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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_832/2022  
 
 
Urteil vom 29. März 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, 
nebenamtliche Bundesrichterin Arndt, 
Gerichtsschreiberin Lang. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Hanselmann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Diggelmann, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Eheschutzmassnahmen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des 
Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, vom 22. September 2022 
(FS.2020.31-EZE2 / ZV.2020.125-EZE2). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1975) und B.________ (geb. 1968) heirateten 2011. Aus ihrer Ehe ist der Sohn C.________ (geb. 2011) hervorgegangen. Seit dem 1. Februar 2018 leben die Parteien getrennt.  
 
A.b. Am 26. Februar 2018 beantragte B.________ beim Kreisgericht Rorschach den Erlass von Eheschutzmassnahmen. Mit Entscheid vom 18. August 2020 regelte dieses das Getrenntleben der Parteien. Es legte insbesondere die Unterhaltsbeiträge zu Gunsten von B.________ fest.  
 
B.  
Gegen diesen Entscheid erhob A.________ Berufung beim Kantonsgericht St. Gallen. In Bezug auf den vor Bundesgericht noch strittigen Punkt des Ehegattenunterhalts trat das Kantonsgericht auf die Berufung nicht ein (Entscheid vom 22. September 2022). 
 
C.  
 
C.a. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 28. Oktober 2022 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) hiergegen an das Bundesgericht. Diesem beantragt er, den angefochtenen Entscheid hinsichtlich des Nichteintretens auf die Berufung bezüglich des Ehegattenunterhalts aufzuheben und die Sache insoweit zur materiellen Beurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Eventualiter beantragt er die Aufhebung der entsprechenden Dispositivziffer des erstinstanzlichen Entscheids betreffend Ehegattenunterhalt und die Abweisung des Begehrens auf Bezahlung von ehelichem Unterhalt. Alsdann stellt er Anträge zu den Kosten- und Entschädigungsfolgen für das bundesgerichtliche Verfahren.  
 
C.b. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist der Endentscheid (Art. 90 BGG) eines oberen kantonalen Gerichts, das auf Rechtsmittel hin (Art. 75 BGG) über Eheschutzmassnahmen (Ehegattenunterhalt) und damit betreffend eine vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) entschieden hat. Der Mindeststreitwert von Fr. 30'000.-- ist überschritten (Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 51 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 BGG). Die vom legitimierten (Art. 76 Abs. 1 BGG) Beschwerdeführer rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde erweist sich als zulässig. 
 
2.  
 
2.1. Eheschutzentscheide unterstehen Art. 98 BGG (BGE 134 III 667 E. 1.1; 133 III 393 E. 5.2). Daher kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Auch eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen kommt nur infrage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1). Die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte muss nach dem strengen Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG in der Beschwerde vorgebracht und begründet werden. Die rechtsuchende Partei hat präzise anzugeben, welches verfassungsmässige Recht durch den angefochtenen Entscheid verletzt wurde, und im Einzelnen darzulegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 144 II 313 E. 5.1; 142 III 364 E. 2.4). Vorausgesetzt ist daher, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt (BGE 145 I 121 E. 2.1 in fine mit Hinweis). Werden keine Verfassungsrügen vorgebracht, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine Verfassungsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 142 I 99 E. 1.7.2). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, reicht es sodann nicht aus, die Sach- oder Rechtslage aus der eigenen Sicht darzulegen und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Es ist im Einzelnen darzutun, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet und auch im Ergebnis in krasser Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 16 E. 2.1; 136 I 49 E. 1.4.1; 134 II 244 E. 2.2).  
 
2.2. Anfechtungsobjekt im bundesgerichtlichen Verfahren ist ausschliesslich der angefochtene, kantonal letztinstanzliche Entscheid (Art. 75 BGG; BGE 141 III 188 E. 4.1). Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheids beantragt, ist darauf demzufolge nicht einzutreten. Nachdem die Vorinstanz ausserdem auf die Berufung (im vorliegend strittigen Punkt) nicht eingetreten ist, kann Thema des bundesgerichtlichen Verfahrens grundsätzlich einzig sein, ob die Vorinstanz mit ihrem Nichteintretensentscheid gegen verfassungsmässige Rechte verstossen hat.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer vorgehalten, in Bezug auf den Ehegattenunterhalt keinen bezifferten Antrag gestellt zu haben.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer erhebt vor Bundesgericht verschiedene Rügen gegen den vorinstanzlichen Entscheid.  
 
3.2.1. Zusammengefasst rügt er, die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz, wonach er in seiner Berufung keine Anträge zum Ehegattenunterhalt gestellt habe, sei aktenwidrig und willkürlich. Aus seiner Berufungsschrift gehe klar hervor, dass er seine Unterhaltspflicht gegenüber der Beschwerdegegnerin vollumfänglich bestreite. Dies ergebe sich ohne Weiteres aus Ziffer 1 seiner Berufungsanträge, mit welcher er die Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheids gefordert habe, und seinen Ausführungen in der Berufungsschrift. Er habe sehr wohl einen Antrag hinsichtlich des Ehegattenunterhalts gestellt. Indem sich die Vorinstanz nicht materiell mit seinen Rügen befasst habe, sondern auf den entsprechenden Antrag nicht eingetreten sei, habe sie willkürlich entschieden. Schliesslich sei die vorinstanzliche Anwendung des Bezifferungserfordernisses hinsichtlich des Ehegattenunterhalts willkürlich erfolgt, denn ein Beklagter habe in einem Verfahren kein Bezifferungserfordernis zu gewärtigen, sondern lediglich der Kläger, was sich aus Art. 84 und 85 ZPO ergäbe. Wenn die Vorinstanz dem Beschwerdeführer auferlege, einen bezifferten Antrag zu stellen, verstosse sie gegen den unbestrittenen Grundsatz, dass der Beklagte schlicht die Klageabweisung (ohne weitere Bezifferung) verlangen könne. Die Vorinstanz habe das Recht willkürlich angewandt.  
 
3.2.2. Wie die Wiedergabe dieser Ausführungen zeigt, legt der Beschwerdeführer nicht im Einzelnen dar, welches verfassungsmässige Recht inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sein soll. Vielmehr macht er pauschal geltend, die Vorinstanz habe willkürlich entschieden. Dabei legt er jedoch nicht dar, weshalb der Entscheid auch im Ergebnis in krasser Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen soll. Seine Ausführungen erfüllen die Begründungsanforderungen vor Bundesgericht (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; siehe E. 2.1) nicht. Im Einzelnen:  
 
3.2.2.1. An welcher Stelle der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren einen Antrag zum Ehegattenunterhalt gestellt haben will, erläutert er - abgesehen von der Auslegung seiner Rechtsbegehren, dazu sogleich - nicht. Es ist aber nicht Aufgabe des Bundesgerichts, diesbezüglich in den kantonalen Akten nach Anhaltspunkten zu forschen.  
 
3.2.2.2. Die Frage, ob sich aus der Berufungsbegründung der Sinn eines Rechtsbegehrens ergibt, ist sodann keine Frage der Sachverhaltsfeststellung, sondern der Auslegung der Rechtsbegehren, zu der ein Gericht nach Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) bzw. aufgrund des Verbots des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV) grundsätzlich verpflichtet ist (siehe Urteil 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 2.1.3). Entsprechende Verfassungsrügen erhebt der Beschwerdeführer jedoch nicht. Weder nimmt er auf die genannten Bestimmungen Bezug noch setzt er sich mit deren Gehalt auseinander oder legt dar, inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt sein sollten.  
 
3.2.2.3. Ein Gericht, das auf ein Rechtsbegehren nicht eintritt, obschon es dazu verpflichtet wäre, begeht eine Rechtsverweigerung gemäss Art. 29 Abs. 1 BV (vgl. BGE 144 II 184 E. 3.1; Urteil 4A_116/2015 vom 9. November 2015 E. 7.1, nicht publ. in: BGE 141 III 539). Der Willkürrüge kommt in diesem Zusammenhang damit keine selbständige Bedeutung zu (BGE 127 I 133 E. 5). Daher genügt der vom Beschwerdeführer pauschal erhobene Willkürvorwurf nicht. Dass die Vorinstanz eine Rechtsverweigerung begangen bzw. Art. 29 Abs. 1 BV verletzt hätte, macht er nicht geltend, weshalb das Bundesgericht dies nicht zu prüfen hat (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
3.2.2.4. Was schliesslich den angeblich unbestrittenen Grundsatz anbelangt, wonach der Beklagte schlicht die Klageabweisung (ohne weitere Bezifferung) verlangen könne, so bleibt der Beschwerdeführer den Nachweis eines entsprechenden allgemeinen, verfassungsrechtlichen Rechtsgrundsatzes schuldig. Zwar rügt der Beschwerdeführer auch eine willkürliche Rechtsanwendung. Er erläutert aber nicht mit der nötigen Klarheit, welche Verfahrensbestimmung der ZPO konkret willkürlich angewendet worden sein soll. So bezieht er sich freilich auf Art. 84 und Art. 85 ZPO, stellt aber keinerlei Bezug zur Willkürrüge her und erläutert nicht, weshalb diese Bestimmungen im Berufungsverfahren überhaupt relevant sein sollten. Eine willkürliche Anwendung von Art. 311 ZPO rügt der Beschwerdeführer jedenfalls ebenso wenig wie eine Verletzung des Verbots des überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV) bzw. des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV). Eine Prüfung dieser Bestimmungen fällt daher ausser Betracht (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
3.3. Soweit der Beschwerdeführer also überhaupt zulässige Verfassungsrügen erhebt, ist auf die Beschwerde mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
4.  
Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdeführer kosten- (Art. 66 Abs. 1 BGG), nicht aber entschädigungspflichtig, zumal keine Vernehmlassungen eingeholt wurden (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. März 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lang