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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_365/2012 
 
Urteil vom 30. Juli 2012 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Z.________, vertreten durch 
Rechtsanwalt Sebastian Lorentz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. März 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Z.________, geboren 1981, hatte am 2. September 2006 einen Motorradunfall erlitten und sich dabei Frakturen an der Wirbelsäule (ohne neurologische Ausfälle) und am linken Unterarm zugezogen, welche im Spital U.________ operativ versorgt wurden (Reposition, Stabilisation und dorsale Spondylodese Th2/Th7). In der Folge klagte er über anhaltende Rückenschmerzen. Nachdem die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) den Fall mit Verfügung vom 31. März 2008 abgeschlossen und die Versicherungsleistungen per 29. Februar 2008 eingestellt hatte, meldete sich Z.________ am 24. April 2008 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen holte ein Gutachten des Instituts A.________ vom 20. August 2009 ein und lehnte den Anspruch auf eine Invalidenrente gestützt darauf am 16. Februar 2010 ab. 
 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 14. März 2012 teilweise gut und sprach Z.________ mit Wirkung ab dem 1. September 2007 eine bis zum 31. Mai 2008 befristete ganze Invalidenrente zu. 
 
C. 
Z.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es sei ihm über den 31. Mai 2008 hinaus eine ganze Invalidenrente zuzusprechen, eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen zurückzuweisen. 
 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f., 134 V 250 E. 1.2 S. 252, je mit Hinweisen). Unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr aufgegriffen werden (BGE 134 I 313 E. 2 S. 315, 65 E. 1.3 S. 67 f., je mit Hinweisen). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 V 194 E. 3 S. 196 ff.). Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der Invalidität (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) sowie zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 IVG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass auf das Gutachten des Instituts A.________ nicht abgestellt werden könne und eine 80%ige Arbeitsfähigkeit ab dem 1. März 2008, welche das kantonale Gericht gemäss Art. 88a IVV ab dem 1. Juni 2008 berücksichtigt hat, nicht ausgewiesen sei. Mit den vorinstanzlichen Erwägungen setzt er sich indessen nicht auseinander. 
 
4. 
Das Bundesgericht hat in seinem Urteil 8C_431/2011 vom 7. Februar 2012 betreffend den Leistungsanspruch des Versicherten aus Unfallversicherung die adäquate Kausalität der organisch objektiv nicht ausgewiesenen Beschwerden mit dem erlittenen Unfall und damit eine diesbezügliche Leistungspflicht des Unfallversicherers verneint, wobei das nach Auffassung des Beschwerdeführers durch ein Schleudertrauma bedingte Leiden ohnehin nicht als invalidisierend qualifiziert werden konnte. Es hat des Weiteren erwogen, dass der Beschwerdeführer gemäss Gutachten des Instituts A.________ in körperlich mittelschweren und schweren Berufen wie in der angestammten Tätigkeit als Maschinenführer wegen verminderter Belastbarkeit des Achsenskeletts bleibend nicht mehr arbeitsfähig sei. Selbst eine körperlich leichte, wechselbelastende Tätigkeit sei ihm aus somatischer Sicht infolge eines erhöhten Pausenbedarfs bei vollschichtigem Pensum nur noch in reduziertem Umfang zuzumuten. Die Angaben zum zeitlichen Umfang waren widersprüchlich, indem in der Gesamtbeurteilung (entsprechend der neurologischen Einschätzung) unter "Arbeitsfähigkeit in der angestammten und in anderen Tätigkeiten" wie auch unter "Zusammenfassung" ein zumutbares Arbeitspensum von 80 %, in den Ausführungen zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit und in der Stellungnahme zur Selbsteinschätzung der versicherten Person eine Arbeitsfähigkeit von 70 % genannt wurde. Das Bundesgericht hat gestützt darauf erkannt, dass der Beschwerdeführer unfallbedingt zufolge der operativ mittels Versteifung versorgten Brüche an der Brustwirbelsäule mit einhergehender verminderter Belastbarkeit nur noch einer leidensangepassten, leichten wechselbelastenden Tätigkeit nachgehen könne und zudem ein erhöhter Pausenbedarf bestehe, der auch zu einer zeitlichen Einschränkung führe, wofür die SUVA einzustehen habe, wobei sie zunächst bei den Gutachtern des Instituts A.________ die widersprüchlichen Angaben zum zumutbaren Arbeitspensum (70 bzw. 80 %) werde klären müssen. 
 
5. 
Das kantonale Gericht hat auf das bundesgerichtliche Urteil abgestellt, insbesondere auch hinsichtlich der geltend gemachten Schwindelproblematik, bezüglich welcher nach Lage der Akten keine Anhaltspunkte für eine erforderliche Abklärung oder Therapie bestanden, und des nach Auffassung des Versicherten durch ein Schleudertrauma bedingten Leidens beziehungsweise der psychischen Beschwerden, welche nicht als invalidisierend zu qualifizieren waren; es handelte sich gemäss Gutachten des Instituts A.________ um eine leichte depressive Episode (ICD-10 F32.0) sowie eine Schmerzverarbeitungsstörung (ICD-10 F54), welche sich nicht auf die Arbeitsfähigkeit auswirkten. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen ist mit dem Bundesgericht entsprechend der gutachtlichen Einschätzung von einer 80%igen Restarbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit auszugehen, nachdem die IV-Stelle die widersprüchlichen Angaben zum zumutbaren Arbeitspensum bereits geklärt hatte. 
 
6. 
6.1 Was beschwerdeweise dagegen vorgebracht wird, vermag insbesondere mit Blick auf die eingeschränkte Kognition des Bundesgerichts und darauf, dass sich das kantonale Gericht auf das erörterte bundesgerichtliche Urteil betreffend die Leistungsberechtigung aus Unfallversicherung gestützt hat und zudem keine anderen als unfallbedingte Leiden geltend gemacht werden, zu keiner anderen Beurteilung zu führen. 
 
6.2 So wird zur Begründung des Antrags auf Zusprechung einer ganzen Invalidenrente auch über den 31. Mai 2008 hinaus angeführt, dass eine rentenerhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes auf diesen Zeitpunkt hin nicht ausgewiesen sei. Die Gutachter des Instituts A.________ haben den Beginn der von ihnen attestierten Arbeitsfähigkeit auf den Zeitpunkt des Fallabschlusses durch die SUVA datiert, was nicht zu beanstanden ist, zumal dieser im Verfahren betreffend die unfallversicherungsrechtlichen Leistungen unbestritten geblieben ist. Der Einwand, dass damit auf diesen Zeitpunkt hin eine unzulässige neue Beurteilung eines unverändert gebliebenen Gesundheitszustandes vorgenommen worden sei, ist unberechtigt, zumal hier allein auf das versicherungsexterne Gutachten des Instituts A.________ abgestellt wird. Es wird schliesslich sinngemäss geltend gemacht, dass die Verwertung der Restarbeitsfähigkeit gestützt auf den Abklärungsbericht Programm B.________ (vom 20. August 2008), welches der Beschwerdeführer auf Anordnung der Arbeitslosenversicherung ein Jahr vor der Begutachtung durch das Instituts A.________ (vom 11. Juni bis zum 15. August 2008) absolviert hatte, nicht mehr zumutbar sei. Dass medizinische Gründe die Eingliederung weiterhin verhindern würden, wird indessen nicht geltend gemacht (vgl. jedoch sogleich E. 6.3), und der Beschwerdeführer hat bis zu dem für die richterliche Überprüfung massgebenden Zeitpunkt der hier angefochtenen Verfügung (BGE 129 V 167 E. 1 S. 169) keine neue Stelle angetreten, weshalb für eine an sich zulässige Überprüfung der prospektiven Festsetzung der Arbeitsfähigkeit ex post eine sachverhaltliche Grundlage fehlt (RKUV 2005 Nr. U 560 S. 398, U 3/04 E. 2.2). 
 
6.3 Eine offensichtliche Unrichtigkeit der auf dem bundesgerichtlichen Urteil über die Leistungen aus Unfallversicherung beruhenden Feststellungen des kantonalen Gerichts hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Versicherten ist nicht auszumachen. Zur geltend gemachten Schwindelproblematik (dazu oben E. 5) und zur beantragten neuropsychologischen Abklärung hat sich das Bundesgericht bereits im erwähnten Urteil geäussert; diesbezüglich wurde erwogen, dass dabei nichts gewonnen wäre, auch weil davon kaum wesentliche neue Erkenntnisse zu erwarten wären, und sich zudem nach Lage der Akten keine Anhaltspunkte dafür fänden und auch beschwerdeweise dazu nichts weiter ausgeführt worden sei, was auch für die hier zu beurteilende Beschwerde zutrifft. Dem Einwand, dass die psychiatrische Diagnosestellung unzulänglich sei, kann nicht gefolgt werden. Dies betrifft zunächst den geltend gemachten Widerspruch bezüglich der Kodierung der Schmerzstörung. Die Klassifikation chronischer Schmerzen erfolgt in unterschiedlichen Kategorien, wozu namentlich auch die "Psychologischen Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei anderenorts klassifizierten Krankheiten" gemäss ICD-10 F54 im Rahmen der Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren (F50-59) gehören (vgl. dazu Widder/Dertwinkel/Egle/Foerster/ Schiltenwolf, Begutachtung von Patienten mit chronischen Schmerzen, in: Der medizinische Sachverständige 103 S. 133). Auch vermag der Hinweis auf eine zu kurze Dauer der psychiatrischen Abklärung und darauf, dass die behandelnden Ärzte eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert hätten, keine hinreichend konkreten Indizien gegen die Zuverlässigkeit des versicherungsexternen Gutachtens zu begründen (BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227; 135 V 465 E. 4.4 S. 470; 125 V 351 E. 3b/bb S. 353), zumal sich die Experten dazu, insbesondere auch zur Stellungnahme der Psychiatrie-Dienste, Psychiatrie-Zentrum R.________ vom 3. Dezember 2008, eingehend sowohl im Gutachten als auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 1. Februar 2010 zu den ihnen unterbreiteten Einwänden des Beschwerdeführers im Vorbescheidverfahren geäussert haben. Die von den Gutachtern des Instituts A.________ diagnostizierte leichte depressive Episode (ICD-10 F32.0) vermag keinen invalidisierenden Gesundheitsschaden zu bewirken (vgl. BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50). Schliesslich haben die Gutachter des Instituts A.________ eingehend erörtert und ausdrücklich festgehalten, dass und weshalb sich eine über den erhöhten Pausenbedarf hinausgehende zeitliche Einschränkung in einer dem Leiden angepassten körperlich leichten, wechselbelastenden Tätigkeit nicht rechtfertigen lässt, während Dr. med. H.________ die von ihm attestierte Arbeitsunfähigkeit von 50 % in seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 2009 nicht weiter begründet. Eine Widersprüchlichkeit ergab sich im Gutachten einzig insofern, als eine zumutbare Restarbeitsfähigkeit von 70 bzw. 80 % genannt wurde, was die SUVA gemäss dem bundesgerichtlichen Urteil noch zu klären hatte, die IV-Stelle indessen bereits veranlasst hatte; gemäss Schreiben des Instituts A.________ vom 24. September 2009 handelte es sich um einen Schreibfehler und beträgt die Arbeitsfähigkeit, wie in der Zusammenfassung des Gutachtens festgehalten, 80 %. Eine weitergehende Unzulänglichkeit ist daraus nicht abzuleiten. 
 
7. 
Hinsichtlich der erwerblichen Auswirkungen wird gerügt, dass die Vorinstanz keinen Einkommensvergleich vorgenommen habe. Sind Validen- und Invalideneinkommen ausgehend vom selben Tabellenlohn zu berechnen, erübrigt sich deren genaue Ermittlung jedoch rechtsprechungsgemäss; der Invaliditätsgrad entspricht dem Grad der Arbeitsunfähigkeit unter Berücksichtigung des Abzuges vom Tabellenlohn (Urteil I 1/03 vom 15. April 2003 E. 5.2). Was die geltend gemachte fehlende Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit betrifft, wurde bereits dargelegt, dass auf den Bericht über die ein Jahr vor der Begutachtung des Instituts A.________ erfolgte berufliche Abklärung im Programm B.________ nicht abgestellt werden kann (oben E. 6.2). 
 
8. 
Die Beschwerde kann ohne Durchführung des Schriftenwechsels (Art. 102 Abs. 1 BGG) erledigt werden. 
 
9. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 30. Juli 2012 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Ursprung 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo