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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5C.274/2005 /blb 
 
Urteil vom 30. März 2006 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterinnen Escher, Hohl, 
Gerichtsschreiberin Scholl. 
 
Parteien 
X.________, 
Beklagte und Berufungsklägerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Regula Schmid, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Kläger und Berufungsbeklagten, 
vertreten durch Rechtsanwalt Paul Schwizer. 
 
Gegenstand 
Abänderung des Scheidungsurteils, 
 
Berufung gegen den Entscheid des Kantonsgerichts 
St. Gallen, II. Zivilkammer, vom 29. September 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ und Y.________ wurden am 13. Oktober 1995 vom Bezirksgericht Gossau geschieden. Aus der Ehe stammen die beiden Kinder A.________, geb. 1985, und B.________, geb. 1990. Das Gericht genehmigte eine Vereinbarung über die Nebenfolgen, welche unter anderem folgende Unterhaltspflichten beinhaltete: An seine Kinder hat Y.________ ab dem vollendeten 12. Altersjahr bis zum Eintritt ins volle Erwerbsleben, längstens aber bis zur Mündigkeit, je Fr. 700.-- zu bezahlen. An X.________ hat er zunächst Fr. 500.-- zu leisten, von April 2000 bis März 2006 noch Fr. 300.--. Die Beträge sind mit einer Indexklausel versehen. 
B. 
Im April 2004 klagte Y.________ gegen X.________ auf Abänderung des Scheidungsurteils. Er beantragte, der Kinderunterhalt sei angemessen herabzusetzen und der nacheheliche Ehegattenunterhalt aufzuheben. 
Mit Entscheid vom 17. September 2004 hob das Kreisgericht Untertoggenburg-Gossau die Unterhaltsrente zu Gunsten von X.________ auf. Die Kinderrente für A.________ setzte es auf Fr. 200.-- fest, diejenige für B.________ auf Fr. 700.--. 
Gegen diesen Entscheid gelangte X.________ an das Kantonsgericht St. Gallen und beantragte die Abweisung der Abänderungsklage. Dieses bestätigte am 29. September 2005 die Aufhebung der Ehegattenrente und hielt in Bezug auf die Kinderunterhaltsbeiträge fest, die Unterhaltspflicht gegenüber A.________ sei infolge dessen Mündigkeit dahingefallen. Bezüglich der Rente zu Gunsten von B.________ bestätigte es die Regelung gemäss Scheidungsurteil. 
C. 
Gegen diesen Entscheid führt X.________ eidgenössische Berufung an das Bundesgericht. 
Sie verlangt im Wesentlichen die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils bezüglich des nachehelichen Unterhaltes sowie des Kinderunterhaltes zu Gunsten von A.________. Zudem stellt sie für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege einschliesslich Verbeiständung. 
Y.________ beantragt in seiner Antwort, die Berufung sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Eventualiter sei er zu verpflichten, an seine Söhne A.________ und B.________ bis zum Abschluss der Erstausbildung, längstens aber bis zur Vollendung des 20. Altersjahres, Kinderunterhaltsrenten von insgesamt Fr. 895.-- und von max. Fr. 750.-- pro Kind zu zahlen. Zudem stellt er für das bundesgerichtliche Verfahren ebenfalls ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege einschliesslich Verbeiständung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 46 OG. Der erforderliche Streitwert für das Berufungsverfahren ist gegeben. Die Berufung ist rechtzeitig erhoben worden und richtet sich gegen einen Endentscheid eines oberen kantonalen Gerichts, der nicht mehr durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel angefochten werden kann (Art. 54 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 OG). 
Nicht eingetreten werden kann auf den Antrag, es sei auch der Entscheid des Kreisgerichts Untertoggenburg-Gossau aufzuheben: Anfechtungsobjekt im vorliegenden Berufungsverfahren ist einzig das Urteil des Kantonsgerichts (Art. 48 Abs. 1 OG). 
2. 
Strittig ist zunächst der gegenüber A.________ geschuldete Unterhaltsbeitrag. 
2.1 Das Kantonsgericht hat erwogen, A.________ sei bereits vor Anhebung der Abänderungsklage mündig geworden, womit gemäss Scheidungsurteil die väterliche Unterhaltspflicht ende. Es wäre A.________s Sache gewesen, auf Unterhalt für die Zeit bis zum Abschluss der Ausbildung zu klagen. Seine Mutter, die Beklagte, könne nicht mehr an seiner Stelle in eigenem Namen Unterhalt verlangen. Für den Mündigenunterhalt gelte eine gemilderte Offizialmaxime und zwar auch zu Gunsten des betroffenen Elternteils. Dies bedeute, dass die Rechtsmittelinstanz zumindest offensichtliche Mängel beheben dürfe. Die Festsetzung des Unterhaltsbeitrages für das mündige Kind müsse aufgehoben werden, weil die Beklagte nicht legitimiert sei, einen solchen geltend zu machen. 
2.2 Die Beklagte rügt diese Erwägungen zu Recht als bundesrechtswidrig. Es ist zu beachten, dass die Scheidung zwischen den Parteien am 13. Oktober 1995 ausgesprochen wurde. Gemäss Vermerk auf dem Urteil erwuchs sie gleichentags in Rechtskraft (Art. 64 Abs. 2 OG). Die Scheidung erfolgte damit vor der Herabsetzung des Mündigkeitsalters von zwanzig auf achtzehn Jahre (vgl. Art. 14 ZGB; Fassung gemäss Bundesgesetz vom 7. Oktober 1994, in Kraft seit 1. Januar 1996). Übergangsrechtlich bestimmt Art. 13c SchlTZGB ausdrücklich, dass Unterhaltsbeiträge, welche vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts bis zur Mündigkeit festgelegt worden sind, bis zur Vollendung des 20. Altersjahres geschuldet werden. Damit ist die Auffassung des Kantonsgerichts, die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber A.________ habe bereits vor Anhebung der Unterhaltsklage geendet, unzutreffend. 
2.3 Im Grunde richtig ist zwar die Auffassung des Kantonsgerichts, dass die Beklagte grundsätzlich nicht befugt ist, die Unterhaltsbeiträge an ihr mündiges Kind geltend zu machen. Vielmehr kann das mündige Kind die ihm zustehenden Beiträge selber einfordern. Das Bundesgericht hat zwar anerkannt, dass die Befugnis des sorgeberechtigten Elternteils zur Geltendmachung der Kinderunterhaltsbeiträge andauert, wenn das Kind während dem Scheidungsverfahren mündig wird und es diesem Vorgehen zustimmt (BGE 129 III 55 E. 3 S. 56 ff.). 
Im vorliegenden Fall ist A.________ indes bereits vor Anhebung der Abänderungsklage mündig geworden. Dieser Umstand sowie der übergangsrechtliche Grundsatz der Weiterdauer der Unterhaltspflicht bis zum 20. Altersjahr führen dazu, dass der Kläger gegen A.________ selber auf Abänderung der Unterhaltspflicht klagen muss. Nicht gefolgt werden kann damit der gegenteiligen Auffassung des Kantonsgerichts, A.________ hätte bereits nach seinem 18. Geburtstag gegen seinen Vater eine Unterhaltsklage erheben sollen (Cyril Hegnauer, Berner Kommentar, N. 12a zu Art. 277 ZGB; Ivo Schwander, Die Herabsetzung des Mündigkeitsalters auf 18 Jahre, AJP 1996 S. 14; Vincent Henriod, L'obligation d'entretien à l'égard des enfants majeurs, Diss. Lausanne 1999, S. 50). 
Damit hätte das Kantonsgericht die Abänderungsklage abweisen müssen, soweit darin eine Herabsetzung der Unterhaltspflicht gegenüber A.________ beantragt wurde. Eine Abänderung der Unterhaltspflicht gegenüber dem mündigen Kind kann im Verfahren zwischen seinen Eltern, in welchem es keine Parteistellung hat und in welches es in keiner Weise einbezogen worden ist, nicht verfügt werden. Die Berufung ist in diesem Punkt gutzuheissen. 
2.4 In Bezug auf B.________, den jüngeren Sohn der Parteien, hat das Kantonsgericht den geschuldeten Unterhaltsbeitrag unverändert belassen und ausdrücklich festgehalten, der Beklagte habe diesen gemäss Scheidungsurteil bis zur Mündigkeit zu bezahlen. Da das Kantonsgericht die Unterhaltspflicht des Klägers für B.________ formell nicht abgeändert hat, erübrigt sich diesbezüglich eine Korrektur des angefochtenen Entscheids. 
2.5 Der Kläger verlangt in seinem Eventualantrag die Festsetzung der Kinderunterhaltsrenten auf insgesamt Fr. 895.--. Da indes nach dem oben Gesagten im vorliegenden Abänderungsverfahren die Überprüfung des Unterhaltes zu Gunsten von A.________ nicht zulässig ist, ist diesem Antrag der Boden entzogen. 
3. 
Die Beklagte wendet sich weiter gegen die Aufhebung ihres persönlichen Unterhaltsbeitrages. Sie macht geltend, es sei für den Kläger möglich für seine Kinder aus zweiter Ehe Unterhaltsbeiträge von deren Mutter erhältlich zu machen. Dadurch wäre es dem Kläger möglich, ihr weiterhin den persönlichen Unterhaltsbeitrag zu bezahlen. 
Das Kantonsgericht hat festgehalten, die zweite Ehefrau des Klägers könne krankheitsbedingt keiner geregelten Arbeit nachgehen. Ob die zweite Ehefrau des Klägers auf Grund ihrer Krankheit einer Arbeit nachgehen kann oder nicht, stellt eine Tatfrage dar, welche das Bundesgericht im vorliegenden Verfahren nicht überprüfen kann (Art. 63 Abs. 2 OG). Auf die Berufung ist insoweit nicht einzutreten. 
4. 
Damit ist die Berufung gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Entscheid des Kantonsgerichts wird aufgehoben, soweit er den Wegfall der Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber A.________ feststellt. Die Abänderungsklage des Klägers wird mangels Passivlegitimation der Beklagten abgewiesen, soweit in ihr eine Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge zu Gunsten von A.________ beantragt wird. 
5. 
Bei diesem Verfahrensausgang rechtfertigt es sich, dem mehrheitlich unterliegenden Kläger 2/3 und der Beklagten 1/3 der Gerichtsgebühr aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 3 OG). Der Kläger ist zudem gegenüber der Beklagten grundsätzlich entschädigungspflichtig (Art. 159 Abs. 3 OG). Beide Parteien haben ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt, dessen Voraussetzungen (Art. 152 OG) erfüllt sind. Da beide Parteien offensichtlich nicht über ausreichende Mittel für die Bestreitung der Prozesskosten verfügen, ist der Rechtsbeistand der Beklagten ohne Vorbehalt der Einbringlichkeit direkt aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 152 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. 
Ziffer 2 des Entscheids des Kantonsgerichts St. Gallen, II. Zivilkammer, vom 29. September 2005 wird aufgehoben, soweit sie die Unterhaltspflicht des Klägers für seinen Sohn A.________, geb. 1985, betrifft und wie folgt ergänzt: 
Die Abänderungsklage des Klägers wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die Unterhaltspflicht für seinen Sohn A.________, geb. 1985, richtet. 
2. 
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Beklagten wird gutgeheissen, und Rechtsanwältin Regula Schmid wird ihr als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben. 
2.2 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege des Klägers wird gutgeheissen, und Rechtsanwalt Paul Schwizer wird ihm als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird zu zwei Dritteln (Fr. 1'340.--) dem Kläger und zu einem Drittel (Fr. 660.--) der Beklagten auferlegt, jedoch einstweilen auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
4. 
4.1 Rechtsanwältin Regula Schmid wird aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 1'500.-- ausgerichtet. 
4.2 Rechtsanwalt Paul Schwizer wird aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 500.-- ausgerichtet. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 30. März 2006 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: