Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
6B_880/2013
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Urteil vom 27. Februar 2014
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Moses.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Dr. Sven Oppliger,
Beschwerdeführer,
gegen
1.
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Sissach, Hauptstrasse 2, 4450 Sissach,
2. Y.________,
vertreten durch Advokat Urs Grob,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Einstellung eines Verfahrens (Übertretung eines gerichtlichen Verbots), Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 29. Juli 2013.
Sachverhalt:
A.
An der Liegenschaft A.________ in B.________ besteht Stockwerkeigentum. Der Besucherparkplatz ist mit einem gerichtlichen Verbot belegt, wonach Unberechtigten das Parkieren von Fahrzeugen aller Art verboten ist. Ausgenommen hiervon sind Besucher. Am 2. April 2013 stellte X.________ einen Strafantrag gegen Y.________ wegen Widerhandlung gegen das erwähnte Verbot. Am 8. Mai 2013 verfügte die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Sissach, die Einstellung des Verfahrens. Sie erachtete X.________ nicht als legitimiert, einen Strafantrag zu stellen. Die dagegen von X.________ erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft am 29. Juli 2013 ab.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft aufzuheben. Es sei seine Berechtigung, einen Strafantrag einzureichen, festzustellen und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
C.
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft, die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Sissach und Y.________ beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen:
1.
Y.________ (Beschwerdegegner 2) soll sein Fahrzeug unberechtigterweise auf dem Besucherparkplatz abgestellt haben. Die Vorinstanz erwägt, dass die Besucherparkplätze zu den gemeinschaftlichen Teilen der Liegenschaft gehören. Die Nutzungs- und Verwaltungsordnung der Stockwerkeigentümergemeinschaft sehe vor, dass der Verwalter in allen Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Verwaltung sowohl die Gemeinschaft als auch die Stockwerkeigentümer nach aussen vertrete. Mit einer Übertretung des gerichtlichen Verbots sei nicht der einzelne Stockwerkeigentümer, sondern die Stockwerkeigentümergemeinschaft als Ganzes in ihren Rechten verletzt. Die Anzeige einer Übertretung könne daher einzig durch den Verwalter in Vertretung der Stockwerkeigentümergemeinschaft erfolgen. Der Beschwerdeführer sei mangels Vertretungsbefugnis nicht legitimiert, den Beschwerdegegner 2 wegen Verletzung des gerichtlichen Verbots anzuzeigen. Der Beschwerdeführer wendet ein, jeder Stockwerkeigentümer sei berechtigt, selbst einen Strafantrag zu stellen.
2.
Die Beschwerde betrifft das Strafantragsrecht des Beschwerdeführers. Er ist somit zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG).
3.
Wer an einem Grundstück dinglich berechtigt ist, kann beim Gericht beantragen, dass jede Besitzesstörung zu unterlassen ist und eine Widerhandlung auf Antrag mit einer Busse bis zu 2000 Franken bestraft wird (Art. 258 Abs. 1 ZPO; FRANÇOIS BOHNET, in: François Bohnet und andere [Hrsg.], Code de procédure civile commenté, 2011, N. 7 zu Art. 258 ZPO). Antragsberechtigt ist die verletzte Person (Art. 30 Abs. 1 StGB).
Bei den Besucherparkplätzen handelt es sich um einen gemeinschaftlichen Teil, welcher im Miteigentum sämtlicher Stockwerkeigentümer steht. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass im Fall von Miteigentum jeder Miteigentümer einzeln berechtigt ist, den Erlass eines gerichtlichen Verbotes im Sinne von Art. 258 ZPO zu beantragen ( DENIS PIOTET, Les questions de droit matériel influant sur la procédure de mise à ban des art. 258 à 260 du Code de procédure civile suisse, spécialement s'agissant de la légitimation et du champ d'application, SZZP 2013, S. 448, 450; LUCA TENCHIO/KRISTINA TENCHIO, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 13 zu Art. 258 ZPO). Nach Art. 641 Abs. 2 ZGB hat der Eigentümer einer Sache das Recht, jede ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren (Eigentumsfreiheitsklage, "actio negatoria"). Zur Klage legitimiert ist auch der Miteigentümer oder der Stockwerkeigentümer, und zwar sowohl gegen einen anderen Miteigentümer als auch gegen einen Dritten. Ob sich die anderen Miteigentümer mit der Störung ausdrücklich einverstanden erklärt haben, spielt keine Rolle (BGE 95 II 397 E. 2b; Arthur Meier-Hayoz, Berner Kommentar, 5. Aufl. 1981, N. 92 zu Art. 641 ZGB; Schmid/Hürlimann-Kaup, Sachenrecht, 4. Aufl. 2012, S. 165; Paul-Henri Steinauer, Les droits réels, Bd. I, 5. Aufl. 2012, S. 441; vgl. auch Amédéo Wermelinger, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 2010, N. 146 zu Art. 712l ZGB). Der zivilrechtlichen Legitimation zur Eigentumsfreiheitsklage entsprechend ist jeder Miteigentümer oder Stockwerkeigentümer berechtigt, selbstständig Strafantrag zu stellen (Christof Riedo, Der Strafantrag, 2004, S. 364 f.). Der Beschwerdeführer war somit berechtigt, in eigenem Namen einen Strafantrag zu stellen. Er musste sich dabei auch nicht durch den Verwalter vertreten lassen. Ziff. 7.13 Abs. 1 der Nutzungs- und Verwaltungsordnung entspricht Art. 712t Abs. 1 ZGB, welcher dem Verwalter keine Individualvertretungsmacht für einzelne Stockwerkeigentümer einräumt (Wermelinger, a.a.O., N. 19 zu Art. 712t ZGB).
4.
Die Vorinstanz erwägt als Eventualbegründung, dem Beschwerdegegner 2 sei das Parkieren auf den Besucherparkplätzen durch das gerichtliche Verbot nicht untersagt. Der Beschwerdeführer macht diesbezüglich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Die Rüge ist begründet. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, befasst sich die Verfügung der Staatsanwaltschaft einzig mit der Frage des Strafantragsrechts und enthält keine Ausführungen zur Sache. Dieser Aspekt wurde erstmals im angefochtenen Entscheid behandelt, ohne dass der Beschwerdeführer Gelegenheit erhielt, sich dazu zu äussern (vgl. BGE 132 II 485 E. 3.2 und 3.4; 126 I 19 E. 2c; je mit Hinweisen).
5.
Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für das bundesgerichtliche Verfahren sind die Kosten der unterliegenden Partei, jedoch nicht dem Kanton, aufzuerlegen ( Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG ). Der Kanton Basel-Landschaft und der Beschwerdegegner 2 haben dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 29. Juli 2013 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Dem Beschwerdegegner 2 werden Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- auferlegt.
3.
Der Kanton Basel-Landschaft und der Beschwerdegegner 2 haben dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von je Fr. 1'500.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 27. Februar 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Moses