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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_10/2012 
 
Urteil vom 29. März 2012 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Haag. 
 
1. Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
2. Y.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, 
Abteilung 3 Sursee, Centralstrasse 24, 6210 Sursee, vertreten durch die Oberstaatsanwaltschaft, Zentralstrasse 28, Postfach 3439, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Einstellungsverfügung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss vom 29. Dezember 2011 des Obergerichts des Kantons Luzern, 
2. Abteilung. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Am 27. Dezember 2010 reichte X.________ bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern eine Strafanzeige gegen ihr unbekannte Polizisten wegen Gefährdung des Lebens ihres Sohnes Y.________ ein. Mit Schreiben vom 29. März 2011 teilte die Staatsanwaltschaft X.________ mit, dass sie sich nicht als Privatklägerin am Strafverfahren beteiligen könne und dass die Strafuntersuchung mit Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011 rechtskräftig beendet worden sei. Die Einstellungsverfügung wurde weder der Anzeigerin noch ihrem Sohn eröffnet. 
Mit Nichtigkeitsbeschwerden bzw. Rekurs an das Obergericht des Kantons Luzern vom 15. April 2011 und 23. Juni 2011 verlangten X.________ und Y.________, die Strafanzeige vom 27. Dezember 2010 sei wieder aufzunehmen und die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft sei aufzuheben. 
Nachdem das Bundesgericht Beschwerden von X.________ und Y.________ wegen Rechtsverzögerung mit Urteil 1B_540/2011 vom 12. Dezember 2011 gutgeheissen hatte, trat das Obergericht mit Beschluss vom 29. Dezember 2011 auf die Beschwerde vom 15. April 2011 von X.________ nicht ein. Die Beschwerde von Y.________ hiess das Obergericht gut und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an die Staatsanwaltschaft Abteilung 3 Sursee zurück. 
Eine weitere Beschwerde von X.________ vom 8. September 2011 gegen eine andere, nicht bei den Akten liegende Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011 betreffend Vormundschaft und Schutzaufsicht verwies das Obergericht in ein neu zu eröffnendes Beschwerdeverfahren (Dispositiv Ziff. 1.2 des Beschlusses des Obergerichts vom 29. Dezember 2011). 
 
B. 
Mit Beschwerde vom 1. und 5. Januar 2012 beantragt Y.________, der Beschluss des Obergerichts vom 29. Dezember 2011 sei aufzuheben und das Obergericht sei anzuweisen, einen Entscheid zu fällen, der sich auf die Anträge an das Obergericht vom 15. April 2011 und 23. Juni 2011 beziehe. X.________ stellt den Antrag, ihr sei die Parteistellung in den vorinstanzlichen Verfahren zu gewähren. 
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft verzichten auf eine Stellungnahme. 
Die Beschwerdeführerin hat dem Bundesgericht am 14. Februar 2012 und 20. März 2012 weitere Eingaben eingereicht. In ihrem Schreiben vom 20. März 2012 teilt sie mit, ihr Sohn ziehe seine Beschwerde zurück, falls die Staatsanwaltschaft ihm zuerst die Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011 eröffnen müsse und erst anschliessend ein Weiterzug möglich sei. Ein Schreiben mit gleichem Inhalt reichte der Beschwerdeführer am 22. März 2012 ein. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde richtet sich gegen die Einstellung des Verfahrens nach Art. 319 StPO. Das Obergericht hat als letzte kantonale Instanz auf Beschwerde hin entschieden. Sein Beschluss unterliegt der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht (Art. 78 ff. BGG). 
 
1.1 Mit dem angefochtenen Entscheid hat das Obergericht die Sache an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, damit sie die Einstellungsverfügung dem Geschädigten Y.________ eröffne und ihn über das Recht und die Folgen der Privatklage orientiere. Dem Hauptantrag, die Strafanzeige vom 27. Dezember 2010 sei wieder aufzunehmen und die Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011 sei aufzuheben, hat das Obergericht hingegen nicht entsprochen. Insoweit liegt ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vor. Ebenso stellt der Entscheid, auf die Beschwerde von X.________ nicht einzutreten, einen Endentscheid dar, der mit Beschwerde in Strafsachen angefochten werden kann. 
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das nach Dispositiv Ziff. 1.2 des angefochtenen Entscheids neu zu eröffnende Beschwerdeverfahren betreffend Vormundschaft und Schutzaufsicht betreffe nicht nur seine Mutter, sondern auch ihn, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, da sie sich insoweit gegen einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG richtet. Die Voraussetzungen zu dessen Anfechtung gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG sind nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer wird seine Rechte betreffend Vormundschaft und Schutzaufsicht im neuen Beschwerdeverfahren vor Obergericht wahrnehmen können. 
 
1.2 Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Ein rechtlich geschütztes Interesse hat unter anderen die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; BGE 137 IV 219 E. 2 S. 222 f., 246 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). 
1.2.1 Die Vorinstanz hat das Beschwerderecht der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 382 Abs. 1 StPO verneint. Die Beschwerdeführerin habe zwar die Anzeige erstattet und insofern am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Da sie aber nicht die geschädigte Person und nicht die Trägerin der (angeblich) angegriffenen geschützten Rechtsgüter sei, habe sie kein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung der Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011. 
Die Beschwerdeführerin ist berechtigt, ungeachtet ihrer Legitimation in der Sache eine Verletzung ihrer Parteirechte zu rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können (vgl. BGE 136 IV 41 E. 1.4 S. 44 mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, das Obergericht habe ihre Beschwerdelegitimation zu Unrecht verneint, ist sie zur Beschwerde berechtigt. 
1.2.2 Weiter ist die Beschwerdeberechtigung des Beschwerdeführers zu prüfen. 
Aus der Anzeige vom 27. Dezember 2010 ergibt sich, dass Y.________ am frühen Morgen des 13. Januars 2001 in gesundheitlich schlechter Verfassung die Polizei um Hilfe gebeten habe und diese ihn mit Handschellen gefesselt auf den Polizeiposten Luzern verbracht habe anstatt einen Arzt zu rufen. Auf dem Polizeiposten sei ihm - unter Schmerzen, Benommenheit und Atemnot leidend - befohlen worden, mit auf dem Rücken gefesselten Händen eine steile Aussentreppe zur Gefängniszelle hinunter zu gehen. Dabei sei er, nachdem ihn ein Polizist leicht geschubst habe, gestürzt und mit dem Kopf am unteren Ende der Treppe aufgeprallt und bewusstlos liegen geblieben. Beim anschliessenden Spitalaufenthalt sei eine klaffende Kopfwunde genäht und eine Computertomographie des Kopfs durchgeführt worden. Auch während der ärztlichen Versorgung seien seine Hände auf dem Rücken gefesselt gewesen. Der behandelnde Arzt habe eine Hirnerschütterung mit Bewusstlosigkeit und aufgrund der kranialen Computertomographie eine innere Blutung, die sich spontan zurückbilden werde, festgestellt. Ausserdem soll der Arzt geäussert haben, der Patient habe grosses Glück gehabt, da er sich beim Sturz das Genick hätte brechen können. Weiter wird in der Strafanzeige erwähnt, dass Y.________ noch am selben Tag in eine psychiatrische Klinik eingewiesen und längere Zeit mit starken Medikamenten behandelt worden sei. Neuropsychologische Tests und medizinische neurologische Untersuchungen seien unterblieben, obwohl eine seit dem Sturz andauernde Gesundheitsschädigung vorliege. 
1.2.3 Nach Art. 10 Abs. 3 BV ist Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verboten. Dieselbe Grundrechtsgarantie ist in Art. 3 EMRK enthalten. Die Rechtsprechung anerkennt gestützt auf Art. 10 Abs. 3 BV, Art. 7 UNO-Pakt II, Art. 3 und 13 EMRK sowie Art. 13 des Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 (SR 0.105) einen Anspruch des von solcher Behandlung in Haft oder polizeilichem Gewahrsam Betroffenen auf wirksamen Rechtschutz (BGE 131 I 455 E. 1.2.5 S. 462 f.; Urteile des Bundesgerichts 1B_70/2011 vom 11. Mai 2011 E. 2.2.5, in: EuGRZ 2011 619; 6B_364/2011 vom 24. Oktober 2011 E. 2.2; 6B_274/2009 vom 16. Februar 2010 E. 3.1; 6B_110/2008 vom 27. November 2008 E. 3.1). Der Staat ist verpflichtet, alle Vorgänge in staatlichem Gewahrsam, bei denen der Verdacht einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung besteht, einer effektiven offiziellen Untersuchung zu unterziehen. Die Untersuchung muss ermöglichen, die Verantwortlichen festzustellen und gegebenenfalls zu bestrafen. In diesem Sinne haben die Behörden prompt zu reagieren und zügig zu handeln. Sie müssen alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um Beweise wie etwa Zeugenaussagen oder ärztliche Befunde sicherzustellen, und dürfen sich nicht mit voreiligen oder mangelhaft begründeten Schlüssen begnügen (vgl. vorgenannte Urteile des Bundesgerichts sowie CHRISTOPH GRABENWARTER, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Auflage 2009, S. 155 f. mit zahlreichen Hinweisen). 
1.2.4 Mit der Schilderung der Vorkommnisse vom 13. Januar 2001 in der Strafanzeige (E. 1.2.2 hiervor) wird eine Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung des Beschwerdeführers behauptet. Dieser verlangt eine strafgerichtliche Prüfung der Vorwürfe und die Bestrafung der Verantwortlichen, wozu er nach den Ausführungen in E. 1.2.3 berechtigt ist. Er beruft sich somit auf ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG. Da er am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG), ist er zur Beschwerdeführung berechtigt. 
 
1.3 Schliesslich ist in Bezug auf die vorliegende Angelegenheit auch die Prozessfähigkeit des unter Vormundschaft stehenden Beschwerdeführers zu bejahen. In Analogie zur Befugnis von urteilsfähigen Entmündigten, die im Bereich der Vormundschaft selbstständig Prozesse führen und einen Anwalt mit der Interessenwahrung betrauen dürfen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_194/2011 vom 30. Mai 2011 E. 5.1), nimmt der Beschwerdeführer in der vorliegenden Angelegenheit höchstpersönliche Rechte wahr, soweit die Beschwerdeführung die Einhaltung der fundamentalen Garantien nach Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 3 EMRK betrifft. 
 
1.4 Da auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde im genannten Umfang (E. 1.1 und 1.2) einzutreten. 
 
2. 
Die Vorinstanz hat die Gründe, die zur Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft führten, inhaltlich nicht überprüft, obwohl der Beschwerdeführer sich unmissverständlich über eine unmenschliche Behandlung während des Polizeigewahrsams beschwert hatte. Auch in der Einstellungsverfügung wird nicht dargelegt, inwiefern eine Untersuchung vorgenommen wurde, welche den in E. 1.2.3 hiervor genannten Anforderungen genügt. Die Staatsanwaltschaft hat zunächst festgehalten, dass die Verjährungsfrist bei den Tatbeständen der Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB), der Aussetzung (Art. 127 StGB) und der schweren Körperverletzung (Art. 122 StGB) nach Art. 97 Abs. 1 lit. b StGB 15 Jahre beträgt und somit die Verjährung noch nicht eingetreten ist. Dies im Unterschied zur einfachen oder schweren fahrlässigen Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 und 2 StGB), die nach Art. 97 Abs. 1 lit. c StGB nach 7 Jahren verjähren. 
Weiter hat die Staatsanwaltschaft kurz die Tatbestände der Aussetzung und der Gefährdung des Lebens gewürdigt und ohne weitere Untersuchungen die Gefahr einer schweren Schädigung der körperlichen oder psychischen Gesundheit ausgeschlossen. Zur Frage, ob eine (eventual-)vorsätzliche schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB), ein Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB) oder ein anderes noch nicht verjährtes Delikt vorliegen könnte, äussert sich die Staatsanwaltschaft mit keinem Wort. Ausserdem hat sie entgegen der Rechtsprechung zu Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 3 EMRK keine Untersuchung der zur Anzeige gebrachten Vorkommnisse und zur Feststellung der Verantwortlichen durchgeführt. Nur eine solche Untersuchung, die sich auf Zeugenaussagen, ärztliche Befunde etc. stützt, wird eine Beurteilung der von den beteiligten Personen verursachten Gefährdungen ermöglichen. Erst wenn gesicherte Erkenntnisse über den Ablauf des Geschehens und das Verhalten der beteiligten Personen vorliegen, kann eine fundierte Beurteilung der strafrechtlichen Relevanz ihres Verhaltens erfolgen. Vor dem Hintergrund des Beschleunigungsgebots (Art. 5 Abs. 1 StPO) und der drohenden Verjährung sowie der Schwierigkeiten, die sich bei der Aufklärung länger zurückliegender Sachverhalte ergeben können, muss die Voruntersuchung nun beförderlich vorangetrieben werden. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse wird zu beurteilen sein, ob gegen die Beteiligten Anklage erhoben werden kann. Die vorliegenden Äusserungen der Staatsanwaltschaft und des Obergerichts lassen eine solche Beurteilung nicht zu. 
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben ist, soweit darin dem Antrag des Beschwerdeführers um Aufhebung der Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011 nicht entsprochen wird. Die Einleitung eines weiteren Rechtsmittelverfahrens im Anschluss an die von der Vorinstanz angeordnete Eröffnung der Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011, wie dies die Beschwerdeführer in ihren Schreiben vom 20. und 22. März 2012 in Erwägung ziehen, wäre mit dem Beschleunigungsgebot (Art. 5 Abs. 1 StPO) nicht vereinbar. Hingegen hat der Beschwerdeführer Anspruch auf Eröffnung der Verfügung (Art. 321 Abs. 1 lit. b StPO) und auf Akteneinsicht (Art. 107 StPO i.V.m. Art. 104 StPO und Art. 29 Abs. 2 BV). 
Die Staatsanwaltschaft ist anzuweisen, eine Strafuntersuchung durchzuführen, die möglichst lückenlos Aufschluss über die zur Anzeige gebrachten Vorkommnisse und die daran beteiligten Personen gibt und die strafrechtliche Relevanz des Verhaltens dieser Personen darlegt. Aufgrund einer solchen gründlichen Voruntersuchung wird sie über die Anklageerhebung zu entscheiden haben (vgl. BGE 137 IV 219 E. 7, 8 S. 226 ff.; 131 I 455 E. 2.2, 2.3 S. 466). 
 
3. 
Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführerin ein eigenes Beschwerderecht zukommt. Sie wurde durch die behaupteten Vorkommnisse nicht selbst in ihrer körperlichen Integrität betroffen. Als nahe Angehörige kann sie sich unter bestimmten Umständen auf die Garantien von Art. 2 und 3 EMRK berufen, insbesondere wenn die Eingriffe zum Tod einer Person geführt haben oder wenn das unmittelbare Opfer selbst aus anderen Gründen nicht in der Lage ist, seine Rechte wahrzunehmen (GRABENWARTER, a.a.O., S. 142; vgl. Urteil des EGMR Finogenov et al. c. Russland vom 20. Dezember 2011 Ziff. 204). In der StPO wird die Person, die Anzeige erstattet, nicht als Partei im Sinne von Art. 104 StPO behandelt, sondern als andere Verfahrensbeteiligte (Art. 105 Abs. 1 lit. b StPO). Werden diese anderen Verfahrensbeteiligten in ihren Rechten unmittelbar betroffen, so stehen ihnen die zur Wahrung ihrer Interessen erforderlichen Verfahrensrechte einer Partei zu (Art. 105 Abs. 2 StPO). 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei in ihrer psychischen Integrität unmittelbar verletzt worden, weil der Polizei am 13. Januar 2001 bekannt gewesen sei, dass sie im Gefängnis sei, als die Polizisten ihren Sohn auf den Polizeiposten anstatt ins Spital führten. Aufgrund der vorliegenden Akten kann diese Frage zurzeit nicht beurteilt werden. Indessen erscheint es nicht gerechtfertigt, der Beschwerdeführerin die Gerichtskosten des obergerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen. Ziff. 3.1 des angefochtenen Beschlusses ist somit aufzuheben. 
 
4. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde des Beschwerdeführers gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben ist, soweit darin dem Antrag des Beschwerdeführers um Aufhebung der Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011 nicht entsprochen wird. Dies hat aufgrund des im Beschwerdeverfahren geltenden Devolutiveffekts (vgl. BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144) zur Folge, dass auch die Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011 aufgehoben wird. Die Staatsanwaltschaft ist in Anwendung von Art. 107 Abs. 2 BGG anzuweisen, eine Strafuntersuchung durchzuführen, die möglichst lückenlos Aufschluss über die behaupteten Vorkommnisse und die daran beteiligten Personen gibt sowie die strafrechtliche Relevanz des Verhaltens dieser Personen darlegt. Die Untersuchung ist unverzüglich an die Hand zu nehmen und ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss zu bringen (Art. 5 Abs. 1 StPO). Ausserdem ist Ziff. 3.1 des angefochtenen Beschlusses aufzuheben. 
 
5. 
Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend und angesichts der konkreten Umstände der vorliegenden Angelegenheit sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem obsiegenden, anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des Obergericht des Kantons Luzern vom 29. Dezember 2011 aufgehoben, soweit darin dem Antrag des Beschwerdeführers um Aufhebung der Einstellungsverfügung vom 24. Januar 2011 nicht entsprochen wird. Zudem wird Ziff. 3.1 des angefochtenen Beschlusses aufgehoben. Die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern vom 24. Januar 2011 wird aufgehoben und die Staatsanwaltschaft angewiesen, eine Strafuntersuchung im Sinne der Erwägungen durchzuführen. 
 
2. 
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Luzern, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 29. März 2012 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Haag