Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_243/2024
Urteil vom 28. November 2024
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter von Werdt, Bundesrichterin De Rossa,
Gerichtsschreiberin Lang.
Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Sibylle Ueberschlag,
Beschwerdeführerin,
gegen
Obergerichtspräsidium des Kantons Obwalden, Poststrasse 6, 6060 Sarnen,
Beschwerdegegner,
B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Patricia Strub.
Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege, Prozesskostenvorschuss (Eheschutzmassnahmen),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichtspräsidium des Kantons Obwalden vom 18. März 2024 (UR 23/048/NWE).
Sachverhalt:
A.
A.A.________ (geb. 1985) ist mit B.A.________ (geb. 1983) verheiratet. Nach der Trennung war zwischen den Eheleuten ein Eheschutzverfahren hängig, in dem unter anderem die Obhut über zwei gemeinsame Kinder sowie Unterhaltszahlungen strittig waren.
B.
B.a. Mit dem erstinstanzlichen Eheschutzentscheid des Kantonsgerichts Obwalden vom 11. September 2023 war A.A.________ nicht einverstanden, weshalb sie mit Berufung an das Obergericht des Kantons Obwalden gelangte. Für das Berufungsverfahren ersuchte sie um die Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses in der Höhe von Fr. 25'000.-- zulasten von B.A.________, eventualiter beantragte sie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
B.b. Das Obergericht des Kantons Obwalden wies mit Entscheid vom 18. März 2024 sowohl das Gesuch um Leistung eines Prozesskostenvorschusses als auch dasjenige um unentgeltliche Rechtspflege ab. Als Partei nahm es einzig A.A.________ im Rubrum auf und stellte den Entscheid auch nur dieser zu.
B.c. Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens schlossen die Eheleute einen Vergleich. Mit Entscheid vom 9. Juli 2024 schrieb das Obergericht das Verfahren zufolge Vergleichs bzw. Rückzugs ab, soweit es nicht von der Offizialmaxime beherrscht wird (betreffend Zuteilung bzw. Herausgabe von Gegenständen und Ehegattenunterhalt), und genehmigte im Übrigen die Vereinbarungen (betreffend Obhut und Kindesunterhalt). Die Kosten für das Berufungsverfahren legte es auf Fr. 800.-- fest. Sowohl die erst- als auch die zweitinstanzlichen Gerichtskosten auferlegte das Obergericht den Eheleuten je zur Hälfte und bestimmte, dass jede Partei ihre eigenen Parteikosten für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren zu tragen habe. Diese Regelung entsprach der im Vergleich der Parteien getroffenen Vereinbarung.
C.
Gegen den Entscheid vom 18. März 2024 betreffend Prozesskostenvorschuss bzw. unentgeltliche Rechtspflege gelangte A.A.________ (Beschwerdeführerin) bereits am 16. April 2024 mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. Diesem beantragt sie in der Hauptsache: "1. Der Entscheid des Obergerichts Obwalden, Obergerichtspräsidium, vom 18. März 2024 sei vollumfänglich aufzuheben und die vorinstanzlichen Anträge der Beschwerdeführerin seien gutzuheissen, womit ihr die vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Berufungsverfahren ab dem 5. Oktober 2023 zu gewähren sei." Eventualiter beantragt sie, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz habe sie für das bundesgerichtliche Verfahren ausserdem mit mindestens Fr. 5'000.-- zu entschädigen, wobei diese Entschädigung ihrer Rechtsvertreterin auszurichten sei. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht die Beschwerdeführerin sodann um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Als Gegenpartei bezeichnet die Beschwerdeführerin einzig das Obergericht.
Am 29. Juli 2024 reichte die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht zur Ergänzung ihrer Beschwerde die Gutheissung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege in einem Strafverfahren vom 25. Juli 2024 ein.
Das Obergericht verzichtet mit Eingabe vom 9. September 2024 auf Vernehmlassung. B.A.________, der vom Bundesgericht in das vorliegende Verfahren einbezogen wurde, da sich die Beschwerde formal gegen einen Entscheid unter anderem über ein Prozesskostenvorschussgesuch richtete, beantragt am 15. Oktober 2024 die Abweisung der Beschwerde, soweit überhaupt darauf eingetreten werde; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdeführerin. Die Eheleute replizierten bzw. duplizierten. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Innert Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) angefochten ist der Entscheid der Vorinstanz, mit dem die Gesuche der Beschwerdeführerin um Prozesskostenvorschuss und eventualiter unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren abgewiesen wurden. Da das Hauptverfahren (inzwischen) abgeschlossen ist, gilt dieser Entscheid als Nebenpunkt zum Endentscheid (Art. 90 BGG; Urteile 5A_641/2023 vom 22. März 2024 E. 1; 5A_292/2021 vom 22. März 2022 E. 1 mit Hinweisen) und kann daher mit dem in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittel angefochten werden (Urteil 5A_174/2016 vom 26. Mai 2016 E. 1). Dort ging es um teils vermögensrechtliche, teils nicht vermögensrechtliche Eheschutzsachen, womit eine insgesamt nicht vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) vorliegt. Es bleibt vorliegend unerheblich, dass die Vorinstanz als einzige kantonale Instanz entschieden hat (vgl. BGE 143 III 140 E. 1.1). Die Beschwerdeführerin ist zur Erhebung der Beschwerde in Zivilsachen legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG), die sich folglich als das zutreffende Rechtsmittel erweist.
1.2. Nicht einzutreten ist hingegen auf das nach Ablauf der Beschwerdefrist und damit verspätet eingereichte Schreiben vom 29. Juli 2024 und die damit eingereichte Beilage, wobei es sich hierbei ohnehin um ein vor Bundesgericht unzulässiges, echtes Novum handelt (BGE 143 V 19 E. 1.2).
1.3. Vorinstanzlich stellte die Beschwerdeführerin ein Gesuch um Leistung eines Prozesskostenvorschusses zulasten ihres Ehemannes; eventualiter ersuchte sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die Vorinstanz wies beide Gesuche im angefochtenen Entscheid ab. Den von der Beschwerdeführerin vor Bundesgericht gestellten Rechtsbegehren lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob sie an beiden Gesuchen festhält oder nur am Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Hierzu daher Folgendes:
1.3.1. Wie sich aus dem Rechtsbegehren (Bst. C oben) ergibt, beantragt die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht einerseits die vollumfängliche Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Gutheissung ihrer vorinstanzlichen Anträge (Plural). Andererseits zieht sie diesem Aufhebungsantrag folgend nur den Schluss, dass ihr die vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Berufungsverfahren zu gewähren sei. Obwohl ihr Rechtsbegehren also formal zunächst auch die Abweisung in Bezug auf ihr Gesuch um Prozesskostenvorschuss einbezieht, verlangt sie anschliessend nicht die Gutheissung dieses Gesuchs, sondern nur desjenigen um unentgeltliche Rechtspflege. Dem entspricht, dass die Beschwerdeführerin als Beschwerdegegnerin einzig die Vorinstanz in das Verfahren einbezogen hat. Denn während sich das Verfahren betreffend einen Prozesskostenvorschuss gegen den Ehegatten richtet, spielt sich das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege allein zwischen dem Staat und der gesuchstellenden Partei ab, und dem Ehegatten kommt in diesem Verfahren - abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen - keine Parteistellung zu (BGE 139 III 334 E. 4.2; Urteil 5A_164/2023 vom 13. Juni 2023 E. 2.2.4.2).
1.3.2. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung, die zur Auslegung der Rechtsbegehren heranzuziehen sind (BGE 137 II 313 E. 1.3), drehen sich fast ausschliesslich um die unentgeltliche Rechtspflege. So führt die Beschwerdeführerin mehrfach aus, die Vorinstanz hätte ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gutheissen müssen. Schliesslich führt sie zwar aus, die Vorinstanz habe das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nie abweisen dürfen bzw. hätte die Vorinstanz zuerst noch prüfen müssen, ob die Gegenpartei im Berufungsverfahren zum Prozesskostenvorschuss aufgrund der ehelichen Beistandspflicht gemäss Art. 163 ZGB hätte verpflichtet werden können. Dass sie an dem Gesuch um Leistung eines Prozesskostenvorschusses auch vor Bundesgericht noch festhält, ergibt sich aus diesen Ausführungen aber gerade nicht. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nur noch die Abweisung ihres Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege beanstandet. Dem entsprechen auch die Ausführungen in ihrer Replik, in welcher sie sich ausschliesslich mit ihrem "Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege" auseinandersetzt und erneut die Gutheissung ihres diesbezüglichen Gesuchs bzw. die Weiterführung des "Verfahrens um unentgeltliche Rechtspflege" verlangt. Schliesslich indiziert auch die vor Vorinstanz getroffene Vereinbarung, die eigenen Parteikosten je selbst zu tragen, dass die Beschwerdeführerin an ihrem Gesuch um Leistung eines Prozesskostenvorschusses durch ihren Ehemann nicht mehr festhält.
