Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_1031/2021
Urteil vom 27. Mai 2022
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter von Werdt, Bovey,
Gerichtsschreiber Levante.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Mikos und/oder Rechtsanwalt Sven Lüscher,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marco Kamber,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Konkurseröffnung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 10. November 2021 (PS210184-O/U).
Sachverhalt:
A.
A.a. Am 25. August 2021 stellte B.________ beim Bezirksgericht Horgen in der gegen A.________ laufenden Betreibung Nr. xxx das Begehren um Eröffnung des Konkurses für eine Forderung von Fr. 1'122'848.50 nebst Zins zu 5% seit dem 1. Januar 2014 und den Kosten der Betreibung und der Rechtsöffnung. A.________ nahm zu diesem Gesuch schriftlich Stellung. Das Bezirksgericht führte am 5. Oktober 2021 eine Verhandlung durch und sprach gleichentags den Konkurs aus.
A.b. Dagegen wandte sich A.________ am 15. Oktober 2021 an das Obergericht des Kantons Zürich, welches seine Beschwerde am 10. November 2021 abwies.
B.
A.________ ist mit Eingabe vom 13. Dezember 2021 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Abweisung des Konkursbegehrens. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Mit Verfügung vom 14. Dezember 2021 ist der Beschwerde in dem Sinne die aufschiebende Wirkung erteilt worden, als der Konkurs eröffnet bleibt, hingegen bis zum Entscheid des Bundesgerichts keine Verwertungsmassnahmen erfolgen dürfen.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, indes keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid in einer Schuldbetreibungs- und Konkurssache ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. d und Art. 75 Abs. 1 BGG ).
1.2. Der im kantonalen Verfahren unterlegene Beschwerdeführer ist als Gemeinschuldner vom Konkurserkenntnis besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Insoweit ist er zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 133 III 393 E. 3). Damit bleiben die Hinweise des Beschwerdeführers auf ein weiteres Konkursbegehren gegen die ihm nahe stehende C.________ AG seitens des Beschwerdegegners unbeachtlich.
2.
Anlass zur Beschwerde gibt ein Konkursbegehren, das zur Eröffnung des Konkurses geführt hat. Strittig ist insbesondere, ob der vom Gläubiger für das Begehren gewählte Zeitpunkt rechtsmissbräuchlich ist.
2.1. Das Gebot des Handelns nach Treu und Glauben und das ihm entsprechende Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 ZGB) gilt als grundlegende Norm, zuweilen als "Leitstern der Gesetzesanwendung" bezeichnet, die über das Bundeszivilrecht hinausgeht (BGE 83 II 345 E. 2). Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz gilt damit gemäss ständiger Rechtsprechung auch im Zwangsvollstreckungsverfahren (BGE 85 III 23 E. 3a; 108 III 119 E. 2). So wird eine Betreibung wegen Rechtsmissbrauchs ausnahmsweise als nichtig erachtet, nämlich wenn der Gläubiger damit offensichtlich Ziele verfolgt, die mit der Zwangsvollstreckung nicht das Geringste zu tun haben. Dies ist etwa der Fall, wenn der Gläubiger bloss die Kreditwürdigkeit eines (angeblichen) Schuldners schädigen will, indem er in schikanöser Weise einen völlig übersetzten Betrag in Betreibung setzt (BGE 140 III 481 E. 2.3.1).
2.2. Im vorliegenden Fall wurde die Betreibung Nr. xxx mit Zahlungsbefehl vom 8. Oktober 2014 eingeleitet. Der Beschwerdeführer erhob Rechtsvorschlag, welcher vom Bezirksgericht Horgen am 5. Oktober 2016 aufgehoben wurde. Der daraufhin erhobenen Aberkennungsklage war gemäss Urteil vom 3. Juli 2019 vor erster Instanz kein Erfolg beschieden. Das Obergericht des Kantons Zürich hiess die Berufung inbezug auf den Verzugszinsenlauf am 28. Oktober 2020 teilweise gut. Das Bundesgericht wies die vom Beschwerdeführer am 16. November 2020 dagegen erhobene Beschwerde in Zivilsachen ab, soweit darauf einzutreten war. Damit wurde auch das Gesuch um Wiedererwägung des am 22. Dezember 2020 abgewiesenen Gesuchs um aufschiebende Wirkung gegenstandslos (Urteil 4A_594/2020 vom 9. März 2021). Die Konkursandrohung vom 5. Januar 2021 wurde dem Beschwerdeführer am 17. Juni 2021 zugestellt. Mit Eingabe vom 25. August 2021 stellte der Beschwerdegegner beim Bezirksgericht Horgen das Begehren um Eröffnung des Konkurses über den Beschwerdeführer, welches mit Verfügung vom 5. Oktober 2021 gutgeheissen wurde.
2.3. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass der Beschwerdegegner nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt hatte, als er am 25. August 2021 das Konkursbegehren gestellt hatte. Aufgrund der gesetzlichen Fristen betreffend den Fortgang des Betreibungsverfahrens stehe es nicht im freien Ermessen des Gläubigers, mit seinem Gesuch beliebig zuzuwarten. Zudem wäre mit einem raschen Abschluss des im Jahre 2021 gegen den Beschwerdeführer eröffneten Strafverfahrens und damit der Freigabe seiner beschlagnahmten Vermögenswerte nicht zu rechnen gewesen. Angesichts dieser Umstände könne - so die Vorinstanz - offen bleiben, ob der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer einen wirtschaftlichen Schaden zufügen wollte, wie dieser vorbringe. Es gebe nämlich durchaus sachliche Gründe, das bereits vor Jahren eingeleitete Betreibungsverfahren weiterzuführen. Vor diesem Hintergrund sei daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner mit seinem Vorgehen ausschliesslich andere Ziele als die Zwangsvollstreckung verfolge, so dass das Konkursbegehren als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren wäre. Schliesslich sei festzuhalten, dass die Strafverfolgung nach den geltenden rechtsstaatlichen Grundsätzen in der Hand des Staates und nicht in einer Drittperson liege. Damit sei das Verhalten des Beschwerdegegners in dem gegen den Beschwerdeführer laufenden Strafverfahrens vorliegend nicht zu beurteilen.
2.4. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz zunächst vor, sein rechtliches Gehör verletzt zu haben. Er habe die Hintergründe des gegen ihn gerichteten Konkursbegehrens einlässlich aufgezeigt. Insbesondere habe er die persönlichen Beziehungen der Parteien dargelegt und auf den daraus folgenden Zivilrechtsstreit sowie das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren hingewiesen. Diese Sachverhaltsmomente seien entscheidend, um das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Beschwerdegegners zu erkennen. Mit all diesen entscheidrelevanten Vorbringen habe sich die Vorinstanz nicht befasst.
2.4.1. Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehört auch, dass die Behörde alle erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen der Parteien würdigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Sie muss sich allerdings nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinander setzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, das sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheides Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 148 III 30 E. 3.1; 146 IV 185 E. 6.6; 136 I 229 E. 5.2).
2.4.2. Inwieweit die Vorinstanz sich bei der Beurteilung des Konkursbegehrens mit den Konflikten der Parteien befassen musste, beschlägt ausschliesslich die Rechtsanwendung und nicht die Begründungspflicht. Die Aspekte, welche für die Beurteilung eines Rechtsmissbrauchs entscheidrelevant sind, werden aufgrund der konkreten Rügen zu prüfen sein. Der Beschwerdeführer war durchaus in der Lage, sich ein Bild zu machen, weshalb das Konkursbegehren von der Vorinstanz als nicht rechtsmissbräuchlich bewertet wurde. Damit liegt keine Verletzung seines rechtlichen Gehörs vor.
2.5. In der Sache wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, sich bei der Beurteilung, ob das Konkursbegehren des Beschwerdegegners rechtsmissbräuchlich erfolgt war, einzig auf die Einhaltung der gesetzlichen Fristen gestützt zu haben. Diese rein formelle Sichtweise greife zu kurz und führe dazu, dass ein solches Gesuch nie rechtsmissbräuchlich sein könne. Zudem habe der Beschwerdegegner nicht unter Zeitdruck gestanden, hätte er als Gläubiger doch 15 Monate nach Zustellung des Zahlungsbefehls Zeit gehabt, um das Konkursbegehren zu stellen. Die entsprechende Frist sei im vorliegenden Fall noch lange nicht ausgeschöpft gewesen. Dieser Umstand zeige ausdrücklich, dass es dem Beschwerdegegner nur darum gegangen sei, den Konkurs dann eröffnen zu lassen, solange er als Schuldner aufgrund der strafprozessualen und zivilrechtlichen Beschlagnahme keine Verfügungsmacht über seine Vermögenswerte hatte und damit seinen Verpflichtungen nicht nachkommen konnte. Der Beschwerdegegner habe diese Situation ausgenützt, um zusammen mit seinen Offshore-Vehikeln gegen ihn und die ihm nahe stehende C.________ AG vorzugehen und auf diese Weise an ihm nicht zustehende Vermögenswerte zu gelangen. Das Verhalten des Beschwerdegegners erweise sich als widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, da er eine Forderung geltend mache und gleichzeitig dafür sorge, dass diese nicht beglichen werden könne. Die Vorinstanz habe diese Umstände nicht berücksichtigt und damit Bundesrecht verletzt.
2.5.1. Das Konkursbegehren kann nach Ablauf von 20 Tagen nach Zustellung der Konkursandrohung gestellt werden. Dieses Recht erlischt 15 Monate nach Zustellung des Zahlungsbefehls. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so steht diese Frist zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten gerichtlichen Verfahrens still (Art. 166 SchKG). Im vorliegenden Fall geht die Einleitung des Betreibungsverfahrens ins Jahr 2014 zurück. Nach Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung zwei Jahre später folgte ein längeres Aberkennungsklageverfahren vor den kantonalen Instanzen, das erst mit dem bundesgerichtlichen Urteil vom 9. März 2021 ein Ende fand. Als der Beschwerdegegner das Konkursbegehren stellte, waren fast sieben Jahre vergangen. Vor diesem zeitlichen Hintergrund ist das Verhalten des Beschwerdegegners, der seine Forderung eintreiben will, jedenfalls nachvollziehbar, zumal der Gläubiger mit dem Konkursbegehren ein vom Zwangsvollstreckungsrecht gewährtes (subjektives) Recht zur Durchsetzung seiner berechtigten Interessen geltend macht (vgl. GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 9 zu Art. 166). Der Beschwerdeführer beschränkt sich denn auch auf die Behauptung, die Rahmenfrist zur Stellung des Konkursbegehrens sei im massgeblichen Zeitpunkt noch lange nicht ausgeschöpft gewesen, ohne einen konkreten Zeitraum zu nennen. Wenn auch der zeitliche Ablauf des Betreibungsverfahrens nicht im Einzelnen erkennbar ist, so war die verbleibende Frist zur Stellung des Konkursbegehrens unstrittig gewahrt. Es liegt jedoch in den Händen des Gläubigers zu bestimmen, ob und wann ein Konkurseröffnungsverfahren durchgeführt werden soll, wobei der Gläubiger das mit dem Konkursbegehren verbundene finanzielle Kostenrisiko abwägen darf (FRITSCHI, Verfahrensfragen bei der Konkurseröffnung, 2010, S. 77).
2.5.2. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz nicht nur die Einhaltung der Frist zur Stellung des Konkursbegehrens in Betracht gezogen, sondern auch das Verhalten des Beschwerdegegners insgesamt gewürdigt. Dabei hat sie zu Recht betont, dass die erst im Jahre 2021 erfolgte strafrechtliche Beschlagnahme von Vermögenswerten in die Zuständigkeit der Behörden und nicht einer Drittperson fällt. Inwiefern der Beschwerdegegner durch sein Verhalten im Strafverfahren die andauernde Blockierung von Vermögenswerten erreichen konnte, wie der Beschwerdeführer behauptet, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Dass der Beschwerdegegner den Zeitpunkt des Konkursbegehrens so ausgewählt haben soll, dass er dem Beschwerdeführer grösstmöglichen Schaden zufügen konnte, ist nicht dargetan. Im Ergebnis kann daher nicht die Rede davon sein, dass er mit der Stellung des Konkursbegehrens ausschliesslich andere Ziele als die Fortführung des Zwangsvollstreckungsverfahrens erreicht wollte.
2.6. Nach dem Gesagten ist der Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht vorzuwerfen, weil sie das Konkursbegehren des Beschwerdegegners als nicht rechtsmissbräuchlich und die Konkurseröffnung als rechtens erachtet hat.
3.
Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss werden die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten.
Da vorliegend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf das Verbot beschränkt worden ist, während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens weitere Verwertungshandlungen vorzunehmen, erübrigt sich die Festsetzung eines neuen Konkursdatums (vgl. Urteil 5A_181/2018 vom 30. April 2018 E. 4).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, dem Konkursamt Horgen, dem Handelsregisteramt des Kantons Zürich und dem Betreibungsamt Horgen mitgeteilt.
Lausanne, 27. Mai 2022
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Escher
Der Gerichtsschreiber: Levante