Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_601/2019
Urteil vom 27. März 2020
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Chaix, Präsident,
Bundesrichter Haag,
nebenamtlicher Bundesrichter Weber,
Gerichtsschreiber Mattle.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
3. C.C.________,
4. D.C.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Arnold Marti,
gegen
E.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gion Hendry,
Einwohnergemeinde Hemishofen,
Regierungsrat des Kantons Schaffhausen.
Gegenstand
Baubewilligung (Wiederherstellung der Kostenvorschussfrist),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Schaffhausen vom 15. Oktober 2019 (60/2019/19).
Sachverhalt:
A.
Die Einwohnergemeinde Hemishofen erteilte der E.________ AG am 8. Januar 2019 die Baubewilligung für fünf Einfamilienhäuser auf dem Grundstück GB Hemishofen Nr. 382. Dagegen erhoben A.A.________ und B.A.________, C.C.________ und D.C.________ und weitere Betroffene am 29. Januar 2019 Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Schaffhausen. Am 31. Januar 2019 forderte der Rechtsdienst des Baudepartements die Rekurrenten zur Bezahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von Fr. 2'000.-- bis 18. Februar 2019 auf. Der Vorschuss wurde am 21. Februar 2019 dem Postkonto des Kantons gutgeschrieben. Der Rechtsdienst des Baudepartements teilte den Rekurrenten am 26. Februar 2019 mit, der Vorschuss sei verspätet geleistet worden, worauf diese am 28. Februar 2019 ein Gesuch um Wiederherstellung der Kostenvorschussfrist stellten. Der Regierungsrat wies das Gesuch am 4. Juni 2019 ab und trat auf den Rekurs nicht ein. Die dagegen am 24. Juni 2019 erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen am 15. Oktober 2019 ab.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. November 2019 stellten A.A.________ und B.A.________ sowie C.C.________ und D.C.________ folgende Anträge:
1. Es sei der angefochtene Beschwerdeentscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 15. Oktober 2019 aufzuheben und die beantragte Fristwiederherstellung zu gewähren; die Akten seien an den Regierungsrat des Kantons Schaffhausen zurückzuweisen zur materiellen Behandlung des am 29. Januar 2019 erhobenen Rekurses.
2. Eventuell: Es sei die Sache zu neuem Entscheid über das Fristwiederherstellungsgesuch an das Obergericht des Kantons Schaffhausen zurückzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdegegnerin verlangt die Abweisung der der Beschwerde, soweit darauf überhaupt einzutreten sei. Die Einwohnergemeinde Hemishofen liess sich nicht vernehmen. Die Beschwerdeführer haben sich zu den Vernehmlassungen am 21. Januar 2020 geäussert.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Endentscheid im Bereich des Baurechts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (vgl. Art. 82 ff. BGG; BGE 133 II 353 E. 2 S. 356). Die Beschwerdeführer sind als unmittelbare Nachbarn respektive als Eigentümer der auf der südlichen Seite der Bürglerstrasse gegenüber der Parzelle Nr. 382 gelegenen Parzelle Nr. 340 zur Beschwerdeführung legitimiert, da sie am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen haben und vom Bauvorhaben besonders betroffen sind (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG; BGE 140 II 214 E. 2.3 S. 219).
1.2. Die Beschwerdegegnerin wirft die Frage auf, ob auf die Beschwerde überhaupt einzutreten sei, nachdem der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer am 13. November 2019 mittels einer E-Mail-Nachricht mitgeteilt habe, sie würden nicht weiter ans Bundesgericht gehen. Die Frage, ob die erwähnte E-Mail-Nachricht als gültiger Rechtsmittelverzicht einzustufen ist, kann offen bleiben, weil die Beschwerde ohnehin abzuweisen ist.
2.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden ( Art. 95 lit. a-c BGG ). Die Verletzung des übrigen kantonalen Rechts kann (abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen) vor Bundesgericht nicht gerügt werden, es sei denn, die Anwendung des kantonalen Rechts führe zu einer Verletzung von Bundesrecht, namentlich des Willkürverbots (vgl. BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Beschwerde muss sich mit dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzen; rein appellatorische Kritik ist unzulässig. Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 142 I 99 E. 1.7.1 und E. 1.7.2 S. 106 mit Hinweisen).
3.
Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz überspitzten Formalismus (vgl. Art. 29 Abs. 1 BV) vor und rügen eine willkürliche Anwendung von Art. 11 des Gesetzes des Kantons Schaffhausen vom 20. September 1971 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz; SSHR 172.200; im Folgenden: VRG)
3.1. Im Rekursverfahren vor dem Regierungsrat wurde unter Verweis auf Art. 14 VRG die Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'000.-- verlangt. Gemäss dieser Gesetzesbestimmung kann ein Privater unter der Androhung, dass sonst auf sein Begehren nicht eingetreten werde, zur Leistung eines angemessenen Barvorschusses für Verfahrenskosten angehalten werden. Diesen Anforderungen genügte das Schreiben des Rechtsdienstes des Baudepartementes des Kantons Schaffhausen vom 31. Januar 2019.
Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung stellt das Nichteintreten auf ein Rechtsmittel mangels rechtzeitiger Leistung des Kostenvorschusses keinen überspitzten Formalismus dar, wenn der Gesuchsteller über die Höhe des Vorschusses, die Zahlungsfrist und die Säumnisfolgen rechtsgenüglich informiert worden ist (Urteil 2C_1065 vom 15. Juni 2018 E. 4.2.2; Urteil 1C_206/2014 vom 13. Juni 2014 E. 5.1; je mit Hinweisen). Nur in (hier nicht vorliegenden) Ausnahmefällen gebietet das Verfassungsrecht die Setzung einer Nachfrist zur Zahlung des Kostenvorschusses, insbesondere nach Abweisung eines Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Urteil 1C_206/2014 vom 13. Juni 2014 E. 5.1 mit Hinweis). Derartige Gesuche wurden vorliegend nicht gestellt. Ein überspitzter Formalismus kann der Vorinstanz somit nicht vorgeworfen werden, wenn sie wegen dem nicht rechtzeitig geleisteten Kostenvorschuss den Nichteintretensentscheid des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen bestätigte.
3.2. Artikel 11 VRG hat folgenden Wortlaut: Eine versäumte Frist kann wiederhergestellt werden, wenn dem Säumigen keine grobe Nachlässigkeit zur Last fällt.
Die Beschwerdeführerin 1 hat ihrer Bank den Einzahlungsschein für die Überweisung des Kostenvorschusses unbestrittenerweise ohne das entsprechende Zahlungsauftrags-Formular zukommen lassen. Die Vorinstanz hat dieses Verhalten als grobe Nachlässigkeit qualifiziert. Diese Auslegung von Art. 11 VRG kann nicht als willkürlich qualifiziert werden. Nur das Argument, eine Fristwiederherstellung in Zusammenhang mit Kostenvorschussauflagen sei so kaum mehr denkbar, genügt nicht zum Nachweis einer willkürlichen Gesetzesanwendung. Die Vorinstanz hat in E. 3 ihres Entscheides ausführlich dargelegt, wann von einer objektiven oder subjektiven Unmöglichkeit der rechtzeitigen Fristwahrung ausgegangen werden könne. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass bei ihnen solche Gründe gegeben sein sollen. Gerade aber die Ausführungen der Vorinstanz belegen, dass Fristwiederherstellungen auch bei verpassten Kostenvorschussfristen unter gewissen Umständen sehr wohl möglich sind. Dass dazu aber nicht bereits das schlichte Vergessen der Zustellung des Zahlungsauftrages an die Bank gehört, erscheint nicht als willkürliche Gesetzesanwendung. Vielmehr entspricht dies der recht strengen, aber deswegen nicht bereits willkürlichen kantonalen Praxis. Wenn das Vergessen des Versandes eines Zahlungsauftrages keine grobe Nachlässigkeit darstellen würde, wären kaum Konstellationen denkbar, in welchen eine verpasste Frist für die Leistung eines Kostenvorschusses nicht wiederhergestellt werden müsste.
3.3. Im Zusammenhang mit der Rüge einer willkürlichen Anwendung von Art. 11 VRG berufen sich die Beschwerdeführer auch auf Art. 101 Abs. 3 ZPO als ergänzende Vorschrift. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass Art. 14 VRG unvollständig wäre und deshalb die von den Beschwerdeführern angerufene zivilprozessuale Bestimmung ergänzend zur Anwendung gelangen sollte.
Art. 101 Abs. 3 ZPO sieht bei unbenutztem Ablauf der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses wie Art. 62 Abs. 3 BGG die Setzung einer Nachfrist vor. Art. 62 Abs. 3 BGG gilt nur für das bundesgerichtliche und Art. 101 Abs. 3 ZPO nur für das zivilprozessuale Verfahren. Dagegen hat der Gesetzgeber beispielsweise im Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht eine Nachfrist ausdrücklich ausgeschlossen (Art. 63 Abs. 4 VwVG). Damit entspricht die Nachfristsetzung bei verpasster Frist zur Leistung des Kostenvorschusses keinem allgemeinem Rechtsgrundsatz. Die Kantone sind daher nicht verpflichtet, eine Art. 62 Abs. 3 BGG oder Art. 101 Abs. 3 ZPO analoge Bestimmung ins kantonale Verfahrensrecht zu übernehmen (Urteil 2C_1065/2017 vom 15. Juni 2018 E. 6.3; Urteil 1C_206/2014 vom 13. Juni 2014 E. 5.3; je mit Hinweisen).
4.
Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV) und eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 9 BV) vor, indem diese eine grobe Nachlässigkeit im Sinne von Art. 11 VRG auch damit begründet habe, dass wegen dem Ausbleiben einer Belastungsanzeige sich die Beschwerdeführer 1 und 2 spätestens am 18. Februar 2019 bei der Bank hätten erkundigen müssen, ob der Zahlungsauftrag ausgeführt worden sei. Dies gehe jedoch von der aktenwidrigen respektive nicht belegten Annahme aus, dass unmittelbar nach der Belastung des Bankkontos eine Belastungsanzeige erfolge. Dem sei aber nicht so, denn die Beschwerdeführer 1 und 2 erhielten eine solche regelmässig erst Ende des Monats und dies auch dann, wenn auf dem Zahlungsformular angekreuzt werde, dass eine Belastungsanzeige gewünscht werde.
Wie die Beschwerdeführer selber darlegen, handelt es sich bei der von ihnen beanstandeten Argumentation der Vorinstanz um eine zusätzliche Begründung der groben Nachlässigkeit. Die Vorinstanz durfte jedoch, wie in E. 3 hiervor festgestellt, ohne Willkür annehmen, bereits das blosse Versenden von Einzahlungsscheinen ohne Zahlungsauftrag stelle eine grobe Nachlässigkeit bei der Fristwahrung für die Leistung des Kostenvorschusses dar. Selbst wenn die tatsächliche Annahme der Vorinstanz betreffend Zeitpunkt der Zustellung der Belastungsanzeige unzutreffend sein sollte, wäre dies für den Ausgang des vorliegenden Verahrens nicht wesentlich (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG).
5.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit kostenpflichtig (vgl. Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG ). Überdies haben sie die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren, ebenfalls unter Solidarhaft, angemessen zu entschädigen (vgl. Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Hemishofen, dem Regierungsrat des Kantons Schaffhausen und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 27. März 2020
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Chaix
Der Gerichtsschreiber: Mattle