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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_1040/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 26. November 2015  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, 
nebenamtlicher Bundesrichter Benz, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Y.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Rüedi, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Thurgau. 
 
Gegenstand 
Handänderungssteuer, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des 
Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 11. Juni 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Kaufvertrag vom 11. August 2008 erwarb die damalige X.________ AG (heute: Y.________ AG) sämtliche Aktien an der W.________ AG (nachfolgend: W.________ AG), die Eigentümerin von Liegenschaften in U.________ ist, in denen sie ein Wohn- und Pflegeheim führte. 
Am 24. Februar 2011 erfasste das Grundbuchamt U.________ den Erwerb der Gesamtheit der Aktien an der W.________ AG durch die Y.________ AG als wirtschaftliche Handänderung und verfügte eine Handänderungssteuer von Fr. 198'900.40. Die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau hiess eine dagegen erhobene Einsprache teilweise gut und reduzierte den geschuldeten Steuerbetrag auf Fr. 183'427.60. 
 
B.  
Gegen den Einspracheentscheid führte die Y.________ AG erfolglos Rekurs bei der Steuerrekurskommission und Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. 
 
C.  
Die Y.________ AG erhebt am 17. November 2014 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sowie subsidiäre Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 11. Juni 2014 aufzuheben. 
Die Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau beantragen, die Beschwerden abzuweisen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde der hierzu legitimierten Beschwerdeführerin (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG) ist daher grundsätzlich einzutreten (vgl. aber unten E. 1.3 u. 2.3).  
 
1.2. Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin weiter eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts (Art. 9 BV). Die Einreichung dieses Rechtsmittels kommt aber nur dann in Frage, wenn das ordentliche Rechtsmittel ans Bundesgericht ausgeschlossen ist. Weil - wie bereits hervorgehoben (vgl. oben E. 1.1) - der angefochtene Entscheid dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist und unter keine der Ausnahmebestimmungen von Art. 83 BGG fällt, steht vorliegend die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen. Als solche ist die Eingabe der Beschwerdeführerin auch hinsichtlich der Willkürrüge (Art. 9 BV) entgegenzunehmen. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde kann nicht eingetreten werden.  
 
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht das Bundesgericht in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; Urteil 2C_124/2013 vom 25. November 2013 E. 1.6). Ob dies hier (in allen Punkten) der Fall ist, kann mit Blick auf den Verfahrensausgang offen bleiben.  
 
2.  
 
2.1. § 137 Abs. 2 des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau vom 14. September 1992 (Steuergesetz; StG/TG; RB 640.1) bezieht sich auf die Handänderungssteuer und lautet wortgleich wie § 127 Abs. 2 StG/TG betreffend die Grundstückgewinnsteuer: "Als Eigentumsübertragung gelten auch Rechtsgeschäfte, die hinsichtlich der Verfügungsgewalt über Grundstücke wirtschaftlich wie eine Veräusserung wirken." Der kantonale Gesetzgeber schuf damit einen einheitlichen Begriff der wirtschaftlichen Handänderung für die Grundstückgewinnsteuer und die Handänderungssteuer.  
 
2.2. Mit Urteil 2C_1044/2014 vom 26. November 2015 hat das Bundesgericht eine Beschwerde der früheren Eigentümer sämtlicher auch hier massgeblichen Aktien gutgeheissen. Wie in diesem Urteil mit voller Kognition geprüft und eingehend begründet wird, vermag eine grundstückgewinnsteuerliche Erfassung des Gewinns aus der am 11. August 2008 vereinbarten Veräusserung der Aktien vor Art. 12 Abs. 2 lit. a des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) nicht standzuhalten.  
 
2.3. Im Gegensatz zu der - wie eben hervorgehoben (vgl. oben E. 2.2) - in Art. 12 StHG geregelten Grundstückgewinnsteuer ist die Handänderungssteuer eine nicht harmonisierte kantonale Steuer, die folglich keine besonderen bundesrechtlichen Vorgaben zu beachten hat.  
 
2.3.1. Das angefochtene Urteil betreffend Handänderungssteuer stützt sich ausschliesslich auf kantonales Recht (vgl. Urteil 2C_325/2013 vom 10. Dezember 2013 E. 1.2). Daher kann die kantonale Handänderungssteuer vom Bundesgericht nicht auf Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 2 lit. a StHG, der nur die Grundstückgewinnsteuer betrifft, überprüft werden, sondern nur auf Willkür (Art. 9 BV) hin. Auf die Rüge der Verletzung von Art. 12 Abs. 2 lit. a StHG (Begriff der wirtschaftlichen Handänderung im harmonisierten Grundstückgewinnsteuerrecht) kann nicht eingetreten werden.  
 
2.3.2. Wird ein Verstoss gegen das (rein) kantonale Recht gerügt, prüft das Bundesgericht lediglich, ob dessen vorinstanzliche Auslegung und Anwendung zu einer Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht (Art. 95 lit. a und b BGG; BGE 138 V 74 E. 2 S. 76) oder der kantonalen verfassungsmässigen Rechte führt (Art. 95 lit. c BGG; BGE 134 I 153 E. 4.2.2 S. 158). Zu untersuchen ist allem voran ein Verstoss gegen das Willkürverbot nach Art. 9 BV (BGE 137 V 143 E. 1.2 S. 145; 134 II 349 E. 3 S. 351; Urteile 2C_692/2012 vom 10. Februar 2013 E. 2.1; 9C_369/2012, 9C_370/2012 vom 2. November 2012 E. 3).  
 
2.4. Gestützt auf § 137 Abs. 1 StG/TG unterliegen Eigentumsübertragungen von Grundstücken der Handänderungssteuer. Als Eigentumsübertragung gelten auch Rechtsgeschäfte, die hinsichtlich der Verfügungsgewalt über Grundstücke wirtschaftlich wie eine Veräusserung wirken (§ 137 Abs. 2 StG/TG). Die Handänderungssteuer ist vom Erwerber zu entrichten (§ 141 Abs. 1 StG/TG). § 27 Ziff. 1 VO StG/TG unterwirft in Konkretisierung von § 137 Abs. 2 StG/TG die Veräusserung einer beherrschenden Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft der Handänderungssteuer.  
 
2.4.1. Eine Immobiliengesellschaft liegt dann vor, wenn der Zweck der Gesellschaft zur Hauptsache im Erwerb, in der Verwaltung und dem Wiederverkauf von Grundstücken besteht. Hingegen wird gemäss bewährter Rechtsprechung der Übergang der Anteile an einer Betriebsgesellschaft nicht mit der Handänderungssteuer erfasst, da die Verfügungsmacht über die Grundstücke bei einer Betriebsgesellschaft lediglich Ausfluss der viel weitergehenden Beherrschung des gesamten Unternehmens ist, die der Käufer mit dem Erwerb der Aktien erlangt (grundlegend BGE 99 Ia 459 E. 3c S. 466; vgl. u.a. die Urteile 2C_325/2013 vom 10. Dezember 2013 E. 2.2; 2C_355/2009 vom 19. November 2009, in: StR 65/2010 S. 213 E. 6.1 bis 6.3 und 2P.151/2003 vom 11. Februar 2004, in: StR 59/2004 S. 457 E. 4.3; je mit Hinweisen).  
 
2.4.2. Vorliegend ist unbestritten, dass die W.________ AG bis zum Erwerb der Aktien durch die Beschwerdeführerin am 11. August 2008 eine Betriebsgesellschaft war. Das Verwaltungsgericht stützt für die Qualifikation als Immobiliengesellschaft darauf ab, dass ebenfalls am 11. August 2008 der gesamte Geschäftsbereich "Wohn- und Pflegeheim" für Fr. 2.5 Mio. von der W.________ AG an die Z.________ AG verkauft wurde, welche den Betrieb, den Unterhalt und die Erstellung von Alters-, Wohn- und Pflegepensionen bezweckt. Nach den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz wurde gestützt auf die Statutenänderung der W.________ AG vom 18. August 2008 als neuer Hauptzweck im Handelsregister des Kantons Thurgau "Erwerb, Halten, Verwaltung und Veräusserung von Liegenschaften" eingetragen. Die Beschwerdeführerin bestreitet denn auch nicht, dass die W.________ AG damit unmittelbar nach dem Aktienerwerb in eine Immobiliengesellschaft umgewandelt wurde.  
 
2.4.3. Ist der sachliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb und der   Liegenschaft aus dem Blickwinkel der steuerpflichtigen Erwerberin (vgl. Steuerverwaltung des Kantons Thurgau, "Wirtschaftliche Handänderung", StP 127 Nr. 1 Ziff. 2.3) entscheidend, so durfte die Vorinstanz unter den gegebenen Umständen ohne Willkür darauf schliessen, dass die Beschwerdeführerin lediglich an der Übernahme der Liegenschaften, nicht aber am Betrieb des Wohn- und Pflegeheims interessiert war. Die Auffassung der Vorinstanz, dass die Beschwerdeführerin im Ergebnis eine Immobiliengesellschaft erwarb, erscheint jedenfalls nicht als geradezu unhaltbar.  
 
3.  
Nach dem Gesagten unterliegt die Beschwerdeführerin mit ihren Anträgen, soweit auf ihre Beschwerden eingetreten werden kann (vgl. oben E. 1.2, 1.3 u. 2.3). Dementsprechend hat sie die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (vgl. Art. 65 f. BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 5'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. November 2015 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Matter