1.3.3. Die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin sind entsprechend so auszulegen, dass sie vor Bundesgericht einzig an ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, nicht hingegen an demjenigen um Leistung eines Prozesskostenvorschusses durch ihren Ehemann festhält. Entsprechend ist der Ehemann auch nicht Partei des bundesgerichtlichen Verfahrens.
2.
2.1. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und ihr Rechtsbegehren nicht als aussichtslos erscheint (Art. 29 Abs. 3 BV). Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ist gegenüber dem materiell-rechtlichen Anspruch auf Bevorschussung der Prozesskosten subsidiär. Einem bedürftigen Ehegatten kann die unentgeltliche Rechtspflege daher nur bewilligt werden, wenn der andere Ehegatte nicht in der Lage ist, einen Prozesskostenvorschuss (
provisio ad litem) zu bezahlen (BGE 142 III 36 E. 2.3; 138 III 672 E. 4.2.2). Stellt die Partei nur ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, hat sie darzutun, dass und weshalb ihrer Ansicht nach kein Prozesskostenvorschuss erhältlich zu machen wäre. Fehlt die entsprechende Begründung, kann das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ohne Weiteres abgewiesen werden. Das Gericht ist nicht verpflichtet, die Akten nach möglichen Hinweisen und Anhaltspunkten zu durchforsten, die darauf schliessen lassen könnten, dass kein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss besteht (Urteil 5A_945/2023 vom 14. Mai 2024 E. 4.1.1 mit Hinweisen).
2.2. Die Beschwerdeführerin hält vor Bundesgericht nur noch ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege aufrecht, nicht jedoch jenes um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses zulasten ihres Ehemannes (oben E. 1.3). Da sie keinerlei Ausführungen dazu macht, weshalb im vorinstanzlichen Verfahren auf einen Prozesskostenvorschuss zu verzichten ist bzw. inwiefern sich ein solches Gesuch als aussichtslos erweisen würde, weil der Ehemann ohnehin nicht in der Lage wäre, einen Prozesskostenvorschuss zu bezahlen, kann ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das vorinstanzliche Verfahren von vornherein kein Erfolg beschieden sein.
2.3. Bei dieser Ausgangslage erübrigt sich eine Prüfung der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Rügen, die Vorinstanz habe Art. 29 Abs. 3 BV verletzt bzw. den Sachverhalt willkürlich (Art. 9 BV) festgestellt. Dies gilt auch für den Vorwurf der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) in Form der Begründungspflicht verletzt. Ohnehin trifft dieser Vorhalt nicht zu (zu den Anforderungen der Begründungspflicht siehe BGE 146 II 335 E. 5.1) : Die Vorinstanz begründet sehr wohl, weshalb sie das von der Beschwerdeführerin gestellte Gesuch abweist, nämlich weil die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht genügend nachgekommen sei, weshalb das Gericht die Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilen könne. Ob die Vorinstanz zutreffend zu dieser Schlussfolgerung gelangte, ist nicht eine Frage des rechtlichen Gehörs, sondern der Rechtsanwendung. Wie ausgeführt erübrigt sich jedoch eine diesbezügliche Prüfung durch das Bundesgericht.
3.
Nach dem Ausgeführten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden, Weiterungen erübrigen sich. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin grundsätzlich kosten- (Art. 66 Abs. 1 BGG) und entschädigungspflichtig ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ). Ausnahmsweise ist jedoch auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten. In diesem Umfang wird das von der Beschwerdeführerin gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. Im Übrigen ist es abzuweisen, denn die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin erwiesen sich als von Anfang an aussichtslos (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Vorinstanz ist keine Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). Dem Ehemann der Beschwerdeführerin, der sich vorliegend vernehmen liess, kommt im Verfahren vor Bundesgericht sodann keine Parteistellung zu, nachdem es einzig noch um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ging (oben E. 1.3). Weil ihm vom Bundesgericht jedoch die Gelegenheit zur Einreichung einer Vernehmlassung eingeräumt wurde, ist ihm ausnahmsweise eine Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse auszurichten. Eine Entschädigung in Höhe von Fr. 3'500.--, wie sie der Ehemann der Beschwerdeführerin verlangt, erweist sich aber als überhöht, angemessen ist eine solche von Fr. 1'500.--.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
4.
B.A.________ wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'500.-- entschädigt.
5.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt.
Lausanne, 28. November 2024
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Die Gerichtsschreiberin: Lang