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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_643/2022  
 
 
Urteil vom 29. Februar 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hänni, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Quinto. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, Russland, 
2. B.________, 
3. C.________, 
Beschwerdeführer 
alle vertreten durch Herr Marad Widmer, 
 
gegen  
 
Staatssekretariat für Migration, 
Quellenweg 6, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Verweigerung der Einreise in die Schweiz und der Zustimmung zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung (Familiennachzug), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI, vom 10. Juni 2022 (F-4188/2020). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.________ reiste im August 2010 als britische Staatsangehörige in die Schweiz ein und nahm eine Erwerbstätigkeit bei einer privatrechtlichen Gesellschaft auf. Anschliessend heiratete sie den britisch-schweizerischen Staatsangehörigen C.________. Sie verfügte zunächst über eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA, wobei ihr im Jahr 2015 die Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Seit Oktober 2017 arbeitet B.________ bei der UNO in Genf. Im Jahr 2018 erlangte sie die schweizerische Staatsbürgerschaft. 
 
B.  
 
B.a. Im Dezember 2018 ersuchte die in Russland wohnhafte, russische Staatsangehörige A.________ (geb. 1953), Mutter von B.________, um Familiennachzug zu ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn in die Schweiz. Der Kanton Waadt befürwortete im März 2020 die Bewilligung des Familiennachzugs gestützt auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) und leitete den Fall zwecks Zustimmung zur Erteilung der Bewilligung gestützt auf Art. 6 lit. f der Verordnung des EJPD über das ausländerrechtliche Zustimmungsverfahren vom 13. August 2015 (ZV-EJPD; SR 142.201) an das Staatssekretariat für Migration (SEM) weiter.  
 
B.b. Das SEM verweigerte jedoch mit Verfügung vom 14. Juli 2020 die Zustimmung zur Erteilung der Bewilligung des Familiennachzugs, primär mit der Begründung, B.________ sei Beamtin bei der UNO in Genf, weshalb der Familiennachzug nicht auf das FZA abgestützt werden könne. Ausserdem sei, selbst wenn das FZA anwendbar sei, die Bewilligung zu verweigern, da A.________ nicht im Sinne von Art. 3 Anhang I FZA auf die Unterstützung durch ihre Familie in der Schweiz angewiesen sei.  
 
B.c. Die gegen die Verfügung des SEM gerichtete Beschwerde wurde mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2022 abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner Begründung davon ausgegangen, dass das FZA anwendbar sei, da B.________ bereits vor der Aufnahme ihrer Funktion bei der UNO, nämlich anlässlich ihrer Einreise in die Schweiz im Jahr 2010 (vgl. Bst. A oben), das FZA in Anspruch genommen habe und sich deshalb für den Familiennachzug noch darauf berufen könne. Ihre Mutter, A.________, sei jedoch nicht bedürftig im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. b Anhang I FZA, weshalb kein Anspruch auf Familiennachzug bestehe.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 16. August 2022 beantragen A.________ (Beschwerdeführerin 1), B.________ (Beschwerdeführerin 2) und C.________ (Beschwerdeführer 3; alle zusammen: die Beschwerdeführer) die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils sowie die Zustimmung des Bundes zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung für die Beschwerdeführerin 1. Eventualiter sei das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Vorinstanz beantragt vernehmlassungsweise die Abweisung der Beschwerde, während das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf eine Vernehmlassung verzichtet hat. Die Beschwerdeführer haben mit Eingabe vom 5. Oktober repliziert und am 8. Juni 2023 eine weitere Eingabe eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Ob die jeweiligen Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist eine Frage der materiellen Beurteilung; für das Eintreten genügt, dass ein entsprechender Anwesenheitsanspruch in vertretbarer Weise geltend gemacht wird (BGE 147 I 268 E. 1.2.7; 139 I 330 E. 1.1). Dies tut die Beschwerdeführerin 1, indem sie als russische Staatsangehörige in vertretbarer Weise einen Bewilligungsanspruch nach Art. 3 Anhang I FZA geltend macht, nämlich ihren Nachzug in die Schweiz zu einer Familienangehörigen (Tochter), welche sich als britisch-schweizerische Staatsangehörige auf das FZA berufen kann (Familiennachzug Verwandter in aufsteigender Linie, denen Unterhalt gewährt wird). Zum Zeitpunkt der Gesuchstellung (Dezember 2018) war das Vereinigte Königreich noch Konventionsstaat des FZA und dieses gilt weiterhin für Familiennachzugsgesuche, die bis zum 31. Dezember 2020 (Datum des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU bzw. "Stichtag") gestellt wurden (Art. 9 lit. a, Art. 10 Ziff. 1 lit. b und lit. e Unterabs. ii des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens vom 25. Februar 2019; SR 0.142.113.672). Dass die Beschwerdeführer sich vorliegend auf das FZA berufen können, ergibt sich konkret daraus, dass die Tochter bzw. Beschwerdeführerin 2 anlässlich ihrer Einreise in die Schweiz im Jahr 2010, als sie die schweizerische Staatsangehörigkeit noch nicht besass, als britische Staatsangehörige von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hat (vgl. Bst. A oben). Das Familienverhältnis bestand ausserdem naturgemäss schon bei der Einreise der Beschwerdeführerin 2 in die Schweiz. Rechtsprechungsgemäss liegt damit nicht eine rein "interne", sondern eine freizügigkeitsrechtliche bzw. grenzüberschreitende Situation vor, weshalb das FZA vorliegend anwendbar ist (BGE 143 II 57 E. 3 mit Hinweisen; Urteil 2C_819/2021 vom 12. Mai 2022 E. 3.2.1). 
Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten (Art. 42, Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2; 136 II 304 E. 2.5).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig, sprich willkürlich sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). Eine entsprechende Rüge hat der qualifizierten Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG) zu genügen (BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).  
 
3.  
 
3.1. Nach Art. 3 Abs. 1 Anhang I FZA haben Familienangehörige einer Person, die Staatsangehörige einer Vertragspartei ist und ein Aufenthaltsrecht hat, das Recht, bei ihr Wohnung zu nehmen. Als Familienangehörige gelten gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. b Anhang I FZA die Verwandten und die Verwandten des Ehegatten in aufsteigender Linie, denen Unterhalt gewährt wird.  
 
3.2. Die Eigenschaft einer Familienangehörigen, der Unterhalt gewährt wird, ergibt sich aus einer tatsächlichen Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der erforderliche Unterhalt der Familienangehörigen von der aufenthaltsberechtigten Person zumindest teilweise und regelmässig in einer gewissen Erheblichkeit materiell sichergestellt wird (Urteile 2C_771/2021 vom 15. September 2022 E. 4.2; 2C_757/2019 vom 21. April 2020 E. 4.1; 2C_688/2017 vom 29. Oktober 2018 E. 3.5 je mit Hinweisen), wobei die Unterstützung durch Kost und Logis mitberücksichtigt wird (BGE 135 II 369 E. 3.1).  
 
3.3. Es kommt dabei darauf an, ob die nachzuziehende Verwandte in Anbetracht ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation in der Lage ist, ihre Grundbedürfnisse selbst zu decken, oder ob sie auf zusätzliche Mittel angewiesen ist, die von der Aufenthaltsberechtigten aufgebracht werden (BGE 135 II 369 E. 3.1; Urteile 2C_771/2021 vom 15. September 2022 E. 4.3; 2C_688/2017 vom 29. Oktober 2018 E. 3.5; 2C_301/2016 vom 19. Juli 2017 E. 3.1; Urteile des EuGH C 316/85 vom 18. Juni 1987 [Lebon], Rn. 22; C-200/02 vom 19. Oktober 2004 [Zhu und Chen], Rn. 43; C-1/05 vom 9. Januar 2007 [Jia], Rn. 35-37, 43). Der Unterhalt muss aktuell in der Schweiz gewährt werden, wenn sich die nachzuziehende Familienangehörige bereits rechtmässig in der Schweiz aufhält (BGE 135 II 369 E. 3.2), oder aber bisher im Herkunftsland, sofern es - wie vorliegend - um den Nachzug aus dem Ausland bzw. aus Russland geht (Urteile 2C_771/2021 vom 15. September 2022 E. 4.3; 2C_301/2016 vom 19. Juli 2017 E. 3.4.3 und 3.4.4; zit. Urteil EuGH Jia, Rn. 37; Urteil des EuGH C-423/12 vom 16. Januar 2014 [Reyes], Rn. 22 und 30).  
 
3.4. Bezüglich der Bedürftigkeit ist es Sache der Beschwerdeführer, die erforderlichen Beweise für die Kosten der Grundbedürfnisse und den Unterhaltsbedarf beizubringen (vgl. Art. 90 lit. b AIG; vgl. Urteil 2C_757/2019 vom 21. April 2020 E. 3.2.3 f.).  
 
4.  
 
4.1. Vorliegend ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin 1 und ihr Ehemann in Russland eine Gesamtrente von monatlich RUB 28'020.39 erhalten. Bezüglich der Voraussetzung, dass die aufenthaltsberechtigte Person die nachzuziehende Familienangehörige regelmässig mit einer gewissen Erheblichkeit materiell unterstützt (vgl. E. 3.2 oben), haben die Beschwerdeführer 2 und 3 im vorinstanzlichen Verfahren dargelegt, dass sie die Beschwerdeführerin 1 und deren Ehemann in Russland monatlich mit RUB 35'000.-- unterstützen, und zwar bei Kosten für Grundbedürfnisse im Umfang von rund RUB 42'000.--. Die Darstellung bezüglich der monatlichen Unterstützungsleistungen ist unbestritten geblieben (vgl. auch E. 6.4.2 vorinstanzliches Urteil). Der Unterstützungsbetrag erfolgt monatlich bzw. regelmässig und ist substantiell, weshalb die genannte Voraussetzung erfüllt ist. Umstritten ist, wie hoch die Kosten der Grundbedürfnisse in Russland sind und ob, ausgehend von den Kosten, die Beschwerdeführerin 1 bedürftig im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. b Anhang I FZA ist. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass die Kosten für die Grundbedürfnisse in Russland die Gesamtrente deutlich übersteigen, während die Vorinstanz davon ausgeht, dass die Gesamtrente diese Kosten zu decken vermag, sodass keine Bedürftigkeit vorliege.  
 
4.2. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und eine unrichtige bzw. willkürliche Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 9 BV). Sie machen geltend, mit Schreiben vom 9. Dezember 2019 an das Migrationsamt des Kantons Waadt ("Service de la population, Canton de Vaud") als Beilagen 5, 6 und 8 drei Arztberichte (vom 23. Juli 2018, 10. September 2019 und 25. November 2019) betreffend die Beschwerdeführerin 1 vorgelegt zu haben. Die genannten Unterlagen liegen im Recht. Die Arztberichte würden belegen, dass die Beschwerdeführerin 1 an Diabetes Typ 2, Osteoporose und Osteochondrose leide und entsprechende Medikamente und eine podologische Behandlung benötige. Mit diesen Tatsachen habe sich die Vorinstanz überhaupt nicht auseinandergesetzt. Die Ausgaben für Medikamente und medizinische Behandlung seien deshalb entgegen der Vorinstanz auf monatlich RUB 9'000.-- statt auf monatlich RUB 1'400.-- festzusetzen. Damit würden die Kosten für Grundbedürfnisse die Gesamtrente übersteigen und die Bedürftigkeit sei gegeben.  
 
4.3. Mit Vernehmlassung vom 20. September 2022 hat die Vorinstanz eingeräumt, dass sich das genannte Schreiben vom 9. Dezember 2019 mit den Arztberichten nicht im Dossier des SEM und auch nicht im Dossier der Vorinstanz befunden habe. Dies hätte jedoch gemäss Vorinstanz am Verfahrensausgang nichts geändert, denn diese Unterlagen würden keinen Aufschluss über die benötigten Therapien und folglich Medikamentenkosten und die sonstigen medizinischen Kosten geben. Ausserdem hätten die Beschwerdeführer gemäss Instruktionsverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2021 Gelegenheit gehabt, den Sachverhalt zu aktualisieren.  
Daraufhin machen die Beschwerdeführer replikweise eine Verletzung der aus Art. 29 Abs. 2 BV bzw. dem rechtlichen Gehör fliessenden Aktenführungspflicht des SEM und der Vorinstanz geltend. Sie legen diesbezüglich vor Bundesgericht ein Schreiben des kantonalen Migrationsamts an das SEM vom 11. März 2020 ins Recht, aus welchem sich ergebe, dass das kantonale Dossier bzw. die Akten des kantonalen Migrationsamts bezüglich des Familiennachzugs an das SEM weitergeleitet worden seien. 
 
4.4. Die Gesamtrente für die Beschwerdeführerin 1 und ihren Ehemann beträgt RUB 28'020.39 (vgl. E. 4.1 oben). Die Vorinstanz hat sachverhaltsmässig Kosten für Grundbedürfnisse für das Ehepaar im Umfang von monatlich RUB 25'241.-- festgestellt, darunter allgemeine Kosten für Medikamente im Betrag von monatlich RUB 1'400.--. Daraus ergibt sich rechnerisch bzw. gemäss vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung ein positiver Saldo von RUB 2'779.39, weshalb gemäss Vorinstanz keine Bedürftigkeit vorliege (vgl. E. 6.4.2 S. 12 unten angefochtenes Urteil). Die Sachverhaltsrüge ist insofern relevant, als bei einer Berücksichtigung zusätzlicher Kosten für Medikamente und medizinische Behandlung im Betrag von monatlich RUB 7'600.-- (RUB 9'000.-- abzüglich der bereits von der Vorinstanz berücksichtigten RUB 1'400.--) der Saldo aus der Gesamtrente abzüglich Kosten (für Grundbedürfnisse) negativ wird. Mit den zusätzlichen Kosten von RUB 7'600.-- würden sich die Kosten für Grundbedürfnisse auf RUB 32'841.-- (RUB 25'241.-- + RUB 7'600.--) erhöhen und damit die Gesamtrente (RUB 28'020.39) um RUB 4'820.61 übersteigen. Damit wäre in der Folge die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin 1 gegeben.  
 
4.4.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die vor Bundesgericht von den Beschwerdeführern ins Recht gelegten Unterlagen Teil der Akten des kantonalen Migrationsamts sind und sich insofern in den Akten befinden. Diese Unterlagen bzw. Akten wurden jedoch trotz anderslautender Korrespondenz (vgl. E. 4.3 oben) entweder nicht an das SEM weitergeleitet oder vom SEM nicht in das eigene Aktendossier integriert.  
Tatsachen und Beweismittel, welche sich in den Akten befinden, sind nicht neu bzw. stellen keine unechten Noven dar und können vor Bundesgericht berücksichtigt werden (BGE 136 V 362 E. 3.3.1; Urteil 2C_502/2020 vom 4. Februar 2021 E. 2.3; GRÉGORY BOVEY, in: Aubry Girardin/Donzallaz/et al., Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N. 15 zu Art. 99 LTF). Die vorgenannten Unterlagen, insbesondere die Arztberichte, können deshalb vor Bundesgericht berücksichtigt werden. 
 
4.4.2. Gemäss der Aktenführungspflicht der Behörden sind diese verpflichtet, ein vollständiges Aktendossier über das Verfahren zu führen, um gegebenenfalls ordnungsgemäss Akteneinsicht gewähren und bei einem Weiterzug diese Unterlagen an die Rechtsmittelinstanz weiterleiten zu können. Die Behörden haben alles in den Akten festzuhalten, was zur Sache gehört (BGE 138 V 218 E. 8.1.2; Urteile 2C_836/2021 vom 20. September 2023 E. 3.1; 2C_13/2018 vom 16. November 2018 E. 3.5.2; vgl. auch BGE 142 I 86 E. 2.2). Diese Pflicht wurde vorliegend von der Vorinstanz verletzt, nachdem das genannte Schreiben vom 9. Dezember 2019 bezüglich Familiennachzug und die diesem Schreiben beigelegten Arztberichte bezüglich des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin 1 (vgl. E. 4.2 oben) zweifellos zur Sache gehören und sich folglich in den Akten des SEM bzw. der Vorinstanz hätten befinden müssen.  
Eine darüber hinaus gehende Verletzung des rechtlichen Gehörs braucht jedoch vorliegend nicht weiter geprüft zu werden, da die Vorinstanz, wie sich nachfolgend zeigen wird, den relevanten Sachverhalt unrichtig bzw. willkürlich festgestellt hat. 
 
4.4.3. Aufgrund der Instruktionsverfügung der Vorinstanz vom 21. Dezember 2021 haben die Beschwerdeführer bei der Vorinstanz mit Eingabe vom 21. Februar 2022 eine Kostenaufstellung mit monatlichen Posten für Medikamentenkosten für die Beschwerdeführerin 1 und podologische Behandlung ("medication for A.________"; "podiatrist") für insgesamt RUB 8'576.-- und Medikamentenkosten für den Ehemann der Beschwerdeführerin ("medication D.________") im Betrag von RUB 3'470.-- eingereicht. Mit derselben Eingabe haben sie drei Quittungen für Medikamentenkäufe vom 28. Juni 2021 über RUB 10'077.40 und (zwei Mal) 4. März 2021 über RUB 2'482.80 und RUB 9'752.30 vorgelegt. Diese Quittungen betreffen unter anderem Medikamente mit der Bezeichnung K.________, L.________, M.________ und N.________. Dieselben Bezeichnungen finden sich auch in den vorgenannten Arztberichten (vgl. E. 4.4.2 oben). Die Beschwerdeführer sind damit ihrer Mitwirkungspflicht aufgrund der genannten Instruktionsverfügung nachgekommen (vgl. E. 4.3 oben). Entgegen der Vorinstanz geben diese Arztberichte Aufschluss über die Therapie, nämlich unter anderem die Einnahme der Medikamente K.________, L.________, M.________ und N.________, wobei die Tablettengrösse und die Tagesdosis (z.B. "N.________ 50 mg 1-0-1" für morgens/abends) angegeben sind. Aufgrund dieser Umstände ist es durchaus plausibel, dass von zusätzlichen Kosten für Medikamente und medizinische Behandlung von monatlich RUB 7'600.-- auszugehen ist.  
Vor diesem Hintergrund hat die Vorinstanz den Sachverhalt unrichtig festgestellt. Die entsprechende Rüge der Beschwerdeführer erweist sich damit als berechtigt und der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt ist entsprechend zu berichtigen. Aufgrund der vorgelegten Dokumente kann der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt auch von Amtes wegen berichtigt werden (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. GRÉGORY BOVEY, a.a.O., N. 15 zu Art. 99 LTF). Es ist deshalb sachverhaltsmässig davon auszugehen, dass sich die Kosten für Grundbedürfnisse aufgrund der Kosten für Medikamente und medizinische Behandlung um monatlich RUB 7'600.-- erhöhen und damit bei monatlich mindestens RUB 32'841.-- liegen. 
 
5.  
Aufgrund des Gesagten erweist sich auch die Rüge der Beschwerdeführer bezüglich der Verletzung von Art. 3 Abs. 2 lit. b Anhang I FZA, da die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin 1 gegeben sei, als berechtigt. Die monatlichen Kosten für Grundbedürfnisse übersteigen aufgrund des berichtigten, vorinstanzlich festgestellten Sachverhalts die Gesamtrente um mindestens rund RUB 4'820.--, sodass die Beschwerdeführerin 1 als bedürftig im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. b Anhang I FZA zu qualifizieren ist. Nachdem die übrigen Voraussetzungen für den Nachzug der Beschwerdeführerin 1 unbestrittenermassen erfüllt sind, verfügen die Beschwerdeführer über einen Anspruch auf Familiennachzug der Beschwerdeführerin 1 gemäss FZA. 
 
6.  
 
6.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben. Damit erübrigt es sich, auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführer einzugehen.  
 
6.2. Das kantonale Migrationsamt ist anzuweisen, den Familiennachzug der Beschwerdeführerin 1 zu bewilligen und ihr eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Das SEM ist anzuweisen, dieser Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzugs zuzustimmen.  
 
6.3. Die Beschwerdeführer haben eine detaillierte Kostennote über Fr. 5'153.-- eingereicht. Entsprechend dem Verfahrensausgang werden für das bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Schweizerische Eidgenossenschaft (SEM) hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).  
 
6.4. Zwecks Neufestsetzung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2022, Abteilung VI, wird aufgehoben. 
 
2.  
Das Migrationsamt des Kantons Waadt (Service de la population, Canton de Vaud) wird angewiesen, der Beschwerdeführerin 1 im Rahmen des Familiennachzugs eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Das Staatssekretariat für Migration SEM wird zudem angewiesen, der Erteilung dieser Aufenthaltsbewilligung zuzustimmen. 
 
3.  
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 5'153.-- auszurichten. 
 
5.  
Die Sache wird zur Neufestsetzung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Service de la population (Canton de Vaud) und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Februar 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: J. Hänni 
 
Der Gerichtsschreiber: C. Quinto