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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.414/2004 /pai 
 
Urteil vom 28. Februar 2005 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Kolly, Zünd, 
Gerichtsschreiber Boog. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Hadrian Meister, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegnerin, 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich. 
 
Gegenstand 
Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB), 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 1. Oktober 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Winterthur erklärte X.________ mit Urteil vom 25. April 2002 des Betruges schuldig und verurteilte ihn zu 4 Monaten Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von 2 Jahren. Ferner verpflichtete er ihn, der Geschädigten Fr. 30'000.--, nebst 6 % Zins seit dem 1. Mai 2000 zu bezahlen. 
 
Auf Berufung des Beurteilten hin erklärte das Obergericht des Kantons Zürich X.________ am 1. Oktober 2004 des Betruges schuldig und verurteilte ihn zu drei Monaten Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 2 Jahren. Hinsichtlich der Schadenersatzforderung bestätigte es das erstinstanzliche Urteil. 
B. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung und zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
C. 
Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Stellungnahme verzichtet. Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht für den Kassationshof verbindlich fest (Art. 277bis Abs. 1 BStP), der Beschwerdeführer habe sich am 22. März 2000, um ca. 10.00 Uhr in die Wohnung der Geschädigten begeben und habe ihr von seinem Projekt berichtet, in der Dominikanischen Republik zusammen mit einem deutschen Kollegen eine Firma im Bereich der Abfallentsorgung zu gründen. In der Folge habe der Beschwerdeführer erklärt, er befinde sich in einem finanziellen Engpass und benötige Fr. 30'000.-- für die zu gründende Firma und für die Reise in die Dominikanische Republik. Die Geschädigte sei einverstanden gewesen, dem Beschwerdeführer zu helfen, und habe sich mit ihm am selben Tag auf ihre Bank begeben, wo sie von ihrem Konto einen Betrag von Fr. 27'000.-- abgehoben und dem Beschwerdeführer übergeben habe. Dieser habe das Geld in das fragliche Projekt investiert. In der Folge habe der Beschwerdeführer einen Darlehensvertrag unterzeichnet, in welchem er die Rückzahlung des Darlehens im April 2000 versprach. Ende April habe der Beschwerdeführer das Darlehen indes nicht zurückbezahlt, sondern sei erneut an die Geschädigte herangetreten und habe sie um weitere Fr. 3'000.-- gebeten, da das Projekt noch nicht laufe. Hierauf habe ihm die Geschädigte ein weiteres Darlehen von Fr. 1'000.-- gewährt. Ein bis zwei Monate später habe sie dem Beschwerdeführer noch einmal einen Betrag von Fr. 2'000.-- geliehen, welchen der Beschwerdeführer angeblich zur Bezahlung seiner Miete benötigte. 
 
Die Vorinstanz stellt weiter fest, der Beschwerdeführer habe bei den Geldübergaben verschwiegen, dass er Schulden von mindestens Fr. 135'000.-- aufgewiesen habe, dass gegen ihn bereits zahlreiche Betreibungs- und Pfändungsverfahren durchgeführt worden seien und dass Verlustscheine aus den letzten 5 Jahren mit einem Total von Fr. 489'752.50 bestanden hätten. Er habe auch verschwiegen, dass er über kein Einkommen verfügt habe und dass er aufgrund dieser Umstände nicht in der Lage sein würde, das Darlehen bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Er habe die Geschädigte daher über seinen Rückzahlungswillen getäuscht. 
1.2 In rechtlicher Hinsicht kommt die Vorinstanz in Bezug auf das erste Darlehen über Fr. 27'000.-- zum Schluss, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des Betruges erfüllt. Der Geschädigten sei es weder möglich noch zumutbar gewesen, Nachforschungen über den Rückzahlungswillen des Beschwerdeführers anzustellen. Dieser sei als innerer Vorgang einer Überprüfung naturgemäss entzogen. Ausserdem habe zwischen dem Beschwerdeführer und der Geschädigten zum damaligen Zeitpunkt aufgrund des Umstands, dass die Tochter des Beschwerdeführers mit dem Sohn der Geschädigten liiert gewesen sei, eine familiäre Verbundenheit und damit auch ein Vertrauensverhältnis bestanden. Der Beschwerdeführer sei im Übrigen der Geschädigten gegenüber seriös aufgetreten und habe den Eindruck erweckt, es gehe seiner Familie gut. Schliesslich sei dem Beschwerdeführer bewusst gewesen, dass sich die Geschädigte damals in einer schlechten psychischen Verfassung befunden habe und daher dem Beschwerdeführer keinerlei Widerstand habe entgegen setzen können. 
 
Hinsichtlich der zwei weiteren Darlehen von insg. Fr. 3'000.-- nimmt die Vorinstanz demgegenüber an, der Geschädigten habe zu diesem Zeitpunkt bewusst sein müssen, dass der Beschwerdeführer das erste Darlehen nicht habe zurückzahlen können. Wenn sie ihm trotzdem noch einmal Geld geliehen habe, habe sie leichtfertig gehandelt. Dasselbe gelte für das zuletzt gewährte Darlehen. Da der Beschwerdeführer offenbar seinen Mietzins nicht mehr habe bezahlen können, könne ihr die finanzielle Misere, in der er sich befunden habe, nicht entgangen sein. In Bezug auf diese beiden Darlehen kommt die Vorinstanz daher zum Schluss, der Beschwerdeführer habe sich keines strafbaren Verhaltens schuldig gemacht. 
1.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe nicht arglistig gehandelt. Einem Darleiher, der weder besondere Zusicherungen bezüglich der Kreditwürdigkeit des Borgers noch irgendwelche Sicherheiten verlange, müsse klar sein, dass die Rückzahlung des Darlehens ungewiss sei. Die schlechte psychische Verfassung, in der sich die Geschädigte damals befunden habe, sei für die Darlehensgewährung ohne Bedeutung gewesen. Dasselbe gelte für die angebliche familiäre Verbundenheit, welche jedenfalls nicht derart ausgeprägt gewesen sei, dass darin ein besonderes Vertrauensverhältnis erblickt werden könnte. Dass er seine missliche finanzielle Lage verschwiegen habe, treffe zwar zu. Die Geschädigte sei aber ohne weiteres in der Lage gewesen, zu erkennen, dass eine fristgemässe Rückzahlung des Darlehens nicht gesichert gewesen sei, zumal er ihr gegenüber deutlich davon gesprochen habe, dass er sich in einer Notlage befinde. 
 
Im Weiteren wendet der Beschwerdeführer ein, er habe nicht in der Absicht ungerechtfertigter Bereicherung gehandelt, da er das geliehene Geld vollumfänglich für den angegebenen Zweck, nämlich als Investition in die geplante Firma in der Dominikanischen Republik im Bereich der Abfallentsorgung, verwendet habe. 
2. 
2.1 Gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich des Betruges u.a. schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt. 
 
Der Tatbestand des Betruges erfordert eine arglistige Täuschung. Wer sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit selbst hätte schützen bzw. den Irrtum durch ein Minimum zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können, wird strafrechtlich nicht geschützt. Mit dem Tatbestandsmerkmal der Arglist verleiht das Gesetz dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung wesentliche Bedeutung. Die Erfüllung des Tatbestands erfordert indes nicht, dass das Täuschungsopfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle erdenklichen Vorkehren trifft. Arglist scheidet lediglich aus, wenn es die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet. Entsprechend entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit (BGE 128 IV 18 E. 3a; 126 IV 165 E. 2a; 122 IV 146 E. 3a mit Hinweisen). 
 
In diesem Sinne gilt nach der Rechtsprechung die Täuschung als arglistig, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses; mise en scène) bedient. Bei einfachen falschen Angaben liegt Arglist vor, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, und wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben auf Grund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (BGE 128 IV 18 E. 3a; 126 IV 165 E. 2a; 125 IV 124 E. 3; 122 IV 246 E. 3a). 
2.2 Beim Kreditbetrug täuscht der Borger beim Abschluss des Darlehensvertrages über seine Rückzahlungsfähigkeit bzw. seinen Rückzahlungswillen. Nach der Rechtsprechung ist die Vorspiegelung des Leistungswillens grundsätzlich arglistig im Sinne von Art. 146 StGB, weil sie eine innere Tatsache betrifft, die vom Vertragspartner ihrem Wesen nach nicht direkt überprüft werden kann. Das gilt jedoch dann nicht ohne weiteres, wenn die Behauptung des Erfüllungswillens mittels Nachforschungen über die Erfüllungsfähigkeit überprüfbar ist. Soweit nämlich die Überprüfung der Leistungsfähigkeit möglich und zumutbar ist und sich aus jener ergibt, dass der andere zur Erfüllung klarerweise nicht fähig ist, scheidet Arglist aus. Denn wer zur Erfüllung ganz offensichtlich nicht fähig ist, kann auch keinen ernsthaften Erfüllungswillen haben (BGE 118 IV 359 E. 2 S. 361 mit Hinweisen). 
 
Das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens ist beim Kreditbetrug erfüllt, wenn der Borger entgegen der beim Darleiher geweckten Erwartungen im Zeitpunkt der Kreditgewährung dermassen wenig Gewähr für eine vertragsgemässe Rückzahlung des Geldes bietet, dass die Darlehensforderung erheblich gefährdet und infolgedessen in ihrem Wert wesentlich herabgesetzt ist (BGE 82 IV 90, 102 IV 84 E. 4; zur Vermögensgefährdung vgl. BGE 122 IV 279 E. 2a, 121 IV 104 E. 2c). 
2.3 Der subjektive Tatbestand des Betrugs erfordert nebst Vorsatz ein Handeln in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht, d.h. der Täter muss für sich oder einen andern einen unrechtmässigen Vermögensvorteil anstreben. Unter Bereicherung ist jegliche wirtschaftliche Besserstellung des Täters zu verstehen. Beim Betrug ist die Bereicherung die Kehrseite des beim Opfer eingetretenen Schadens. In vielen Fällen tritt die Bereicherung objektiv als Folge der Schädigung des Opfers ohne weiteres beim Täter ein. Dann ist aus dem Vorsatz in Bezug auf die Schädigung ohne weiteres auch auf den Vorsatz der Bereicherung und damit die Bereicherungsabsicht zu schliessen (BGE 119 IV 210 E. 4b). 
 
Nach der Rechtsprechung genügt für die Bereicherungsabsicht schon die bloss mitgewollte oder in Kauf genommene Erlangung eines Vermögensvorteils. Auch hier ist aber vorausgesetzt, dass die Absicht des Täters selbst dann, wenn er die Bereicherung bloss für möglich hält, auf Erlangung des Vorteils gerichtet ist; er muss die Bereicherung für den Fall, dass sie eintritt, wollen (BGE 105 IV 330 E. 3c; 102 IV 83 E. 1; 101 IV 177 E. II 8, S. 207; Stratenwerth/Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil I, 6. Aufl., Bern 2003, § 15 N 62). 
3. 
3.1 Der Schluss der Vorinstanz, das Merkmal der Arglist sei erfüllt, verletzt kein Bundesrecht. Nach den verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil war der Beschwerdeführer von Anfang an nicht in der Lage, das Darlehen zurückzuzahlen, und konnte deshalb auch keinen Rückzahlungswillen haben. Dass er das Geld in den vorgegebenen Zweck, das geplante Abfallentsorgungsprojekt in der Dominikanischen Republik, investierte, trifft nach den tatsächlichen Feststellungen zu, auch wenn das Geld nicht für die Gründung der fraglichen Firma verwendet werden konnte, da diese zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung bereits bestand. Daraus lässt sich aber entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nichts zu seinen Gunsten ableiten. Denn die Vermögensschädigung ergibt sich hier nicht aus der Verwendung des Geldes für einen anderen als den vorgegebenen Zweck, welcher in diesem Zusammenhang ohnehin nur insoweit relevant wäre, als er sich auf den Wert der Rückzahlungsforderung auswirkte. Insofern ist auch ohne Bedeutung dass der Beschwerdeführer die Geschädigte hierüber nicht getäuscht hat. Der Vermögensschaden besteht im vorliegenden Fall mangels Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswillen des Beschwerdeführers vielmehr in der schadensgleichen Vermögensgefährdung der Rückzahlungsforderung, welche hier weit über dem mit jeder Darlehensgewährung üblicherweise verbundenen Risiko liegt. Hierüber hat der Beschwerdeführer denn die Geschädigte auch getäuscht. Die Arglist dieser Täuschung ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass der Leistungswille als innere Tatsache nicht überprüfbar ist. Andererseits war die Überprüfung der desolaten wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers, welche ihn als zur Rückzahlung des Darlehens unfähig erscheinen liess, für die Geschädigte nicht möglich bzw. bei Berücksichtigung ihrer Lage und Schutzbedürftigkeit jedenfalls nicht zumutbar. Die Vorinstanz verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf den vom Beschwerdeführer ausgeübten Zeitdruck, das durch die Beziehung der Kinder der Parteien begründete familiäre Vertrauensverhältnis und die schlechte psychische Verfassung der Geschädigten, welche dem Beschwerdeführer bewusst war. Insofern kann auf das angefochtene Urteil verwiesen werden. 
 
Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet. 
3.2 Kein Bundesrecht verletzt das angefochtene Urteil auch, soweit es die unrechtmässige Bereicherungsabsicht bejaht. Aus dem in der schadensgleichen Vermögensgefährdung liegenden Schaden ergibt sich im vorliegenden Fall als dessen Kehrseite auch die Bereicherung. Aus dem Vorsatz in Bezug auf die Schädigung durfte die Vorinstanz somit auf den Vorsatz der Bereicherung und damit auf die Bereicherungsabsicht schliessen. Dies bedarf keiner weiteren Begründung. Was der Beschwerdeführer hiegegen ausführt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, dass er das Darlehen tatsächlich für den vorgegebenen Zweck verwendet hat. 
 
Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet. 
4. 
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 28. Februar 2005 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: