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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_389/2010 
 
Urteil vom 27. September 2010 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Favre, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Pascal Veuve, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich, 
2. A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Tomas Kempf, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Veruntreuung, Betrug 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 21. Dezember 2009. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Staatsanwaltschaft See/Oberland warf mit Anklageschrift vom 17. Juni 2008 X.________ mehrfache Veruntreuung zum Nachteil ihres Ehegatten A.________ im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 und 4 StGB vor (HD), ferner mehrfachen Diebstahl (ND 1) und mehrfachen betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (ND 3). 
 
Das Bezirksgericht Hinwil erkannte sie am 4. Dezember 2008 des Diebstahls sowie des mehrfachen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage schuldig und sprach sie von den weiteren Vorwürfen frei. 
 
B. 
Gegen dieses Urteil appellierten der Geschädigte und die Angeklagte. Das Obergericht des Kantons Zürich setzte Frist für Beweisanträge, die von der Angeklagten nicht benutzt wurde. Am 18. Juni 2009 fand die Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Angeklagten, des Geschädigten und ihrer Parteivertreter statt. Das Verfahren erwies sich als nicht spruchreif. Die Anklage wurde zur Abänderung zurückgewiesen. Die Parteien erklärten sich mit der schriftlichen Fortführung des Verfahrens einverstanden. In der Folge wurde ihnen Frist gesetzt, um die Berufung abschliessend zu begründen und zu beantworten sowie zur ergänzten Anklageschrift (act. 84) Stellung zu nehmen. Nachdem der Geschädigte sich zur letzten Eingabe der Angeklagten geäussert hatte und ihr dazu das rechtliche Gehör gewährt worden war, erwies sich die Sache als spruchreif. 
 
Das Obergericht erkannte am 21. Dezember 2009 die Angeklagte der mehrfache Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 und 4 StGB schuldig (HD, Anklageschrift S. 3 Abs. 1 und 2). Von den weiteren Vorwürfen sprach es sie frei. Es bestrafte sie mit einer bedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu Fr. 55.-- (wovon 1 Tagessatz durch Untersuchungshaft als geleistet gilt) und einer Busse von Fr. 2'000.--. Es verpflichtete sie, dem Geschädigten Schadenersatz von Fr. 400'000.-- nebst Zins zu 5 % in bestimmter Staffelung zu zahlen. Im Übrigen trat es auf das Schadenersatzbegehren nicht ein. 
 
C. 
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben (Ziff. 1 Abs. 1, 2 - 4 sowie 6 - 9 des Dispositivs) und sie von der mehrfachen Veruntreuung freizusprechen, eventualiter die Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung zurückzuweisen, ferner auf die Zivilansprüche nicht einzutreten und im Falle des Freispruchs die Sache zur Festlegung der Kosten und Entschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
D. 
Das Bundesgericht gewährte A.________ mit Verfügung vom 16. Juli 2010 die unentgeltliche Rechtspflege und erstreckte ihm die Frist zur Vernehmlassung bis zum 15. September 2010. In seiner Vernehmlassungsantwort beantragt er, das obergerichtliche Urteil zu bestätigen, eventuell die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen. 
 
Obergericht und Staatsanwaltschaft verzichten auf Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Anklagegrundsatzes. 
 
1.1 Sie bringt vor, die Anklageschrift müsse sich zwingend dazu äussern, auf welchen rechtlichen Grundlagen das Anvertrautsein beruhe und wozu sie dem Treugeber verpflichtet gewesen wäre. In den (ergänzten) Anklageschriften werde lediglich ausgeführt, dass sie die Gelder im Interesse des Geschädigten in bestimmte Liegenschaften in Brasilien hätte investieren müssen, nicht aber aufgrund welchen zivilrechtlichen Verhältnisses die Vermögenswerte anvertraut worden seien, in welche Liegenschaften genau die Werte hätten investiert werden sollen und welches das konkrete Interesse des Treugebers gewesen sei. Als Folge davon könne der Anklageschrift nicht entnommen werden, woraus sich eine ständige Werterhaltungspflicht ableiten liesse. Es könne nicht angehen, dass sie sich "mit allen denkbaren Varianten auseinandersetzen" müsse. Eine effektive Verteidigung sei kaum möglich gewesen. Das verletze Art. 32 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK
 
1.2 Die Vorinstanz führt aus, in der (ergänzten) Anklageschrift werde das zivilrechtliche Verhältnis nicht charakterisiert. Es werde aber ausgeführt, dass die Angeklagte die Geldbeträge im Interesse des Geschädigten in bestimmte Liegenschaften in Brasilien hätte investieren müssen. Im Rückweisungsbeschluss sei von einem treuhänderischen Rechtsverhältnis, allenfalls verbunden mit einer einfachen Gesellschaft gesprochen worden. Sie hätte also die Gelder gerade nicht so verwenden dürfen, wie sie es getan habe. Der Vorwurf sei damit genügend bestimmt (angefochtenes Urteil S. 14 f.). 
 
1.3 Die Sache ist aufgrund der bundesrechtlichen Anforderungen an die Anklage zu prüfen (Art. 95 lit. a BGG). Eine Verletzung des kantonalen Rechts rügt die Beschwerdeführerin nicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
1.3.1 Die Anklage bestimmt den Prozessgegenstand. Sie hat die der Angeklagten zur Last gelegten Straftaten in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind. Dieses Anklageprinzip gewährleistet zugleich die Verteidigungsrechte und das Gehörsrecht der Angeklagten. Das Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden, nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (BGE 126 I 19 E. 2a). Erhöhte Anforderungen können sich etwa bei Unterlassungs- und Fahrlässigkeitstaten stellen (BGE 116 Ia 202, 455). Eine mangelhafte Anklage muss nach Bundesrecht zur Verbesserung zurückgewiesen werden (BGE 133 IV 93). Eine kantonale Behörde hat gegebenenfalls zu prüfen, ob die Anklage auch einen anderen und zutreffenden Tatbestand erfasst oder ob eine Ergänzung anzuordnen ist (BGE 124 IV 145 E. 1). 
1.3.2 Nach der Anklageschrift erbat die Beschwerdeführerin vom Geschädigten Fr. 100'000.-- für die Restzahlung einer in der Anklageschrift bezeichneten Liegenschaft. Am 20. November 2002 unterzeichnete sie eine entsprechende Vereinbarung. Am 25. März 2003 gab sie an, für spekulative Zwecke eine 18-stöckige Liegenschaft (die wiederum in der Anklageschrift bezeichnet ist) für $ 1'500'000 gekauft zu haben. Dazu habe sie die erste erwähnte Liegenschaft verkauft. Sie wies einen in portugiesischer Sprache abgefassten Kaufvertrag vor. In der Folge leistete der Geschädigte drei Anzahlungen im Gesamtbetrag von Fr. 300'000.--. Dazu unterzeichnete sie eine weitere vom Geschädigten verfasste Vereinbarung zur hälftigen Aufteilung des Nettoverkaufspreises der 18-stöckigen Liegenschaft. Tatsächlich verwendete sie das Geld ohne Wissen und Zustimmung des Geschädigten für den Kauf eines Mercedes, einer Luxuswohnung, für Schmuck, Kleider, Schuhe und ihren Lebensunterhalt. Die Anklageschrift führt abschliessend aus, dass sie wusste, dass sie nicht in der Lage war, die als Darlehen deklarierten Gelder in dieser Höhe je zurückzahlen zu können. Diesen Sachverhalt qualifiziert die Staatsanwaltschaft als "mehrfache Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 und 4 StGB)". In der ergänzten Anklageschrift hält sie fest, die Angeklagte hätte die Gelder "in bestimmte Liegenschaften in Brasilien investieren müssen. Dies hat sie nicht getan, sondern die ihr anvertrauten Gelder - wie oben ausgeführt - unrechtmässig für eigene Bedürfnisse verwendet [...]". 
 
Rechtlich wertet die Staatsanwaltschaft die Gelder als anvertraut zur bestimmungsgemässen Verwendung (Investition) und das Nichteinhalten dieser Vereinbarung als mehrfache Veruntreuung mit der genauen Angabe der verletzten strafrechtlichen Norm. 
1.3.3 Die Beschwerdeführerin verkennt, dass die Staatsanwaltschaft nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung den "Sachverhalt so präzise zu umschreiben hat, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind". Sie muss die Tatsachen nachweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Vermögenswerte "ihr anvertraut" sind, nicht aber "zivilrechtliche Verhältnisse" als solche. Dass die Anklage nicht besonders überzeugend ausgefallen ist, beweist die vorinstanzliche Rückweisung der Anklageschrift. Jedenfalls aufgrund des zusätzlichen vorinstanzlichen Verfahrens (oben Bst. B) musste der Beschwerdeführerin aber klar sein, was ihr vorgeworfen wird. Damit waren die Vorwürfe hinreichend konkretisiert. Die Beschwerdeführerin musste sich nicht "mit allen denkbaren Varianten [zivilrechtlicher Verhältnisse] auseinandersetzen". Eine effektive Verteidigung war möglich, insbesondere über das von der Vorinstanz eigens durchgeführte Beweisverfahren. In der Folge war die Beschwerdeführerin denn auch mit einem schriftlichen Verfahren einverstanden. Ob aber der Anklage gefolgt werden kann, ist eine Frage, die erst nach Durchführung des Hauptverfahrens durch das Gericht zu beantworten ist. Wie erwähnt, ist das Gericht dabei an die rechtliche Beurteilung der Anklage nicht gebunden. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet. 
 
2. 
Die Beschwerdeführerin macht eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts bzw. eine willkürliche Beweiswürdigung geltend. 
 
2.1 Sie legt aktenmässig (HD act. 3/1 S.1; act. 9 S. 3 und 4) dar, dass der Geschädigte davon ausging, dass sie mit den Fr. 100'000.-- den Rest des Kaufpreises für jene Wohnung in Brasilien bezahlte, in welcher er mit ihr Ferien verbracht hatte. Die vorinstanzliche Feststellung, sie habe dieses Geld nicht für sich selber, sondern mit der Verpflichtung erhalten, dieses in seinem Sinne zu verwenden, sei aktenwidrig und in Verletzung ihres Gehörsrechts zustande gekommen. 
 
Sodann sei der Geschädigte nach der Anklageschrift stets davon ausgegangen, dass sie die 18-stöckige Liegenschaft ohne sein Wissen und ohne seine Mitwirkung und mithin auf ihren eigenen Namen und auf eigene Rechnung bereits erworben hatte, bevor er ihr in drei Raten nochmals insgesamt Fr. 300'000.-- übergab, damit sie ihre Restschuld (aus der Steigerung) bezahlen konnte (mit Hinweis auf HD act. 3/1 S. 1 und 2 sowie act. 9 S. 4 und 6). Die vorinstanzliche Feststellung, sie hätten gemeinsam eine 18-stöckige Liegenschaft kaufen wollen, und sie (die Beschwerdeführerin) hätte das Geld für diesen gemeinsamen Kauf verwenden sollen, sei aktenwidrig und in Verletzung ihres Gehörsrechts zustande gekommen. 
 
Die beiden weiteren Überweisungen von insgesamt Fr. 520'000.-- seien aufgrund des rechtskräftigen Teilfreispruchs zwar nicht mehr Verfahrensgegenstand. Es sei aber nicht auszuschliessen, dass sie genau dieses Geld für die persönlichen Bedürfnisse verwendet hatte. Zudem sei nicht auszuschliessen, dass sie mit genau den fraglichen Fr. 400'000.-- die Luxuswohnung gekauft und renoviert hatte. In diesem Fall aber wäre sie ihrer Werterhaltungspflicht nachgekommen, was einer Verurteilung wegen Veruntreuung entgegen stünde. Auch hier sei eine mangelhafte Tatsachenfeststellung zu rügen. 
 
2.2 Die Vorinstanz führt aus, nach der Vereinbarung vom 20. November 2002 (Anklage S. 3, 1. Abs.; HD act. 3/4) "beteilige" sich der Geschädigte mit 5 mal Fr. 20'000.--, insgesamt Fr. 100'000.--, am Kaufpreis von Fr. 180'000.--. Es seien Termine für Ratenzahlungen und Abreden zur Teilung von Mieteinnahmen und zu einem allfälligen Weiterverkaufsgewinn getroffen und der Auftrag erteilt worden, die Wohnung per August 2003 bestmöglich zu verkaufen, sowie: "Eventuell Rückzahlung des Betrags von Fr. 100'000.--, Zins 12 %". In dieser Vereinbarung zeige sich der vom Geschädigten gewünschte Verwendungszweck des Geldes mit aller Deutlichkeit, nämlich sich am Kauf der genannten Immobilie zu beteiligen. Eine Treuepflicht (Weitergabe- oder Werterhaltungspflicht) stehe ausser Zweifel. Eine Rückzahlungspflicht dürfe offen bleiben. Daher seien die Fr. 100'000.-- anvertraut gewesen. Weil die gekauften Güter ihr gehörten, partizipiere der Geschädigte nicht an deren Werthaftigkeit. Sie sei ihrer Werterhaltungspflicht nicht nachgekommen (angefochtenes Urteil S. 17 f.). 
 
Die zweite Vereinbarung vom vom 22. Januar 2004 (Anklage S. 3, 2. Abs; HD act. 3/9, betr. hälftige Aufteilung des Nettoverkaufspreises) gebe für veruntreute Vermögenswerte nichts her. Aber die von den Parteien unterzeichnete "Private Urkunde über Abtretung und Übertragung von Rechten und Pflichten betr. Verkauf von Immobilien" (HD act. 3/8) betreffe die 18-stöckige Liegenschaft. Es dürfte sich um eine Übersetzung aus dem Portugiesischen handeln. Dieses Papier erwecke den Eindruck, dass der Geschädigte (Mit-)Eigentümer dieser Liegenschaft werden könne und einen Kaufpreisrestbetrag von Fr. 300'000.-- zahlen wolle. Dieser sage aus, die Beschwerdeführerin habe ihm dieses Papier übergeben, was sie bestreite. Einig seien sie sich, dass geplant gewesen sei, diese Liegenschaft zu kaufen, und dass der Kauf nicht zustande kam. Der Geschädigte habe Kopien von drei Quittungen eingereicht, nach welchen er in drei Raten insgesamt Fr. 300'000.-- bezahlte zwecks "Akontozahlung an den Kauf [bzw. dritte Quittung: "Restzahlung"] für vorderseitigen Wohnblock ..." (act. 79/1). Die Beschwerdeführerin habe diese Quittungen unterschrieben. Sie habe die Liegenschaft aber nicht gekauft, sondern das Geld für eigene Bedürfnisse verwendet und damit Veruntreuung begangen. 
 
2.3 Hinsichtlich der Anklageschrift wurde von der Vorinstanz eigens ein Beweisverfahren durchgeführt. Eine Verletzung des Gehörsrechts ist weder ersichtlich noch begründet (Art. 106 Abs. 2 BGG). Darauf ist nicht einzutreten. 
 
2.4 Die Beweiswürdigung der Vorinstanz überzeugt nicht. Die nicht sachgerecht abgefassten Schriftstücke vermögen ein Treuhandverhältnis nicht zu belegen. Auf ein solches lässt sich auch aus den Aussagen der Beteiligten nicht schliessen. Nach diesen händigte der Geschädigte die Gelder seiner Freundin und späteren Ehefrau vielmehr motiviert durch ihre Lügen aus. Wie bereits die Anklageschrift begründet die angefochtene Beweiswürdigung eine Veruntreuung, indem sie tatsächliche und rechtliche Annahmen vermengt. 
 
Für die erste Liegenschaft weist die Beschwerdeführerin (oben E. 2.1) zutreffend auf die eindeutigen Aussagen des Geschädigten hin: "Ich gab ihr Fr. 100'000.-- für die Restzahlung der Wohnung" (HD act. 9 S. 4; staatsanwaltliche Einvernahme). "Sie erklärte, das sei ihre Wohnung. Dort verbrachten wir unsere Ferien. Wie sie mir sagte, war diese Wohnung aber noch nicht ganz bezahlt" (HD act. 9 S. 3). 
 
Zur zweiten Liegenschaft verweist die Beschwerdeführerin auf folgende Aussagen des Geschädigten: "Am 25. März 2003 ersteigerte [die Beschwerdeführerin] ohne mein Wissen ein 18-stöckiges Gebäude. [...] Im Juni 2003 bis August 2003 leistete ich [...] insgesamt Fr. 300'000.-- an sie. Diese benötigte sie für die Abzahlung der Restschuld" (HD act. 3/1 S. 1; Polizeirapport). Sie "hatte mir nur mündlich mitgeteilt, was für Geldbeträge sie für welche Gründe benötigte. [... Sie] wollte das Gebäude nach dem Kauf wieder verkaufen. Ich liess ihr freie Hand, mit der Entscheidung hatte ich nichts zu tun" (a.a.O., S. 2). Ferner erklärte er, er hege den Verdacht, dass sie ihn mit dieser Immobiliengeschichte über den Tisch gezogen und betrogen habe und dass die Ehe nur eine Scheinehe gewesen sei (a.a.O., S. 3). 
 
Vor dem Bezirksgericht erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie "gemeinsam" die Investitionen geplant hätten, und bestritt, dass die Gelder ihr "anvertraut" wurden (Protokoll S. 6 f., 14, 19). Der Geschädigtenvertreter entgegnete, dass es sich um "anvertrautes Geld" handelte, dass sie "veruntreut" habe. Eine Rückzahlungspflicht lasse sich aber auch aus der Vereinbarung vom 22. November 2002 nicht herleiten (a.a.O., S. 17). Vor Obergericht bestritt die Beschwerdeführerin in der Berufungsverhandlung vom 18. Juni 2009, den Geschädigten ausgenützt zu haben. "Wir haben geplant, in Brasilien ein Gebäude zu kaufen. [...] Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass er mir soviel Geld gegeben hat". Der Text der Quittungen sage ihr nichts (vgl. act. 79/1: "Fr. 75'000.-- [bzw. "Fr. 105'000.--"; "Fr. 120'000.--"] à Conto Zahlung [dritte Quittung: "Restzahlung"] an den Kauf für vorderseitigen Wohnblock erhalten zu haben bescheinigt."; es folgt die Unterschrift der Beschwerdeführerin). Sie verstehe nicht so gut Deutsch. Ihr Verteidiger machte geltend, sie habe subjektiv nie den Eindruck gehabt, das Vermögen ihres Ehemannes zu verwalten, und bestritt, dass sie "raffiniert" vorgegangen sei (Protokoll, act. 100, S. 11, 15, 16 f.). 
 
Die Auslegung dieser zweifelhaften Schriftstücke durch die Vorinstanz lässt sich mit den Aussagen der Beteiligten nicht in Einklang bringen. Sie belegen bloss die Überweisungen des Geschädigten und dessen Motivation, seiner Freundin und späteren Ehefrau bei der Bezahlung der "Restschuld" zu helfen. Sie hatte allerdings die bezeichneten zwei Liegenschaften gar nie gekauft. Wie eben erwähnt, qualifiziert der Geschädigtenvertreter im Sinne der Anklage das Geld als "anvertraut", die Beschwerdeführerin habe es "veruntreut" (eine Rückzahlungspflicht will er aber aus der Vereinbarung vom 22. November 2002 ebenfalls nicht ableiten lassen). Er folgt bloss der Argumentation der Anklageschrift. Es sind Rechtsbehauptungen ohne Tatsachengrundlage. Die Feststellung des Sachverhalts erweist sich als unhaltbar und damit als willkürlich. 
 
3. 
Als anvertraut gilt, was jemand mit der Verpflichtung empfängt, es in bestimmter Weise im Interesse des Treugebers zu verwenden, insbesondere es zu verwahren, zu verwalten oder einem anderen abzuliefern. In der Tatbestandsvariante von Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erwirbt der Treuhänder Eigentum an den erhaltenen Vermögenswerten. Diese sollen jedoch dem Treugeber wieder zurückfliessen. Deshalb muss der Treuhänder ihren Wert ständig erhalten (BGE 133 IV 21 E. 6.2). 
 
Die Beschwerdeführerin nahm die Vermögenswerte nicht in diesem Sinne und damit als Treuhänderin entgegen, sondern zur Zahlung der behaupteten "Restschuld" für die angeblich gekauften Liegenschaften. Selbst eine Rückzahlungspflicht ist nicht eindeutig feststellbar. Sie lässt sich aus der Vereinbarung einer "eventuellen" Rückzahlung der Fr. 100'000.-- für die erste Liegenschaft nicht ableiten (oben E. 2.2; bezirksgerichtliches Urteil S. 8 f.; HD act. 3/4). Die "Private Urkunde" (oben E. 2.2; HD act. 3/8) ist höchst zweifelhafter Natur und kaum verständlich. Eine Werterhaltungspflicht lässt sich auch mit dieser Urkunde nicht begründen (vgl. auch BGE 133 IV 21 E. 7.2 S. 30). 
 
Basis der streitigen Vorgänge waren vielmehr ein massiver Vertrauensmissbrauch, handfeste Lügen und die Verwendung von Schriftstücken (insbesondere Private Urkunde, Unterschrift unter Quittungen) seitens der Beschwerdeführerin. Es ist nicht erklärlich, woher sonst - wenn nicht von der Beschwerdeführerin - die in kaum verständliches Deutsch übersetzte "Private Urkunde" in die Hände des Geschädigten gelangt sein sollte, der kein Portugiesisch versteht. Die Täuschung betraf nicht lediglich die Einräumung der Verfügungsmacht, so dass die Vermögenswerte auch unter diesem Gesichtspunkt nicht als anvertraut gelten können (BGE 133 IV 21 E. 6.2 S. 29). Es liegen klare Anzeichen für das Wesensmerkmal des Betrugs vor, nämlich die durch Täuschung bewirkte irrtümliche Willensbildung des Verfügenden. Die strafrechtlich relevante Handlung erschöpft sich bei dieser Konstellation in der Motivierung zu einer schädigenden Vermögensverfügung (vgl. BGE 133 IV 21 E. 7.2 S. 31). Nichts deutet ernsthaft auf die Begründung eines wie auch immer spezifizierten treuhänderischen Verhältnisses hin. Ein solches war offenkundig von den Beteiligten gar nicht gewollt (Art. 18 Abs. 1 OR) und lässt sich aufgrund der Aktenlage auch nicht durch Auslegung ermitteln. 
 
Es besteht keine "Wahlfreiheit" zwischen Betrug und Veruntreuung (so aber ROBERT BRAUN, Anlagebetrug aus strafrechtlicher Sicht - Problemfelder und Lösungsansätze, forumpoenale 2/2010 S. 103, 106). Veruntreuung ist kein Auffangtatbestand für Betrug. Beim Betrug wirkt der Täter in verbotener Weise auf den Willen des Opfers ein. Das ist bei Veruntreuung nicht der Fall. Hier vertraut das Opfer dem Täter eine Sache oder einen Vermögenswert an, ohne dass der Täter einen verbotenen Einfluss auf die Willensbildung des Opfers ausübt. Erst nachdem die bewegliche Sache oder der Vermögenswert dem Täter anvertraut worden ist, begeht dieser in der Folge die strafbare Handlung. Es findet kein (strafrechtlich relevanter) Einfluss auf die Willensbildung des Opfers statt. 
 
4. 
Der Schuldspruch erweist sich als bundesrechtswidrig. Dies führt entgegen dem Rechtsbegehren nicht bereits zum Freispruch (vgl. BGE 133 IV 93 E. 2.2.2 und 2.2.3). Vielmehr ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie hat zu prüfen, ob die Anklage auch eine Verurteilung wegen (mehrfachen) Betrugs erfasst. Gegebenenfalls hat sie nach Massgabe des kantonalen Rechts eine Ergänzung anzuordnen (BGE 124 IV 145 E. 1), wie das bereits im Appellationsverfahren erfolgt war (oben Bst. B). Sie wird jedenfalls das Verschlechterungsverbot hinsichtlich der Sanktion zu beachten haben. 
 
Im Übrigen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die Rechtsbegehren zu den Zivilansprüchen sowie den Kosten- und Entschädigungsfolgen wurden unter Vorbehalt eines Freispruchs erhoben und nicht begründet. Die integrale Aufhebung des angefochtenen Urteils umfasst indessen auch diese Entscheidungen. 
 
5. 
Die Beschwerde ist gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist, das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sind keine Kosten zu erheben. Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführerin zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
6. 
Dem Beschwerdegegner ist die unentgeltliche Rechtspflege gewährt worden (oben Bst. D). Entsprechend sind keine Kosten zu erheben. Der Rechtsvertreter des Beschwerdegegners (Geschädigter) ist aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2009 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3. 
Der Kanton Zürich wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten. 
 
4. 
Der Rechtsvertreter des Beschwerdegegners, Rechtsanwalt Tomas Kempf, wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 3'000.-- entschädigt. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 27. September 2010 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Favre Briw