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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_107/2018  
 
 
Urteil vom 30. April 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Karlen, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Chaix, Kneubühler. 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, 
Liebfrauenplatz 4, Postfach 1638, 1701 Freiburg. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; amtliche Verteidigung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, Strafkammer, vom 7. Dezember 2017 
(502 2017 271). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten. Mit Eingabe vom 28. Juli 2017 stellte A.________ den Antrag, es sei ihm ein amtlicher Verteidiger zu bestellen. Die Staatsanwaltschaft forderte ihn am 22. August 2017 auf, einen Fragebogen auszufüllen und genaue Angaben zu seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen zu machen sowie diese zu belegen. Am 23. September 2017 nahm A.________ Stellung und reichte den ausgefüllten Fragebogen inkl. Erläuterungen ein. Mit Verfügung vom 13. Oktober 2017 lehnte die Staatsanwaltschaft den Antrag ab. 
Gegen diese Verfügung erhob A.________ am 23. Oktober 2017 Beschwerde ans Kantonsgericht des Kantons Freiburg, welches die Beschwerde am 7. Dezember 2017 abwies. 
 
B.   
Dagegen hat A.________ am 1. Februar 2018 Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht erhoben und beantragt, der Entscheid des Kantonsgerichts sei aufzuheben und ihm sei die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter stellte er sinngemäss den Antrag, ihm sei auch für das Verfahren vor dem Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. 
Sowohl das Kantonsgericht als auch die Staatsanwaltschaft haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der angefochtene Entscheid betrifft eine Strafsache im Sinne von Art. 78 Abs. 1 BGG und wurde von einer letzten kantonalen Instanz gefällt (Art. 80 BGG). Es handelt sich um einen das Strafverfahren nicht abschliessenden Zwischenentscheid, der geeignet ist, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu bewirken (vgl. BGE 140 IV 202 E. 2.2 S. 205 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer, der im Strafverfahren beschuldigt wird und dessen Gesuch um amtliche Verteidigung abgewiesen wurde, ist zur Beschwerdeführung befugt (Art. 81 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Abweisung seines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege und amtliche Verteidigung im vorinstanzlichen Verfahren. Ihm sei die beantragte unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, denn er habe alle ihm vorhandenen Unterlagen eingereicht, um seine Vermögensverhältnisse offenzulegen. Aus diesen Unterlagen gehe zweifelsfrei hervor, dass er mittellos sei. Er habe seine Arbeitsstelle im April 2015 verloren. Inzwischen sei er Mitinhaber eines Unternehmens in Malta, welches aber noch keine Gewinne erziele, weshalb ihm noch kein Lohn ausbezahlt worden sei. Aus diesem Grund habe er diverse Privatdarlehen aufnehmen müssen, um sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Dass die Vorinstanz aufgrund der Kreditkartenbelastungen für den Golfsport und einen Aufenthalt auf Mauritius davon ausgehe, dass er nicht bedürftig sei, sei falsch, unverhältnismässig und lächerlich. Insgesamt habe er für die erwähnten Posten in den letzten sechs Monaten total nur Fr. 1'945.40 ausgegeben, was weit unter dem monatlichen Existenzminimum und auch unter der als üblich geltenden persönlichen Notreserve von Fr. 10'000.-- liege.  
 
 
2.2. Die Vorinstanz ist der Auffassung, die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers sei nicht belegt. Er habe zwar diverse Belege eingereicht, ohne aber seine finanzielle Situation vollständig und wahrheitsgetreu offenzulegen. Somit sei er seiner Obliegenheit, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend aufzuzeigen, nicht nachgekommen. Zum einen hätten die Ermittlungen ergeben, dass er über Vermögenswerte in der Höhe von Fr. 48'158.-- verfüge (Mitarbeiterawards der X.________ AG) und zum anderen könne man sich anhand der eingereichten Belege keinen genügenden Überblick über das von ihm gegründete Unternehmen verschaffen. Weiter seien keine Belege eingereicht worden, welche die monatlichen, notwendigen Ausgaben belegen würden (z.B. für die Zahlung der Miete). Hingegen könne den aktenkundigen Y.________-Auszügen entnommen werden, dass Belastungen im Zusammenhang mit Golfsport und einem Aufenthalt auf Mauritius vorgenommen worden seien, was darauf schliessen lasse, dass der Beschwerdeführer nicht bedürftig sei.  
 
