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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_903/2024  
 
 
Urteil vom 27. November 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Stutz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, 5001 Aarau, 
2. C.C.________, 
3. D.C.________, 
4. E.E.________, 
5. F.E.________, 
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Roger Seiler, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 10. Juni 2024 (SBK.2024.54, SBK.2024.55, SBK.2024.56 und SBK.2024.57). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist die Nichte und B.________ der Neffe von G.C.________, die am 19. April 2020 verstorbenen ist. Sie bilden zusammen mit C.C.________, D.C.________ und F.E.________, ebenfalls Nichten bzw. Neffe von G.C.________, einen Teil von deren Erbengemeinschaft. Bei E.E.________ handelt es sich um den Ehemann von F.E.________. 
A.________ und B.________ reichten am 30. August 2023 wegen Veruntreuung, eventualiter ungetreuer Geschäftsbesorgung bei der Staatsanwaltschaft Baden Strafanzeige gegen die genannten übrigen Erben (ihre Cousinen und ihren Cousin) sowie E.E.________ ein und konstituierten sich als Straf- und Zivilklägerschaft. Sie warfen den Beschuldigten im Wesentlichen vor, sich unrechtmässig am Vermögen der Erblasserin bereichert zu haben. 
 
B.  
Die Staatsanwaltschaft Baden verfügte am 1. Februar 2024 die Nichtanhandnahme der Strafsache. Die von A.________ und B.________ dagegen erhobenen Beschwerden wies das Obergericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 10. Juni 2024 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 19. August 2024 beantragen A.________ und B.________ dem Bundesgericht, der Beschwerdeentscheid sei aufzuheben und die Sache sei an die kantonalen Strafbehörden zur Eröffnung einer Strafuntersuchung zurückzuweisen. 
Die kantonalen Akten betreffend die vorliegend zu beurteilende Nichtanhandnahme wurden beigezogen. Dagegen besteht seitens des Bundesgerichts entgegen dem Ersuchen der Beschwerdeführenden kein Anlass, als erste Instanz die Akten der hängigen erbrechtlichen Verfahren zu edieren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Zivilforderungen im Sinne dieser Bestimmung sind unmittelbar aus der Straftat resultierende und vor den Zivilgerichten geltend zu machende Ansprüche, in erster Linie solche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; je mit Hinweisen).  
 
1.1.1. Richtet sich die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung, muss die geschädigte Person, soweit sie vor den kantonalen Behörden noch keine Zivilforderung erhoben hat, im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen und inwiefern sich der angefochtene Entscheid auf welche konkreten Zivilforderungen auswirken kann (BGE 141 IV 1 E. 1.1; Urteile 7B_78/2023 vom 15. Januar 2024 E. 1.1; 6B_1055/2020 vom 13. Juni 2022 E. 3.2.1). Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Es prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 149 IV 9 E. 2; 143 IV 357 E. 1), aber ohne eingehende Auseinandersetzung mit der Sache. Dementsprechend ist, namentlich bei komplexen Fällen, in welchen allfällige Zivilansprüche nicht offensichtlich sind, in der Beschwerdeschrift einleitend und in gedrängter Form darzulegen, inwiefern die Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind (Urteile 7B_89/2022 vom 31. Juli 2023 E. 2.3; 6B_787/2022 vom 5. Dezember 2022 E. 2.2.2). Dabei genügt nicht, dass die Privatklägerschaft lediglich behauptet, von der fraglichen Straftat betroffen zu sein; sie muss vielmehr die Anspruchsvoraussetzungen und namentlich den erlittenen Schaden genau substanziieren und letzteren soweit möglich beziffern (Urteile 7B_79/2022 vom 10. Januar 2024 E. 1.1; 7B_69/2023 vom 28. August 2023 E. 1.1.1; zum Ganzen: Urteil 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; je mit Hinweisen).  
 
1.1.2. Wird die Beschwerde von mehreren Privatklägern oder Privatklägerinnen gemeinsam erhoben, hat sodann jeder und jede von ihnen individuell den persönlich entstandenen Schaden darzulegen (Urteile 7B_79/2022 vom 10. Januar 2024 E. 1.1; 7B_831/2023 vom 15. Dezember 2023 E. 1.2; je mit Hinweisen). Dasselbe gilt in Bezug auf verschiedene Beschuldigte, gegen welche der jeweils geltend gemachte Schaden zu individualisieren ist (Urteile 7B_126/2024 vom 22. April 2024 E. 1.1.1; 7B_831/2023 vom 15. Dezember 2023 E. 1.2). Bezieht sich die Privatklägerschaft ausserdem auf verschiedene Straftaten, muss sie in Bezug auf jede dieser Straftaten genau angeben, worin ihr Schaden besteht (Urteile 7B_79/2022 vom 10. Januar 2024 E. 1.1; 6B_764/2022 vom 17. April 2023 E. 2.1; je mit Hinweisen).  
 
1.1.3. Entspricht eine Beschwerde diesen strengen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche konkrete Zivilforderung es geht. Dies ist dann der Fall, wenn die Straftat unmittelbar zu einer so starken Beeinträchtigung der körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität geführt hat, dass sich daraus ohne Weiteres ein Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung ergibt (Urteile 7B_38/2023 vom 25. April 2024 E. 1.1; 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; je mit Hinweisen).  
 
1.2. Den dargestellten Vorgaben genügt die Beschwerde nicht: Im formellen Teil ihrer Eingabe an das Bundesgericht versuchen die Beschwerdeführenden zwar, ihre Beschwerdelegitimation darzulegen; die dabei gemachten Ausführungen stellen jedoch keine hinreichende Substanziierung und Konkretisierung von Zivilforderungen dar. Vielmehr beschränken sich die Beschwerdeführenden darauf, die Zusammensetzung der Erbengemeinschaft und die vor dem Bezirksgericht Brugg geführten zivilrechtlichen Erbschaftsprozesse (unter anderem betreffend Ungültigkeitsklage) zu skizzieren. Weiter legen sie pauschal dar, dass "die den Beschuldigten zur Last gelegten Straftatbestände... im Ergebnis und Erfolg die Erbmasse schmälerten". Damit sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Zivilforderungen indessen nicht im Einzelnen substanziiert und konkretisiert: Die Beschwerdeführenden müssten vielmehr die jeweilige Widerrechtlichkeit der beanstandeten Handlungen und den Ursachenzusammenhang zu einem - soweit möglich - bezifferten, konkreten Schadensposten aufzeigen, was sie aber unterlassen. Schliesslich berücksichtigen die Beschwerdeführenden auch in keiner Weise, dass sie je individuell den persönlich entstandenen Schaden darzulegen hätten und auch in Bezug auf die verschiedenen Beschuldigten der jeweils geltend gemachte Schaden zu individualisieren wäre.  
 
1.3. Einzig in Bezug auf E.E.________ (Beschwerdegegner 4) nehmen die Beschwerdeführenden eine Individualisierung möglicher Zivilansprüche vor. Sie werfen ihm vor, von seiner Ehefrau, der Beschwerdegegnerin 5, aus dem Vermögen der Erblasserin einen Betrag von Fr. 15'000.-- erhalten zu haben. Da es für diese Zuweisung keinen sachlich nachvollziehbaren oder rechtlichen Grund gebe, habe sich der Beschwerdegegner 4 dadurch bereichert und strafbar gemacht. Auch in diesem Zusammenhang fehlt es jedoch an einer weitergehenden Erörterung der Anspruchsvoraussetzungen - und dies sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht. Weder stellen die Beschwerdeführenden die Umstände dieser angeblichen Geldzuweisung näher dar, noch setzen sie sich mit dem konkreten Rechtsgrund und den Voraussetzungen einer allfälligen Zivilforderung näher auseinander. Ihre Ausführungen bleiben auch hier zu diffus, um daraus die Beschwerdelegitimation herleiten zu können.  
 
1.4. Soweit die Beschwerdeführenden darüber hinaus auf die Ausführungen in ihrer Strafanzeige verweisen, sind sie darauf hinzuweisen, dass die Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 2 BGG) in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein muss; der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nach der Rechtsprechung nicht aus (BGE 143 IV 122 E. 3.3; 138 IV 47 E. 2.8.1; je mit Hinweisen). Der Verweis ist zur Begründung ihrer Legitimation somit ungeeignet.  
 
2.  
 
2.1. Ungeachtet der Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft mit Beschwerde in Strafsachen eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das geforderte rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Nicht zulässig sind dagegen Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 78 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Die Beschwerdeführenden tragen in ihrer Beschwerde zwar mitunter Gehörsrügen vor; mit diesen greifen sie aber die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen an und zielen auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids ab. Damit sind sie auch nach der Star-Praxis nicht zu hören.  
 
3.  
Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unzulässig. Auf sie ist nicht einzutreten. Bei diesem Ergebnis kann die von der Vorinstanz aufgeworfene Frage, ob die Beschwerdeführenden mit Blick auf den Grundsatz des gemeinsamen Handelns der Erbengemeinschaft (Art. 560 Abs. 1 ZGB) überhaupt berechtigt waren, alleine das Verfahren zu bestreiten, offengelassen werden. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Beschwerdeführenden kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Nach Abs. 5 derselben Bestimmung haften sie für die Verfahrenskosten solidarisch und intern zu gleichen Teilen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden den Beschwerdeführenden zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. November 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger