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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_489/2007 
 
Urteil vom 28. Dezember 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, nebenamtlicher Bundesrichter Maeschi, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Parteien 
F.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Marco Unternährer, Sempacher- 
strasse 6 (Schillerhof), 6003 Luzern, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 6. August 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
F.________, geboren 1965, erlitt am 14. Mai 2001 als Mitfahrerin im Personenwagen des Ehemannes einen Verkehrsunfall, bei dem sie sich ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule (HWS) zuzog. Am 26. April 2002 meldete sie sich zum Leistungsbezug bei der IV an, wobei sie angab, im Rahmen des hälftigen Arbeitspensums bei der Firma C.________ zu 50% in der Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt zu sein. Die IV-Stelle Luzern nahm medizinische und erwerbliche Abklärungen vor, zog die Akten des Unfallversicherers (CSS Versicherung AG) bei, führte eine Haushaltabklärung durch und beauftragte die Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) mit einem polydisziplinären Gutachten, welches am 20. August 2004 erstattet wurde. Mit Verfügung vom 18. November 2004 lehnte sie die Ausrichtung einer Invalidenrente mit der Begründung ab, dass die Versicherte zu 50% als Erwerbstätige und zu 50% als Hausfrau zu qualifizieren sei, im Rahmen der hälftigen Erwerbstätigkeit keine Erwerbseinbusse bestehe und in der Haushalttätigkeit eine Einschränkung von 45% anzunehmen sei, was zu einem Invaliditätsgrad von 23% führe. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 29. August 2005 fest. 
B. 
F.________ liess gegen den Einspracheentscheid Beschwerde erheben und beantragen, es sei ihr mindestens eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. 
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, holte bei Prof. Dr. med. S.________, Spital I.________, ein Gutachten ein, welches am 5. Februar 2007 erstattet und aufgrund von Stellungnahmen der Parteien am 24. März 2007 ergänzt wurde. Mit Entscheid vom 6. August 2007 hiess das kantonale Gericht die Beschwerde insoweit teilweise gut, als es der Versicherten mit Wirkung ab 1. Mai 2002 eine Viertelsrente bei einem Invaliditätsgrad von 47,5% zusprach. 
C. 
F.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihr rückwirkend ab dem Unfallereignis mindestens eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. 
 
Die IV-Stelle Luzern lässt sich mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
1. 
1.1 Weil die angefochtene Entscheidung nach dem Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110), dem 1. Januar 2007 (AS 2006 1243), ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
1.2 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
2. 
Hinsichtlich der massgebenden Regeln für die Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen, nichterwerbstätigen und teilerwerbstätigen Personen, die im Haushalt tätig sind (Art. 16 ATSG, Art. 28 Abs. 2bis und 2ter IVG, Art. 27 und 27bis IVV), kann mit der Vorinstanz auf die zutreffenden Ausführungen im Einspracheentscheid vom 29. August 2005 verwiesen werden (vgl. auch BGE 131 V 51 E. 5 S. 52, 125 V 146 E. 2 S. 149 f.). Richtig sind auch die vorinstanzlichen Ausführungen zu den Grundsätzen der Beweiswürdigung und zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, 122 V 157 E. 1c S. 160), worauf ebenfalls verwiesen werden kann. 
3. 
3.1 Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Invalidität nach der für teilerwerbstätige Personen, die im Haushalt tätig sind, massgebenden gemischten Methode zu bemessen ist und der Anteil der Erwerbstätigkeit sowie der Tätigkeit im Haushalt auf je 50% festzusetzen ist. Unbestritten ist sodann, dass die Beschwerdeführerin im Aufgabenbereich als Hausfrau zu 45% eingeschränkt ist. Streitig ist, wie es sich hinsichtlich der Beeinträchtigung im erwerblichen Bereich verhält. 
3.2 Im Einspracheentscheid vom 29. August 2005 ist die Verwaltung von einer Restarbeitsfähigkeit in einer geeigneten leichteren Tätigkeit von 50% ausgegangen und hat im Hinblick auf die bisherige Teilerwerbstätigkeit von 50% eine Erwerbseinbusse verneint. Demgegenüber ist die Vorinstanz zum Schluss gelangt, dass die Beschwerdeführerin im erwerblichen Bereich lediglich zu einer täglichen Arbeitsleistung von 50% bezogen auf ihr Arbeitspensum von 50% am bisherigen Arbeitsplatz fähig ist. Es besteht kein Anlass, von diesen auf einer eingehenden Würdigung der medizinischen Akten beruhenden und für das Bundesgericht im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 BGG verbindlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 f.) abzugehen. Sie sind von der Verwaltung denn auch unbestritten geblieben. 
3.3 Die Versicherte macht geltend, gemäss ärztlicher Feststellung seien ihr lediglich leichte Tätigkeiten zu einem Pensum von maximal 2 bis 2 ½ Stunden täglich zumutbar und es sei aufgrund der ärztlichen Berichte und Gutachten von einer Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit von 75% auszugehen. Sie übersieht damit, dass sie bei der Invaliditätsbemessung zu 50% als Erwerbstätige und zu 50% als Hausfrau zu qualifizieren ist und die Invalidität als Teilerwerbstätige bezogen auf die (tatsächlich oder hypothetisch ausgeübte) Teilerwerbstätigkeit zu ermitteln ist (BGE 125 V 146 E. 5b S. 155). Die nach ärztlicher Auffassung zumutbare Erwerbstätigkeit von 2 bis 2 ½ Stunden täglich entspricht daher einer Einbusse im erwerblichen Bereich von 50%. 
4. 
4.1 Die Beschwerdeführerin bringt des Weiteren vor, die Restarbeitsfähigkeit von 25% lasse sich auf dem allgemeinen ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht verwerten, weshalb von einer vollen Erwerbsunfähigkeit auszugehen sei. Dazu ist festzustellen, dass die Versicherte im Anschluss an den Unfall während rund zwei Jahren zu einem reduzierten Pensum von etwa 25% am bisherigen Arbeitsplatz tätig gewesen ist. Zwar ist ihr das Arbeitsverhältnis von der Arbeitgeberin auf den 31. Mai 2003 gekündigt worden. Es erscheint indessen keineswegs als ausgeschlossen, dass die noch verhältnismässig junge Beschwerdeführerin bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage einen geeigneten anderen Arbeitsplatz zu finden vermöchte. Gerade bei einfacheren Tätigkeiten insbesondere im Dienstleistungssektor stellen Anstellungen zu einem Beschäftigungsgrad von weniger als 30% nichts Aussergewöhnliches dar (vgl. die vom Bundesamt für Statistik [BFS] herausgegebene Schweizerische Lohnstrukturerhebung [LSE] 2004, S. 84 Tabelle TB7). Wenn die Vorinstanz stillschweigend davon ausgegangen ist, dass die Restarbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen ausgeglichenen Arbeitsmarkt verwertbar ist, so beruht dies weder auf einer mangelhaften Feststellung des Sachverhalts noch verstösst es sonst wie gegen Bundesrecht. Denn es kann nicht gesagt werden, dass der Versicherten eine zumutbare Tätigkeit nur in so eingeschränkter Form möglich ist, dass sie der ausgeglichene Arbeitsmarkt praktisch nicht kennt oder dass sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen Arbeitgebers möglich wäre und das Finden einer entsprechenden Stelle deshalb zum Vornherein als ausgeschlossen erscheint (ZAK 1991 S. 318 E. 3b, 1989 S. 319 E. 4a). Zu einer anderen Beurteilung gibt auch die von der Beschwerdeführerin erwähnte Rechtsprechung zum Haftpflichtrecht (Urteil 4C.222/2004 vom 14. September 2004, auszugsweise publ. in BGE 131 III 12 ff.) nicht Anlass. In jenem Fall hatte das kantonale Gericht zwar entschieden, dass eine restliche Arbeitsfähigkeit im beruflichen Bereich von 30% nicht mehr verwertbar sei, weshalb von einer vollen Erwerbsunfähigkeit auszugehen sei. Das Bundesgericht hat sich mit dieser Frage indessen nicht näher befasst. Im Übrigen rechtfertigt es sich im Hinblick auf die allgemeine Schadenminderungspflicht (BGE 113 V 22 E. 4a S. 28) durchaus, im Sozialversicherungsrecht einen strengeren Massstab anzulegen. 
4.2 Der Beschwerdeführerin kann schliesslich auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie den von Verwaltung und Vorinstanz vorgenommenen Prozentvergleich beanstandet und geltend macht, es sei ein Einkommensvergleich anhand von Tabellenlöhnen vorzunehmen. Im Hinblick darauf, dass die Versicherte in der bisherigen Tätigkeit als Büroangestellte hinreichend eingegliedert war und anzunehmen ist, dass sie auch an einem geeigneten anderen Arbeitsplatz in der Lage wäre, ein vergleichbares Einkommen zu erzielen, erübrigt sich ein ziffernmässiger Einkommensvergleich und es kann davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin entsprechend ihrer Arbeitsunfähigkeit von 50% die Hälfte des früheren Verdienstes zu erzielen vermag (zur Zulässigkeit des Prozentvergleichs vgl. BGE 114 V 310 E. 3a S. 312, 104 V 135 E. 2b S. 137). Bei einer invaliditätsbedingten Einschränkung im Erwerbsbereich von 50% und im Haushaltsbereich von 45% (E. 3.1 hievor) resultiert somit basierend auf der gemischten Methode angesichts der je 50%igen Tätigkeitsanteile ein Invaliditätsgrad von (gerundet) 48%. Es bleibt daher bei der mit dem angefochtenen Entscheid zugesprochenen Viertelsrente. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 28. Dezember 2007 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Ursprung Hochuli