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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_50/2023  
 
 
Urteil vom 27. März 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Chaix, Kölz, 
Gerichtsschreiber Schurtenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokatin Angela Agostino-Passerini, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg, Riburgerstrasse 4, Postfach, 4310 Rheinfelden. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Aargau 
vom 21. Dezember 2022 (ZM.2022.223). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen des Verdachts auf qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG. Im Rahmen dieses Strafverfahrens stellte sie zwei Mobiltelefone von A.________ sicher, deren Siegelung in der Folge beantragt wurde. Mit Schreiben vom 26. Oktober 2022 stellte die Staatsanwaltschaft fristgerecht einen Antrag um Entsiegelung dieser Geräte. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 21. Dezember 2022 ordnete das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau eine Triage und Aussonderung der sich auf den beiden Mobiltelefonen befindlichen Anwaltskorrespondenz an. Betreffend die von A.________ geltend gemachten Privatgeheimnisse wurde auf die Anordnung einer Triage verzichtet. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 23. Januar 2023 erhebt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 21. Dezember 2022 aufzuheben und den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Entsiegelung abzuweisen respektive das (vorinstanzliche) Entsiegelungsverfahren als gegenstandslos abzuschreiben, eventualiter seine Korrespondenz mit seiner Verlobten sowie die zugehörigen intimen Fotos im Rahmen der Triage auszusondern. Subeventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung in der Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren. 
Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft hat mit Eingabe vom 6. Februar 2023 zur Beschwerde Stellung genommen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein strafprozessualer Zwischenentscheid hinsichtlich der Entsiegelung von Akten und Datenträgern, die in einem strafprozessualen Untersuchungsverfahren in Anwendung von Art. 246 ff. StPO sichergestellt wurden. Die Vorinstanz hat gemäss Art. 248 Abs. 3 lit. a i.V.m. Art. 380 StPO als einzige kantonale Instanz entschieden, weshalb die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offensteht. Der Beschwerdeführer ist als beschuldigte Person zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG). 
 
2.  
Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab (Art. 90 f. BGG). Es handelt sich um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG angefochten werden kann. Gemäss Abs. 1 ist die Beschwerde gegen einen derartigen Zwischenentscheid zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Es ist Sache der beschwerdeführenden Person, die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG darzulegen, sofern deren Vorhandensein nicht auf der Hand liegt (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 142 V 26 E. 1.2; 141 IV 284 E. 2.3; je mit Hinweisen). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer macht diesbezüglich zunächst geltend, gemäss Art. 248 Abs. 2 StPO seien die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände der berechtigten Person zurückzugeben, wenn die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch stelle. Da die Staatsanwaltschaft diesen Anforderungen nicht zur Genüge nachgekommen sei, habe er einen Anspruch auf sofortige Rückgabe der sichergestellten Mobiltelefone. Aus dem Umstand, dass ihm deren umgehende Aushändigung verweigert werde, erwachse ihm rechtsprechungsgemäss (vgl. dazu BGE 141 IV 289 E. 1) ein nicht wieder gutzumachender Nachteil. 
Ob dieser Auffassung zu folgen wäre, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Über die Rückgabe der sichergestellten Mobiltelefone hat bereits das Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, mit selbstständig eröffnetem Entscheid vom 19. Dezember 2022 entschieden. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde ist Gegenstand des Verfahrens 1B_80/2023. Seine diesbezüglichen Vorbringen vermögen den drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil für das vorliegende Verfahren nicht zu begründen. 
 
4.  
Der Beschwerdeführer bringt sodann vor, er habe ein Geheimhaltungsinteresse im Hinblick auf intime Fotos sowie intime Korrespondenz. Ihm drohe daher bei einer Entsiegelung der sichergestellten Mobiltelefone ein nicht wieder gutzumachender Nachteil. 
 
4.1. Wird im Entsiegelungsverfahren ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann (BGE 143 IV 462 E. 1; Urteil 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 4.1 mit Hinweis).  
 
4.2. Der Beschwerdeführer verkennt indessen, dass die Vorinstanz mit dem angefochtenen Entscheid nicht die (teilweise) Entsiegelung der sichergestellten Datenträger angeordnet hat. Vielmehr handelt es sich hierbei (lediglich) um eine prozessleitende Verfügung innerhalb des noch hängigen Entsiegelungsverfahrens, welche die Durchführung einer Triage anordnet und die diesbezüglichen Modalitäten regelt. Eine Offenbarung des vom Beschwerdeführer angerufenen Geheimnisses droht damit gerade (noch) nicht. Nach konstanter Rechtsprechung ist auf Beschwerden gegen derartige prozessleitende Verfügungen im Entsiegelungsverfahren mangels eines drohenden nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteils (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 1 StPO) grundsätzlich nicht einzutreten. Solche Verfügungen können jedoch durch Beschwerde gegen einen allfälligen späteren Entsiegelungsentscheid mitangefochten werden (Urteile 1B_299/2022 vom 20. Januar 2023 E. 1.2; 1B_70/2021 vom 9. November 2021 E. 1.1; 1B_102/2020 vom 8. März 2021 E. 1.3 f.; je mit Hinweisen). Da der Beschwerdeführer nicht darlegt, weshalb ihm vorliegend ausnahmsweise bereits aus der angefochtenen prozessleitenden Verfügung ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil erwachsen könnte (siehe dazu Urteil 1B_299/2022 vom 20. Januar 2023 E. 1.4), ist die Eintretensvoraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht erfüllt.  
 
4.3. Damit kann offenbleiben, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich der angerufenen Geheimhaltungsrechte seiner diesbezüglichen Substanziierungspflicht überhaupt hinreichend nachgekommen ist (vgl. dazu Urteil 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 4.1 mit Hinweisen).  
 
5.  
Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, mit der Gutheissung der vorliegenden Beschwerde könne ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten eingespart werden, namentlich hinsichtlich der angeordneten Triage sowie der Entschlüsselung der Mobiltelefone. Es sei daher auch gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG auf die Beschwerde einzutreten. 
Der Beschwerdeführer verkennt indessen, dass die Anwendung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG nur dann in Betracht fällt, wenn die Gutheissung der Beschwerde kumulativ "sofort einen Endentscheid herbeiführen" kann und "einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten [...] ersparen würde" (statt vieler BGE 143 III 290 E. 1.4). Zumindest ersteres ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall, ist ein Beschwerdeentscheid im Entsiegelungsverfahren doch von vornherein ungeeignet, das gegen den Beschwerdeführer geführte Strafverfahren zu Ende zu bringen (Urteil 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 3.2 mit zahlreichen Hinweisen). 
 
6.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 66 und 68 BGG). 
Indessen beantragt der Beschwerdeführer die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Verfahren vor Bundesgericht. Deren Gewährung setzt jedoch insbesondere voraus, dass die gestellten Rechtsbegehren nicht aussichtlos erscheinen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf den Umstand, dass vorliegend bereits die Prozessvoraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt sind, muss die Beschwerde des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers als aussichtslos qualifiziert werden. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung ist demnach abzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. März 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Müller 
 
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger