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«AZA» 
U 308/98 Vr 
 
II. Kammer 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; Gerichtsschreiber Nussbaumer 
 
 
Urteil vom 27. Januar 2000 
 
in Sachen 
P.________, 1949, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H.________, 
 
gegen 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, Beschwerdegegnerin, 
und 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
 
A.- Der 1949 geborene P.________ arbeitete als Maler bei der Firma B.________ AG, einem der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unterstellten Betrieb. Am 13. September 1993 stürzte er bei der Arbeit von einer Leiter. Dabei zog er sich eine tiefe, klaffende Schnittwunde am Kinn rechts mit Schleimhautbeteiligung, eine Ellbogenluxation links, eine Radiusköpfchenfraktur links, multiple Zahnverletzungen und eine Verätzung beider Augen durch Farbe und Nitroverdünner zu. Vom Unfalltag bis zum 13. Oktober 1993 war er zur Wundversorgung der Rissquetschwunde am Kinn, Spickdrahtosteosynthese am Radiusköpfchen sowie zur Entfernung der Spickdrähte und der kleinen Fragmente am Radiusköpfchen rechts im Spital X.________ hospitalisiert. Während dieser Zeit erfolgte auch die notfallmässige Zahnversorgung. Im Februar 1994 scheiterte ein Arbeitsversuch. Im Bericht vom 8. März 1994 bescheinigte PD Dr. med. K.________, Chirurgische Klinik des Spitals X.________, eine Arbeitsfähigkeit von 25 % im Sinne von 5 Stunden Arbeit mit einer 50 %igen Belastung. Der Kreisarzt der SUVA, Dr. med. F.________ erachtete ab 20. April 1994 einen teilweisen Arbeitseinsatz mit leichten Arbeiten im Rahmen einer Arbeitsfähigkeit von etwa 50 % als zumutbar. Daraufhin teilte die SUVA dem Versicherten mit Verfügung vom 7. Dezember 1994 mit, an der Arbeitsfähigkeit von 50 % werde festgehalten und das Taggeld werde weiterhin in diesem Rahmen ausgerichtet. Die dagegen erhobene Einsprache hiess sie mit Entscheid vom 17. Mai 1995 teilweise gut und richtete dem Versicherten ab 20. April 1994 ein Taggeld auf der Basis einer Arbeitsunfähigkeit von 66 2/3 % aus. 
Im Bericht über die Abschlussuntersuchung vom 10. März 1995 stellte Kreisarzt Dr. med. F.________ fest, mit Ausnahme des Schadens am linken Ellbogen und der dadurch beeinträchtigten Gebrauchsfähigkeit habe der Unfall keine organisch fassbaren, invalidisierenden Folgen hinterlassen. Als Dauerschaden verbleibe eine verminderte Belastbarkeit des linken Ellbogengelenks mit Ausbildung einer knapp mässig ausgeprägten Ellbogengelenksarthrose mit Extensionsdefizit von 45 Grad und Inkongruenz im Humeroradialgelenk. Gestützt darauf sprach die SUVA mit Verfügung vom 12. Juli 1995 dem Versicherten ab 1. Juli 1995 bei einem Invaliditätsgrad von 25 % eine monatliche Invalidenrente (samt Teuerungszulage) von Fr. 1122.- sowie für eine Integritätseinbusse von 15 % eine Integritätsentschädigung von Fr. 14'580.- zu. Die hinsichtlich der Invalidenrente erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 28. März 1996 ab. 
 
B.- Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. September 1998 unter Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung ab, wobei es insbesondere einen adäquaten Kausalzusammenhang der psychischen Gesundheitsstörungen (Depression mit funktioneller Überlagerung der Schmerzsymptomatik) mit dem Unfall vom 13. September 1993 verneinte. 
 
C.- P.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei festzustellen, dass der Invaliditätsgrad mindestens 80 % betrage. Ferner sei ihm die unentgeltliche Verbeiständung zu bewilligen. 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen. 
 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Die Leistungspflicht des Unfallversicherers nach UVG setzt voraus, dass der Versicherte einen Unfall erlitten hat (BGE 118 V 61 Erw. 2a und 283 Erw. 2a mit Hinweisen) und dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) ein natürlicher (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b) und ein adäquater Kausalzusammenhang (BGE 122 V 416 Erw. 2a, 121 V 49 Erw. 3a mit Hinweisen) besteht. Hat der Versicherte beim Unfall - wie im vorliegenden Fall - weder ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS), noch eine dem Schleudertrauma äquivalente Verletzung (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 Erw. 2) oder ein Schädel-Hirntrauma erlitten, so erfolgt die Beurteilung der Adäquanz von psychischen Unfallfolgeschäden in den dem mittleren Bereich zuzuordnenden Fällen nach den Kriterien gemäss BGE 115 V 140 Erw. c/aa (siehe zur Begründung der teilweise unterschiedlichen Kriterien: BGE 117 V 366 Erw. 6a, letzter Absatz). Im Unterschied zu den bei Unfällen mit Schleudertrauma der HWS massgebenden Kriterien (vgl. dazu BGE 117 V 366 Erw. 6a und 382 Erw. 4b) wird für die Beurteilung des adäquaten Kausalzusammenhangs bei psychischen Unfallfolgen zwischen physischen und psychischen Komponenten differenziert; als wichtigste Kriterien bei Unfällen aus dem mittleren Bereich gelten rechtsprechungsgemäss (BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa): 
- besonders dramatische Begleitumstände oder besondere 
Eindrücklichkeit des Unfalls; 
- die Schwere oder besondere Art der erlittenen (somati- 
schen) Verletzungen, insbesondere ihre erfahrungsgemässe 
Eignung, psychische Fehlentwicklungen auszulösen; 
- ungewöhnlich lange Dauer der ärztlichen Behandlung; 
- körperliche Dauerschmerzen; 
- ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheb- 
lich verschlimmert; 
- schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplika- 
tionen; 
- Grad und Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit. 
 
2.- Streitig ist, ob es sich bei der beim Beschwerdeführer bestehenden psychischen Gesundheitsstörung (Depression mit funktioneller Überlagerung der Schmerzsymptomatik) um eine Folge des versicherten Unfalles vom 13. September 1993 handelt. Dabei kann gestützt auf die zur Verfügung stehenden medizinischen Akten die Frage des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 119 V 9 Erw. 3c/aa) beantwortet werden. Eine Rückweisung der Sache zwecks Einholung eines Gutachtens erübrigt sich aber; selbst wenn auf Grund zusätzlicher Abklärungen der natürliche Kausalzusammenhang zu bejahen wäre, fehlt es - wie die nachstehenden Erwägungen zeigen - an der Adäquanz des Kausalzusammenhangs. Bei der Beurteilung letzterer Frage hat das kantonale Gericht zu Recht auf die Kriterien zu den psychischen Unfallfolgen abgestellt (vgl. auch RKUV 1995 Nr. U 221 S. 113). Dabei hat es den Unfall dem mittleren Bereich zugeordnet, wobei das kantonale Gericht dem Sturz aus einer Höhe von ca. 4 - 5 m eine gewisse Eindrücklichkeit nicht abgesprochen hat (vgl. dazu auch die Übersicht über die Fälle, die seit BGE 115 V 135 zu den schwereren Fällen im mittleren Bereich gerechnet worden sind, in RKUV 1999 Nr. U 330 S. 122). Dem ist auf Grund der Aktenlage beizupflichten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann der Unfall vom 13. September 1993 nicht dem schweren Bereich zugeordnet werden. Weder die Sturzhöhe noch die dabei zugezogenen Verletzungen rechtfertigen eine Zuordnung zum schweren Bereich. Dabei kann dem während des Heilungsprozesses erfolgten Tod der Ehefrau bei der Beurteilung der Adäquanz von psychischen Unfallfolgeschäden keine Bedeutung zugemessen werden. Zur Bejahung der Adäquanz ist daher erforderlich, dass ein einziges Kriterium in besonders ausgeprägter Weise erfüllt ist oder mehrere unfallbezogene Kriterien gegeben sind. Dies trifft im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu. Zwar ist das Kriterium der lang dauernden physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit gegeben. Hingegen ereignete sich der Unfall weder unter besonders dramatischen Begleitumständen, noch kann er als besonders eindrücklich bezeichnet werden. Daran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer Verätzungen beider Augen zugezogen hat, weil er beim Sturz von einem Eimer mit Farbe übergossen wurde. Diese wie auch die anderen beim Unfall zugezogenen Verletzungen verheilten problemlos mit Ausnahme des im kreisärztlichen Abschlussbericht vom 10. März 1995 erwähnten Schadens im Ellbogengelenk. Von einem schwierigen Heilungsverlauf mit erheblichen Komplikationen kann daher ebenso wenig die Rede sein wie von einer ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung oder einer ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmerten. Das kantonale Gericht, auf dessen Erwägungen verwiesen wird, hat daher zu Recht die Adäquanz des Kausalzusammenhangs verneint, weil dem Unfallereignis vom 13. September 1993 für die Entstehung des psychischen Gesundheitsschadens und der damit verbundenen Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit in Würdigung aller relevanten Umstände keine massgebende Bedeutung zukommt. Die Ablehnung der Leistungspflicht für die psychischen Gesundheitsstörungen erweist sich daher als rechtmässig, woran die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers nichts zu ändern vermögen. 
Mit Bezug auf den aus den physischen Unfallfolgen resultierenden Invaliditätsgrad werden in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde keine substanziierten Einwendungen vorgebracht. Es kann in diesem Zusammenhang ebenfalls auf die einlässlichen Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. 
 
3.- Die unentgeltliche Verbeiständung kann gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 124 V 309 Erw. 6 mit Hinweisen; AHI 1999 S. 85 Erw. 3). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung 
wird Rechtsanwalt Dr. H.________ für das Verfahren vor 
dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der 
Gerichtskasse eine Entschädigung (einschliesslich 
Mehrwertsteuer) von Fr. 2500.- ausgerichtet. 
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche- 
rungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für 
Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 27. Januar 2000 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
 
 
 
Der Gerichtsschreiber: