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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_269/2024  
 
 
Urteil vom 28. Juni 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Aebischer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 21. März 2024 (IV 2023/124). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1985 geborene A.________ bezog wegen Geburtsgebrechen medizinische Massnahmen von der Invalidenversicherung. Im Sommer 2004 schloss er die Anlehre zum Holzbearbeiter im Rahmen einer beruflichen Massnahme erfolgreich ab. Im Anschluss daran ermittelte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen einen Invaliditätsgrad von 80 %, weshalb sie A.________ mit Verfügung vom 10. November 2005 eine ganze Invalidenrente ab dem 1. August 2004 zusprach. Mit Mitteilungen vom 13. Dezember 2006 und 31. Juli 2012 bestätigte sie den unveränderten Rentenanspruch.  
Im Februar 2014 leitete die IV-Stelle ein weiteres Rentenrevisionsverfahren ein. Sie erkannte, dass A.________ bis im November 2014 unregelmässige und in der Höhe schwankende Einkommen erzielt hatte. Am 23. Februar 2015 teilte sie dem Versicherten mit, dass "zurzeit" berufliche Massnahmen gesundheitsbedingt nicht möglich seien. Sodann ermittelte sie einen Invaliditätsgrad von 58 %. Folglich reduzierte sie mit (unangefochten gebliebener) Verfügung vom 4. August 2015 die bisherige ganze auf eine halbe Invalidenrente ab dem 1. Oktober 2015. 
 
A.b. Im März 2016 ersuchte A.________ um eine Rentenerhöhung ("IV-Revision"). Die IV-Stelle trat auf das Gesuch mit Verfügung vom 21. November 2016 nicht ein mit der Begründung, eine erhebliche Veränderung der Verhältnisse sei nicht glaubhaft. Das Bundesgericht hob den diese Verfügung bestätigenden Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. September 2019 mit Urteil 8C_735/2019 vom 25. Februar 2020 auf und wies die Sache zur materiellen Behandlung und neuen Verfügung an die IV-Stelle des Kantons St. Gallen zurück. Die Verfügung vom 24. November 2020, mit der die IV-Stelle das Rentenerhöhungsgesuch abwies, hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Rückweisungsentscheid vom 19. August 2021 auf. Nach weiteren Abklärungen - insbesondere Einholung des Gutachtens der medizinischen Abklärungsstelle ZVMB GmbH (nachfolgend: Medas) vom 5. Dezember 2022 - und Einleitung zweier Rechtsverzögerungsverfahren (vgl. Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. Dezember 2022 und entsprechendes Nichteintretensurteil des Bundesgerichts 9C_597/2022 vom 2. März 2023; Entscheid des kantonalen Versicherungsgerichts vom 14. März 2023) erliess die IV-Stelle den Vorbescheid vom 14. Februar 2023. Mit diesem stellte sie die Ausrichtung einer ganzen Invalidenrente ab dem 1. September 2022 (bei einem Invaliditätsgrad von 100 %) in Aussicht. A.________ verlangte daraufhin die Rentenerhöhung bereits ab dem 1. März 2016.  
Nach Erlass eines weiteren Vorbescheids am 15. Mai 2023 wies die IV-Stelle das Gesuch um Rentenerhöhung mit Verfügung vom 1. Juni 2023 erneut ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Erlass der Verfügung vom 4. August 2015 sei nicht überwiegend wahrscheinlich, und die neue gutachterliche Beurteilung sei nicht geeignet, eine - ohnehin verspätet geltend gemachte - prozessuale Revision (im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG) zu begründen. 
 
B.  
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies "die Beschwerde gegen die Abweisung des Rentenerhöhungsgesuchs" und "die Beschwerde gegen die Abweisung des Revisionsbegehrens im Sinne des Art. 53 Abs. 1 ATSG" mit Entscheid vom 21. März 2024 ab. 
 
C.  
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 21. März 2024 sei ihm eine ganze Invalidenrente ab dem 1. März 2016, eventualiter ab dem 1. August 2015, auszurichten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können. Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2).  
Der Beschwerdeführer reicht neu ein an die IV-Stelle gerichtetes Wiedererwägungsgesuch vom 8. April 2024 und das entsprechende Antwortschreiben vom 11. April 2024 ein. Er begründet deren Zulässigkeit in diesem Verfahren mit keinem Wort. Die neuen Beweismittel und die diesbezüglichen Behauptungen bleiben daher unbeachtet. 
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Zur Diskussion steht die Höhe des Rentenanspruchs frühestens ab März 2016 (vgl. Art. 88bis Abs. 1 lit. a IVV [SR 831.201]), zumal eine allfällige zweifellose Unrichtigkeit der Rentenherabsetzung nicht vor diesem Zeitpunkt entdeckt wurde (vgl. Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV). Die dem hier angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Verfügung erging am 1. Juni 2023. Dieser Zeitpunkt begrenzt den gerichtlichen Prüfungszeitraum (vgl. BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 132 V 215 E. 3.1.1). Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind hier primär die Bestimmungen des IVG und des ATSG (SR 830.1) in der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung anwendbar. Sie werden - soweit nicht anders vermerkt - im Folgenden jeweils in dieser Version wiedergegeben, zitiert und angewendet.  
 
2.2. Streitgegenstand resp. massgebliches Rechtsverhältnis (vgl. zu diesen Begriffen BGE 144 I 11 E. 4.3; 125 V 413 E. 1 und 2) war und ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente, insbesondere unter dem Teilaspekt des Rentenumfangs. Anders als die Vorinstanz anzunehmen scheint, führt dessen Beurteilung im Lichte unterschiedlicher Rechtsinstitute (z.B. materielle und prozessuale Revision), die grundsätzlich im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen zu berücksichtigen sind, nicht zu mehreren Streitgegenständen.  
Eine Rentenerhöhung bedarf mit Blick auf die unangefochten gebliebene Verfügung vom 4. August 2015 (Herabsetzung von einer ganzen auf eine halbe Invalidenrente) eines Rückkommenstitels. Dafür fallen alternativ die materielle Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG (bei nachträglicher tatsächlicher Unrichtigkeit; dazu nachfolgende E. 3), die prozessuale Revision nach Art. 53 Abs. 1 ATSG (bei anfänglicher tat-sächlicher Unrichtigkeit; dazu nachfolgende E. 4) und die Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG (bei anfänglicher rechtlicher Unrichtigkeit; dazu nachfolgende E. 5) in Betracht (vgl. Urteile 9C_73/2023 vom 21. November 2023 E. 3.2; 9C_212/2021 vom 22. Oktober 2021 E. 4.2; 8C_594/2019 vom 28. Mai 2020 E. 2.2). 
 
3.  
 
3.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG; materielle Revision). Eine Verbesserung der Erwerbsfähigkeit ist von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich längere Zeit dauern wird. Sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate gedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird (Art. 88a Abs. 1 IVV). Eine Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit ist zu berücksichtigen, sobald sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate gedauert hat (Art. 88a Abs. 2 IVV).  
Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Anspruch (vgl. Art. 28 Abs. 2 IVG) zu beeinflussen. Insbesondere ist die Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar. Weiter sind, auch bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand, veränderte Auswirkungen auf den Erwerbs- oder Aufgabenbereich von Bedeutung; dazu gehört die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer Angewöhnung oder Anpassung an die Behinderung. Hingegen ist die lediglich unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts im revisionsrechtlichen Kontext unbeachtlich (BGE 141 V 9 E. 2.3 mit Hinweisen; Urteile 9C_212/2021 vom 22. Oktober 2021 E. 4.4.1; 9C_434/2020 vom 10. Juni 2021 E. 2). Für die Annahme einer anspruchserheblichen Veränderung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG genügt unter medizinischen Aspekten weder eine im Vergleich zu früheren ärztlichen Einschätzungen ungleich attestierte Arbeitsunfähigkeit noch eine unterschiedliche diagnostische Einordnung des geltend gemachten Leidens; massgeblich ist vielmehr eine (erheblich) veränderte Befundlage (BGE 141 V 9 E. 2.3; Urteile 9C_280/2021 vom 13. August 2021 E. 2.1.1; 9C_135/2021 vom 27. April 2021 E. 2.1 mit weiteren Hinweisen). 
 
3.2. Die Vorinstanz hat gestützt auf das Medas-Gutachten festgestellt, der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers habe sich seit dem massgeblichen Vergleichszeitpunkt (4. August 2015) nur geringfügig im Sinne einer zunehmenden Frustration über die erfolglose Stellensuche und die Rentenherabsetzung verändert. Ein Hinweis auf eine anspruchsrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustandes fehle.  
 
3.3.  
 
3.3.1. Dass die vorinstanzliche Feststellung eines im Wesentlichen unveränderten Gesundheitszustandes offensichtlich unrichtig (d.h. unhaltbar, willkürlich: BGE 148 IV 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; 144 V 50 E. 4.2) sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen soll, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Sie bleibt daher für das Bundesgericht verbindlich (vorangehende E. 1.2).  
 
3.3.2. Anders als der Beschwerdeführer anzunehmen scheint, ist nicht von Belang, dass die IV-Stelle zunächst (im Vorbescheid vom 14. Februar 2023) eine "gewisse Verschlechterung im Verlauf" erkannt und eine Rentenerhöhung in Aussicht gestellt, aber in der Verfügung vom 1. Juni 2023 eine erhebliche Veränderung nicht (mehr) für überwiegend wahrscheinlich gehalten und einen unveränderten Anspruch bestätigt hatte. Einerseits ist nicht das Verhalten der IV-Stelle, sondern der hier angefochtene Entscheid zu beurteilen (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Anderseits ist der genannte Vorbescheid keine Grundlage im Sinne des Vertrauensschutzes (vgl. Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV; BGE 146 I 105 E. 5.1.1; 143 V 95 E. 3.6.2), aus der die Vorinstanz auf das Vorliegen eines Grundes für eine materielle (oder prozessuale) Revision hätte schliessen müssen.  
 
3.3.3. Der Beschwerdeführer macht eine Sachverhaltsveränderung in erwerblicher Hinsicht geltend: Er habe das von der IV-Stelle in der Verfügung vom 4. August 2015 auf Fr. 35'000.- festgelegte Invalideneinkommen nach der Rentenherabsetzung zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise erreichen können. So habe sein Einkommen 2015 (ab August) Fr. 6'071.-, 2016 Fr. 10'331.-, 2017 Fr. 14'951.-, 2018 Fr. 5'700.- und 2019 Fr. 1'089.- betragen, bevor er ab 2020 gar kein relevantes Einkommen mehr erzielt habe.  
Beim Erlass der Verfügung vom 4. August 2015 stand Folgendes fest: Der Beschwerdeführer hatte zwischen (spätestens) Januar 2009 und November 2014 unregelmässige und schwankende Einkommen erzielt. Sein letzter Arbeitstag (vor dem massgeblichen Vergleichszeitpunkt vom 4. August 2015) war bereits am 28. November 2014 gewesen, und die Eingliederungsberaterin der IV-Stelle hatte im Februar 2015 "eine berufliche Integration im ersten Arbeitsmarkt (für) aktuell nicht umsetzbar" gehalten. Bei diesen Gegebenheiten stellt der Umstand, dass der Versicherte (auch) nach dem 4. August 2015 tatsächlich kein durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 35'000.- erzielen konnte, keine erhebliche Sachverhaltsveränderung dar. Dass die teilweise (Wieder-) Aufnahme einer Erwerbstätigkeit - bei isolierter Betrachtung - zur Berücksichtigung eines entsprechenden Invalideneinkommens hätte führen müssen (vgl. zu dessen Festsetzung BGE 148 V 174 E. 6.2; 143 V 295 E. 2.2; 135 V 297 E. 5.2) und insofern anspruchsrelevant gewesen sein soll, ist zu bezweifeln. Solches macht der Beschwerdeführer auch nicht geltend, weshalb sich diesbezügliche Weiterungen erübrigen. 
 
3.3.4. Nach dem Gesagten hat das kantonale Gericht für den Zeitraum bis Ende 2021 zu Recht einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG verneint. Dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2022 (vgl. dazu auch lit. b Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des IVG vom 19. Juni 2020 [WEIV]) ein Revisionsgrund im Sinne der seither geltenden Vorgaben des Art. 17 Abs. 1 ATSG bestehen soll, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht.  
 
4.  
 
4.1. Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war (Art. 53 Abs. 1 ATSG; prozessuale Revision).  
Neu sind Tatsachen, die sich vor Erlass der formell rechtskräftigen Verfügung oder des Einspracheentscheides verwirklicht haben, jedoch dem Revisionsgesuchsteller trotz hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren. Die neuen Tatsachen müssen erheblich sein, d.h. sie müssen geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage des zur Revision beantragten Entscheids zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer anderen Entscheidung zu führen. Neue Beweismittel haben entweder dem Beweis der die Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt gewesen, aber zum Nachteil des Gesuchstellers unbewiesen geblieben sind (BGE 144 V 245 E. 5.2 mit Hinweisen). Die Revision dient indessen nicht dazu, frühere prozessuale Fehler und Unterlassungen einer Prozesspartei nachträglich zu korrigieren (Urteile 8C_188/2023 vom 31. Mai 2024 E. 3.3; 9F_16/2023 vom 12. Dezember 2023 E. 1; 6B_915/2020 vom 27. Juli 2021 E. 1.4.1; 9F_12/2019 vom 5. Juli 2019). 
 
4.2. Die Vorinstanz hat diesbezüglich insbesondere erwogen, im Medas-Gutachten sei überzeugend aufgezeigt worden, dass es dem Beschwerdeführer weder aktuell noch in der Vergangenheit möglich (gewesen) sei, eine im ersten Arbeitsmarkt verwertbare Arbeitsleistung zu erbringen. Dabei handle es sich aber nicht um eine qualifiziert neue Tatsache im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG. Bereits vor Erlass der Verfügung vom 4. August 2015 sei bekannt und belegt gewesen, dass der Betroffene aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nur im geschützten Rahmen erwerbstätig sein konnte. Dass die IV-Stelle ein Invalideneinkommen von Fr. 35'000.- berücksichtigt hatte, hat das kantonale Gericht als Rechtsanwendungsfehler betrachtet. Folglich hat es die Voraussetzungen für eine prozessuale Revision verneint.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Zwar konnte der Versicherte aus Tätigkeiten im ersten Arbeitsmarkt unregelmässige und schwankende Einkommen erzielen (vgl. vorangehende E. 3.3.3). Darin erblickten die Medas-Gutachter aber ausdrücklich keine "stabile Erwerbsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt"; vielmehr sahen sie diese Einkommen in einer "mehr oder weniger langen Kulanz der Arbeitgeber begründet, bis die tatsächlich geringe Ressourcenlage erkannt wird". Dass die in diesem Sinn zu verstehenden und in E. 4.2 wiedergegebenen vorinstanzlichen Feststellungen offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen sollen, ist nicht ersichtlich und macht der Beschwerdeführer auch nicht (substanziiert) geltend. Sie bleiben für das Bundesgericht verbindlich.  
 
4.3.2. Der Beschwerdeführer bringt hinsichtlich der prozessualen Revision vor, das Medas-Gutachten habe neue Sachverhaltserkenntnisse geliefert und sei ein neu entdecktes Beweismittel. Erst mit diesem habe sich gezeigt, dass ein jährlicher Verdienst von Fr. 35'000.- überhaupt nicht realistisch sei. Die vorinstanzliche Auffassung, wonach die IV-Stelle vor der Rentenherabsetzung den Sachverhalt weder unvollständig noch falsch ermittelt habe, sei offensichtlich unrichtig und unhaltbar; das Gericht sei einem Rückschaufehler unterlegen, indem es nachträglich die frühere Vorhersehbarkeit der vollständigen Arbeitsunfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt überschätzt habe. Unhaltbar sei auch die vorinstanzliche Feststellung, wonach sich die IV-Stelle bewusst entschlossen habe, nicht auf den richtig und vollständig ermittelten Sachverhalt, sondern auf die unhaltbare Sachverhaltsannahme, wonach er ein Jahreseinkommen von Fr. 35'000.- erzielen könne, abzustellen, zumal die Verwaltung explizit von einer Arbeitsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt ausgegangen sei.  
Die Verfügung vom 4. August 2015 enthält sowohl den klaren Hinweis auf die Unverwertbarkeit einer allfälligen Restarbeitsfähigkeit als auch - zufolge Festsetzung eines Invalideneinkommens - die implizite Annahme einer (teilweise) verwertbaren Arbeitsfähigkeit. Indessen ist weder diese Widersprüchlichkeit, noch die Frage, ob die vollständige Arbeitsunfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt bereits im August 2015 "vorhersehbar" war, für eine prozessuale Revision von Bedeutung. Massgeblich ist vielmehr, dass das Fehlen einer (verwertbaren) Arbeitsfähigkeit im Zeitpunkt der Rentenherabsetzung grundsätzlich bereits damals hätte bewiesen werden können (vgl. vorangehende E. 4.1 in fine; vgl. auch Urteil 8C_188/2023 vom 31. Mai 2024 E. 5). Wenn dafür - im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes - weitere Abklärungen erforderlich gewesen wären (was die Vorinstanz ohnehin verneint hat), hätte der Beschwerdeführer solche verlangen können, was er indessen nicht tat. Somit ist das Medas-Gutachten - selbst wenn sich die fehlende Arbeitsfähigkeit im hier interessierenden Zeitpunkt der Rentenherabsetzung erstmals daraus ergeben sollte - kein revisionsrechtlich relevantes Beweismittel. 
 
4.3.3. Demnach ist der vorinstanzliche Entscheid auch hinsichtlich der prozessualen Revision bundesrechtskonform.  
 
5.  
 
5.1. Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Art. 53 Abs. 2 ATSG; Wiedererwägung).  
Die Wiedererwägung im Sinne dieser Bestimmung dient der Korrektur einer anfänglich unrichtigen Rechtsanwendung einschliesslich unrichtiger Feststellung im Sinne der Würdigung des Sachverhalts, insbesondere bei einer klaren Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes. Zweifellose Unrichtigkeit meint dabei, dass kein vernünftiger Zweifel an der (von Beginn weg bestehenden) Unrichtigkeit der Verfügung möglich, also einzig dieser Schluss denkbar ist. Soweit ermessensgeprägte Teile der Anspruchsprüfung vor dem Hintergrund der Sach- und Rechtslage (einschliesslich der Rechtspraxis) im Zeitpunkt der rechtskräftigen Leistungszusprechung in vertretbarer Weise beurteilt worden sind, scheidet die Annahme zweifelloser Unrichtigkeit aus (BGE 148 V 195 E. 5.3 mit Hinweisen). 
 
5.2. Mit Blick auf die Wiederwägung hat das kantonale Gericht als (offensichtlichen) Rechtsanwendungsfehler qualifiziert, dass die IV-Stelle beim Erlass der Verfügung vom 4. August 2015 das Invalideneinkommen auf Fr. 35'000.- festgesetzt hatte. Weiter hat es erwogen, die bei ihr angefochtene Verfügung vom 1. Juni 2023 äussere sich nicht zu einer allfälligen Wiedererwägung, weshalb die entsprechende Frage nicht zum Gegenstand des kantonalen Beschwerdeverfahrens gehöre.  
 
5.3.  
 
5.3.1. Ob die IV-Stelle Recht verletzt hatte, indem sie dem Versicherten eine Arbeitsfähigkeit unterstellt und das Invalideneinkommen auf der Grundlage des von Juli 2011 bis November 2014 erzielten Einkommens festgelegt hatte, braucht hier nicht beantwortet zu werden (vgl. aber immerhin den Hinweis in vorangehender E. 3.3.3). Zwar kann das Gericht eine revisionsweise erfolgte Rentenherabsetzung oder -aufhebung mit der substituierten Begründung schützen, bezüglich der ursprünglichen Rentenzusprache seien die Voraussetzungen einer Wiedererwägung erfüllt gewesen (Urteil 9C_73/2023 vom 21. November 2023 E. 3.1 mit Hinweisen). Indessen kann der Versicherungsträger, wenn eine Rentenerhöhung zur Diskussion steht, weder vom Betroffenen noch vom Gericht zu einer Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG verhalten werden. Es besteht mithin kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Wiedererwägung (BGE 133 V 50 E. 4.2; vgl. auch THOMAS FLÜCKIGER, in: Basler Kommentar, ATSG, 2020, N. 91 f. zu Art. 53 ATSG).  
 
5.3.2. Demnach hat die Vorinstanz zu Recht nicht über eine Wiedererwägung der Verfügung vom 4. August 2015 entschieden. Die IV-Stelle ist indessen gehalten, das vom Beschwerdeführer im März 2016 eingereichte Rentenerhöhungsgesuch zumindest formell unter dem Gesichtspunkt der Wiedererwägung zu behandeln.  
 
6.  
Zusammengefasst ergibt sich, dass hinsichtlich der Verfügung vom 4. August 2015 (noch) kein Rückkommenstitel vorliegt. Damit bleibt es beim bisherigen Anspruch auf eine halbe Invalidenrente. Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
7.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 28. Juni 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann