Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_202/2023
Urteil vom 28. August 2024
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Ryter, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Hänni,
Bundesrichter Kradolfer,
Gerichtsschreiberin Braun.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Ebnöther,
gegen
Amt für Migration und Integration des
Kantons Aargau,
Rechtsdienst, Bahnhofplatz 3C, 5001 Aarau.
Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und
Wegweisung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Aargau, 2. Kammer, Einzelrichter, vom
22. Februar 2023 (WBE.2022.54).
Sachverhalt:
A.
A.a. Der pakistanische Staatsangehörige A.________ (geb. 1984) reiste am 30. November 2015 zur Vorbereitung der Eheschliessung in die Schweiz ein und heiratete am 15. Januar 2016 in U.________ (Kanton Aargau) die Schweizerin B.________ (geb. 1972). Am 4. Februar 2016 erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung zwecks Verbleibs bei seiner Ehefrau, wohnhaft in V.________ (Kanton Aargau). Diese wurde in der Folge jeweils verlängert, letztmals bis zum 31. Januar 2019.
A.b. A.________ reiste am 8. Juni 2016 nach Pakistan und kehrte am 5. November 2016 zu seiner Ehefrau in die Schweiz zurück. Am 8. Oktober 2018 meldete die Einwohnerkontrolle Widen den Zuzug von A.________ in eine dortige Einzimmerwohnung per 1. Juli 2018. Die Einwohnerkontrolle Reinach meldete am 3. September 2019 den Wiederzuzug von A.________ an die Adresse seiner Ehefrau per 27. August 2019. Mit Eingabe vom 6. September 2019 hielt A.________ fest, die Eheleute hätten per 23. August 2019 den gemeinsamen Haushalt wieder aufgenommen.
A.c. Am 10. März 2020 reiste A.________ wiederum nach Pakistan. Mit E-Mail vom 17. April 2020 gab die Ehefrau an, dass A.________ und sie nicht mehr in einer Ehegemeinschaft leben würden. Dieser teilte daraufhin mit Schreiben vom 8. Mai 2020 mit, er befinde sich seit Anfang März 2020 in Pakistan und habe aufgrund der durch die Corona-Pandemie verursachten Flugstreichungen nicht wie geplant am 22. März 2020 in die Schweiz zurückkehren können. Am 10. September 2020 kehrte er sodann in die Schweiz zurück.
A.d. Die Einwohnerdienste W.________ meldeten am 5. Januar 2021 den Zuzug von A.________ ohne seine Ehefrau per 1. Januar 2021. Ebenfalls am 5. Januar 2021 ging beim Bezirksgericht Kulm das gemeinsam unterzeichnete Scheidungsbegehren der Eheleute ein.
B.
B.a. Am 22. März 2019 verfügte das Amt für Migration und Integration Kanton Aargau (nachfolgend: Migrationsamt) die Nichtverlängerung der am 31. Januar 2019 abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobene Einsprache wies der Rechtsdienst des Migrationsamts mit Entscheid vom 11. Juli 2019 ab.
B.b. Mit Eingabe vom 12. August 2019 erhob A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (nachfolgend: Verwaltungsgericht), welches diese nach vorübergehender Sistierung des Verfahrens mit Urteil WBE.2019.271 vom 12. August 2021 abwies, soweit es darauf eintrat.
B.c. Das Bundesgericht hiess die von A.________ am 16. September 2021 erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit Urteil 2C_739/2021 vom 27. Januar 2022 gut, hob das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12. August 2021 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen - insbesondere zur Abklärung des Fortbestands des Ehewillens während des Auslandsaufenthalts von A.________ im Zeitraum vom 10. März 2020 bis zum 10. September 2020 - ans Verwaltungsgericht zurück.
B.d. Mit Urteil WBE.2022.54 vom 22. Februar 2023 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde erneut ab, soweit es darauf eintrat. Im Rahmen einer Eventualerwägung stellte es fest, dass der Ehewille der Ehefrau am 17. April 2020 erloschen sei.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 3. April 2023 bzw. Beschwerdeergänzung vom 17. April 2023 gelangt A.________ wiederum ans Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2023 und die Anweisung des Migrationsamts, seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
Mit Präsidialverfügung vom 5. April 2023 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Die Vorinstanz und das Migrationsamt verweisen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2023, beantragen die Abweisung der Beschwerde und verzichten im Übrigen auf Vernehmlassung. Das Staatssekretariat für Migration lässt sich nicht vernehmen.
Erwägungen:
1.
1.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide betreffend ausländerrechtliche Bewilligungen nur zulässig, wenn das Bundesrecht oder das Völkerrecht einen Anspruch auf die Bewilligung einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG
e contrario). Für das Eintreten genügt, dass die betroffene Person in vertretbarer Weise darlegt, potenziell über einen Bewilligungsanspruch zu verfügen. Ob die Voraussetzungen des Bewilligungsanspruchs tatsächlich vorliegen, ist indes nicht Gegenstand der Eintretensfrage, sondern der materiellen Beurteilung
Vorliegend beruft sich der Beschwerdeführer in vertretbarer Weise auf einen Anspruch aus Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG (SR 142.20).
1.2. Da auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen (Art. 42, Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG ) erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
2.
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden ( Art. 95 lit. a und b BGG ). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 149 II 337 E. 2.2; 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 149 I 105 E. 2.1; 147 II 44 E. 1.2; 143 II 283 E. 1.2.2).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig - sprich willkürlich - sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang zudem entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 337 E. 2.3; 148 IV 356 E. 2.1; 147 I 73 E. 2.2).
Da der Beschwerdeführer vorliegend keine Sachverhaltsrügen erhebt, ist nachfolgend vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt auszugehen (Art. 105 Abs. 1 BGG).
3.
Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG.
3.1. Ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Schweizerinnen und Schweizern haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AIG). Das Erfordernis des Zusammenwohnens besteht nicht, wenn für getrennte Wohnorte wichtige Gründe geltend gemacht werden und die Familiengemeinschaft weiter besteht (Art. 49 AIG). Letzteres setzt voraus, dass der Ehewille trotz Trennung fortbesteht (so bereits das Urteil 2C_739/2021 vom 27. Januar 2022 E. 3.1 mit Hinweisen; vgl. auch Urteile 2C_590/2023 vom 8. Mai 2024 E. 5.6.1; 2C_974/2020 vom 12. März 2021 E. 4.2). Nach der Praxis können eheliche Schwierigkeiten zwar kurzfristig ein Getrenntleben im Rahmen von Art. 49 AIG rechtfertigen, doch gilt dies nicht mehr, wenn die Trennung über Monate hinweg aufrechterhalten wird, ohne dass es zu einer nennenswerten Wiederannäherung der Ehegatten kommt (Urteil 2C_144/2023 vom 6. November 2023 E. 5.3 mit Hinweis).
3.2. Gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG besteht nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft der Anspruch des Ehegatten und der Kinder nach Art. 42 AIG weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und die Integrationskriterien nach Art. 58a AIG erfüllt sind. Die beiden Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (BGE 140 II 289 E. 3.5.3 und 3.8; Urteile 2C_190/2024 vom 3. Juni 2024 E. 4.1; 2C_396/2023 vom 24. Mai 2024 E. 6.2).
3.2.1. Für die Anrechnung der dreijährigen Frist gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG ist auf die in der Schweiz gelebte Ehegemeinschaft abzustellen (BGE 140 II 345 E. 4.1; 140 II 289 E. 3.5.1; 136 II 113 E. 3.3; Urteil 2C_590/2023 vom 8. Mai 2024 E. 5.1). Abzuklären ist, ob die eheliche Gemeinschaft rückblickend drei Jahre Bestand gehabt hat (BGE 136 II 113 E. 3.2; Urteil 2C_590/2023 vom 8. Mai 2024 E. 5.1). Eine relevante Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht. Dabei ist im Wesentlichen auf die Dauer der nach aussen wahrnehmbaren ehelichen Wohngemeinschaft abzustellen (BGE 138 II 229 E. 2; 137 II 345 E. 3.1.2; Urteile 2C_590/2023 vom 8. Mai 2024 E. 5.1; 2C_378/2023 vom 13. Februar 2024 E. 4.1). Ausserdem kann sich die ausländische Person auch Zeiträume gemäss Art. 49 AIG anrechnen lassen (vgl. BGE 140 II 345 E. 4.4.2; Urteil 2C_558/2018 vom 14. August 2019 E. 2.2.2). Die zeitliche Grenze von drei Jahren gilt absolut (BGE 137 II 345 E. 3.1.3; Urteile 2C_590/2023 vom 8. Mai 2024 E. 5.1; 2C_378/2023 vom 13. Februar 2024 E. 4.1).
Bei der Frage, ob eine Ehegemeinschaft besteht bzw. gewollt ist, handelt es sich um eine Sachverhaltsfrage (vgl. BGE 128 II 145 E. 2.3; Urteile 2C_167/2024 vom 2. April 2024 E. 3.3; 2C_638/2023 vom 28. November 2023 E. 3.3).
3.2.2. Die Rechtsprechung stellt für die Frage, ob einzelne Phasen der Ehegemeinschaft trotz einer vorübergehenden Trennung zusammengerechnet werden können und deren Dauer als Gesamtes zu betrachten ist, auf den Fortbestand des Ehewillens ab. Wenn der Ehewille wegfällt und die Führung eines Ehelebens somit nicht mehr ernsthaft beabsichtigt wird, kann eine spätere erneute Ehegemeinschaft hinsichtlich der Berechnung der Dauer nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG nicht an die vor Aufgabe des Ehewillens in Ehegemeinschaft gelebte Zeit anknüpfen (BGE 140 II 345 E. 4.5.2; Urteil 2C_144/2023 vom 6. November 2023 E. 5.3). Mehrere Phasen des Zusammenlebens, unterbrochen durch Trennungsphasen, können bei der Berechnung der Dreijahresfrist somit nur dann addiert werden, wenn die Eheleute tatsächlich und ernsthaft entschlossen sind, ihre Ehegemeinschaft weiterzuführen (Urteil 2C_144/2023 vom 6. November 2023 E. 5.3 mit Hinweis; vgl. auch Urteil 2C_739/2021 vom 27. Januar 2022 E. 3.3).
3.2.3. Wie das Bundesgericht in BGE 136 II 113 E. 3.3.3 ausgeführt hat, muss die Dreijahresfrist von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG im Zusammenhang mit der zweiten Anspruchsvoraussetzung - der gelungenen Integration - betrachtet werden. Deshalb muss nach der Rechtsprechung die Ehegemeinschaft in der Schweiz geführt worden sein (vgl. E. 3.2.1 hiervor); die im Ausland gelebte Ehedauer ist bei der Berechnung der Dreijahresfrist von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG nicht zu berücksichtigen (vgl. Urteil 2C_318/2023 vom 2. August 2023 E. 3.2). Von diesem Grundsatz kann nur ausnahmsweise abgewichen werden, insbesondere wenn wichtige Gründe den schweizerischen Ehegatten, von dem die Aufenthaltsberechtigung abgeleitet wird, veranlassen, die Schweiz kurzfristig zu verlassen (vgl. BGE 140 II 345 E. 4.4; Urteil 2C_5/2019 vom 10. Juli 2019 E. 3.5).
3.3. Das Bundesgericht erachtete es im ersten Rechtsgang (Urteil 2C_739/2021 vom 27. Januar 2022) als erstellt, dass der Beschwerdeführer die Schweiz am 10. März 2020 mit dem Flugzeug in Richtung Pakistan verlassen hatte und am 10. September 2020 in die Schweiz zurückgekehrt war. Es sei anzunehmen, dass der Beschwerdeführer ursprünglich nur einen kurzen Aufenthalt in seiner Heimat geplant hatte und er die Rückreise aufgrund von Flugverkehrseinschränkungen nicht wie geplant antreten konnte. Daher erscheine es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass dieser Heimatbesuch - bei fortbestehender ehelicher Gemeinschaft und fortbestehendem Ehewillen (vgl. dort E. 4.4) - als vorübergehende Trennung aus wichtigen Gründen gemäss Art. 49 AIG qualifiziert und an die Dauer der ehelichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG angerechnet werden könne (vgl. dort E. 4.3). Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau habe die Frage, ob der Ehewille vom 10. März 2020 bis zum 10. September 2020 fortbestanden habe, jedoch nicht abschliessend geprüft (vgl. dort E. 4.4.2), was im Rahmen der Rückweisung nachzuholen sei (vgl. dort E. 4.5). In der Folge hiess das Bundesgericht die Beschwerde gut, hob das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12. August 2021 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen ans Verwaltungsgericht zurück (vgl. B.c hiervor).
3.4. Hebt das Bundesgericht einen Entscheid auf und weist es die Sache zu neuer Beurteilung an eine untere Instanz zurück, ist die erneut mit der Sache befasste Behörde - unter Vorbehalt prozessual zulässiger Noven, die eine andere Sichtweise nahelegen - an die rechtliche Begründung des Bundesgerichts gebunden; die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf das Bundesgericht selbst, wenn es nach dem Entscheid der unteren Instanz im zweiten Rechtsgang erneut mit der Angelegenheit befasst wird (vgl. BGE 143 IV 214 E. 5.3.3; 140 III 466 E. 4.2.1; 135 III 334 E. 2 und 2.1).
4.
Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren bildet somit der bundesgerichtliche Rückweisungsentscheid 2C_739/2021 vom 27. Januar 2022, an den die Vorinstanz und auch das Bundesgericht gebunden sind (vgl. E. 3.4 hiervor). Zu prüfen ist, ob die Ehegemeinschaft des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau mindestens drei Jahre bestanden hat (erste Voraussetzung von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG).
4.1. Die Vorinstanz stellt sich (unverändert) auf den Standpunkt, die anrechenbare Ehegemeinschaft habe zwei Jahre und 335 Tage gedauert. Dies ergebe sich aus der Zusammenrechnung der insgesamt vier Phasen ehelichen Zusammenlebens bis zur jüngsten Trennung der Eheleute per 1. Januar 2021 (vgl. auch Urteil 2C_739/2021 vom 27. Januar 2022 E. 4.1) :
- Phase 1: 15. Januar 2016 - 8. Juni 2016 (146 Tage)
- Phase 2: 5. November 2016 - 1. Juli 2018 (ein Jahr und 239 Tage)
- Phase 3: 23. August 2019 - 10. März 2020 (201 Tage)
- Phase 4: 10. September 2020 - 1. Januar 2021 (114 Tage)
Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Pakistan vom 11. März 2020 bis und mit dem 9. September 2020 sei ungeachtet einer allfälligen Qualifikation als zulässiges Getrenntleben im Sinne von Art. 49 AIG nicht an die Dauer der Ehegemeinschaft anzurechnen, weil sich der Beschwerdeführer während dieser Zeit nicht in der Schweiz aufgehalten habe. Die Voraussetzung der dreijährigen Ehegemeinschaft gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG sei daher mit zwei Jahren und 335 Tagen knapp nicht erfüllt; es fehlten 30 Tage (vgl. E. II.3.3 des angefochtenen Urteils).
Für den Fall, so die Vorinstanz weiter, dass das Bundesgericht die vorgenannte Rechtsauffassung nicht teilen sollte bzw. unter Berücksichtigung von Art. 49 AIG eine Anrechnung von Zeiträumen, während derer sich der ausländische Ehegatte bei fortbestehender Ehegemeinschaft aus wichtigen Gründen vorübergehend im Ausland aufgehalten hat, in Betracht ziehen sollte, erachtete sie im Rahmen ihrer Eventualerwägung als erstellt, dass der Ehewille der Ehefrau (erst) am 17. April 2020 erloschen sei (vgl. A.c hiervor). Entsprechend sei im Anschluss an die Phase 3 noch während mehr als 30 Tagen von einer beidseitig gewollten Ehegemeinschaft im Sinne von Art. 49 AIG auszugehen, womit - unter Anrechnung dieses Zeitraums an die zwei Jahre und 335 Tage - die gesetzlich verlangte Gesamtdauer von drei Jahren erreicht würde. Diesfalls käme dem Beschwerdeführer, welcher die Integrationskriterien von Art. 58a AIG erfülle (zweite Voraussetzung von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG), ein Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG zu (vgl. E. II.4 [insbesondere E. II.4.6] und II.5 des angefochtenen Urteils).
4.2. Der Beschwerdeführer beanstandet einzig die Nichtanrechnung seines Aufenthalts in Pakistan im Zeitraum vom 11. März 2020 bis am 17. April 2020 an die Dauer der ehelichen Gemeinschaft. Diese eingerechnet, sei die Dreijahresfrist erreicht und vermittle ihm Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG einen Aufenthaltsanspruch, wie dies die Vorinstanz in ihrer Eventualerwägung festgestellt habe. Insbesondere bezeichnet er die vorinstanzlichen Ausführungen zum Ehewillen als "überzeugend und nicht zu beanstanden".
4.3. Bevor auf die umstrittene Anrechenbarkeit des Auslandsaufenthalts vom 11. März 2020 bis am 17. April 2020 eingegangen wird, stellt sich angesichts der im Rahmen der Rückweisung (vgl. B.c und E. 3.3 hiervor) getroffenen vorinstanzlichen Feststellungen zum Ehewillen die Frage, ob die vierte Phase des Zusammenlebens vorliegend überhaupt zu den Phasen 1 bis 3 hinzugerechnet werden kann. Voraussetzung für die Zusammenrechnung wäre der fortgesetzte Wille der Ehegatten zur tatsächlichen Ehegemeinschaft während der Trennungszeit zwischen den Phasen 3 und 4 (vgl. E. 3.2.2 hiervor).
Im angefochtenen Urteil vom 22. Februar 2023 erwägt die Vorinstanz im Rahmen ihrer Eventualerwägung, dass der Ehewille der Ehefrau am 17. April 2020 erloschen sei (vgl. B.d und E. 4.1 hiervor). Diese unbestrittene Sachverhaltsfeststellung, welche im bundesgerichtlichen Verfahren 2C_739/2021 noch fehlte, ist für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 2.2 und 3.2.1 hiervor). Folglich ist davon auszugehen, dass es an einem gegenseitigen Ehewillen während eines Teils der Trennungszeit zwischen den Phasen 3 und 4 (nämlich vom 17. April 2020 bis zum 9. September 2020) fehlte. Dieser mehrmonatige, nicht vom Ehewillen getragene Teil der Trennungszeit kann sodann nicht als kurzfristig bezeichnet werden, weswegen auch Art. 49 AIG keine Rechtfertigung bietet (vgl. E. 3.1
in fine hiervor). Angesichts dessen sind die in E. 3.2.2 hiervor genannten Voraussetzungen für die Anrechnung der Phase 4 an die Dauer der Ehegemeinschaft gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG nicht erfüllt.
4.4. Zu prüfen bleibt somit, ob die Ehegemeinschaft ohne Einrechnung der vierten Phase während drei Jahren bestanden hat. Die Phasen 1 bis 3 ergeben zusammen eine Dauer von zwei Jahren und 221 Tagen. Selbst wenn man den laut der Eventualerwägung der Vorinstanz unter Art. 49 AIG fallenden Teil der Trennungszeit (11. März 2020 bis 16. April 2020), welche der Beschwerdeführer im Ausland verbracht hat, an die Phasen 1 bis 3 anrechnen würde, wird die Schwelle von drei Jahren nicht erreicht. Insofern erübrigen sich weitere Ausführungen dazu, ob dieser Zeitraum trotz Landesabwesenheit als zulässiges Getrenntleben im Sinne von Art. 49 AIG an die Dauer der Ehegemeinschaft gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG anrechenbar ist. Die Dreijahresfrist und damit die erste der beiden kumulativen Voraussetzungen von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG ist nicht erfüllt.
5.
Dieses Ergebnis liegt auf der Linie der ständigen Rechtsprechung betreffend das Erfordernis des fortbestehenden Ehewillens (vgl. E. 3.2.2 hiervor), weswegen der Beschwerdeführer mit der betreffenden rechtlichen Argumentation rechnen musste. Eine Gehörsverletzung (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV) infolge überraschender Rechtsanwendung liegt daher nicht vor (vgl. Urteil 2C_329/2021 vom 21. September 2021 E. 4.2.1 mit Hinweisen).
6.
Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.
Diesem Verfahrensausgang entsprechend trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, Einzelrichter, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 28. August 2024
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: M. Ryter
Die Gerichtsschreiberin: E. Braun