Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4D_15/2008 /len 
 
Urteil vom 28. April 2008 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alfred Dätwyler, 
 
gegen 
 
X.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Emch. 
 
Gegenstand 
Arbeitsvertrag; Schadenersatz, 
 
Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, vom 29. November 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.________ (Arbeitnehmer) trat per 1. Februar 2000 bei der X.________ AG (Arbeitgeberin) eine Stelle als Werkstattchef an. Am 1. Februar 2001 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der in Ziff. 12 auf die "Arbeitsvertraglichen Bestimmungen für das technische und kaufmännische Personal" (ArbBest) verweist. Ziff. 4.1. ArbBest sieht vor, dass während der Dauer des Arbeitsverhältnisses bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit und Unfall für bestimmte Zeit in Abhängigkeit der Dauer des Arbeitsverhältnisses eine (volle) Lohnzahlungspflicht besteht und nach Erschöpfung dieses Anspruchs Erwerbsunfall-Versicherungsleistungen gemäss Ziff. 6.1 und 6.2 erfolgen. Die Leistungen bei Krankheit werden in Ziff. 6.2 ArbBest wie folgt geregelt: 
"Der Arbeitgeber versichert den Arbeitnehmer gegen Erwerbsausfall durch Krankheit bis zu einer festgesetzten maximalen Gehaltshöhe bis längstens 720 Tage pro Krankheitsfall innerhalb von 900 aufeinanderfolgenden Tagen. Ein Rückfall innerhalb von 180 Tagen gilt nicht als neuer Krankheitsfall. 
[...] 
Für die Berechnung der maximalen Leistungsdauer werden Tage mit teilweiser Erwerbsunfähigkeit von mindestens 50 % nur anteilmässig gezählt. 
Das volle Gehalt wird während der in Ziffer 4.1. festgesetzen Dauer ausbezahlt; anschliessend werden 80 % des versicherten Jahresgehalts bis zum Ablauf der Frist gemäss Absatz 1 hiervor vergütet." 
Die Arbeitgeberin schloss in der Folge bei der Y.________ Versicherung per 1. April 2001 eine Kollektiv-Taggeldversicherung ab, welche für den Krankheitsfall 80 % des Lohnes während maximal 720 Tagen innerhalb von 900 Tagen deckte. 
Im Herbst 2002 wurde der Arbeitnehmer krank und am 27. November 2002 hospitalisiert. Er war in der Folge bis und mit 30. September 2003 zu 100 %, vom 1. bis 14. Oktober 2003 zu 80 % und danach bis am 13. Februar 2005 zu 50 % arbeitsunfähig. Mitte Februar 2005 kam es zu einem Rückfall, der zu einer erneuten und bis heute andauernden 100 %-igen Arbeitsunfähigkeit führte. Seit 1. November 2003 zahlt die Invalidenversicherung dem Arbeitnehmer eine halbe IV-Rente. 
Mit Schreiben vom 26. Mai 2003 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis per Ende August 2003. Die Y.________ Versicherung erbrachte das der jeweiligen Arbeitsfähigkeit angepasste Taggeld auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 teilte die Y.________ Versicherung dem Arbeitnehmer mit, der maximale Leistungsanspruch von 720 Tagen sei am 15. November 2004 erreicht worden, da die Teilerwerbsunfähigkeit nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) nicht zu einer Verlängerung des Genussanspruches führe. 
In der Folge machte der Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeberin geltend, die arbeitsvertraglichen Bestimmungen hätten eine proportionale Verlängerung der Genussdauer bei Teilerwerbsfähigkeit vorgesehen. Die Y.________ Versicherung habe jedoch für die Dauer seiner 50 %-igen Arbeitsunfähigkeit keine Verlängerung der Leistungsdauer vorgesehen, weshalb er von der Arbeitgeberin die Zahlung der entsprechenden Differenz verlange. 
 
B. 
Mit Klage vom 30. Januar 2006 belangte der Arbeitnehmer die Arbeitgeberin beim Gerichtskreis V Burgdorf-Fraubrunnen auf Zahlung von Fr. 10'233.50 nebst Zins von 5 % seit 3. Juni 2005. 
Anlässlich des erstinstanzlichen Verfahrens modifizierte der Kläger sein Rechtsbegehren mehrmals. Zuletzt verlangte er von der Beklagten die Zahlung von Fr. 11'837.20 nebst Zins zu 5 % seit 23. Dezember 2005. Mit Entscheid vom 25. April 2007 wies der Gerichtspräsident 2 des Gerichtskreises V Burgdorf-Fraubrunnen die Klage ab. 
Der Kläger erhob beim Obergericht des Kantons Bern Appellation und verlangte an der Hauptverhandlung, die Beklagte sei zur Zahlung von Fr. 8'743.75 zu verurteilen. Das Obergericht wies die Klage am 29. November 2007 ab. Es nahm an, die vom Kläger ins Recht gelegten Schadensberechnungen würden den Anforderungen an die Substanziierung des Schadens nicht genügen. Weder in der Klage noch im oberinstanzlichen Parteivortrag sei mit genügender Deutlichkeit erläutert worden, wie die in den Tabellen verwendeten Zahlen zu verstehen seien und wie man daraus auf den geforderten Schaden komme. Das Obergericht verzichtete indes darauf, aus der mangelnden Substanziierung auf den Verlust des Anspruchs zu schliessen. Vielmehr nahm es eine eigene Berechnung des Schadens vor und kam dabei zum Ergebnis, der Kläger habe unter Berücksichtung der Zahlungen der Y.________ Versicherung und der anrechenbaren IV-Renten im vertraglich zugesicherten Umfang Leistungen bezogen, weshalb kein Schaden vorliege. 
 
C. 
Der Kläger erhebt Verfassungsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts vom 3. Dezember 2007 sei aufzuheben und die Sache sei zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventuell sei die Klage gutzuheissen. 
Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Verfassungsbeschwerde und der Klage. Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 132 III 291 E. 1). 
 
1.2 Vor Obergericht war zuletzt der Betrag von Fr. 8'743.75 strittig, weshalb der gemäss Art. 74 BGG bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten massgebende Streitwert von Fr. 15'000.-- nicht erreicht wird. Die Beschwerde in Zivilsachen ist daher ausgeschlossen, weshalb die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zulässig ist, zumal sie sich gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid richtet. 
 
1.3 Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist - gleich wie die ordentliche Beschwerde - ein reformatorisches Rechtsmittel (Art. 117 BGG in Verbindung mit Art. 107 Abs. 2 BGG; Urteil 4D_48/2007 vom 13. November 2007 E. 1.1). Daher darf sich der Beschwerdeführer grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Urteils zu beantragen, sondern muss angeben, welche Punkte des Entscheids angefochten und welche Abänderungen beantragt werden. Ein blosser Rückweisungsantrag reicht ausnahmsweise aus, wenn das Bundesgericht im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 133 III 489 E. 3.1 mit Hinweisen). Der Antrag in der Sache muss bei Geldforderungen beziffert werden. Allerdings genügt es, wenn sich aus der Berufungsbegründung, allenfalls in Verbindung mit dem angefochtenen Entscheid, ohne weiteres ergibt, welchen Geldbetrag der Berufungskläger von der Gegenpartei verlangt (zur Publikation bestimmtes Urteil 4A_490/2007 vom 27. März 2008 E. 2; BGE 125 III 412 E. 1b). 
 
1.4 Der Hauptantrag des Beschwerdeführers lautet auf Rückweisung, obwohl das Bundesgericht ein Urteil in der Sache fällen könnte, sofern die Beschwerde gutzuheissen wäre. Allerdings stellt er in seinem Eventualbegehren einen Antrag in der Sache, indem er die Gutheissung der Klage verlangt, jedoch ohne sein Klagebegehren zu beziffern. Da er jedoch in der Begründung einleitend erwähnt, im kantonalen Verfahren sei zuletzt der Betrag von Fr. 8'743.75 strittig gewesen, ist hinreichend klar erkennbar, dass es ihm auch im Verfahren vor Bundesgericht darum geht, diese Summe zugesprochen zu erhalten. Auf die form- und fristgerecht eingereichte Verfassungsbeschwerde ist demnach grundsätzlich einzutreten. 
 
2. 
2.1 Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist. Dies trifft namentlich zu, wenn er zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder er eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt. Willkür liegt nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 131 I 57 E. 2; 127 I 54 E. 2B; 124 IV 86 E. 2a). Das Bundesgericht hat deshalb die Möglichkeit, eine willkürliche Begründung durch verfassungskonforme Erwägungen zu ersetzen, sofern die kantonale Behörde die zur Substituierung geeignete Begründung nicht ausdrücklich oder implizit abgelehnt hat (BGE 112 Ia 353 E. 3c/bb S. 355; vgl. auch Urteil 4P.244/2005 vom 6. Februar 2006 E. 1.2). Der Beschwerdeführer, welcher die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss im einzelnen aufzeigen, weshalb die beanstandeten Feststellungen offensichtlich unrichtig und demnach willkürlich sind (BGE 133 III 462 E. 2.4 S. 466). Zudem muss er aufzeigen, dass das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre (Urteil 4A_501/2007 vom 22. Februar 2008 E. 2.2). 
 
2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe bei seiner Schadensberechnung übersehen, dass das ihm seitens der Versicherung auf der Basis der vollständigen Arbeitsunfähigkeit ausbezahlte Taggeld von Fr. 180.077 nicht dem gesamten versicherten Verdienst, sondern lediglich 80 % davon entspricht. Der Sachverhalt sei insoweit gemäss Art. 118 BGG zu berichtigen, da er auf einer willkürlichen Annahme und damit auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 116 BGG beruhe. Werde von einem versicherten Verdienst von Fr. 225.09 pro Tag ausgegangen, sei die Klage gemäss den Berechnungen des Obergerichts gutzuheissen. Der vom Obergericht erhobene Vorwurf der mangelhaften Substanziierung sei sachlich nicht haltbar und könne daher nicht im Sinne einer substituierten Entscheidgrundlage herangezogen werden. Er habe zur Schadensberechnung in tabellarischer Form eine relativ komplexe Globalrechnung unterbreitet. Wenn und soweit das Obergericht diese nicht habe verstehen oder nachvollziehen können, habe es auf Grund der anwendbaren Untersuchungsmaxime die Pflicht gehabt, sich die Berechnung erläutern zu lassen. Dies habe das Obergericht unterlassen, weshalb der Vorwurf der Verletzung der Substanziierungspflicht willkürlich sei. 
 
2.3 Die Beschwerdegegnerin bringt in ihrer Vernehmlassung zur Beschwerde vor, zwar treffe zu, dass das Obergericht falsche Zahlen für die Taggeldansprüche des Beschwerdeführers ermittelt habe. Der angefochtene Entscheid sei jedoch im Ergebnis nicht willkürlich. Zum einen sei die Klage gemäss den zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts abzuweisen, weil die Bestimmungen zum Arbeitsvertrag dahingehend zu verstehen seien, dass ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Taggeldzahlungen nach Beendigung des Arbeitsvertrages zu verneinen sei. Zum anderen seien die Tabellen des Beschwerdeführers komplex gewesen, so dass der Vorwurf der fehlenden Substanziierung durchaus gerechtfertigt sei. 
 
2.4 Aus den kantonalen Akten ergibt sich, dass der von der Y.________ Versicherung während der Dauer der 100 %-igen Arbeitsunfähigkeit pro Tag bezahlte Betrag von Fr. 180.077 lediglich 80 % des Verdienstausfalls entspricht. Dies hat das Obergericht verkannt, weshalb der Willkürvorwurf des Beschwerdeführers insoweit berechtigt ist. Dennoch ist das angefochtene Urteil im Ergebnis nicht unhaltbar, zumal nicht erkennbar ist, inwiefern die Annahme des Obergerichts, der Schaden sei vom Beschwerdeführer ungenügend substanziiert worden, willkürlich sein soll. Dieser macht denn auch zu Recht nicht geltend, seine Schadensberechnung sei klar verständlich gewesen. Vielmehr beschränkt er sich darauf, dem Obergericht vorzuwerfen, dass es die Unklarheiten nicht durch eine Parteibefragung beseitigt habe. Er lässt dabei ausser Acht, dass die von ihm angerufene Untersuchungsmaxime gemäss Art. 343 Abs. 2 OR bei anwaltlich vertretenen Parteien vom Gericht nicht verlangt, dass es sie auf ungenügende Prozesseingaben aufmerksam macht und ihnen die Verbesserung ermöglicht, zumal von einem Anwalt erwartet werden darf, dass er die Anforderungen an die Substanziierung des Schadens kennt (vgl. 4C.340/2004 vom 2. Dezember 2004 E. 4.2). 
 
2.5 Da das Obergericht die Klage willkürfrei mangels genügende Substanziierung abweisen konnte, ist seine Annahme, die Rahmenfrist von 900 Tagen sei als Maximalfrist zu qualifizieren, nicht entscheiderheblich. Auf die Rüge, diese Annahme sei willkürlich, ist daher mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten. 
 
3. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 2 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Da eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert unter Fr. 30'000.-- vorliegt, werden die Gerichtskosten nach Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG festgelegt. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 28. April 2008 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
Corboz Gelzer