Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.149/2006 /bru
Urteil vom 28. Juni 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Matter.
Parteien
X._______ AG, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Jörg Moser AG,
Treuhandgesellschaft
gegen
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, Eigerstrasse 50, 3003 Bern,
Eidgenössische Steuerrekurskommission, avenue Tissot 8, 1006 Lausanne.
Gegenstand
Emissionsabgabe,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 3. März 2006.
Sachverhalt:
A.
Die X._______ AG (nachfolgend: die Gesellschaft) mit Sitz in Stansstad erwarb am 31. Oktober 1996 von ihrem Alleinaktionär 50 Namensaktien eines Drittunternehmens zum Nominalwert. Die Eidgenössische Steuerverwaltung qualifizierte die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Verkehrswert dieser Aktien als Zuschuss an die Gesellschaft und erhob dieser gegenüber mit Schreiben vom 4. September 1998 (bestätigt durch einen Entscheid vom 5. Juli 2004) eine Stempelsteuer (Emissionsabgabe) von Fr. 149'000.-- plus Verzugszins von Fr. 9'023.--. Sodann verrechnete sie den Gesamtbetrag von Fr. 158'023.-- mit einem Guthaben der X._______ AG auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer von Fr. 177'004.85. Das Restguthaben von Fr. 18'981.85 wurde der Gesellschaft daraufhin überwiesen.
B.
Nach erfolgloser Einsprache und sodann Beschwerde an die Eidgenössische Steuerrekurskommission hat die X._______ AG am 17. März 2006 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragt, den Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 3. März 2006 aufzuheben. Es sei festzu-stellen, dass die Emissionsabgabe infolge Verjährung nicht geschuldet sei. Somit sei die Verrechnung mit dem Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft rechtswidrig erfolgt. Die Eidgenössische Steuerverwaltung sei anzuweisen, den Betrag von Fr. 158'023.-- zurückzuerstatten.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung und die Eidgenössische Steuerrekurskommission schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Entscheide der Eidgenössischen Steuerrekurskommission betreffend Stempelabgaben sind gemäss Art. 40 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG; SR 641.10) in Verbindung mit Art. 97 ff. OG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar. Die Gesellschaft ist als Steuerpflichtige zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 103 lit. a OG). Auf ihre form- und fristgerechte Beschwerde ist einzutreten.
1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts ( Art. 104 lit. a und b OG ), nicht jedoch die Unangemessenheit des angefochtenen Entscheids (vgl. Art. 104 lit. c OG) gerügt werden. Hat - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden, ist das Bundesgericht an deren Sachverhaltsfeststellung gebunden, sofern diese nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgt ist (Art. 105 Abs. 2 OG).
2.
2.1 Der Bund erhebt Stempelabgaben u.a. auf Zuschüssen, die die Gesellschafter ohne entsprechende Gegenleistung an die Gesellschaft erbringen, ohne dass das im Handelsregister eingetragene Gesellschaftskapital erhöht wird (vgl. Art. 5 Abs. 2 lit. a StG). Die Abgabeforderung entsteht im Zeitpunkt des Zuschusses (Art. 7 Abs. 1 lit. e StG). Sie wird 30 Tage nach ihrer Entstehung fällig (Art. 11 lit. c StG). Sie verjährt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist (Art. 30 Abs. 1 StG). Die Verjährung wird unterbrochen durch jede Anerkennung der Abgabeforderung von Seiten eines Zahlungspflichtigen sowie durch jede auf Geltendmachung des Abgabeanspruches gerichtete Amtshandlung, die einem Zahlungspflichtigen zur Kenntnis gebracht wird; mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem (Art. 30 Abs. 3 StG).
2.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet zu Recht nicht generell, dass Rückerstattungsansprüche aus Verrechnungssteuer mit Stempelsteuerforderungen des Gemeinwesens verrechnet werden können (vgl. in diesem Sinne schon BGE 85 I 157 E. 2 S. 159; für andere Steuerguthaben und Forderungen der öffentlichen Hand: siehe u.a. BGE 107 III 139 E. 2 S. 142 f. und 111 Ib 150 E. 3 S. 158 f.). Indessen macht sie geltend, die Verrechnung sei vorliegend wegen Verjährung ausgeschlossen. Diesem Standpunkt sind die Steuerbehörden nicht gefolgt. Dafür können sie sich auf Rechtsprechung und Lehre stützen, die im angefochtenen Entscheid umfassend und sorgfältig dargestellt werden (vgl. E. 3, S. 7 ff.). Aus den dort genannten Grundsätzen, auf die hier verwiesen werden kann, ergibt sich, dass die Argumentation der Beschwerdeführerin namentlich in zweierlei Hinsicht nicht zu überzeugen vermag:
Einerseits geht sie davon aus, dass auf den Zeitpunkt des Entscheids vom 5. Juli 2004 abzustellen sei; erst durch die förmliche Verfügung sei die Stempelsteuerforderung präzis genug festgelegt worden, um fällig zu werden; seit dem Schreiben vom 4. September 1998 sei aber während mehr als fünf Jahren keine auf Geltendmachung der Steuerforderung gerichtete Amtshandlung mehr erfolgt; somit sei die Verjährung schon vorher eingetreten und fehle es an einer Forderung, die dem Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft gegenübergesetzt werden könne. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Voraussetzungen einer gültigen Verrechnung schon im Jahr 1998 erfüllt waren. Bereits damals ging es um Forderung und Gegenforderung zwischen den gleichen Rechtsträgern und handelte es sich beidseits um fällige Geldforderungen (vgl. E. 2.1 oben sowie die Hinweise eingangs der E. 2.2). Damit steht im Einklang, dass der Abgabepflichtige der Eidgenössischen Steuerverwaltung bei Fälligkeit der Abgabe unaufgefordert die vorgeschriebene Abrechnung mit den Belegen einzureichen und gleichzeitig die Abgabe zu entrichten hat (vgl. Art. 34 Abs. 2 StG). Der Entscheid der Behörde, in welchem die Abgabeforderung eröffnet bzw. förmlich festgelegt wird, hat also keine konstitutive, sondern bloss deklaratorische Wirkung. An der Fälligkeit - hier 30 Tage nach dem Zuschuss bzw. dem Verkauf der Aktien - ändert sich nichts, wenn die Forderung bestritten ist, in Übereinstimmung mit dem in Art. 120 Abs. 2 OR festgelegten (und auch hier analog gültigen) Grundsatz. In diesem Zusammenhang hat die Vorinstanz auch keine qualifiziert unzutreffende Sachverhaltsfeststellung getroffen (vgl. E. 1.2 hiervor). Die Verrechnung war daher zulässig. Mit ihr ging die Stempelsteuerforderung unter und konnte in der Folge nicht mehr verjähren.
Unzutreffend ist andererseits die Auffassung der Beschwerdeführerin, wenn die Stempelsteuerforderung verjährt sei, so sei eine Verrechnung mit dem Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft nur schon deshalb ausgeschlossen. Dieser Sichtweise steht die allgemeine - und hier ebenfalls analog anwendbare - Regel entgegen, wonach auch eine verjährte Forderung zur Verrechnung gebracht werden kann, wenn sie zur Zeit, wo sie mit der anderen Forderung verrechnet werden konnte, noch nicht verjährt war (vgl. Art. 120 Abs. 3 OR; im gleichen Sinne u.a. Art. 8 Abs. 3 StV). Somit hat die Beschwerdeführerin von der Eidgenössischen Steuerverwaltung auf jeden Fall nichts zu fordern.
3.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen Steuerverwaltung und der Eidgenössischen Steuerrekurskommission schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Juni 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: