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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_409/2008/bnm 
 
Urteil vom 26. November 2008 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Reich, 
 
gegen 
 
Z.________, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Gabriela van Huisseling, 
 
Gegenstand 
Besuchsrecht (Kindesschutzmassnahmen), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 22. Mai 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ (Beschwerdeführer) und Z.________ (Beschwerdegegnerin) sind die unverheirateten und nicht zusammenlebenden Eltern des am xxxx 2001 geborenen Y.________. Die elterliche Sorge kommt der Mutter Z.________ zu, unter deren Obhut Y.________ lebt; diese Frage ist durch den angefochtenen Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 22. Mai 2008 entschieden worden, und dieser Entscheid ist in diesem Punkt vor Bundesgericht nicht angefochten. Dem nicht sorgeberechtigten Vater hat das Obergericht - in Abweisung seines Rekurses und in Bestätigung der Entscheide der Vormundschaftsbehörde A.________ und des Bezirksrates B.________ - ein Besuchsrecht vom Freitagabend bis Sonntagabend, 18 Uhr, jedes zweite Wochenende eingeräumt. 
 
B. 
Gegen die Verweigerung der Ausdehnung des Besuchsrechts "bis Montagmorgen Schulbeginn" richtet sich die vorliegende Beschwerde in Zivilsachen. Eine Beschwerdeantwort wurde nicht eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit der ihm unterbreiteten Beschwerden (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 134 III 115 E. 1, 235 E. 1, 379 E. 1; 133 III 439 E. 2; 132 III 747 E. 4 S. 748). 
 
1.2 Gegenstand des kantonalen Verfahrens bildet die Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen einem Kind und seinem nicht sorgeberechtigten Elternteil (Art. 273 Abs. 1 ZGB); dabei geht es um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) nicht vermögensrechtlicher Natur. Beim angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen letztinstanzlichen Endentscheid (Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG), so dass auf die von der im kantonalen Verfahren unterlegenen Partei (Art. 76 Abs. 1 BGG) rechtzeitig eingereichte Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) aus formeller Sicht ohne Weiteres einzutreten ist. 
 
2. 
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes kann grundsätzlich nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Verletzung von Bundesrecht beruht (Art. 97 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Nach Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; zum Ganzen BGE 133 III 545 E. 2.2-2.4; 421, nicht veröffentlichte E. 1.3; 133 II 249 E. 1.4). 
 
3. 
Strittig ist, ob das Besuchsrecht, das dem Vater jedes zweite Wochenende zusteht, wie im kantonalen Verfahren angeordnet bis Sonntagabend 18.00 Uhr dauern, oder ob es sich bis auf Montagmorgen, Schulbeginn, erstrecken soll. 
 
3.1 Das Obergericht hat zunächst festgestellt, dass die Besuchswochenenden zufriedenstellend verliefen und insbesondere die Über- und Rückgaben von Y.________ keine besonderen Schwierigkeiten bereiteten. Es hat sodann berücksichtigt, dass Y.________ sonderpädagogischer Unterstützung bedürfe, die ihm nur in einer spezialisierten Sprachheilschule in C.________ gewährt werden kann; dort müsse Y.________ jedoch während der Woche übernachten, so dass er bei der sorge- und obhutsberechtigten Mutter ebenfalls nur während des Wochenendes weile. Die getroffene Lösung gewährleiste, dass Y.________ auch an den Besuchswochenenden eine gewisse Zeit mit seiner Mutter und seinen drei Halbbrüdern - zu denen er ebenfalls eine Beziehung hat und pflegen soll - verbringe, was angesichts seiner ausserhäuslichen Schul- und Wohnsituation zur stabilisierenden Rahmengebung erforderlich sei. Weiter hat das Obergericht nicht unerwähnt gelassen, dass die getroffene Lösung dem Vater ein Besuchsrecht einräumt, welches weiter reiche als die übliche Praxis von zwei Wochenenden pro Monat. Schliesslich hat es hervorgehoben, dass die getroffene Lösung zwar mehrere Orts- und Bezugspersonenwechsel erfordere als jene, die der Beschwerdeführer beantragt, dass diese Wechsel jedoch immer gleiche Abläufe mit denselben involvierten Personen und Örtlichkeiten beträfen, so dass keine Y.________ überfordernde Situationen entstünden. 
 
3.2 Art. 273 ZGB räumt dem Elternteil, dem durch die Scheidung die elterliche Sorge nicht übertragen wird, ein Recht auf angemessenen persönlichen Verkehr mit seinen Kindern ein. Dieses Recht steht dem Betroffenen um seiner Persönlichkeit willen zu. Als sog. "Pflichtrecht" dient es freilich in erster Linie dem Interesse des Kindes. Bei der Festsetzung des Besuchsrechts geht es nicht darum, einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Eltern zu finden, sondern den elterlichen Kontakt mit dem Kind in dessen Interesse zu regeln, wobei die Bedürfnisse des Kleinkindes nicht denjenigen eines Jugendlichen entsprechen (BGE 120 II 229 E. 3b/aa S. 232 f.). Als oberste Richtschnur für die Ausgestaltung des Besuchsrechts gilt somit immer das Kindeswohl, das anhand der gegebenen Umstände zu beurteilen ist; allfällige Interessen der Eltern haben zurückzustehen (BGE 123 III 445 E. 3b S. 451). Es ist allgemein anerkannt, dass aufgrund des schicksalhaften Eltern-Kind-Verhältnisses die Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen sehr wichtig ist und bei dessen Identitätsfindung eine entscheidende Rolle spielen kann (BGE 130 III 585 E. 2.2.2 S. 590). Was als "angemessener" persönlicher Verkehr im Sinne von Art. 273 Abs. 1 ZGB zu verstehen ist, lässt sich grundsätzlich nur anhand der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zwecks des Besuchsrechts bestimmen. 
 
Gemäss seiner Rechtsprechung zum Besuchsrecht übt das Bundesgericht unter Hinweis auf das richterliche Ermessen eine gewisse Zurückhaltung (BGE 120 II 229 E. 4a S. 235; 131 III 209 E. 3; Urteil des Bundesgerichts 5C.298/2006 vom 21. Februar 2007 E. 2.2, in: FamPra.ch 2007 S. 713). 
 
3.3 Im Lichte der soeben dargelegten Grundsätze erscheinen die Schlussfolgerungen des Obergerichtes im angefochtenen Entscheid nicht als bundesrechtswidrig. Die getroffene Lösung ermöglicht Vater und Kind, eine ausgedehnte Zeitspanne zusammen zu verbringen. Zudem kann diese Zeit ohne Unterbrechungen genossen werden, was den Aufbau einer intensiveren Beziehung zwischen Vater und Sohn ermöglicht, als wenn sie aufgeteilt in einzelne Tage oder halbe Tage gewährt würde. Die Überlegung des Obergerichtes, eine Besuchsrechtsregelung, die faktisch einer Umteilung der Obhut an den Vater gleichkäme, wäre nicht zu verantworten, trifft zu. Zwar hat das Obergericht diese Ausführungen in Zusammenhang mit dem ursprünglichen Antrag des Beschwerdeführers gemacht, Y.________ jedes Wochenende zu sich nehmen zu dürfen; sie treffen jedoch auch auf die hier zu beurteilende Situation zu, muss doch bei der Ausgestaltung des Besuchs- und Ferienrechts immer beachtet werden, dass als Bezugsperson eindeutig die Inhaberin der elterlichen Sorge bestimmt wird und das Kind sich in der neuen Familie der Mutter muss integrieren können (Urteil des Bundesgerichts 5C.176/2001 vom 15. November 2001 E. 2c, in: FamPra.ch 2002 S. 400). Tatsächlich würde die vom Beschwerdeführer gewünschte Lösung dazu führen, dass Y.________ annähernd ebensoviel Zeit mit dem Vater wie mit der Mutter zu verbringen hätte, was seine Integration in die Umgebung des sorgeberechtigten Elternteils erschweren würde. Wohl ist der Unterschied zwischen den zwei zur Diskussion stehenden Lösungen, absolut betrachtet, minim - nur ein Abend jedes zweite Wochenende; aber diesen Unterschied zu berücksichtigen, ist insbesondere mit Blick auf den erheblichen Ermessensspielraum des Sachrichters und die Zurückhaltung des Bundesgerichts anlässlich der Überprüfung solcher Entscheide (vorne E. 3.2 a. E.) unter dem Blickwinkel des Bundesrechts nicht zu beanstanden. 
 
3.4 Die Einwendungen des Beschwerdeführers vermögen ein anderes Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Unbestreitbar verpflichtet die getroffene Lösung Y.________ zu einer doppelten Reise zwischen D.________ (Wohnort seines Vaters), B.________ [recte: A.________] (Wohnort der Mutter) und C.________ (Stätte seiner Schule), nämlich am Sonntagabend zur Mutter und am Montagmorgen wieder nach C.________ zurück; eine echte Entlastung ergäbe sich für Y.________ jedoch erst, wenn der Vater seinen Wohnsitz in die Nähe der Schule verlegen würde. Sodann haben seine Befürchtungen hinsichtlich der negativen Auswirkungen dauernder Wechsel der Bezugswelten und seine Zweifel, ob die von ihm postulierte Lösung wirklich die familiäre Bindung zu den Halbgeschwistern gefährden würde, keine höhere Überzeugungskraft als die Befürchtungen des Obergerichtes, dass die nämliche Lösung die Integration von Y.________ in die Umgebung seiner sorgeberechtigten Mutter erschweren könnte. Unbehelflich sind schliesslich auch die angeführten Gutachten des "S.________-Instituts für das Kind": Niemand stellt in Abrede, dass die Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn gut und für Letzteren wichtig sei. Daraus fliesst jedoch nicht zwingend, dass die Wochenendbesuche im Sinne des Beschwerdeführers zu gestalten seien. Zudem kann in diesem Zusammenhang auch auf die Feststellung des Obergerichtes hingewiesen werden, wonach der Vormundschaftsbehörde A.________ in ihrer (späteren) Stellungnahme an den Bezirksrat B.________ eine derartige Lösung erst dann als vorteilhaft erschiene, wenn der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz nach C.________ verlegen würde, was ohnehin bis heute nicht geschehen ist. 
 
3.5 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid Bundesrecht nicht verletzt. 
 
4. 
Die Beschwerde ist folglich abzuweisen, unter Kostenfolge zu Lasten des Beschwerdeführers (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Entschädigung an die Beschwerdegegnerin ist nicht geschuldet, wurde sie doch nicht zur Einreichung einer Beschwerdeantwort aufgefordert und sind ihr im bundesgerichtlichen Verfahren somit keine entschädigungspflichtigen Aufwendungen entstanden (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 26. November 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Raselli Schett