Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_619/2023
Urteil vom 28. Februar 2024
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin,
Gerichtsschreiber Widmer.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Ulrich Kobelt,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Joel Steiner,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Schenkung; Darlehen; vorsorgliche Massnahmen nach Art. 268 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 85a SchKG,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 20. November 2023
(1B 23 47).
Erwägungen:
1.
1.1. Am 29. März 2019 erhob der Beschwerdegegner vor Bezirksgericht Hochdorf eine negative Feststellungsklage nach Art. 85a SchKG. Er beantragte, es sei festzustellen, dass er der Beschwerdeführerin den von dieser in Betreibung gesetzten Betrag von Fr. 238'000.-- zuzüglich 5 % Zins seit 1. Januar 2017 und Betreibungskosten nicht schulde und das Betreibungsamt X.________ sei anzuweisen, die Betreibungen Nr. xxx und Nr. yyy aufzuheben. Weiter stellte er den prozessualen Antrag, es seien die genannten Betreibungen des Betreibungsamtes X.________ im Sinne einer vorsorglichen Massnahme vorläufig einzustellen und es sei über diese vorsorgliche Massnahme superprovisorisch zu befinden.
Am 1. April 2019 ordnete die Einzelrichterin des Bezirksgerichts mittels superprovisorischer Massnahme die vorläufige Einstellung der Betreibungen Nr. xxx/BA X.________ und Nr. yyy/BA X.________ vor der Verwertung bzw. Verteilung an. Diese Anordnung bestätigte die Einzelrichterin mit Entscheid vom 18. Juni 2020 und verfügte die provisorische Einstellung der genannten Betreibungen. Diesen Entscheid bestätigte das Kantonsgericht Luzern am 8. Februar 2021.
Mit weiterem Entscheid vom 8. August 2023 hob die Einzelrichterin die vorläufigen Einstellungen der genannten Betreibungen auf. Am 20. November 2023 hiess das Kantonsgericht eine vom Beschwerdegegner dagegen erhobene Berufung gut und hob diesen Entscheid auf, womit es bei der mit Entscheid vom 18. Juni 2020 angeordneten vorläufigen Einstellung der Betreibungen bleibe. Es hielt dazu fest, es könne nicht gesagt werden, dass sich die mit dem Entscheid der Einzelrichterin vom 18. Juni 2020 angeordnete vorsorgliche Massnahme, d.h. die vorläufige Einstellung der Betreibung nach Art. 85a Abs. 2 SchKG, nachträglich als ungerechtfertigt im Sinne von Art. 268 Abs. 1 ZPO erweise; für eine missbräuchliche Inanspruchnahme der negativen Feststellungsklage durch den Beschwerdegegner bestünden nach wie vor keine Anhaltspunkte.
1.2. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Entscheid mit Eingabe vom 27. Dezember 2023 Beschwerde in Zivilsachen.
Auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde verzichtet.
2.
Neue Begehren, mit denen eine Erweiterung des Streitgegenstands des vorinstanzlichen Verfahrens erfolgt, sind vor Bundesgericht unzulässig (Art. 75 Abs. 1 und Art. 99 Abs. 2 BGG ; BGE 136 V 362 E. 3.4.2.; 143 III 254 E. 3.1 S. 257).
Die Beschwerdeführerin stellt das Hauptbegehren, es sei unter Aufhebung des Entscheids des Kantonsgerichts vom 20. November 2023 sowie unter Bestätigung des Entscheids der Einzelrichterin des Bezirksgerichts Hochdorf vom 8. August 2023 das Bezirksgericht Hochdorf anzuweisen, auf die hängige Klage des Beschwerdegegners vom 29. März 2019 auf negative Feststellung gemäss Art. 85a SchKG nicht einzutreten.
Sie verkennt damit, dass der angefochtene Entscheid einzig vorsorgliche Massnahmen zum Gegenstand hat, nämlich die vorläufige Einstellung der Betreibung nach Art. 85a Abs. 2 SchKG für die Dauer des Hauptprozesses über die vom Beschwerdegegner angestrengte negative Feststellungsklage nach Art. 85a SchKG. Soweit sich die Vorinstanz in ihrem Entscheid zur Frage äusserte, ob die negative Feststellungsklage als unzulässig erscheine, weil über die Streitsache nach einem vor dem Friedensrichteramt Hochdorf geschlossenen Vergleich rechtskräftig entschieden sei (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO), tat sie dies nur zwecks Beurteilung, ob die Klage ihr im Sinne von Art. 85a Abs. 2 SchKG als sehr wahrscheinlich begründet erscheine, nicht dagegen um über die Zulässigkeit der Klage zu entscheiden. Die Frage der Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage, die noch vor der Erstinstanz hängig ist, ist nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids. Der Antrag, es sei das Bezirksgericht Hochdorf anzuweisen, auf die negative Feststellungsklage nicht einzutreten, ist damit unzulässig und auf die Beschwerde kann insoweit von vornherein nicht eingetreten werden (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).
3.
Es bleibt damit über den Eventualantrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Bestätigung des Entscheids der Einzelrichterin vom 8. August 2023 zu entscheiden.
3.1. Der angefochtene Entscheid über die vorläufige Einstellung der Betreibung nach Art. 85a Abs. 2 SchKG schliesst den Prozess vor der Vorinstanz über die Feststellung des Nichtbestands der von der Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner in Betreibung gesetzten Forderung und über die Aufhebung der Betreibung (Hauptverfahren) nicht im Sinne von Art. 90 BGG ab. Er ist vielmehr ein selbstständig eröffneter Massnahmenentscheid, der während des Hauptverfahrens erlassen wurde und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand hat. Als solcher stellt er einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG dar (Urteile 5A_632/2021 vom 22. Oktober 2021 E. 1.2; 4A_580/2019 vom 16. April 2020 E. 1.2 mit Hinweis auf BGE 144 III 475 E. 1.1.1; 138 III 76 E. 1.2, 333 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1 S. 327 f.).
3.2. Gegen solche Zwischenentscheide ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).
Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben (BGE 144 III 475 E. 1.2; 141 III 80 E. 1.2 S. 81; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1).
Dementsprechend obliegt es der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1; 134 III 426 E. 1.2 in fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2). Namentlich obliegt es der Partei, die einen Massnahmenentscheid anficht, in der Beschwerdebegründung aufzuzeigen, inwiefern ihr im konkreten Fall ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur droht (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f.; ebenso Urteile 4A_460/2011 vom 20. Dezember 2011 E. 1.1/1.2 und 4A_223/2011 vom 12. Juli 2011 E. 1).
3.3. Die Beschwerdeführerin macht zwar geltend, der angefochtene Massnahmenentscheid bewirke einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Weshalb dies der Fall sein soll, begründet sie indessen nicht, jedenfalls nicht rechtsgenügend, und springt auch nicht offensichtlich in die Augen. Die Zulässigkeit der Beschwerde lässt sich somit nicht auf Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG stützen.
3.4. Die Beschwerdeführerin beruft sich sodann auf die alternative Voraussetzung für die Zulassung der Beschwerde, dass die Gutheissung derselben sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).
Sie verkennt dabei, dass bei Zwischenentscheiden betreffend vorsorgliche Massnahmen die Zulässigkeit der Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG allgemein ausser Betracht fällt (BGE 144 III 475 E. 1.2). So haben Verfahren, die zu vorsorglichen Massnahmen führen, nur dieselben zum Gegenstand, weshalb das Bundesgericht bei Gutheissung der Beschwerde von vornherein keinen verfahrensabschliessenden Endentscheid im Hauptklageverfahren fällen kann (vgl. die vorstehende E. 2). Damit fehlt es schon an dieser ersten kumulativen Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG und kann die Beschwerde offensichtlich nicht gestützt auf diese Bestimmung zugelassen werden. Bei dieser Sachlage braucht auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin darüber, dass durch einen Endentscheid des Bundesgerichts ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden könne, nicht eingegangen zu werden.
4.
Auf die offensichtlich unzulässige Beschwerde ist nicht einzutreten.
Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da ihm im Zusammenhang mit dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Februar 2024
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jametti
Der Gerichtsschreiber: Widmer