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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_276/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. Juli 2013  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,  
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Einhalten der Einsprachefrist (Strassenverkehrsgesetz), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 12. Februar 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 Die Staatsanwaltschaft Baden verurteilte X.________ mit Strafbefehl vom 28. Juni 2012 wegen mehrfacher Fälschung von Ausweisen, Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des Führerausweises sowie versuchten Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des Führerausweises zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 80.--. 
 
 Der Strafbefehl wurde am 9. Juli 2012 eingeschrieben zugestellt und am 10. Juli 2012 von der Post zur Abholung avisiert. X.________ holte die Postsendung nicht ab, weshalb sie am 18. Juli 2012 an die Staatsanwaltschaft Baden retourniert wurde. Diese stellte ihm den Strafbefehl am 20. Juli 2012 als normale Postsendung zu. 
 
B.  
 
 X.________ erhob mit Eingabe an die Staatsanwaltschaft vom 30. Juli 2012 (Eingang per Fax am 1. August 2012, Postaufgabe in Skopje/Mazedonien am 1. August 2012) Einsprache gegen den Strafbefehl. 
 
 Das Bezirksgerichtspräsidium Baden trat am 4. September 2012 auf die Einsprache wegen Verspätung nicht ein und stellte den Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls fest. Die dagegen gerichtete Beschwerde von X.________ wies das Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, am 12. Februar 2013 ab. 
 
C.  
 
 X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt sinngemäss, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache sei zur materiellen Behandlung seiner Beschwerde an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wies das Bundesgericht mit Verfügung vom 13. Mai 2013 ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
 Es ist einzig umstritten, in welchem Zeitpunkt für den Beschwerdeführer die Frist zur Einsprache gegen den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Baden zu laufen begann. 
 
1.1. Gemäss Art. 354 Abs. 1 StPO ist die Einsprache innert 10 Tagen bei der Staatsanwaltschaft einzureichen. Nach Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO gilt eine eingeschriebene Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als zugestellt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste. Die Begründung eines Verfahrensverhältnisses verpflichtet die Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, d.h. unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen Entscheidungen, welche das Verfahren betreffen, zugestellt werden können (BGE 130 III 396 E.1.2.3 S. 399).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer bestreitet die Begründung eines Verfahrensverhältnisses. Die umstrittene Einladung sei die erste Aufforderung zur Abholung einer Gerichtsurkunde gewesen.  
 
 Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurde der Beschwerdeführer am 9. Januar 2012 von der Stadtpolizei Baden in der Eigenschaft als Beschuldigter zur Sache und zur Person befragt. Er wurde darüber informiert, dass gegen ihn ein strafprozessuales Vorverfahren eingeleitet wurde und er an die Staatsanwaltschaft Baden verzeigt wird. Der Beschwerdeführer wusste somit, dass gegen ihn eine Strafuntersuchung durchgeführt wird, und er musste deshalb mit der Zustellung von Mitteilungen der Strafbehörden rechnen (vgl. Urteil 6B_158/2012 vom 27. Juli 2012 E. 2.2). 
 
1.3. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, dass ihm die Abholungseinladung der Post für die eingeschriebene Sendung nicht zugekommen sei.  
 
 Bei eingeschriebenen Sendungen gilt eine widerlegbare Vermutung, dass die Abholungseinladung ordnungsgemäss in den Briefkasten oder das Postfach des Empfängers gelegt und das Zustellungsdatum korrekt registriert wurde. Es findet eine Umkehr der Beweislast in dem Sinne statt, als im Fall der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten des Empfängers ausfällt, der den Erhalt der Abholungseinladung bestreitet. Diese Vermutung gilt solange, als der Empfänger nicht den Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit von Fehlern bei der Zustellung erbringt (Urteil 1B_695/2011 vom 25. September 2012 E. 3.3 mit Hinweisen). 
 
 Die Einwendungen des Beschwerdeführers sind - soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG genügen - nicht geeignet, die ordnungsgemässe Zustellung in Zweifel zu ziehen. Er selbst räumt in der Beschwerde (S. 2) ein, dass es sich bei der Abholungseinladung um die erste Aufforderung zur Abholung einer Gerichtsurkunde gehandelt habe. Demzufolge muss sie ihm auch tatsächlich zugekommen sein. 
 
1.4. Für die Fristberechnung kann auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (S. 5) verwiesen werden. Die Einsprachefrist begann am 18. Juli 2012 zu laufen und endete am 27. Juli 2012. Die in Skopie/Mazedonien aufgegebene Einsprache (Fax vom 1. August 2012 bzw. am 8. August 2012 bei der Staatsanwaltschaft eingegangenes Schreiben; kantonale Akten, act. 38 und 41) war verspätet.  
 
1.5. Im Übrigen weist die Vorinstanz zutreffend darauf hin, dass die Einsprachefrist gemäss Art. 91 Abs. 2 StPO weder mit einem Faxschreiben (Urteil 1B_537/2011 vom 16. November 2011 E. 3) noch mit der Aufgabe an eine ausländische Poststelle gewahrt wird (Urteil 6B_521/2013 vom 1. Juli 2013 E. 1 betreffend den analogen Art. 48 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
 
 Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte im Strafbefehlsverfahren rügt, kann darauf mangels Ausschöpfung des Instanzenzugs (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG) nicht eingetreten werden. 
 
3.  
 
 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. Juli 2013 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Briw