziel.
4.
Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, das Obergericht habe ihre Darlegung von konkreten Nachteilen übersehen, trifft nicht zu. Vielmehr beschränkt sie sich bei ihrem Vorbringen, ihr beruflicher Weg könnte sich irgendwann einmal mit demjenigen der Gutachterin kreuzen, auch vor Bundesgericht auf die abstrakte Behauptung, dies würde für sie einen unwiederbringlichen Einschnitt in die Wirtschaftsfreiheit bedeuten, ohne dass sie auch nur einen Fingerzeig geben würde, inwiefern dadurch die Wirtschaftsfreiheit ganz konkret beeinträchtigt sein soll. Insbesondere legt sie nicht dar, wie durch die Bezeichnung der Gutachterin ihre wirtschaftliche Betätigung in rechtswidriger Weise eingeschränkt oder ihr wirtschaftliches Fortkommen rechtswidrig behindert werden könnte (Entzug der Berufsausübungsbewilligung, Kündigung, Lohneinbusse o.ä.).
Im Übrigen liesse sich mit dem Grundanliegen der Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren, es müsse ein ausserkantonaler Gutachter eingesetzt werden und das Gutachten auf die Exploration des Vaters beschränkt bleiben, ihrer (ohnehin entlegenen) Befürchtung nicht entgegenwirken, denn auch mit einer momentan ausserkantonal tätigen Fachperson könnten sich die beruflichen Wege irgendwann einmal kreuzen. Die Argumentationslinie der Beschwerdeführerin läuft darauf hinaus, dass gar nie ein Gutachten in Auftrag gegeben werden dürfte, wenn ein Elternteil im gleichen Arbeitsfeld wie die begutachtende Person tätig ist. Dies ist offenkundig absurd und die Argumentation zielt schon deshalb an der Sache vorbei, weil die Gutachterin an das Amtsgeheimnis (vgl. Art. 184 Abs. 2 ZPO) und vorliegend auch an das Berufungsgeheimnis (vgl. Art. 27 lit. e PsyG) gebunden ist und somit die wahrgenommenen Tatsachen über die Beschwerdeführerin weder verbreiten noch selbst in anderem Zusammenhang verwerten dürfte.
5.
Mit dem sofortigen Urteil in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Ohnehin wäre es nicht zielführend gewesen, weil es bei negativen Anordnungen nichts aufzuschieben gibt. Wenn schon wäre gestützt auf Art. 104 BGG die vorsorgliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung im kantonalen Beschwerdeverfahren zu verlangen gewesen.
6.
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist.
7.
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Züürich, I. Zivilkammer, mitgeteilt.
Lausanne, 26. August 2024
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Der Gerichtsschreiber: Möckli