Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_739/2021
Urteil vom 30. Januar 2023
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Haag, Müller, Merz, Kölz,
Gerichtsschreiber Baur.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Elmar Wohlhauser,
gegen
Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden,
Hofgraben 5, 7001 Chur.
Gegenstand
Führerausweis (Sicherungsentzug),
Beschwerde gegen das Urteil vom 13. Oktober 2021
des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden,
1. Kammer (U 21 42).
Sachverhalt:
A.
A.________ wurde im Jahr 2004 wegen einer leichten Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften verwarnt. 2005, 2006 und 2007 wurde ihm der Führerausweis jeweils befristet entzogen, zunächst wegen einer leichten Widerhandlung für einen Monat, dann wegen einer schweren Widerhandlung für vier Monate und anschliessend wegen einer weiteren derartigen Verfehlung für zwölf Monate. Im Juni 2008 erfolgte wegen einer neuerlichen schweren Widerhandlung gestützt auf Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG ein (Kaskaden-) Sicherungsentzug für unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre. Im Juli 2011 und damit weniger als ein Jahr nach der Aufhebung dieser Massnahme im September 2010 wurde gegen A.________ wegen einer mittelschweren Widerhandlung gestützt auf Art. 16b Abs. 2 lit. f SVG ein (Kaskaden-) Sicherungsentzug für immer verfügt. Diese Massnahme wurde mit Wirkung ab dem 6. Oktober 2016 in Berücksichtigung eines verkehrspsychologischen Gutachtens der Psychiatrischen Dienste Graubünden vom 2. September 2016 aufgehoben, verbunden mit der Auflage, innerhalb der folgenden sechs Monate ein Fahrercoaching im Umfang von sechs bis acht Sitzungen bei einem Verkehrstherapeuten oder den Kurs "KURVE Sicherungsentzug" der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) zu absolvieren. Knapp dreieinhalb Jahre später, im März 2020, beging A.________ erneut eine leichte Widerhandlung, für die ihn das Strassenverkehrsamt mit Verfügung vom 15. Mai 2020 verwarnte.
B.
Am 22. September 2020 fuhr A.________ mit dem Personenwagen auf der Hauptstrasse 28a in Richtung Landquart. In Davos Laret überschritt er innerorts die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 33 km/h (nach Abzug des Toleranzwerts). Mit Strafbefehl vom 18. November 2020 sprach ihn die Staatsanwaltschaft Graubünden dafür der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 65 Tagessätzen zu je Fr. 80.-- sowie einer Busse von Fr. 1'000.--. Dieser Strafbefehl erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Bereits am 26. Oktober 2020 hatte das Strassenverkehrsamt des Kantons Graubünden A.________ mittels superprovisorischer Massnahme den Führerausweis mit sofortiger Wirkung entzogen. Mit Verfügung vom 14. Januar 2021 entzog es ihm den Führerausweis für sämtliche Kategorien, Unterkategorien und Spezialkategorien gestützt auf Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG ab dem 27. Oktober 2020 für immer, wobei es die erwähnte Geschwindigkeitsüberschreitung als schwere Widerhandlung beurteilte. Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit des Kantons Graubünden mit Verfügung vom 17. März 2021 ab.
C.
Gegen den Entscheid des Departements gelangte A.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Mit Urteil vom 13. Oktober 2021 wies das Gericht das Rechtsmittel ab.
D.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29. November 2021 an das Bundesgericht beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie den Sicherungsentzug aufzuheben und ihm den Führerausweis ab dem 27. Oktober 2020 für sechs Monate zu entziehen. Subsidiär sei die Sache zur Einholung eines verkehrspsychologischen Gutachtens an das Verwaltungsgericht oder das Strassenverkehrsamt, eventualiter zur Durchführung einer mündlichen Gerichtsverhandlung an das Verwaltungsgericht resp. im Sinne der Erwägungen an dieses oder das Strassenverkehrsamt zurückzuweisen.
Das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das zur Stellungnahme eingeladene Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragt unter Verweis auf das angefochtene Urteil, das es für zutreffend hält, die Abweisung der Beschwerde. A.________ hat auf weitere Bemerkungen in der Sache verzichtet.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid eines oberen Gerichts über einen Sicherungsentzug des Führerausweises. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG ). Ein Ausnahmegrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, wird durch den angefochtenen Entscheid auch materiell beschwert und ist somit nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Auch sonst steht einem Eintreten auf die Beschwerde grundsätzlich nichts entgegen.
2.
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden ( Art. 95 lit. a und b BGG ). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Partei vorbringt und begründet, sofern die rechtlichen Mängel des angefochtenen Entscheids nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 388 E. 2). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten namentlich, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 1 E. 1.4; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil weiter den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. dazu BGE 137 I 58 E. 4.1.2), ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht. Erforderlich ist zudem, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1, 264 E. 2.3).
3.
Der Beschwerdeführer rügt in formeller Hinsicht, die Vorinstanz habe zu Unrecht seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen und damit Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt.
3.1. Nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.
Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Sicherungsentzug des Führerausweises im Unterschied zum Warnungsentzug (BGE 133 II 331 E. 4.2; 121 II 22 E. 3) kein Entscheid über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Er verleiht daher grundsätzlich keinen Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung, ausser wenn der Führerausweis wie bei Berufschauffeurinnen und -chauffeuren unbedingt zur Berufsausübung notwendig ist ("inhérente à l'exercice de cette profession") und somit zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne dieser Bestimmung zur Disposition stehen (BGE 122 II 464 E. 3c; Urteile 1C_520/2016 vom 16. Februar 2017 E. 3.2; 6A.48/2002 vom 9. Oktober 2002 E. 7.4.2, nicht publ. in: BGE 129 II 82).
3.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die genannte Rechtsprechung komme auf den strittigen Sicherungsentzug nicht zur Anwendung. Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG habe keinen eigenständigen Gehalt, sondern sei lediglich als "Verweisungsnorm" auf Art. 16b Abs. 2 lit. f und Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG zu verstehen. Bei den (Kaskaden-) Sicherungsentzügen nach diesen beiden Bestimmungen seien im Unterschied zum Sicherungsentzug nach Art. 16d Abs. 1 SVG die auf Warnungsentzüge anwendbaren strafrechtlichen und strafprozessualen Vorschriften zu beachten. Dasselbe müsse damit auch für den Sicherungsentzug nach Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG gelten. Dieser sei somit wie die betreffenden (Kaskaden-) Sicherungsentzüge als Entscheid über eine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu qualifizieren.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Entgegen dem, was der Beschwerdeführer vorbringt, hat Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG einen eigenen Gehalt, ist mithin nicht eine "Verweisungsnorm" (vgl. hinten E. 4.3). Im Unterschied zu den (Kaskaden-) Sicherungsentzügen nach Art. 16b Abs. 2 lit. f und Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG liegt dem Sicherungsentzug gemäss Art. 16c Abs. 3 lit. a SVG weiter nicht die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung bzw. die Fiktion der Unverbesserlichkeit der betroffenen Fahrzeugführerin resp. des betroffenen Fahrzeugführers zugrunde (vgl. hinten E. 4.3). Die erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichts findet daher ungeachtet des Vorbringens des Beschwerdeführers zu den betreffenden (Kaskaden-) Sicherungsentzügen auf den vorliegend strittigen Sicherungsentzug Anwendung. Auf dieses Vorbringen ist daher nicht weiter einzugehen.
3.3. Der Beschwerdeführer macht ausserdem geltend, es liege eine Streitigkeit über zivilrechtliche Ansprüche im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vor. Aus dem im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Schreiben seiner Arbeitgeberin vom 15. Februar 2021 gehe hervor, dass er zur Berufsausübung unmittelbar auf den Führerausweis angewiesen sei. Auch insofern habe er daher einen konventionsrechtlichen Anspruch auf eine öffentliche mündliche Verhandlung.
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil anerkannt, dass der Beschwerdeführer in seiner aktuellen Anstellung auf den Führerausweis angewiesen ist. Sie hat es zudem für möglich gehalten, dass er - wie gemäss seiner Darstellung von der Arbeitgeberin bereits angekündigt - wegen des strittigen Führerausweisentzugs diese Stelle verlieren könnte. Er sei indes weder Berufschauffeur noch Taxifahrer. Für die Ausübung seines Berufs sei der Führerausweis nicht unbedingt notwendig. Der Beschwerdeführer kritisiert diese Feststellung zwar als offensichtlich unrichtig und verweist auf das erwähnte Schreiben seiner Arbeitgeberin. Dieses bezieht sich indes lediglich auf seine aktuelle Anstellung, wird darin doch ausgeführt, er übe als Magaziner in einem Werkhof des betreffenden Bauunternehmens auf dem Werkhofareal und ausserhalb davon im geschätzten Umfang von ca. 20-30% seines Arbeitspensums Fahrtätigkeiten aus, für die er auf den Führerausweis angewiesen sei. Aus dem Schreiben ergibt sich somit nicht, dass er für die Ausübung seines Berufs wie ein Berufschauffeur unbedingt auf den Führerausweis angewiesen und die gegenteilige Feststellung der Vorinstanz offensichtlich unrichtig ist. Vielmehr lässt sich daraus schliessen, dass die Arbeit eines Magaziners überwiegend keinen Führerausweis voraussetzt. Auch sonst sind ein entsprechendes Angewiesensein des Beschwerdeführers auf den Führerausweis und eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz weder dargetan noch ersichtlich. Die Vorinstanz durfte demnach das Vorliegen einer zivilrechtlichen Streitigkeit im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und damit auch einen Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung verneinen, ohne diese Bestimmung oder sonst Bundesrecht zu verletzen. Die formelle Rüge des Beschwerdeführers erweist sich somit auch in diesem Punkt und damit insgesamt als unbegründet.
4.
In materieller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer, er könne allein aufgrund der Aktenlage nicht als unverbesserlich eingestuft werden. Es sei ein aktuelles verkehrspsychologisches Gutachten zur Frage erforderlich; auf das vorliegende, beinahe fünf Jahre alte Gutachten könne nicht abgestellt werden. Die Vorinstanz habe bei der Beurteilung seiner Fahreignung ausserdem den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum nicht ausgeschöpft, womit auch eine Ermessensunterschreitung vorliege. Der strittige Führerausweisentzug für immer sei ferner offensichtlich unverhältnismässig.
4.1. Während das Strassenverkehrsamt den strittigen Entzug des Führerausweises nur sehr knapp begründete, erläuterte das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit in seinem Rechtsmittelentscheid vom 17. März 2021 ausführlich, wieso der Beschwerdeführer als unverbesserlich einzustufen und der Führerausweisentzug rechtmässig sei. Es führte aus, dem Beschwerdeführer sei der Führerausweis bereits am 6. Juli 2011 gestützt auf Art. 16b Abs. 2 lit. f SVG für immer entzogen worden. Im Herbst 2016 sei er ihm unter Auflagen wiedererteilt worden. Grundlage dafür sei unter anderem ein verkehrspsychologisches Gutachten der Psychiatrischen Dienste Graubünden vom 2. September 2016 gewesen, wonach seine charakterliche Fahreignung im Moment unter Auflagen zu bejahen sei. Gleichzeitig sei in diesem Gutachten jedoch unmissverständlich festgehalten worden, eine weitere schwere Widerhandlung würde bedeuten, dass er sich nicht seinem Vorsatz gemäss verhalten könne und ihm die Fahreignung aus verkehrspsychologischer Sicht abzusprechen sei. Am 22. September 2020 habe der Beschwerdeführer dann erneut eine schwere Widerhandlung begangen, wobei es sich wie beim Vorfall, der zum Entzug für immer im Juli 2011 geführt habe, um eine Geschwindigkeitsüberschreitung gehandelt habe.
Damit - so das Departement weiter - gäben Art. 16b Abs. 2 lit. f und Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG die Beurteilung des Beschwerdeführers als unverbesserlich vor. Es könne offensichtlich nicht im Sinne dieser Bestimmungen sein, dass eine Person, die bereits auf der höchsten bzw. letzten Stufe des Kaskadensystems angelangt sei, bessergestellt werde als eine Person auf der vorletzten Stufe dieses Systems. Die Beurteilung als unverbesserlich werde durch das verkehrspsychologische Gutachten vom 2. September 2016 nicht in Frage gestellt, bestätige dieses doch für den Fall einer weiteren schweren Widerhandlung des Beschwerdeführers dessen fehlende Fahreignung. Da Art. 16c Abs. 2 SVG für Personen, die bereits die letzte Stufe des Kaskadensystems erreicht hätten, nicht ausdrücklich eine weitere Stufe vorsehe, sei der Führerausweis gestützt auf Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG wegen Unverbesserlichkeit zu entziehen. Diese Massnahme sei gerechtfertigt und aufgrund des Kaskadensystems ohne Weiteres auch verhältnismässig. Wie bei Art. 16b Abs. 2 lit. f und Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG sei für den Entzug für immer nicht zusätzlich ein verkehrspsychologisches Gutachten notwendig. Etwas anderes gälte lediglich, wenn zwischen der Wiedererteilung des Führerausweises und der neuerlichen Widerhandlung mehr als fünf Jahre vergangen wären, was jedoch nicht der Fall sei.
4.2. Die Vorinstanz hat sich im angefochtenen Urteil der Argumentation des Departements angeschlossen. Die Anwendung von Art. 16d Abs. 3 SVG setze nicht zwingend die Einholung eines aktuellen Gutachtens voraus. Das Gutachten aus dem Jahr 2016 enthalte zudem insofern eine zukunftsgerichtete Aussage, als der Beschwerdeführer danach mit einer erneuten schweren Widerhandlung den Tatbeweis für seine Unverbesserlichkeit erbringen würde. Mit der schweren Widerhandlung vom 22. September 2020 sei diese Situation eingetreten. Das Departement habe zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass der vorliegende Fall noch eine Kaskadenstufe höher liege, da dem Beschwerdeführer der Führerausweis gestützt auf Art. 16b Abs. 2 lit. f SVG bereits für immer entzogen gewesen sei. Im Kaskadensystem und somit auch hier gäbe es wenig Spielraum für eine Verhältnismässigkeitsprüfung. Jedenfalls falle der Umstand, dass der Beschwerdeführer möglicherweise seine Arbeitsstelle verlieren werde, nicht entscheidend ins Gewicht. Dass er zu seiner Tochter und zu seinem Bruder ohne Führerausweis nur noch eingeschränkt Kontakt haben könne, stelle ebenfalls keinen ausreichenden Grund für eine Abschwächung der Sanktion dar und sei von ihm hinzunehmen.
4.3. Gemäss Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG, der auf die Revision des Strassenverkehrsgesetzes vom 14. Dezember 2001 ("Via Secura") zurückgeht und am 1. Januar 2005 in Kraft trat, wird unverbesserlichen Personen der Ausweis für immer entzogen. Die Bestimmung entspricht dem früheren Art. 17 Abs. 2 SVG, der nach der Botschaft als Auffangtatbestand beibehalten werden sollte (vgl. Botschaft des Bundesrats vom 31. März 1999 zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes, BBl 1999 4492; Urteil 1C_496/2018 vom 20. Mai 2019 E. 5.1 mit Hinweis). Entgegen dem Wortlaut gilt der Entzug nicht auf Lebenszeit. Der entzogene Führerausweis kann jedoch nur wiedererteilt werden, wenn die Massnahme fünf Jahre gedauert hat und glaubhaft gemacht wird, dass die Voraussetzungen für den Sicherungsentzug weggefallen sind (Art. 17 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 3 SVG).
Der Sicherungsentzug für immer nach Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG ist eine der einschneidensten Administrativmassnahmen des Strassenverkehrsgesetzes, die schwer in die Persönlichkeitsrechte und die Privatsphäre der betroffenen Person eingreifen kann (Urteil 1C_21/2016 vom 12. September 2016 E. 3.2; vgl. auch BGE 139 II 95 E. 3.4.1; Urteil 1C_496/2018 vom 20. Mai 2019 E. 5.1). Er dient der Gefahrenabwehr und bezweckt als ultima ratio, immer wieder rückfällig werdende Fahrzeugführerinnen und -führer wegen charakterlicher Nichteignung vom Strassenverkehr fernzuhalten (BGE 106 Ib 328 E. a; Urteil 1C_21/2016 vom 12. September 2016 E. 3.1 mit Hinweisen). Es handelt es sich um eine qualifizierte bzw. verschärfte Form des Sicherungsentzugs aus charakterlichen Gründen nach Art. 16d Abs. 1 lit. c SVG (vgl. zu diesem BGE 125 II 492 E. 2a; Urteil 1C_496/2018 vom 20. Mai 2019 E. 5.1; je mit Hinweisen), die ohne Gutachten nur in offensichtlichen Fällen zur Anwendung gelangen kann, etwa wenn die betroffene Person klar zum Ausdruck gebracht hat, auch künftig gegen die Verkehrsregeln verstossen zu wollen (vgl. Urteil 1C_404/2007 vom 7. März 2008 E. 2.2 und 2.3, mit Verweis auf Urteil 6A.7/2000 vom 17. Mai 2000), oder mit ihrem Verhalten über einen längeren Zeitraum hinweg ihren Willen zur Verletzung der Verkehrsregeln manifestiert hat (Urteile 1C_496/2018 vom 20. Mai 2019 E. 5.1; 1C_21/2016 vom 12. September 2016 E. 3.1; 1C_404/2007 vom 7. März 2008 E. 2.3; CÉDRIC MIZEL, Droit et pratique illustrée du retrait du permis de conduire, 2015, p. 176; ANDRÉ BUSSY ET AL., Code suisse de la circulation routière commenté, 4ème éd. 2015, no. 9 ad art. 16d LCR).
Der Sicherungsentzug für immer nach Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG knüpft an die Unverbesserlichkeit der betroffenen Fahrzeugführerin bzw. des betroffenen Fahrzeugführers an und setzt eine entsprechende fehlende Fahreignung aus charakterlichen Gründen voraus. Er unterscheidet sich damit von den (Kaskaden-) Sicherungsentzügen für immer gemäss Art. 16b Abs. 2 lit. f und Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG , die an eine gesetzlich definierte Rückfälligkeit anknüpfen und bei deren Vorliegen im Sinne einer unwiderlegbaren gesetzlichen Vermutung (Fiktion) von der fehlenden Fahreignung bzw. Unverbesserlichkeit der betroffenen Person ausgehen (vgl. zu dieser Konzeption BGE 139 II 95 E. 3.4.2 und 3.4.3). Sein Anwendungsbereich ist dementsprechend eigenständig zu bestimmen, zumal ihm die Funktion eines Auffangtatbestands zukommen soll. Somit kommt weder bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen (Kaskaden-) Sicherungsentzug nach Art. 16b Abs. 2 lit. f oder Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG zwingend auch ein Sicherungsentzug nach Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG in Betracht, noch ist ein solcher in jedem Fall ausgeschlossen, wenn die betreffenden Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG ist mithin keine "Verweisungsnorm" auf Art. 16b Abs. 2 lit. f und Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG ohne eigenen Gehalt (a.A. BERNHARD RÜTSCHE/NADJA D'AMICO, in: Basler Kommentar Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 61 zu Art. 16d SVG).
4.4.
4.4.1. Wie dargelegt (vgl. vorne Sachverhalt Bst. A), wurde dem Beschwerdeführer der Führerausweis wegen seiner früheren Widerhandlungen insgesamt jahrelang entzogen. Zudem wurden gegen ihn zwei (Kaskaden-) Sicherungsentzüge verfügt, wobei es sich beim Sicherungsentzug für immer nach Art. 16b Abs. 2 lit. f SVG um die einschneidenste Massnahme auf der letzten Stufe des Kaskadensystems handelte. Bei der Wiederzulassung des Beschwerdeführers zum Verkehr im Herbst 2016 wurde im verkehrspsychologischen Gutachten der Psychiatrischen Dienste Graubünden vom 2. September 2016, das Grundlage für den Entscheid bildete, im Weiteren unmissverständlich festgehalten, eine neuerliche schwere Widerhandlung würde bedeuten, dass er sich nicht seinem Vorsatz gemäss verhalten könne und ihm die Fahreignung aus verkehrspsychologischer Sicht abzusprechen sei. Trotz dieser klaren gutachterlichen Aussage und der in der Vergangenheit verfügten einschneidenden Administrativmassnahmen beging der Beschwerdeführer 2020 erneut zunächst eine leichte und anschliessend eine schwere Widerhandlung. Während von seiner Wiederzulassung zum Verkehr im Herbst 2016 bis zur leichten Widerhandlung noch rund dreieinhalb Jahre verstrichen, erfolgte die schwere Widerhandlung dabei lediglich einige Monate nach der für erstere Widerhandlung ausgesprochenen Verwarnung. Auch diese neuerliche Verwarnung vermochte somit selbst vor dem Hintergrund der bisherigen Administrativmassnahmen und der erwähnten gutachterlichen Beurteilung eine weitere schwere Widerhandlung des Beschwerdeführers nicht zu verhindern. Wie bereits sämtliche Administrativmassnahmen sowie Strafen zuvor, wirkte vielmehr auch sie sich nicht im gewünschten Sinn aus.
4.4.2. Unter diesen Umständen durften die kantonalen Instanzen den Beschwerdeführer als unverbesserlich im Sinne von Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG beurteilen, ohne ein aktuelles verkehrspsychologisches Gutachten einzuholen. Diese Umstände lassen ihn ohne Weiteres als einen jener Fahrzeugführer erscheinen, die aus charakterlichen Gründen trotz aller Administrativmassnahmen und Strafen immer wieder rückfällig werden und daher nach Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG als unverbesserlich zu qualifizieren und aus Gründen der Gefahrenabwehr vom Strassenverkehr fernzuhalten sind. Die erwähnte Einschätzung im verkehrspsychologischen Gutachten der Psychiatrischen Dienste Graubünden vom 2. September 2016 stützt diese Beurteilung. Diese drängt sich zudem auch mit Blick darauf auf, dass der Beschwerdeführer die erneute schwere Widerhandlung knapp vier Jahre nach der Aufhebung des gegen ihn im Juli 2011 verfügten Sicherungsentzugs für immer nach Art. 16b Abs. 2 lit. f SVG beging. Nach der dem Kaskadensystem zugrunde liegenden gesetzgeberischen Wertung ist er damit klar als unverbesserlich zu betrachten, wird nach Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG doch bereits mit einer schweren Widerhandlung innert fünf Jahren seit dem Ende (vgl. Urteile 1C_446/2018 vom 5. Februar 2019 E. 3.4; 1C_731/2013 vom 10. Dezember 2013 E. 3.4 mit Hinweisen) eines Sicherungsentzugs auf unbestimmte Zeit gemäss Art. 16b Abs. 2 lit. e oder Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG die letzte Stufe des Kaskadensystems erreicht, auf der die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung (Fiktion) der Unverbesserlichkeit der betroffenen Fahrzeugführerin bzw. des betroffenen Fahrzeugführers gilt. Diese Wertung des Gesetzgebers ist vorliegend zu berücksichtigen, auch wenn das Kaskadensystem keine weitere Stufe vorsieht und daher nicht direkt zur Anwendung kommt. Soweit die kantonalen Instanzen von einer direkten Anwendbarkeit dieses Systems ausgegangen sind, stellt dies ihre Einstufung des Beschwerdeführers als unverbesserlich im Sinne von Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG im Ergebnis demnach nicht in Frage.
4.4.3. Soweit der Beschwerdeführer rügt, er könne ohne aktuelles verkehrspsychologisches Gutachten nicht als unverbesserlich im Sinne von Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG qualifiziert werden, erweist sich dies somit als unbegründet. Unbehelflich ist namentlich sein Einwand, die bisherigen Administrativmassnahmen hätten ihn sehr wohl beeindruckt. Dies hielt ihn nicht davon ab, nach Verstreichen einer Zeitspanne von knapp dreieinhalb Jahren seit der Wiederzulassung zum Verkehr im Herbst 2016 erneut und in der Folge auch schwer gegen die Strassenverkehrsvorschriften zu verstossen. Auch sonst geht aus seinen Vorbringen nicht hervor, dass ihn die kantonalen Instanzen entgegen den vorstehenden Erwägungen zu Unrecht als unverbesserlich im Sinne von Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG eingestuft hätten. Diese Einstufung beruht sodann auch nicht auf einer Ermessensunterschreitung. Unter den gegebenen Umständen bestand nach Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG in Bezug auf die Frage der Unverbesserlichkeit kein Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Soweit die kantonalen Instanzen ihren diesbezüglichen Spielraum als eingeschränkt erachtet haben, weil sie von einer direkten Anwendbarkeit des Kaskadensystems ausgegangen sind, stellt dies ihre Beurteilung des Beschwerdeführers als unverbesserlich im Sinne von Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG daher im Ergebnis ebenfalls nicht in Frage. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass diese Beurteilung bundesrechtswidrig wäre.
4.4.4. Soweit der Beschwerdeführer den strittigen Sicherungsentzug für immer als unverhältnismässig rügt, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Mit Blick auf seine zutreffende Einstufung als unverbesserlich im Sinne von Art. 16d Abs. 3 lit. a SVG ist diese Massnahme erforderlich. Sie ist zudem geeignet und zumutbar. Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, der Führerausweisentzug habe gravierende Auswirkungen und führe dazu, dass er seine Arbeitsstelle verliere, arbeitslos werde, seinen gesundheitlich beeinträchtigten Bruder nicht mehr betreuen könne und die Kontaktmöglichkeiten zu seiner Tochter stark eingeschränkt würden. Diese Nachteile wären indes durch das gewichtige öffentliche Interesse, die von unverbesserlichen Fahrzeugführerinnen und -führern ausgehenden Gefahren für die Verkehrssicherheit abzuwenden, gerechtfertigt und vom Beschwerdeführer hinzunehmen. Auf die von ihm geltend gemachten Folgen ist daher grundsätzlich nicht weiter einzugehen. Erwähnt sei immerhin, dass mit Blick auf die im Schreiben seiner Arbeitgeberin vom 15. Februar 2021 genannten Fahrtätigkeiten und deren Umfang sowie seinen Beruf weder der Verlust der Arbeitsstelle noch die Arbeitslosigkeit als zwingend erscheinen (vgl. vorne E. 3.3).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist bundesrechtlich somit nicht zu beanstanden, dass die kantonalen Instanzen den strittigen Sicherungsentzug für immer als verhältnismässig beurteilt haben. Soweit sie dabei von der direkten Anwendbarkeit des Kaskadensystems ausgegangen sind und dies bei ihrer Prüfung berücksichtigt haben, steht dies ihrer Beurteilung im Ergebnis nicht entgegen. Die Beschwerde erweist sich demnach auch in Bezug auf die Frage der Verhältnismässigkeit und damit insgesamt als unbegründet.
5.
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang ist der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. Januar 2023
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Der Gerichtsschreiber: Baur