2.3. Die Verteidigung ist in den Art. 128 ff. StPO geregelt, welche die konventions- und verfassungsrechtlichen Vorgaben konkretisieren. In besonders schwerwiegenden Straffällen ist sie unter bestimmten Voraussetzungen - etwa wenn die Untersuchungshaft mehr als 10 Tage gedauert hat oder eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr in Aussicht steht (Art. 130 lit. a und b StPO) - notwendig, das heisst der beschuldigten Person muss auf jeden Fall ein Verteidiger zur Seite gestellt werden. In Bagatellfällen - etwa wenn für den Fall einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe bis zu 4 Monaten, eine Geldstrafe bis zu 120 Tagessätzen oder gemeinnützige Arbeit bis zu 480 Stunden in Aussicht steht (Art. 132 Abs. 3 StPO) - besteht dagegen grundsätzlich kein Anspruch auf amtliche Verteidigung (Art. 132 Abs. 2 StPO), sondern nur ausnahmsweise, etwa wenn der Fall besondere Schwierigkeiten bietet, denen der Beschuldigte nicht gewachsen ist, oder der Ausgang des Verfahrens eine besondere Tragweite aufweist. In den dazwischen liegenden Fällen relativer Schwere ist eine amtliche Verteidigung anzuordnen, wenn der Beschuldigte nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung seiner Interessen geboten erscheint (Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO). Letzteres ist dann der Fall, wenn der Straffall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Probleme aufwirft, denen der Beschuldigte allein nicht gewachsen ist (Art. 132 Abs. 2 StPO; vgl. zum Ganzen BGE 143 I 164 E. 3.4 ff. S. 173 ff.; Urteil 1B_338/2017 vom 24. November 2017 E. 2; je mit Hinweisen).  
Bei der Ermittlung der prozessualen Bedürftigkeit ist nicht schematisch auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum abzustellen, sondern es ist den individuellen Umständen Rechnung zu tragen (BGE 135 I 91 E. 2.4.3 S. 100 f.). Bedürftig ist eine Partei, welche die Leistung der erforderlichen Prozess- und Parteikosten nur erbringen kann, wenn sie die Mittel angreift, die sie zur Deckung des Grundbedarfs für sich und ihre Familie benötigt. Die prozessuale Bedürftigkeit beurteilt sich nach der gesamten wirtschaftlichen Situation des Rechtsuchenden im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs. Dazu gehören einerseits sämtliche finanziellen Verpflichtungen, andererseits die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (BGE 124 I 1 E. 2a S. 2 f. mit Hinweisen). Dabei obliegt es der Antrag stellenden Partei, ihre aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend aufzuzeigen und ihre finanziellen Verpflichtungen zu belegen. Kommt sie dieser Obliegenheit nicht nach, ist der Antrag abzuweisen (Urteil 6B_616/2016 vom 27. Februar 2017 E. 5, nicht publ. in: BGE 143 IV 122; Urteil 1B_332/2012 vom 15. August 2012 E. 2.5; je mit Hinweisen). An die klare und gründliche Darstellung der finanziellen Situation dürfen umso höhere Anforderungen gestellt werden, je komplexer diese Verhältnisse sind (BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164 f.; Urteil 4A_44/2018 vom 5. März 2018 E. 5.3; je mit Hinweisen). 
 
2.4. Dass die Vorinstanz einen Anspruch auf amtliche Verteidigung wegen fehlender finanzieller Bedürftigkeit des Gesuchsstellers verneint, hält vor dem Bundesrecht stand. Obschon der Beschwerdeführer diverse Belege eingereicht hat, genügen diese den Anforderungen, die an eine umfassende Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse gestellt werden, nicht. Zwar hat er den Fragebogen "Erklärung zur Situation des Gesuchsstellers um amtliche Verteidigung" ausgefüllt, die angegebenen Ausgaben hat er jedoch nicht belegt. Aus den eingereichten Belegen wird auch bei näherer Betrachtung nicht ersichtlich, wohin das ausbezahlte Pensionskassengeld seit dem Verlust seiner Arbeitsstelle bei der Z.________ im April 2015 geflossen ist. Vor der Vorinstanz machte der Beschwerdeführer zwar geltend, seiner Ex-Frau habe er seit der Scheidung über Fr. 840'000.-- überwiesen und ihm sei vom Pensionskassenbetrag, welchen er sich bei seiner Auswanderung nach Malta habe ausbezahlen lassen, lediglich noch Fr. 76'000.-- geblieben. Jedoch belässt er es auch diesbezüglich bei reinen Behauptungen.  
Er behauptet weiter, er habe sein ganzes Vermögen bis Ende 2016 aufgebraucht gehabt. Die diversen Kontoauszüge, die alle einen negativen Saldo aufweisen oder saldiert wurden, sowie die Arrestanzeige für den Betrag von EUR 78'059.28 sind aber alleine nicht geeignet, seine Mittellosigkeit zu belegen. Es fehlt an einer übersichtlichen Gegenüberstellung und Auflistung von Ausgaben und Einnahmen der letzten Monate. Wie von der Vorinstanz zu Recht ausgeführt wurde, fehlen zudem weiterhin Kontoauszüge oder sonstige Unterlagen, die einen genügenden Überblick über die Tätigkeit seines in Malta gegründeten Unternehmens verschaffen würden. Lediglich aufgrund des vom Beschwerdeführer selbst unterzeichneten Jahresabschlusses lässt sich die finanzielle Situation des Unternehmens nicht abschliessend beurteilen. 
Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen vorbringt, es sei ihm bisher nicht möglich gewesen, eine Steuererklärung einzureichen, weil das maltesische Recht keine Steuererklärung vorsehe, wenn man keinen Lohn erhalte, vermag er ebenfalls nicht durchzudringen. Umso mehr wäre er nämlich gehalten gewesen, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf eine andere Art und Weise umfassend aufzuzeigen. Insbesondere wäre es ihm möglich gewesen, seine letzte in der Schweiz ausgefüllte Steuererklärung von sich aus einzureichen und anhand dieser aufzuzeigen, was seither mit seinem Vermögen geschehen ist. Das vor Bundesgericht nachgereichte einseitige "Tax Statement for Year of Assessment 2017", bei welchem es sich gemäss dem Beschwerdeführer um den Steuerbescheid handelt, ist wenig aussagekräftig. Dem Statement kann lediglich entnommen werden, dass für das Jahr 2016 anscheinend der Betrag EUR 0 geschuldet ist. Dem "Steuerbescheid" können aber weder nähere Auskünfte über die Berechnungsmethode noch die Einnahmen und Ausgaben entnommen werden, weswegen er nicht geeignet ist, die finanzielle Situation des Unternehmens nachvollziehbar aufzuzeigen. Auch aus diesem Schreiben kann der Beschwerdeführer somit nichts zu seinen Gunsten ableiten. 
Weiter ist der Vorinstanz insofern zuzustimmen, als sie die Kreditkartenbelastungen im Zusammenhang mit dem Golfsport und einem Aufenthalt auf Mauritius als Hinweis deutet, der Beschwerdeführer sei nicht bedürftig. Entgegen seiner Auffassung lassen diese Buchungen durchaus den Schluss zu, dass er finanziell nicht so schlecht dasteht, wie er dies darstellt. 
Betreffend den Einwand des Beschwerdeführers, die wirtschaftliche Situation zum Zeitpunkt der Gesuchsstellung sei entscheidend und die Mitarbeiterawards in der Höhe von Fr. 48'158.--, welche ihm erst seit März 2018 zur Auszahlung bereit stünden, dürften nicht berücksichtigt werden, gilt es zu beachten, dass Mitarbeiteraktien gemäss herrschender Lehre im Umfang der Wertdifferenz zwischen Bezugspreis und Börsenwert grundsätzlich Einkommen darstellen. Dies allerdings nur soweit über die Aktien frei verfügt werden kann, das heisst in der Regel nach Ablauf der Sperrfrist (BGE 133 V 346 E. 5.3 S. 349 f.; ALFRED BÜHLER, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 18 zu Art. 117 ZPO; INGRID JENT-SØRENSEN, in: Kurzkommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 16 zu Art. 117 ZPO; LUKAS HUBER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, 2. Aufl. 2016, N. 27 zu Art. 117 ZPO mit Hinweisen). Wie es sich vorliegend damit verhält und ob der Beschwerdeführer seine Mitarbeiterawards beim Gesuch hätte deklarieren müssen, kann offengelassen werden. Dies ist hier im Ergebnis nicht ausschlaggebend. 
Zusammenfassend ist die Beschwerde aufgrund der unzureichend offengelegten Vermögensverhältnisse abzuweisen. 
 
2.5. Im Übrigen wäre das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auch aus folgendem Grund abzuweisen: Selbst wenn Bedürftigkeit angenommen würde, gälte es zu beachten, dass die Verteidigung zur Wahrung der Interessen geboten sein muss. Der vorliegende Sachverhalt weist aber weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten auf, welchen der Beschwerdeführer nicht gewachsen wäre. Bei ihm handelt es sich um einen gebildeten, deutschsprachigen, ehemaligen Angestellten bei einer Schweizer Grossbank, der in der Lage ist, Eingaben in Strafsachen zu verfassen, darunter auch die vorliegende Beschwerde ans Bundesgericht. Ihm wird vorliegend eine Vernachlässigung von Unterhaltspflichten vorgeworfen. Sowohl der Sachverhalt als auch die rechtliche Würdigung dieses Vorwurfs sind selbst für einen Laien überschaubar. Mithin erscheint eine Verteidigung zur Wahrung seiner Interessen nicht geboten.  
 
2.6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzte, indem sie die Beschwerde gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege abgewiesen hat.  
 
3.   
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist auch im bundesgerichtlichen Verfahren mangels ausreichender Darlegung der finanziellen Bedürftigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausnahmsweise kann hier aber auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
 
3.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg und dem Kantonsgericht Freiburg, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. April 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Karlen 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier