Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_205/2024
Urteil vom 26. November 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiber Walther.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Selina Grass,
Beschwerdeführer,
gegen
Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, EL-Durchführungsstelle, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. Februar 2024 (EL 2023/18).
Sachverhalt:
A.
A.a. Mit Verfügung vom 19. Oktober 2014 sprach die EL-Durchführungsstelle dem 1951 geborenen A.________ ab 1. Juli 2014 Ergänzungsleistungen (EL) zur Altersrente der AHV zu, wobei sie für die Berechnung des Anspruchs der 1960 geborenen, nichterwerbstätigen Ehefrau ein hypothetisches Erwerbseinkommen von Fr. 35'362.- pro Jahr anrechnete. Auf ein Wiedererwägungsgesuch von A.________ vom 11. November 2019, mit welchem er ab 1. Juli 2014 die Ausrichtung von EL ohne Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens seiner Ehefrau verlangte, trat die EL-Durchführungsstelle nicht ein (Schreiben vom 15. November 2019).
A.b. Mit Verfügungen vom 19. Dezember 2019, vom 18. Dezember 2020 und vom 17. Dezember 2021 erhöhte die EL-Durchführungsstelle die EL wegen gesetzlicher Neuerungen per 1. Januar 2020, per 1. Januar 2021 und per 1. Januar 2022. Gegen diese drei Verfügungen erhob A.________ jeweils Einsprache, wobei er sich je gegen die erneute Anrechnung eines hypothetischen Einkommens seiner Ehefrau wandte.
A.c. Mit Verfügung vom 21. September 2022 sprach die kantonale IV-Stelle der Ehefrau des A.________ rückwirkend ab 1. April 2011 eine Viertelsrente und ab 1. April 2022 eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu. Für die Bemessung der Invalididät qualifizierte sie die Ehefrau als nicht erwerbstätig bzw. als im Haushalt tätig. Im Anschluss an diese Rentenzusprache setzte die EL-Durchführungsstelle die EL von A.________ rückwirkend ab 1. Juli 2014 neu fest, wobei sie seiner Ehefrau für die Zeit bis 31. Oktober 2020 wiederum ein hypothetisches Erwerbseinkommen anrechnete (Verfügung vom 21. November 2022). Einspracheweise verlangte A.________ erneut, dass auf die Anrechnung verzichtet werde. Mit Einspracheentscheid vom 24. Januar 2023 hielt die EL-Durchführungsstelle an ihrer Verfügung vom 21. November 2022 fest; die Einsprachen gegen die Verfügungen vom 19. Dezember 2019, vom 18. Dezember 2020 und vom 17. Dezember 2021 schrieb sie als gegenstandslos ab.
B.
Am 24. Februar 2023 erhob A.________ dagegen Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen. Dieses wies ihn am 11. Juli 2023 darauf hin, dass es seiner Ehefrau möglicherweise ein höheres hypothetisches Erwerbseinkommen anrechnen werde als die EL-Durchführungsstelle und gab ihm Gelegenheit, die Beschwerde zurückzuziehen oder Stellung zu nehmen. Nachdem A.________ an seiner Beschwerde festgehalten hatte, wies das Versicherungsgericht diese mit Entscheid vom 20. Februar 2024 dem Sinn nach ab. Es reduzierte die im Einspracheentscheid vom 24. Januar 2023 zugesprochenen EL - ausgehend von höheren hypothetischen Erwerbseinkommen der Ehefrau - ab 1. Juli 2014 auf Fr. 778.-, ab 1. Januar 2015 auf Fr. 814.-, ab 1. Januar 2016 auf Fr. 842.-, ab 1. Januar 2017 auf Fr. 874.-, ab 1. Januar 2018 auf Fr. 902.-, ab 1. Januar 2019 auf Fr. 920.-, ab 1. Juni 2019 auf Fr. 1'156.- und für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2020 auf Fr. 1'150.-. Für die Zeit ab 1. November 2020 bestätigte es die von der EL-Durchführungsstelle zugesprochenen EL.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheids sei bei der Ausrichtung der ihm monatlich gesetzlich zustehenden EL für den Zeitraum von 1. Juli 2014 bis 31. Dezember 2022 auf die Anrechnung eines hypothetischen Einkommens seiner Ehefrau gänzlich zu verzichten. Ihm seien folgende monatliche EL auszurichten:
a) 1. Juli - 31. Dezember 2014: Fr. 2'127.-
b) 1. Januar - 31. Dezember 2015: Fr. 2'175.-
c) 1. Januar - 31. Dezember 2016: Fr. 2'206.-
d) 1. Januar - 30. September 2017: Fr. 2'239.-
e) 1. Oktober - 31. Dezember 2017: Fr. 2'268.-
f) 1. Januar - 31. Dezember 2018: Fr. 2'296.-
g) 1. Januar - 31. Mai 2019: Fr. 2'321.-
h) 1. Juni - 31. Dezember 2019: Fr. 2'881.-
i) 1. Januar - 31. Oktober 2020: Fr. 2'892.-
j) 1. November- 31. Dezember 2020: Fr. 2'892.-
k) 1. Januar - 31. Dezember 2021: Fr. 2'907.-
l) 1. Januar - 31. März 2022: Fr. 2'913.-
m) 1. April - 30. November 2022: Fr. 2'628.-
n) 1. Dezember 2022 - 30. April 2023: Fr. 2'438.-
Eventualiter wird die Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz, allenfalls zu weiteren Abklärungen an die Vorinstanz oder an die Beschwerdegegnerin beantragt.
D ie Beschwerdegegnerin verzichtet auf eine Vernehmlassung. Mit Eingabe vom 2. Juli 2024 beantragt das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) die Gutheissung der Beschwerde. Die Vorinstanz nimmt am 16. Juli 2024 hierzu Stellung, ohne einen Antrag in der Sache zu stellen.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (vgl. BGE 149 II 66 E. 1.3 mit Hinweis).
Soweit der Beschwerdeführer für die Zeit ab 1. November 2020 EL in unterschiedlicher Höhe beantragt (vgl. vorne Sachverhalt Bst. C), ist festzuhalten, dass ihm diese bereits von der Beschwerdegegnerin zugesprochen und von der Vorinstanz bestätigt wurden. Diesbezüglich fehlt ihm ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG; zum Ganzen vgl. BGE 147 I 478 E. 2.2 mit Hinweis), weshalb auf die entsprechenden Begehren nicht einzutreten ist.
2.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), wobei es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) - nur die geltend gemachten Vorbringen prüft, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 148 V 366 E. 3.1). Seinem Urteil legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deren Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt oder vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG).
3.
Letztinstanzlich streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht dadurch verletzte, dass sie dem Beschwerdeführer bei der Berechnung des EL-Anspruchs für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis 31. Oktober 2020 ein hypothetisches Einkommen seiner nichterwerbstätigen Ehefrau anrechnete.
4.
4.1. Am 1. Januar 2021 traten die geänderten Bestimmungen des ELG (SR 831.30) und der ELV (SR 831.301) in Kraft (EL-Reform; Änderung vom 22. März 2019, AS 2020 585; BBl 2016 7465). Auf die vorliegend umstrittenen EL-Leistungen in den Jahren 2014 bis 2020 sind nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) die Bestimmungen des ELG und der ELV in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung anwendbar. Soweit nicht anders vermerkt, werden sie nachfolgend in dieser Version wiedergegeben.
4.2.
4.2.1. Die jährliche Ergänzungsleistung (Art. 3 Abs. 1 lit. a ELG) entspricht dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 9 Abs. 1 ELG). Als Einnahmen angerechnet werden unter anderem auch Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG). Eine Verzichtshandlung liegt unter anderem vor, wenn die versicherte Person aus von ihr zu verantwortenden Gründen von der Ausübung einer möglichen und zumutbaren Erwerbstätigkeit absieht (BGE 140 V 267 E. 2.2 mit Hinweisen). Unter dem Titel des Verzichtseinkommens nach Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG ist auch ein hypothetisches Einkommen des Ehegatten eines EL-Ansprechers anzurechnen (vgl. Art. 9 Abs. 2 ELG), sofern dieser auf eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder deren zumutbare Ausdehnung verzichtet (BGE 150 V 105 E. 6.4.4; 142 V 12 E. 3.2; 117 V 287 E. 3b).
4.2.2. Gemäss Art. 9 Abs. 5 lit. c ELG bestimmt der Bundesrat unter anderem die Anrechnung von Einkünften aus einer zumutbaren Erwerbstätigkeit bei teilinvaliden Personen. Gestützt darauf hat er Art. 14a ELV geschaffen, gemäss dessen Abs. 1 Invaliden als Erwerbseinkommen grundsätzlich der Betrag angerechnet wird, den sie im massgebenden Zeitabschnitt tatsächlich verdient haben. Nach Abs. 2 lit. a-c ist Invaliden unter 60 Jahren ein vom Invaliditätsgrad abhängiges Mindesteinkommen anzurechnen. Wird der jeweils relevante Grenzbetrag von Art. 14a Abs. 2 lit. a-c ELV nicht erreicht, insbesondere wenn keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, gilt die Vermutung eines Verzichts auf Einkünfte im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG (BGE 141 V 343). Die Anrechnung eines invaliditätsgradabhängigen hypothetischen Mindesteinkommens nach Art. 14a Abs. 2 ELV entfällt gemäss Art. 14a Abs. 3 lit. a ELV jedoch dann, wenn die Invalidität von Nichterwerbstätigen aufgrund von Art. 27 IVV (SR 831.201; Invalidität im Aufgabenbereich), d.h. letztlich mittels der ausserordentlichen Bemessungsmethode des Betätigungsvergleichs (Art. 28a Abs. 2 IVG) festgelegt wurde. Mit Bezug auf die invaliditätsbedingte Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit haben sich EL-Organe und Sozialversicherungsgerichte nach der Rechtsprechung grundsätzlich an die Invaliditätsbemessung durch die Invalidenversicherung zu halten (BGE 140 V 267 E. 2.3; 117 V 202 E. 2b; Urteile 8C_506/2023 vom 20. Juni 2024 E. 2.3.2; 9C_653/2018 vom 26. juli 2019 E. 5.1; 8C_172/2007 vom 6. Februar 2008 E. 7.1). Diese Bindung bedeutet, dass die EL-Organe auch die Einstufung des Leistungsansprechers als Ganzerwerbstätiger, teilweise Erwerbstätiger oder Nichterwerbstätiger zu übernehmen haben (BGE 117 V 202 E. 2c; Urteil 8C_172/2007 vom 6. Februar 2008 E. 6.1). Das gilt auch bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Ehegatten eines EL-Ansprechers (Urteile 9C_719/2020 vom 4. Januar 2022 E. 5.3.2; 9C_653/2018 vom 26. Juli 2019 E. 5.1; 9C_946/2011 vom 16. April 2012 E. 4.3 und 9C_184/2009 vom 17. Juli 2009 E. 2.4 mit Hinweisen).
5.
5.1. Die Vorinstanz erwog, die Ehefrau des Beschwerdeführers habe ab 1. Juli 2014 Anspruch auf eine Viertelsrente der Invalidenversicherung gehabt und sei somit teilinvalid gewesen. Da sie sich für den Bezug von EL angemeldet habe, sei sie nicht lediglich als teilinvalide Ehefrau eines EL-Bezügers zu qualifizieren, sondern als eigenständige EL-Bezügerin, womit nach Auffassung des Bundesgerichts Art. 14a ELV auf sie Anwendung finde. Die EL-Durchführungsstelle habe ihr gestützt auf Abs. 2 lit. a dieser Bestimmung ein hypothetisches Erwerbseinkommen angerechnet, dabei jedoch übersehen, dass Art. 14a Abs. 3 lit. a ELV die Anwendung des Art. 14 Abs. 2 ELV ausschliesse, wenn die teilinvalide Person invalidenversicherungsrechtlich als nicht erwerbstätig qualifiziert worden sei. Der Wortlaut von Art. 14a Abs. 3 lit. a ELV sei jedoch verunglückt, denn die Nichtanwendung von Art. 14 Abs. 2 ELV habe notwendigerweise zur Folge, dass Art. 11 lit. g ELG direkt anwendbar sei. Dies sei offenkundig das Gegenteil dessen, was der Verordnungsgeber bezweckt habe. Augenscheinlich solle nämlich teilinvaliden, als nicht erwerbstätig qualifizierten Personen kein hypothetisches Erwerbseinkommen angerechnet werden, was so auch in der Wegleitung zur EL (WEL) bestätigt werde. Diese Interpretation sei jedoch offenkundig gesetzwidrig, da sie zu einer Ausschaltung von Art. 11 lit. g ELG führe. Es leuchte nämlich nicht ein, dass einer teilinvaliden Hausfrau kein hypothetisches Erwerbseinkommen angerechnet werden solle, während einer gesunden Hausfrau oder einer teilinvaliden Ehefrau, die einmal kurz gearbeitet habe, ein hypothetisches Erwerbseinkommen angerechnet werde. Entgegen der Auffassung des Bundesgerichts könne die EL-Durchführungsstelle nicht an eine IV-Verfügung, noch viel weniger an deren einzelne Elemente gebunden sein. Im EL-spezifischen Syllogismus sei nur das durch die IV-Verfügung begründete Rechtsverhältnis zu beachten, dessen Wirkungen sich aus der Sicht der EL auf der Sachverhaltsebene abspielten. Die IV-Verfügung könne daher nur im Sinne eines Beweismittels berücksichtigt werden, welches den Anspruch des EL-Bezügers auf einen bestimmten Frankenbetrag pro Monat und damit eine EL-rechtlich zu berücksichtigende Einnahme belege. Eine Bindungswirkung entstehen lassen und insoweit den Untersuchungsgrundsatz und die Würdigung der Beweismittel ausschalten könne nur der Gesetzgeber. Der Verordnungsgeber hingegen könne dies nicht, weil es über seinen Auftrag, den Gesetzesvollzug zu regeln, hinausginge. Art. 14a Abs. 2 und Abs. 3 ELV seien also offensichtlich gesetzes-, letzterer Absatz aufgrund eines Verstosses gegen das Gleichbehandlungsgebot zudem auch verfassungswidrig. Es gebe keinen Grund, die Höhe des hypothetischen Erwerbseinkommens im Einzelfall nach dem Invaliditätsgrad oder nach der Methode zu dessen Bemessung festzusetzen. Werde bei einer versicherten Person, die aus freien Stücken als Validenkarriere die Besorgung des eigenen Haushaltes gewählt habe - bzw. im hypothetischen Gesundheitsfall gewählt hätte -, davon ausgegangen, dass es ihr nicht zumutbar sei, eine (fiktive) Erwerbstätigkeit aufzunehmen, liege eine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber jeder anderen versicherten Person in derselben Lage vor, die im hypothetischen "Gesundheitsfall" nicht den eigenen Haushalt besorgt hätte, sondern einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre.
5.2. Zum konkreten Fall hielt die Vorinstanz sodann fest, gemäss den Akten der IV-Stelle sei die Ehefrau des Beschwerdeführers im massgebenden Zeitraum in leidensangepassten Tätigkeiten zu 80 % arbeitsfähig gewesen. Es hätte Arbeitsplätze gegeben, die für sie geeignet gewesen wären; familiäre Betreuungspflichten hätten der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit keine entgegengestanden. Folglich wäre sie aufgrund ihrer EL-rechtlichen Schadenminderungspflicht gehalten gewesen, sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Diese Pflicht habe sie nicht erfüllt, zumal sie zum Nachweis ihres Einwands, Stellenbemühungen wären zum vornherein aussichtslos gewesen, solche in effektiver und ernsthafter Weise hätte tätigen müssen. Wegen der Verletzung der Schadenminderungspflicht sei daher ein hypothetisches Einkommen anzurechnen. Gestützt auf die Tabellenlöhne der Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamts für Statistik ermittelte die Vorinstanz für das Jahr 2014 ein hypothetisches Erwerbseinkommen von Fr. 31'721.-, welches sie für die folgenden EL-Anspruchsjahre bis und mit 2020 jeweils an die Entwicklung der Nominallöhne anpasste. Gestützt auf die so ermittelten Beträge korrigierte die Vorinstanz die Berechnungen der EL-Durchführungsstelle, was die bereits dargestellten (Sachverhalt Bst. B) reduzierten monatlichen EL-Ansprüche des Beschwerdeführers ergab.
6.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz wende Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG und Art. 14a Abs. 3 lit. a ELV falsch an, verletze ihre Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs nach Art. 29 Abs. 1 der BV, indem sie Art. 9 Abs. 5 lit. c ELG als relevante Delegationsnorm von Art. 14a ELV und deren systematische Einordnung komplett ausser Acht lasse und eine zu knappe, vorwiegend pauschal gehaltene Begründung vorlege. Weiter lasse sich die Vorinstanz von subjektiven rechtspolitischen Überlegungen leiten und gebärde sich als Gesetzgeber, was angesichts des Grundsatzes der Gewaltenteilung gemäss Art. 148 BV nicht angehe. Schliesslich missachte sie bewusst in mehreren Punkten die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts, was willkürlich erscheine (Art. 9 BV).
6.1. Die Rüge der Gehörsverletzung (Art. 29 Abs. 2 BV; zur daraus abgeleiteten Begründungspflicht vgl. BGE 149 V 156 E. 6.1; 146 II 335 E. 5.1; je mit Hinweisen) ist unbegründet. Die Vorinstanz legte eingehend dar, weshalb sie Art. 14a Abs. 3 ELV als nicht anwendbar erachtete. Wie die Beschwerdeschrift zeigt, war es dem Beschwerdeführer ohne Weiteres möglich, den vorinstanzlichen Entscheid sachgerecht anzufechten.
6.2. Mit den materiellen Einwendungen dringt der Beschwerdeführer hingegen durch. Gemäss unumstrittener Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hatte die Ehefrau des Beschwerdeführers ab 1. Juli 2014 Anspruch auf eine Viertelsrente der Invalidenversicherung. Im Rahmen der Invaliditätsbemessung stufte die IV-Stelle die Ehefrau dabei als nichterwerbstätig ein und ermittelte den Invaliditätsgrad entsprechend anhand eines Betätigungsvergleichs nach Art. 28a Abs. 2 IVG. Aufgrund der rechtsprechungsgemäss bestehenden Bindung der EL-Organe an diese Einstufung (vorne E. 4.2.2) hätte die Vorinstanz in Anwendung von Art. 14a Abs. 3 ELV auf die Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens - sei es im Sinne von Art. 14a Abs. 2 ELV oder Art. 11 lit. g ELG - verzichten müssen. Die Argumente der Vorinstanz führen nicht zu einem anderen Ergebnis, wie im Folgenden aufzuzeigen ist.
6.2.1. Soweit die Vorinstanz zum Schluss gelangt, die Verfügung der IV-Stelle sei aus Sicht der EL lediglich ein Beweismittel für das Vorliegen eines EL-rechtlich zu berücksichtigenden Einkommens, und daraus ableitet, dass die EL-Organe entgegen der Praxis (vgl. vorne E. 4.2.2) nicht an die invalidenversicherungsrechtliche Einstufung der Ehefrau als Nichterwerbstätige gebunden seien, vermag dies im Hinblick auf die Voraussetzungen für eine Rechtsprechungsänderung (vgl. dazu BGE 149 V 177 E. 4.5 mit Hinweisen) nicht zu überzeugen.
6.2.2. Auch der Auffassung der Vorinstanz, wonach Art. 14a Abs. 2 und Abs. 3 ELV mangels einer (hinreichenden) Delegationsnorm im ELG gesetzeswidrig sei, kann nicht gefolgt werden (zur Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts betreffend unselbstständige Bundesratsverordnungen vgl. BGE 150 V 73 E. 6.2 und die zur Publikation vorgesehene E. 9.1 des Urteils 8C_823/2023 vom 8. Juli 2024). Denn im ELG besteht (neben der allgemeinen Befugnis zum Erlass von Ausführungsbestimmungen gemäss Art. 33 ELG) eine konkrete gesetzliche Grundlage für Art. 14a ELV: Art. 9 Abs. 5 lit. c ELG ermächtigt den Bundesrat, die Anrechnung von Einkünften aus einer zumutbaren Erwerbstätigkeit bei teilinvaliden Personen zu regeln. Dass die Vorschrift von Art. 14a Abs. 2 und Abs. 3 lit. a ELV den Rahmen der insoweit delegierten Kompetenz offensichtlich überschreiten würde, ist - auch mit Blick auf Art. 11 lit. g ELG - nicht ersichtlich.
6.2.3. Die von der Vorinstanz geltend gemachte Verfassungswidrigkeit von Art. 14a Abs. 3 lit. a ELV im Sinne einer Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV; vgl. dazu BGE 140 I 77 E. 5.1) ist letztlich ebenfalls zu verneinen. Indem die Bestimmung dazu führt, dass bei nichterwerbstätigen teilinvaliden Ehegatten, die von der Invalidenversicherung als ausschliesslich im Haushalt tätig eingestuft werden, die Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens von vornherein ausgeschlossen ist, liegt zwar eine gewisse Privilegierung dieser Personengruppe vor. Denn wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, obliegt es umgekehrt dem nicht invaliden Ehegatten eines EL-Ansprechers, auch wenn er bisher nicht erwerbstätig bzw. ausschliesslich im Haushalt tätig war, u.a. aufgrund der EL-rechtlichen Schadenminderungspflicht, sich um eine (zumutbare) Erwerbstätigkeit zu bemühen (Urteil 9C_255/2023 vom 8. Juni 2023 E. 4.2; zur Zumutbarkeit vgl. Urteil 9C_217/2023 vom 30. Mai 2023 E. 6.2.1 f.). Gleiches gilt sodann auch für den teilinvaliden Ehegatten eines EL-Ansprechers, der von der IV-Stelle als teilerwerbstätig eingestuft wurde und dessen Invalididätsgrad deshalb in Anwendung der gemischten Methode ermittelt wurde (Art. 28a Abs. 3 IVG). Diesem ist im erwerblichen Teil grundsätzlich ein hypothetisches Einkommen nach Art. 14a Abs. 2 ELV anzurechnen (BGE 141 V 343 E. 5.7). Dass die EL-rechtliche Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens in diesen beiden Fällen von der (Un-) Zumutbarkeit einer (Teilzeit-) Erwerbstätigkeit abhängt, im ersten Fall jedoch nicht, scheint umso weniger einzuleuchten, als die Invalidenversicherung bei der Einstufung der versicherten Person als "im Haushalt tätig" die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit - anders als der Wortlaut von Art. 28a Abs. 2 IVG nahelegen könnte - nicht prüft (Ulrich Meyer/Marco Reichmuth, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 4. Aufl. 2022, N. 157 zu Art. 28a IVG).
Dennoch hält Art. 14a Abs. 3 lit. a ELV vor dem Gleichbehandlungsgebot stand. Denn die Regelung erscheint in der Sache vertretbar, weil für teilinvalide Rentenbezügerinnen, die ausschliesslich im Aufgabenbereich (Haushalt) tätig waren, die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in einer Vielzahl von Fällen ohnehin nicht in Frage kommen dürfte, sei es, weil sie erfahrungsgemäss in ihrer Arbeitsfähigkeit noch stärker eingeschränkt sind, sei es, weil der - hier bedeutsame - reale Arbeitsmarkt (BGE 141 V 343 E. 5.2) eine Eingliederung nicht zulässt. Ferner ist die Ungleichbehandlung der - nach dem Gesagten von vornherein ungleichen - Sachverhalte schon dem IVG eigen, wird doch, wie bereits dargelegt, für die Anwendung von Art. 28a Abs. 2 IVG nicht auf die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit abgestellt. Die im Bereich des IVG geltende Schadenminderungspflicht verlangt von den im Haushalt tätigen Versicherten denn auch nicht die Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit, sondern beschränkt sich darauf, dass sie Verhaltensweisen zu entwickeln haben, welche die Auswirkungen der Behinderung im hauswirtschaftlichen Bereich reduzieren und es ihnen ermöglichen, die Haushaltsarbeiten mit der üblichen Mithilfe von Familienangehörigen möglichst vollständig und unabhängig zu erledigen (Urteil 9C_525/2023 vom 26. Oktober 2023 E. 4.2).
6.3. Nach dem Gesagten erweisen sich Art. 14a Abs. 2 und Art. 14a Abs. 3 lit. a ELV als gesetzeskonform, letzterer mit Blick auf Art. 8 Abs. 1 BV auch als verfassungsmässig. Indem das kantonale Gericht der Ehefrau des Beschwerdeführers in Abweichung von Art. 14a Abs. 3 lit. a ELV ein hypothetisches Erwerbseinkommen gestützt auf Art. 11 lit. g ELG angerechnet hat, hat es Bundesrecht verletzt.
7.
Für die Neuberechnung der EL stützt sich der Beschwerdeführer auf die Berechnungsblätter der EL-Durchführungsstelle, die der Verfügung vom 21. November 2022 zugrunde liegen. Das kantonale Gericht hat ebenfalls auf diese zurückgegriffen. Nachdem deren grundsätzliche Anwendbarkeit auch von der Beschwerdegegnerin nicht in Frage gestellt wird, ist auf die Berechnungsblätter auch letztinstanzlich abzustellen. Die Neuberechnung des EL-Anspruchs des Beschwerdeführers ohne Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens seiner Ehefrau ergibt folgende Beträge (jeweils inkl. Prämienpauschale Krankenversicherung) :
Zeitraum
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Ausgabenüberschuss
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Monatliche EL
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01.07.-31.12.2014
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Fr. 25'519.-
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Fr. 2'127.-
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01.01.-31.12.2015
|
Fr. 26'104.-
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Fr. 2'175.-
|
01.01.-31.12.2016
|
Fr. 26'469.-
|
Fr. 2'206.-
|
01.01.-30.09.2017
|
Fr. 26'863.-
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Fr. 2'239.-
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01.10.-31.12.2017
|
Fr. 27'214.-
|
Fr. 2'268.-
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01.01.-31.12.2018
|
Fr. 27'555.-
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Fr. 2'296.-
|
01.01.-31.05.2019
|
Fr. 27'855.-
|
Fr. 2'321.-
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01.06.-31.12.2019
|
Fr. 34'575.-
|
Fr. 2'881.-
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01.01.-31.10.2020
|
Fr. 34'695.-
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Fr. 2'891.-
|
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8.
Die unterliegende Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Entscheid des Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen vom 20. Februar 2024 und der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 23. Januar 2023 werden dahingehend abgeändert, als dem Beschwerdeführer (unter Berücksichtigung der Prämienpauschale für die Krankenkasse) Anspruch auf folgende monatliche EL hat:
Zeitraum
|
Monatliche EL
|
01.07.-31.12.2014
|
Fr. 2'127.-
|
01.01.-31.12.2015
|
Fr. 2'175.-
|
01.01.-31.12.2016
|
Fr. 2'206.-
|
01.01.-30.09.2017
|
Fr. 2'239.-
|
01.10.-31.12.2017
|
Fr. 2'268.-
|
01.01.-31.12.2018
|
Fr. 2'296.-
|
01.01.-31.05.2019
|
Fr. 2'321.-
|
01.06.-31.12.2019
|
Fr. 2'881.-
|
01.01.-31.10.2020
|
Fr. 2'891.-
|
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. November 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Der Gerichtsschreiber: Walther