[AZA 7]
U 56/00 Vr
IV. Kammer
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger und Bundesrichter Kernen; Gerichtsschreiber Widmer
Urteil vom 30. August 2001
in Sachen
L.________, 1960, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Stefan Koller, Breitenrainstrasse 29, 3013 Bern,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
A.- Der 1960 geborene L.________ war seit 28. Mai 1985 als Hilfsarbeiter bei der Bauunternehmung F.________ AG angestellt und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfälle versichert. Am 25. Juni 1985 zog er sich beim Sturz von einer Leiter ein stumpfes Bauchtrauma, eine Radiusfraktur links und eine Schürfwunde am Kinn zu (Bericht des Dr. med. G.________, vom 2. Juli 1985). Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Am 5. August 1985 nahm der Versicherte die Arbeit wieder in vollem Umfang auf. Nach Exstirpation eines Ganglions im linken Handgelenk am 9. Dezember 1985 im Spital X.________ attestierte SUVA-Kreisarzt Dr. B.________ L.________ eine volle Arbeitsunfähigkeit bis 5. Januar 1986 und eine solche von 50 % bis 31. Januar 1986, während ab 1. Februar 1986 wiederum uneingeschränkte Einsatzfähigkeit bestehe (Berichte vom 18. Dezember 1985, 5. März 1986 und 27. Mai 1987).
Am 27. November 1991 meldete die Bauunternehmung M.________ AG, bei der L.________ seit März 1990 arbeitete, einen Rückfall zum Unfall vom 25. Juni 1985, worauf die SUVA verschiedene medizinische Abklärungen traf.
Am 2. November 1992 erlitt der Versicherte einen weiteren Unfall, als auf einer Baustelle der von ihm gefahrene Lastwagen kippte, wobei das Lenkrad in seinen Bauch prallte. L.________ zog sich einen Einriss des Mesenteriums zu und musste sich am gleichen Tag im Spital Y.________ einem operativen Eingriff (Gefässligatur und Naht des Mesenteriums) unterziehen. Die SUVA erbrachte wiederum die gesetzlichen Leistungen. Gestützt auf weitere Arztberichte sprach sie dem Versicherten mit Verfügung vom 29. April 1994 für die Folgen der beiden Unfälle nebst einer Integritätsentschädigung von 25 % ab 1. November 1993 eine Invalidenrente auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von 25 % zu, woran sie mit Einspracheentscheid vom 12. August 1994 festhielt. Am 21. Oktober/16. Dezember 1994 liess L.________ ein Gesuch um revisionsweise Erhöhung der Invalidenrente einreichen, welches die Anstalt am 14. März 1995 verfügungsweise ablehnte. Nachdem der Versicherte Einsprache erhoben hatte, veranlasste die SUVA eine spezialärztliche Untersuchung durch den Chirurgen Dr. med. V.________ von ihrem Ärzteteam Unfallmedizin (Bericht vom 29. Juli 1996), welcher zum Schluss gelangte, dass eine Verschlimmerung der objektivierbaren Unfallfolgen der beiden Unfälle von 1985 und 1992 nach der Berentung von 1993 nicht nachweisbar sei. Ferner zog die SUVA zuhanden der Invalidenversicherung erstattete Berichte des Internisten Dr. W.________ vom 2. November 1996 und der Psychiaterin Frau Dr. med. A.________ vom 25. Oktober 1997 bei. Mit Entscheid vom 12. Dezember 1997 wies die SUVA die Einsprache ab, weil in somatischer Hinsicht seit der Rentenzusprechung keine Verschlimmerung eingetreten sei, während die psychischen Beschwerden, sofern sie als natürliche Unfallfolge anzuerkennen wären, in keinem adäquaten Kausalzusammenhang zu den beiden Unfällen stünden.
B.- Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher L.________ hatte beantragen lassen, unter Aufhebung des Einspracheentscheides sei die laufende Invalidenrente von 25 % auf 50 % zu erhöhen und es sei eine unabhängige ärztliche Begutachtung anzuordnen, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 3. Januar 2000).
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt L.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren um Erhöhung der Invalidenrente auf 50 % erneuern.
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Vorinstanz hat die massgebliche Bestimmung über die Revision der Invalidenrente (Art. 22 Abs. 1 Satz 1 UVG) und die Rechtsprechung über die dabei zu vergleichenden Sachverhalte (BGE 113 V 275 Erw. 1a, 112 V 372 Erw. 2b; RKUV 1990 Nr. U 113 S. 377 Erw. 1a, 1989 Nr. U 65 S. 70 f. Erw. 1c) zutreffend dargelegt und in Würdigung der medizinischen Unterlagen richtig festgehalten, dass der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers in somatischer Hinsicht im Zeitraum zwischen August 1994 (Einspracheentscheid betreffend Rentenzusprechung) und Dezember 1997 (Einspracheentscheid vom 12. Dezember 1997, mit welchem die verfügungsweise Ablehnung des Revisionsgesuchs bestätigt wurde) keine wesentliche Änderung erfahren hat. Darauf kann verwiesen werden. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden gegen diese Beurteilung keine stichhaltigen Einwendungen vorgebracht. Zu prüfen bleibt, ob zwischen dem Unfall und dem psychischen Gesundheitsschaden des Versicherten ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht.
2.- Den Angaben der Psychiaterin Frau Dr. med. A.________ im Bericht vom 17. Oktober 1997 zufolge stellen die beiden versicherten Unfälle vom 25. Juni 1985 und 2. November 1992 zumindest eine Teilursache für den psychischen Gesundheitsschaden des Beschwerdeführers dar, der gemäss Feststellungen der Fachärztin die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt, was für die Bejahung des für die Leistungspflicht der Unfallversicherung zunächst erforderlichen natürlichen Kausalzusammenhangs genügt (BGE 121 V 329 Erw. 2a, 119 V 338).
3.- a) Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht der Unfallversicherung weiter vorausgesetzten adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem versicherten Unfall und der in der Folge eingetretenen psychischen Fehlentwicklung mit Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (BGE 115 V 138 ff. Erw. 6) zutreffend wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.
b) Im Rahmen der für die Belange der Adäquanzbeurteilung vorzunehmenden Katalogisierung der Unfälle sind die beiden Ereignisse aufgrund des jeweiligen augenfälligen Geschehensablaufs und der vom Versicherten erlittenen, nicht besonders gravierenden Verletzungen mit SUVA und Vorinstanz dem mittleren Bereich zuzuordnen, dabei aber im Grenzbereich zu den leichten Unfällen anzusiedeln. Damit die Adäquanz des Kausalzusammenhangs bejaht werden könnte, müsste somit ein einzelnes der in die Beurteilung einzubeziehenden Kriterien (BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa) in besonders ausgeprägter Weise erfüllt sein oder die zu berücksichtigenden Kriterien müssten in gehäufter oder auffallender Weise gegeben sein (BGE 115 V 140 Erw. 6c/bb).
c) Die beiden Unfälle ereigneten sich weder unter besonders dramatischen Begleitumständen noch sind sie als speziell eindrücklich zu bezeichnen. Die erlittenen Verletzungen waren nicht besonders schwer und auch nicht geeignet, eine psychische Fehlentwicklung auszulösen. Von einer ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung kann sodann ebenso wenig gesprochen werden wie von einer ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmerte. Erfüllt ist hingegen mit Bezug auf die Verletzung am linken Handgelenk das Adäquanzkriterium des schwierigen Heilungsverlaufs mit erheblichen Komplikationen, während körperliche Schmerzen zwar teilweise vorliegen, die andauernden Beschwerden jedoch im Zusammenhang mit einer psychischen Überlagerung und Problemen im psychosozialen Umfeld zu sehen und daher bei der Beurteilung der Adäquanz ausser Acht zu lassen sind.
d) aa) Das weiter interessierende Adäquanzkriterium des Grades und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit hat das Eidgenössische Versicherungsgericht in den folgenden Urteilen, welche teilweise psychische Unfallfolgen und teilweise Unfälle mit Schleudertraumata der Halswirbelsäule betreffen, als erfüllt betrachtet:
-Bei andauernder vollständiger Arbeitsunfähigkeit eines
vor dem Unfall zu 50 % arbeitsunfähigen Versicherten
(Urteil H. vom 26. Mai 2000, U 86/98);
-bei voller Arbeitsunfähigkeit während mindestens 10 Monaten
und anschliessender Einsatzunfähigkeit im bisherigen
Beruf (Urteil P. vom 10. Juni 2000, U 89/99);
-bei einer Arbeitsunfähigkeit von mindestens 2/3 während
rund 20 Monaten (Urteil P. vom 27. Januar 2000,
U 308/98);
-bei dauernder Arbeitsunfähigkeit von 40 % (unveröffentlichtes
Urteil B. vom 26. Januar 1999, U 85/97);
-bei anfänglich (während zweier Monate) voller und anschliessend
dauernder hälftiger Arbeitsunfähigkeit (unveröffentlichtes
Urteil E. vom 21. Juni 1999, U 128/98);
-bei zweieinhalb Jahre dauernder Arbeitsunfähigkeit (nicht
publiziertes Urteil L. vom 9. September 1999, U 305/98);
-bei voller Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf als
Bauhandlanger und teilweiser Arbeitsfähigkeit in unbekanntem
Ausmass in einer leichten bis mittelschweren
Tätigkeit (unveröffentlichtes Urteil S. vom 4. November
1998, U 26/97);
-bei voller Arbeitsunfähigkeit während mindestens sieben
Monaten und nachfolgender Arbeitsunfähigkeit in den beiden
bisher ausgeübten Tätigkeiten (RKUV 1998 Nr. U 307
S. 448);
-bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % während acht Monaten,
50 % während eines Monats, 0 % während dreier Monate,
100 % während eines Jahres und anschliessend
dauernder Arbeitsunfähigkeit von 50 % (RKUV 1998
Nr. U 297 S. 243);
-bei einer vollen Arbeitsunfähigkeit während eineinhalb
Jahren (BGE 123 V 137);
-bei voller Arbeitsunfähigkeit während 16 Monaten und
anschliessender hälftiger Arbeitsunfähigkeit auch bei
Ausweichen auf zumutbare Arbeiten ausserhalb des angestammten
Berufs (unveröffentlichtes Urteil M. vom
13. Juni 1996, U 233/95);
-bei während Jahren andauernder voller und anschliessend
hälftiger Arbeitsunfähigkeit (RKUV 1997 Nr. U 272
S. 167);
-bei voller Arbeitsunfähigkeit mit kürzeren Unterbrüchen
während 21 Monaten, anschliessender Arbeitsunfähigkeit in
wechselndem Ausmass und folgender Arbeitsunfähigkeit von
50 % während mehr als vier Jahren (unveröffentlichtes
Urteil B. vom 29. Dezember 1995, U 91/94);
-bei voller Arbeitsunfähigkeit während dreier Jahre und
bleibender Arbeitsunfähigkeit von 25 % (RKUV 1995
Nr. U 221 S. 114);
- bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % während zweier
Jahre und dauernder Erwerbsunfähigkeit von einem Drittel
(unveröffentlichtes Urteil T. vom 20. November 1991,
U 96/90);
-bei voller Arbeitsunfähigkeit während mehr als eineinhalb
Jahren (unveröffentlichtes Urteil C. vom 23. Dezember
1991, U 90/90);
-bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % während dreier
Monate und voraussichtlich dauernder Arbeitsunfähigkeit
von 50 % (unveröffentlichtes Urteil J. vom 19. Dezember
1991, U 86/90);
-bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % während zwei Monaten,
einer solchen von durchschnittlich ca. zwei Dritteln
während rund zweier Jahre, von 50 % während eines weiteren
Jahres sowie von 20 % für die Folgezeit (unveröffentlichtes
Urteil S. vom 26. März 1991, U 52/88);
-bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % während zweier
Monate, von 50 % während sieben Monaten, 25 % bis 33 %
während elf weiteren Monaten und dauernder Arbeitsunfähigkeit
von 30 % (BGE 117 V 359).
bb) Mit Blick auf diese Präjudizien ist das Kriterium des Grades und der Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit im vorliegenden Fall nicht als gegeben zu erachten. Der Beschwerdeführer konnte bereits sechs Wochen nach dem ersten Unfall vom 25. Juni 1985 die Arbeit wieder vollumfänglich aufnehmen. In der Folge kam es wohl noch zu Perioden mit Arbeitsunfähigkeit, u.a. im Zusammenhang mit der Exstirpation des Ganglions am linken Handgelenk am 9. Dezember 1985 im Spital X.________, doch bereits ab 1. Februar 1986 bestand laut Angaben des SUVA-Kreisarztes Dr. B.________ (vom 18. Dezember 1985, 5. März 1986 und 27. Mai 1987) wieder volle Arbeitsfähigkeit.
Der zweite Unfall vom 2. November 1992 hatte zunächst eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % zur Folge. Prof. S.________, Chefarzt der Abteilung für Chirurgie am Spital Z.________, führte indessen in seinem Bericht vom 5. Oktober 1993 aus, der Versicherte könne am folgenden Tag seine Arbeit wieder aufnehmen, und SUVA-Kreisarzt Dr. P.________ hielt im Bericht vom 18. Oktober 1993 über die Abschlussuntersuchung fest, dass der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die Unfallfolgen in einer leidensangepassten Tätigkeit ohne Tragen von Gewichten vollzeitlich arbeiten könnte. Die volle Arbeitsunfähigkeit während rund elf Monaten fällt auch unter Einbezug der von der SUVA ab 1. November 1993 mit einer Invalidenrente abgegoltenen Erwerbsunfähigkeit von 25 % nicht derart ins Gewicht, dass das unfallbezogene Kriterium des Grades und der Dauer physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit als erfüllt anzusehen wäre. Eine nach Oktober 1993 andauernde Arbeitsunfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit ist auf psychische Ursachen zurückzuführen und bei der Adäquanzbeurteilung daher nicht zu beachten.
e) Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass den beiden Unfällen keine massgebende Bedeutung für die psychische Fehlentwicklung zukommt, welche die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers einschränkt. Da es am adäquaten Kausalzusammenhang fehlt, hat die SUVA ihre Leistungspflicht für die psychischen Unfallfolgen zu Recht verneint.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht
des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 30. August 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: