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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4D_30/2007 /len 
 
Urteil vom 29. November 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Kiss, 
Gerichtsschreiberin Hürlimann. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Paul Zbinden, 
 
gegen 
 
B.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Patrik Gruber, 
Kantonsgericht Freiburg, I. Zivilappellationshof. 
 
Gegenstand 
Willkürliche Beweiswürdigung im Zivilprozess; Parteikosten, 
 
Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I. Zivilappellationshof, 
vom 8. Mai 2007. 
 
Erwägungen: 
1. 
Am 8. Mai 2007 erkannte der I. Zivilappellationshof des Kantonsgerichts Freiburg in der Streitsache zwischen A.________ (Kläger, Berufungskläger und Beschwerdeführer) und B.________ (Beklagter, Berufungsbeklagter und Beschwerdegegner) wie folgt: 
"I. Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Zivilgerichts des Sensebezirks vom 7. März 2006 wird bestätigt. 
II. Die Parteikosten des Berufungsverfahrens werden A.________ auferlegt. 
(Gerichtskosten des Berufungsverfahrens) 
Die als Parteikosten geschuldeten Anwaltskosten von B.________ werden für die erste Instanz auf Fr. 38'671.10 (MwSt von Fr. 2'731.40 inbegriffen) und für die zweite Instanz auf Fr. 5'530.55 (MwSt von Fr. 390.65 inbegriffen) festgesetzt. 
(Parteikosten A.________)." 
Die Parteikosten waren im Urteil des Zivilgerichts des Sensebezirks vom 7. März 2006 der Höhe nach nicht bestimmt worden. 
1.1 Der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers gelangte mit Schreiben vom 29. Juni 2007 an den Präsidenten des I. Zivilappellationshofs des Kantonsgerichts Freiburg mit dem Anliegen, er müsse sich auftragsgemäss versichern, dass bei der Festsetzung der Kosten des Anwalts des Beschwerdegegners berücksichtigt worden sei, dass dessen Rechtsschriften, d.h. die Klageantwort vom 31. August 2000 und die Duplik vom 23. Februar 2001, von der ersten Instanz wegen verspäteter Zahlung des Kostenvorschusses aus dem Recht gewiesen worden seien, wie dies in den Urteilen des Zivilgerichts des Sensebezirks vom 27. März 2003 auf Seite 6 und des Appellationshofs vom 10. Januar 2005 auf Seite 4 bestätigt werde. 
1.2 Der Präsident des I. Zivilappellationshofs antwortete mit Schreiben vom 3. Juli 2007. Was die beiden Positionen "Klageantwort" und "Duplik" betreffe, habe der Beklagte durch die verspätete Zahlung des Kostenvorschusses nur - aber immerhin - sein Antwortrecht und die damit verbundenen prozessualen Rechte verwirkt; er habe aber am Verfahren teilnehmen können und habe sich auch entsprechend vorbereiten müssen. Eine gänzliche Streichung dieser Aufwendungen sei daher nicht erfolgt. Der Appellationshof habe die unter diesen Umständen zur Führung des Prozesses notwendige Zeit in dieser Phase des Prozesses um rund 20 % gekürzt. 
1.3 Mit Wiedererwägungsgesuch vom 4. Juli 2007 stellte der Beschwerdeführer beim Kantonsgericht Freiburg formell den Antrag, die Anwaltskosten des Beschwerdegegners für die erste Instanz seien um Fr. 8'759.-- herabzusetzen. Er machte geltend, dass nach der Kostenliste des Anwalts des Beschwerdegegners für die nicht zugelassenen Rechtsschriften im Februar 2000 neun Stunden und im Februar 2001 zehn Stunden berechnet und bei der Festsetzung der Parteientschädigung auch berücksichtigt worden seien, weshalb diese entsprechend zu hoch angesetzt sei. 
1.4 Mit Entscheid vom 6. Juli 2007 trat der I. Zivilappellationshof des Kantonsgerichts auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein. Zur Begründung wurde angeführt, dass Art. 273 Abs. 2 ZPO FR nicht zur Anwendung komme, da der Entscheid vom 8. Mai 2007 nicht auf einem offensichtlichen Versehen beruhe, wie sich aus der Antwort vom 3. Juli 2007 ergebe, und dass die Freiburger Zivilprozessordnung die Wiedererwägung nicht kenne und das Gesuch auch weder eine Revision noch eine Interpretation des Urteils rechtfertige. 
1.5 Gegen den Entscheid des I. Zivilappellationshofs des Kantonsgerichts Freiburg vom 8. Mai 2007, der am 12. Juni 2007 zugestellt worden ist, hat der Beschwerdeführer am 11. Juli 2007 subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingereicht mit folgenden Rechtsbegehren: 
1. Es sei die Ziffer II Absatz 3 des angefochtenen Entscheides des I. Appellationshofes des Kantonsgerichtes Freiburg aufzuheben bzw. abzuändern. 
2. Primär 
In der Sache selbst seien die als Parteikosten geschuldeten Anwaltskosten von B.________ für die erste Instanz bzw. die Anwaltshonorare um Fr. 8'772.30 auf Fr. 25'951.75, zuzüglich Korrespondenz: Fr. 690.--; Auslagen: Fr. 526.65 sowie 7.6 % Mehrwertsteuer von Fr. 2'064.80, somit von Fr. 35'939.70 um Fr. 6'707.60 auf total Fr. 29'232.10 herabzusetzen und für die zweite Instanz auf Fr. 5'139.90 (Honorar: Fr. 4'989.10; Korrespondenz: Fr. 100.--, Auslagen: Fr. 50.80) zuzüglich 7.6 % Mehrwertsteuer von Fr. 390.65 zu belassen. 
3. Eventualiter 
Die Sache sei zu neuer Festsetzung der Parteikosten für die erste Instanz an das Kantonsgericht Freiburg zurückzuweisen. 
...." 
Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 9 BV und rügt, es sei offensichtlich unhaltbar, den Zeitaufwand von 19 Stunden für die Ausarbeitung von Antwortschrift und Duplik zu berücksichtigen, die unbestritten aus dem Recht gewiesen worden seien. Es bestehe ein offensichtlicher Widerspruch zwischen der Unzulässigkeit der Rechtsschriften und der Überbindung der entsprechenden Kosten an ihn als unterliegende Partei. Art. 111 Abs. 1 ZPO FR werde krass verletzt, wonach die Parteikosten limitiert seien auf die mit der Prozessführung unmittelbar verbundenen Dienstleistungen. Die Berücksichtigung der 19 Arbeitsstunden führe auch im Ergebnis dazu, dass der unterliegenden Partei Fr. 6'707.60 zu viel angelastet würden. 
1.6 Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Verfügung vom 13. Juli 2007 abgewiesen. 
1.7 Mit Verfügung vom 3. Oktober 2007 wurde das Sicherstellungsgesuch des Beschwerdegegners gutgeheissen, worauf der Beschwerdeführer die Parteikosten des Beschwerdegegners mit Fr. 2'500.-- sicherstellte. 
1.8 Der Beschwerdegegner stellt in seiner Vernehmlassung das Rechtsbegehren, die subsidiäre Verfassungsbeschwerde vom 11. Juli 2007 sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Er macht geltend, die in der Kostenliste für die Erstellung der schliesslich aus dem Recht gewiesenen Rechtsschriften aufgeführten 19 Stunden seien für die Führung des Prozesses erforderlich gewesen, da sie die inhaltliche und juristische Auseinandersetzung mit den Vorbringen des Beschwerdeführers umfasst hätten und am 3. Dezember 2002 zudem als Stellungnahme zu den Vorbringen des Beschwerdeführers ins Recht gelegt worden seien. 
1.9 Das Kantonsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme. 
2. 
Der angefochtene Entscheid ist in einer Zivilsache ergangen. Nach Art. 72 Abs. 1 BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen als ordentliche Beschwerdeinstanz im Sinne des 3. Kapitels, sofern die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, insbesondere eine letzte kantonale Instanz als Vorinstanz entschieden hat (Art. 75 BGG), der Beschwerdeführer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Änderung des angefochtenen Entscheides hat (Art. 76 BGG) und in vermögensrechtlichen Streitigkeiten die Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- erreicht ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). 
2.1 Der Streitwert berechnet sich gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG bei Beschwerden gegen Endentscheide nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig geblieben sind. Er ist vorliegend entgegen der Ansicht beider Parteien erreicht, denn mit der kantonalen Berufung hatte der Beschwerdeführer beantragt, der Beschwerdegegner sei zur Zahlung eines Betrages von Fr. 200'000.-- zu verpflichten. Da die Voraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen gegeben sind, ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde unzulässig. 
2.2 Mit Beschwerde in Zivilsachen können sämtliche Rügen im Sinne von Art. 95 ff. BGG vorgebracht werden. Da im vorliegenden Verfahren allein die Höhe der Parteientschädigung beanstandet wird, die in Anwendung kantonalen Rechts festgesetzt worden ist, kann auch im Rahmen der ordentlichen Beschwerde in Zivilsachen praktisch nur die Verletzung von Grundrechten gerügt werden (BGE 133 II 249 E. 1.2.1 S. 251 f.). Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet unter diesen Umständen nicht, vielmehr ist eine Konversion möglich und die Beschwerde ist als Beschwerde in Zivilsachen entgegen zu nehmen (vgl. BGE 126 III 431 E. 3 S. 437 mit Hinweisen). 
3. 
Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon dann, wenn auch eine andere Lösung vertretbar oder gar vorzuziehen wäre; das Bundesgericht hebt einen Entscheid vielmehr nur auf, wenn dieser mit der tatsächlichen Situation in offensichtlichem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei rechtfertigt sich die Aufhebung des angefochtenen Entscheides nur, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; 131 I 57 E. 2 S. 61; 129 I 49 E. 4 S. 58, je mit Verweisen). 
3.1 Die Vorinstanz hat gestützt auf Art. 2 Abs. 3 des massgebenden kantonalen Tarifs die Parteientschädigung in Berücksichtigung der unter gewöhnlichen Umständen zur Führung des Prozesses notwendigen Zeit und der auf dem Spiele stehenden Interessen festgesetzt. Sie ist von einem Stundentarif von Fr. 230.-- ausgegangen, den sie für das erstinstanzliche Verfahren gemäss einem Streitwert von Fr. 425'000.-- gestützt auf die massgebenden kantonalen Normen um 100.73 % erhöht hat. Für die Festlegung der zur Führung des Prozesses notwendigen Zeit ist die Vorinstanz von der eingereichten Kostenliste ausgegangen und hat gestützt auf die Akten einen zeitlichen Aufwand von ungefähr 79,5 Stunden für die erste Instanz als angemessen erachtet, wovon 58 Stunden bis und mit dem Urteil des I. Zivilappellationshofs vom 10. Januar 2005, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Teilentscheid abgewiesen wurde. 
3.2 Der Beschwerdeführer geht zwar davon aus, dass das Gericht für die hier massgebende Zeitspanne von den in der Kostenliste des Gegenanwalts aufgeführten 73 Stunden 10 Minuten nur einen Zeitaufwand von 57 (bzw. 58) Stunden anerkannte. Er beanstandet aber als schlechterdings nicht vertretbar, dass in diesen anerkannten 58 Stunden für die Ausarbeitung von Klageantwort und Duplik insgesamt 19 Stunden enthalten sind, obwohl diese Rechtsschriften aus dem Recht gewiesen wurden. Er beruft sich auf den in Art. 111 Abs. 1 ZPO FR festgehaltenen und unumstrittenen Rechtsgrundsatz, dass die Parteikosten auf die mit der Prozessführung unmittelbar verbundenen Dienstleistungen des Anwalts beschränkt sind. Er behauptet, dieser Rechtsgrundsatz sei krass verletzt, indem 19 Arbeitsstunden für aus dem Recht gewiesene Rechtsschriften berücksichtigt worden seien. Es bestehe ausserdem ein klarer Widerspruch zwischen der Unzulässigkeit der beiden Rechtsschriften und der Überbindung des entsprechenden Honorars an ihn als unterliegende Partei. 
3.3 Der Präsident des I. Zivilappellationshofs des Kantonsgerichts Freiburg hat im vom Beschwerdeführer selbst ins Recht gelegten Schreiben vom 3. Juli 2007 erklärt, der Appellationshof habe die zur Führung des Prozesses notwendige Zeit in dieser Phase des Prozesses um rund 20 % gekürzt. Da der Beschwerdegegner trotz der Unzulässigkeit von Antwort und Duplik am Verfahren habe teilnehmen können und sich auch entsprechend habe vorbereiten müssen, sei jedoch eine gänzliche Streichung dieser Aufwendungen nicht erfolgt. Mit dieser ihm bekannten Begründung, auf die auch im Entscheid zum Nichteintreten auf das Wiedererwägungsgesuch verwiesen wird, setzt sich der Beschwerdeführer nicht ansatzweise auseinander. Er bestreitet insbesondere nicht, dass die Vorbereitung der in der Folge aus dem Recht gewiesenen Antwort und Duplik für die Prozessführung auch ohne Berücksichtigung der redigierten Schriften erforderlich war. War aber nur die Redaktion der Rechtsschriften für die Führung des Prozesses unnütz, ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz das Willkürverbot verletzt haben könnte, wenn sie der Unzulässigkeit der Rechtsschriften mit einer globalen Reduktion des Stundenaufwandes in dieser Prozessphase Rechnung trug. Die Vorinstanz hat im Ergebnis der Unzulässigkeit der Rechtsschriften Rechnung getragen, ohne dass dargetan wäre, dass sie dies in einer schlechterdings unhaltbaren Art und Weise getan hätte. 
4. 
Die Beschwerde, die als Beschwerde in Zivilsachen entgegen zu nehmen ist, ist als unbegründet abzuweisen, soweit sie den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG überhaupt genügt. Die Gerichtsgebühr ist bei diesem Verfahrensausgang dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat dem Beschwerdegegner, der sich durch einen Anwalt hat vernehmen lassen, dessen Parteikosten zu ersetzen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die dafür geleistete Sicherheit ist entsprechend freizugeben und dem Beschwerdegegner ist der entsprechende Betrag aus der Bundesgerichtskasse zu überweisen. 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird als Beschwerde in Zivilsachen entgegengenommen. Sie wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. Die Bundesgerichtskasse wird angewiesen, dem Beschwerdegegner den vom Beschwerdeführer sichergestellten Betrag von Fr. 2'500.-- auszuzahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, I. Zivilappellationshof, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 29. November 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
Corboz Hürlimann