Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6F_19/2024
Urteil vom 26. November 2024
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichterin van de Graaf,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
gesuchstellende Person,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich,
Gesuchsgegnerin,
Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, Postfach 2401, 8021 Zürich 1.
Gegenstand
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 3. September 2024 (6B_223/2024).
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1. Gemäss Anklage vom 30. März 2023 soll A.________ am 28. November 2022 um 13:49 Uhr vom Internetshop B.________ im Shop-Ville, Hauptbahnhof Zürich, im Namen einer Drittperson eine E-Mail an eine namentlich genannte Richterin des Obergerichts des Kantons Zürich und an die Kantonspolizei Zürich versandt haben. In der E-Mail sei angekündigt worden, dass die Oberrichterin getötet werde. Ihr werde in den Kopf geschossen. Der E-Mail sei eine Kopie des Reisepasses einer Drittperson angehängt gewesen, die verhaftet worden sei. A.________ habe sich der Drohung, der falschen Anschuldigung und der Freiheitsberaubung schuldig gemacht.
1.2. Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte A.________ am 29. Januar 2024 zweitinstanzlich wegen falscher Anschuldigung, Freiheitsberaubung und Drohung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten (unter Anrechnung der Haft von 2 Tagen). Es regelte zudem den Zivilpunkt sowie die Kosten- und Entschädigungsfolgen.
1.3. Eine dagegen eingereichte Beschwerde wies die I. strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts mit Urteil 6B_223/2024 vom 3. September 2024 ab, soweit es darauf eintrat.
1.4. A.________ ersucht um Revision des bundesgerichtlichen Urteils 6B_223/2024 mit dem Antrag, das angeblich zu revidierende Urteil sei aufzuheben respektive für nichtig zu erklären.
Das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen wurde mangels Begründung am 31. Oktober 2024 präsidialiter abgewiesen.
2.
Das Bundesgericht ist weder für die Entgegennahme noch die Behandlung oder die Weiterleitung von allfälligen Strafanzeigen zuständig (vgl. Urteile 6B_472/2024 vom 17. Juli 2024 E. 4; 6F_8/2023 vom 27. April 2023 E. 6).
3.
Das Revisionsverfahren 6F_19/2024 und das Beschwerdeverfahren 6B_503/2024 sind wegen des unterschiedlichen Anfechtungs- und Verfahrensgegenstands einer Verfahrensvereinigung nicht zugänglich.
4.
Soweit nicht neu (Art. 99 Abs. 1 BGG), ist auf die Genugtuungsbegehren von Fr. 1 Milliarde (wegen eines angeblich nicht wieder gutzumachenden Verfahrensfehlers), von Fr. 600.-- (wegen angeblich unrechtmässiger Haft) und von Fr. 1'000.-- pro Tag (wegen "Verminderung des sozialen Kapitals") nicht einzutreten, weil sie - genauso wie die Frage der Staatshaftung - ausserhalb des durch das angeblich zu revidierende Urteil 6B_223/2024 begrenzten Streitgegenstands liegen.
5.
Soweit die gesuchstellende Person geltend macht, verhandlungsunfähig und nicht in der Lage zu sein, ihre Sache selbst zu führen, und sie darum ersucht, es sei Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth (mit dem sie sich versöhnt haben will) als Rechtsvertreter im Sinne von Art. 41 BGG einzusetzen, ist auf das sie betreffende Urteil 7B_951/2023 vom 11. Juni 2024 E. 3 zu verweisen, worin begründet wird, dass und weshalb die Voraussetzungen für die Bejahung einer Prozessunfähigkeit zu verneinen sind. Dass diese Beurteilung nicht mehr zutreffen sollte, ist weder substanziiert dargetan noch ersichtlich (siehe nachstehend auch E. 7.2).
6.
6.1. Ein Ausstandsgesuch kann nicht institutionell, d.h. gegen ein Gericht oder eine Abteilung in globo erhoben werden (Urteile 5D_42/2024 vom 7. Oktober 2024 E. 4; 2F_5/2022 vom 15. Februar 2022 E. 2.3; 6F_39/2018 vom 22. Januar 2019 E. 3). Von vornherein nicht zu hören ist die gesuchstellende Person folglich, wenn sie ein Ausstandsgesuch "gegen jeden Bundesrichter" stellt und verlangt, durch das Los seien aus der Zahl der Obergerichtspräsidenten der in der Sache nicht beteiligten Kantone so viele nebenamtliche Richter wie erforderlich zu bestimmen, um die Ausstandsfrage und nötigenfalls die Hauptsache zu beurteilen.
6.2. Die gesuchstellende Person beantragt sodann den Ausstand der am Urteil 6B_223/2024 vom 3. September 2024 mitwirkenden Bundesrichter- und Bundesrichterinnen sowie der Gerichtsschreiberin.
6.3. Grundsätzlich ist diejenige Abteilung des Bundesgerichts für die Beurteilung eines Revisionsgesuchs zuständig, die das in Revision gezogene Urteil erlassen hat. In der Regel wird auch in derselben Zusammensetzung entschieden. Dies ist die überkommene Praxis des Bundesgerichts (BGE 114 Ia 50 E. 3d; 96 I 279 E. 2; Urteile 6F_21/2020 vom 3. Februar 2021 E. 1.3; 2F_28/2016 vom 21. Dezember 2016 E. 2.1; 2F_20/2012 vom 25. September 2012 E. 1.2; 6F_12/2011 vom 19. Oktober 2011 E. 2.2; 2F_11/2011 vom 9. August 2011 E. 1 mit Hinweisen auf das Schrifttum). Dass sich dieselben Gerichtspersonen mit dem Sachurteil und dem Revisionsverfahren befassen dürfen, ergibt sich auch aus Art. 34 Abs. 2 BGG. Demnach bildet die Mitwirkung an vorangegangenen Verfahren für sich allein keinen Ausstandsgrund (Urteile 5F_24/2021 vom 20. Januar 2022 E. 4.2; 1F_7/2020 vom 4. Mai 2020 E. 2.2; 5F_20/2017 vom 29. Januar 2018 E. 1.2). Das Gesagte gilt auch für das ursprünglich instruierende Gerichtsmitglied bzw. den mitwirkenden Gerichtsschreiber, soweit gegen sie nicht andere Ausstandsgründe als die (blosse) Beteiligung am umstrittenen Entscheid geltend gemacht werden (Urteile 6F_28/2023 vom 29. August 2023 E. 2.2; 2F_20/2012 E. 1.2.2). Aus dem blossen Umstand, dass das frühere Verfahren nicht im Sinne der gesuchstellenden Person ausgegangen ist, lässt sich keine Befangenheit ableiten (Urteil 6F_21/2020 a.a.O.).
6.4. Im Lichte dieser Grundsätze ist auf das Ausstandsgesuch gegen die einzeln bezeichneten Bundesrichter- und Bundesrichterinnen einschliesslich die Gerichtsschreiberin nicht einzutreten, weil keine tauglichen Ausstandsgründe angerufen werden. Die gesuchstellende Person, die abstrakt befürchtet, die mit der Beurteilung ihrer Beschwerde im Verfahren 6B_223/2024 befassten Gerichtspersonen und die Gerichtsschreiberin könnten im Revisionsverfahren nicht mehr unvoreingenommen sein, begründet ihr Ausstandsbegehren im Wesentlichen mit der Mitwirkung der betroffenen Personen am ursprünglichen Entscheid. Aus dessen behaupteter Fehlerhaftigkeit, dem Hinweis auf eine angehobene Staatshaftung und eine (eventuelle) Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs lässt sich indes weder ein persönliches Interesse noch eine Befangenheit der am Urteil mitwirkenden Gerichtsmitglieder einschliesslich der Gerichtsschreiberin ableiten. Dass die gesuchstellende Person einen anderen Ausgang des Beschwerdeverfahrens 6B_223/2024 erwartete und sie mit dem Urteil vom 3. September 2024 nicht einverstanden ist, bildet keinen tauglichen Ausstandsgrund. Das Ausstandsgesuch zielt im Ergebnis auf die Behinderung der Justiz und erweist sich als unzulässig, wenn nicht gar als rechtsmissbräuchlich, weshalb darauf ohne Durchführung des Verfahrens nach Art. 37 Abs. 1 BGG - unter Mitwirkung der abgelehnten Gerichtspersonen und der Gerichtsschreiberin - nicht einzutreten ist (BGE 114 Ia 278 E. 1; Urteil 6F_9/2021 vom 8. Juni 2021 E. 2).
7.
7.1. Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Danach kann die Revision unter anderem verlangt werden, wenn das Bundesgericht einzelne Anträge unbeurteilt gelassen (Art. 121 lit. c BGG) oder in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat (Art. 121 lit. d BGG). Weiter kann die Revision verlangt werden, wenn ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; die Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich. Ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden (Art. 123 Abs. 1 BGG). Allfällige Revisionsgründe sind in gedrängter Form darzulegen (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 121-123 BGG ). Die Revision räumt der betroffenen Person nicht die Möglichkeit ein, einen Entscheid, den sie für unrichtig hält, in der Sache neu beurteilen zu lassen bzw. dessen Wiedererwägung zu verlangen (Urteile 7F_1/2023 vom 14. September 2023 E. 2; 6F_19/2023 vom 16. August 2023 E. 1.2; je mit Hinweisen). Eine unzutreffende beweismässige oder rechtliche Würdigung unterliegt nicht der Revision (BGE 122 II 17 E. 3; Urteil 2F_13/2022 vom 17. März 2022 E. 2.4). Desgleichen können allfällige Versäumnisse bei der Begründung der Beschwerde an das Bundesgericht nicht mittels Revision nachgeholt werden (Urteile 6F_21/2020 vom 3. Februar 2021 E. 2.2; 6F_16/2020 vom 3. Juni 2020 E. 2.1; 6F_4/2019 vom 27. Mai 2019 E. 1.1; je mit Hinweisen).
7.2. Die gesuchstellende Person beruft sich auf Art. 121 Abs. lit. d BGG. Die I. strafrechtliche Abteilung habe ausser Acht gelassen, dass bei den Akten eine Eingabe liege, aus der sich ergebe, dass sämtliche Rechtsschriften nicht von ihr, sondern von ihrer Freundin verfasst worden seien. Ihre Freundin sei keine Rechtsanwältin, und sie selbst - die gesuchstellende Person - sei wegen ihrer Krankheit nicht imstande, die Sache eigenhändig zu führen (Art. 41 BGG); durch die Nichteinsetzung eines Rechtsanwalts sei ihr folglich ein mit den Grundrechten nicht zu vereinbarender Nachteil entstanden. Die gesuchstellende Person spezifiziert im Rahmen ihrer Versehensrüge indessen nicht im Ansatz, in welcher ihrer zahlreichen Eingaben, die sie im Verfahren 6B_223/2024 eingereicht hat, die angeblich übersehene Tatsache zu finden wäre. Der pauschale Verweis, "in den Akten" gebe es "eine Rechtsschrift", genügt offensichtlich nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG); die Akten anderer bundesgerichtlicher Verfahren sind entgegen ihrer vermeintlichen Auffassung nicht sachrelevant. Wollte sie mit ihrer Kritik im Übrigen die Abweisung ihres Gesuchs um Einsetzung eines Rechtsanwalts gemäss Art. 41 BGG beanstanden, wäre sie damit nicht zu hören. Zum einen ist Kritik an der Rechtsanwendung im Revisionsverfahren unzulässig; zum anderen können im Beschwerdeverfahren unterlassene Vorbringen im Revisionsverfahren nicht nachgeschoben werden.
7.3. Die gesuchstellende Person bringt unter Berufung auf Art. 121 lit. d BGG sodann vor, die I. strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts habe am 3. September 2024 ihr Urteil gefällt, ohne zu berücksichtigen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Beschwerden bei der II. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts im Zusammenhang mit einem bei der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich laufenden Verfahren hängig gewesen seien. Die I. strafrechtliche Abteilung habe dadurch den Instanzenzug verletzt und einen krassen Verfahrensfehler begangen, mit der Folge, dass das Verfahren beim Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, nicht mehr ergebnisoffen sei. Auch diesem Vorbringen fehlt es an einer tauglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die gesuchstellende Person zeigt weder einen Konnex zwischen dem Urteil 6B_223/2024 vom 3. September 2024 und den bei der II. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hängigen Beschwerdeverfahren auf, noch erläutert sie ansatzweise, inwiefern das Urteil vom 3. September 2024 den Ausgang des bei der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich hängigen Strafverfahrens präjudizieren könnte. Der Revisionsgrund der unberücksichtigt gebliebenen aktenkundigen Tatsachen bleibt mithin auch in dieser Hinsicht unbelegt.
7.4. Mit ihrer weiteren, ebenfalls unter dem Titel von Art. 121 lit. d BGG vorgetragenen Kritik beanstandet die gesuchstellende Person eine unrichtige Rechtsanwendung, wobei sie im Wesentlichen die gleichen oder ähnliche Vorbringen wie im ordentlichen Verfahren vor dem Bundesgericht erhebt; dies ist der Fall, wenn sie z.B. moniert, die angefochtene Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich vom 30. März 2023 sei nicht in Rechtskraft erwachsen, das Bundesgericht habe den Instanzenzug verletzt, eine sachgerechte Beurteilung der Angelegenheit mit ausschliesslich schriftlichen Anträgen sei nicht möglich gewesen, im Hauptverfahren sei sie nicht angehört worden, es sei kein Schriftenwechsel durchgeführt worden und das Verfahren müsse eingestellt werden. Letztlich soll mit der erhobenen Kritik sinngemäss erneut Beschwerde gegen das Urteil 6B_223/2024 vom 3. September 2024 geführt bzw. dessen Wiedererwägung angestrebt werden, was im Revisionsverfahren nicht zulässig ist. Die gesuchstellende Person verkennt insofern Sinn und Tragweite des Instituts der Revision.
7.5. Soweit sich die gesuchstellende Person mit dem Vorwurf eines strafrechtlich relevanten Verhaltens der am Urteil 6B_223/2024 vom 3. September 2024 beteiligten Gerichtsmitglieder unter Einschluss der Gerichtsschreiberin auf den Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 1 BGG beruft, ist Folgendes festzuhalten: Dieser Revisionsgrund setzt voraus, dass "ein Strafverfahren ergeben hat", dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde (vgl. Urteil 2F_4/2022 vom 28. Januar 2022 E. 3.5 mit Hinweisen). Die gesuchstellende Person vermag ein solches Ergebnis eines Strafverfahrens nicht zu nennen, sondern weist insofern nur darauf hin, Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs erhoben zu haben bzw. einreichen zu wollen.
8.
Im Ergebnis macht die gesuchstellende Person keinen der im BGG genannten Revisionsgründe geltend. Ohne dass sich das Bundesgericht zu sämtlichen Ausführungen im Gesuch ausdrücklich äussern müsste, ist auf das Revisionsgesuch - ohne Schriftenwechsel oder sonstige weiteren Instruktionsmassnahmen (Art. 127 BGG) - nicht einzutreten. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten der gesuchstellenden Person aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage der gesuchstellenden Person ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
9.
Das Bundesgericht behält sich vor, weitere offensichtlich unzulässige Revisionsgesuche in dieser Angelegenheit ohne förmliche Behandlung abzulegen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Ausstandsbegehren wird nicht eingetreten.
2.
Auf das Gesuch um Revision wird nicht eingetreten.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
4.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der gesuchstellenden Person auferlegt.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. November 2024
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill