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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 724/00 
 
Urteil vom 30. September 2002 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Bucher 
 
Parteien 
T.________, 1951, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Stefano Cocchi, Pilatusstrasse 55, 6003 Luzern , 
 
gegen 
 
IV-Stelle für Versicherte im Ausland, avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, Lausanne 
 
(Entscheid vom 13. November 2000) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 18. Januar 1995 verneinte die IV-Stelle für Versicherte im Ausland einen Leistungsanspruch der in Deutschland wohnhaften deutschen Staatsangehörigen T.________, geboren 1951, einer zuletzt als Löterin für eine elektrotechnische Firma tätigen gelernten Juwelengoldschmiedin, mit der Begründung, es bestehe weder eine bleibende Erwerbsunfähigkeit von mindestens 50% noch eine durchschnittlich mindestens hälftige Arbeitsunfähigkeit während eines Jahres. Ein neues Leistungsbegehren wurde von der IV-Stelle mit Verfügung vom 28. Juli 1999 abgelehnt, weil bei Eintritt der Invalidität die versicherungsmässigen Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien. 
B. 
Die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen hiess die hiegegen unter Vorlage eines aktualisierten Versicherungsverlaufs der deutschen Sozialversicherung eingereichte Beschwerde teilweise gut, indem sie der Versicherten unter Aufhebung der Verwaltungsverfügung eine ordentliche einfache halbe Invalidenrente mit Wirkung ab 1. Dezember 1996 zusprach (Entscheid vom 13. November 2000), nachdem die IV-Stelle selbst vernehmlassungsweise einen dahin gehenden Antrag gestellt hatte. 
C. 
T.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei ihr eine ganze Invalidenrente zu gewähren. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Beschwerdeführerin ist eine in Deutschland wohnhafte deutsche Staatsangehörige, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat und Leistungen der schweizerischen Invalidenversicherung beansprucht. Da indessen die Verwaltungsverfügung vom 28. Juli 1999 erlassen wurde, bevor das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit am 1. Juni 2002 in Kraft getreten ist, muss dieses Abkommen, insbesondere dessen Anhang II über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, im vorliegenden Verfahren unberücksichtigt bleiben (zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes Urteil S. vom 9. August 2002, C 357/01, Erw. 1). 
2. 
Im angefochtenen Entscheid werden die Grundsätze betreffend den Invaliditätsbegriff (Art. 4 IVG), den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG), die Invaliditätsbemessung nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs bei Erwerbstätigen (Art. 28 Abs. 2 IVG), der spezifischen Methode bei nichterwerbstätigen, insbesondere im Haushalt tätigen Versicherten (Art. 27 IVV in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung) sowie der gemischten Methode bei Teilerwerbstätigen (Art. 27bis IVV in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung) (zu allen drei Methoden BGE 125 V 149 Erw. 2a, 104 V 136 Erw. 2a), die Wahl der Invaliditätsbemessungsmethode (BGE 125 V 150 Erw. 2c, 117 V 194; vgl. auch AHI 1997 S. 288 Erw. 2b), die Bedeutung ärztlicher Auskünfte im Rahmen der Invaliditätsschätzung (vgl. auch AHI 2002 S. 70 mit Hinweisen) und die Würdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. 
3. 
In Anwendung der gemischten Methode (60% erwerblicher Bereich; 40% Haushalt) und unter Annahme einer Einschränkung von 50% im erwerblichen Bereich und von 55% im Haushalt ermittelte die Rekurskommission einen Invaliditätsgrad von 52%. Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Diagnose "Fibromyalgiesyndrom" und die Verschlimmerung der Arthrose im Knie sowie des Wirbelsäulenleidens seien nicht berücksichtigt worden. Zudem sei sie für die Invaliditätsbemessung als voll erwerbstätig zu betrachten. Die Erwerbsunfähigkeit betrage mindestens 66 2/3%. Streitig und zu prüfen ist somit der Invaliditätsgrad. 
4. 
4.1 Der Orthopäde Dr. med. S.________ attestierte der Versicherten in einem vom Sozialgericht Karlsruhe eingeholten Gutachten vom 30. November 1997 für leichte wechselbelastende körperliche Arbeiten (maximale Hebe- und Tragbelastung von 5 kg) eine vollschichtige Arbeitsfähigkeit. Als ungeeignet bezeichnete er unter anderem Arbeiten in gleichförmiger Körperhaltung und mit starken Wirbelsäulenbelastungen einhergehende Akkord- oder Fliessbandarbeiten. Dr. med. B.________, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, schloss sich in seiner zuhanden des gleichen Gerichts abgegebenen Expertise vom 26. Februar 1998 dieser Auffassung an. 
 
In einem ebenfalls im Auftrag des Sozialgerichts Karlsruhe erstatteten sozialmedizinischen Gutachten vom 1. September 1998 bemerkte Dr. med. C.________, Facharzt für innere Medizin und für Arbeitsmedizin, seine Untersuchung habe keine wesentlichen Diagnosen erbracht, die nicht schon in den bereits vorhandenen Gerichtsgutachten erhoben worden wären; er gelange indessen zu einer anderen arbeitsmedizinischen Bewertung des Leistungsbildes. Für die angestammte Arbeit als Juwelen-/Goldschmiedin oder Löterin ging er von einer zeitlichen Begrenzung der Leistungsfähigkeit aus. Diese Tätigkeiten seien nämlich überwiegend im Sitzen und unter Nutzung der Greiffunktionen und der feinmotorischen Funktionen der Hände zu verrichten; durch die feine Art der Tätigkeit komme es zudem häufig zu Zwangshaltungen des Kopfes und des Nackenbereiches, da eine eingeschränkte Sehtätigkeit, gegebenenfalls unter Einsatz einer Lupenbrille, erforderlich sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei eine leichte körperliche Tätigkeit mit wechselnder Körperhaltung im Sitzen und Stehen möglich. Nicht möglich seien insbesondere Arbeiten in gleichförmiger Körperhaltung oder mit Wirbelsäulenzwangshaltungen und besondere Anforderungen an die Greiffunktion sowie die Feinmotorik der Hände stellende Tätigkeiten. Auch für leidensangepasste Tätigkeiten bestehe aber nur eine halb- bis untervollschichtige Leistungsfähigkeit mit den angeführten qualitativen Einschränkungen. 
4.2 In Anbetracht dieser aus der Zeit von Ende November 1997 bis Anfang September 1998 datierenden, auf Untersuchungen vom 28. November 1997, vom 20. Januar 1998 und vom 28. Juli 1998 beruhenden umfassenden medizinischen Unterlagen ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die angestammte Tätigkeit der Beschwerdeführerin (Juwelengoldschmiedin; Löterin) als zwar körperlich leichte, aber Zwangshaltungen der Wirbelsäule mit sich bringende Arbeit qualifiziert und die diesbezügliche Arbeitsunfähigkeit in Übereinstimmung mit dem Aktengutachten der Ärztin der IV-Stelle vom 17. Dezember 1999/18. März 2000 mit 50% beziffert hat. Eine Fibromyalgie wurde zu Recht nicht berücksichtigt, nachdem alle drei vorgenannten Gutachter (Dres. med. S.________, B.________ und C.________) diese Diagnose diskutiert und ausgeschlossen hatten. 
 
Aufgrund der medizinischen Akten ist davon auszugehen, dass zwischen den vorerwähnten gutachtlichen Untersuchungen und dem für die richterliche Beurteilung massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsverfügung (28. Juli 1999; die spätere Entwicklung müsste Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung bilden [BGE 121 V 366 Erw. 1b]) keine Verschlechterung in einem Ausmass stattgefunden hat, welches eine Reduktion der Arbeitsfähigkeit auf unter 50% nach sich gezogen hätte. Zwar erklärten die Ärzte A.________, Prakt. Arzt, und Dr. med. F.________, Facharzt für Innere Medizin, die die Versicherte seit 1994 hausärztlich und internistisch betreuten, in einem Bericht vom 1. März 1999, die Gelenks- und polyarthralgischen Beschwerden hätten sich seit Mai 1998 zusehends verschlechtert. In einem Attest der gleichen Ärzte vom 25. Juni 1999 wurde jedoch keine weitere Verschlechterung rapportiert, sondern lediglich bemerkt, dass die bestehenden Beschwerden nach einer im Januar 1999 erfolgten Flavektomie weiter anhielten. Die Versicherte selbst machte in einer Eingabe an die Vorinstanz vom 18. Januar 2000 geltend, die Schmerzen nähmen immer mehr zu, wobei auch das Sitzen Schmerzen bereite. Am 25. Mai 2000, zehn Monate nach Erlass der Verwaltungsverfügung, berichtete der behandelnde Orthopäde, Dr. med. L.________, das postoperative Ergebnis sei subjektiv und objektiv unbefriedigend. Es bestehe keine nennenswerte Belastbarkeit bei zunehmender Ruheschmerzhaftigkeit. Aufgrund der aktuellen Befundsituation könne die Versicherte auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr vollschichtig verrichten. Schliesslich wies die Beschwerdeführerin in einer Eingabe vom 7. November 2001 darauf hin, sie könne auch keine sitzende Tätigkeit ausüben, weil die Rückenschmerzen in den vorangegangenen zwei Jahren gravierend zugenommen hätten. Aufgrund dieser Aktenlage ist davon auszugehen, dass vor der Operation eine gewisse Verschlechterung zu verzeichnen war, eine weitere Verschlimmerung aber frühestens ab Sommer 1999 stattfand. In Anbetracht des Umstandes, dass die Versicherte selbst in ihrem Schreiben vom 7. November 2001 die geltend gemachte schwerwiegende Verschlechterung in einem Zeitraum nach Verfügungserlass ansiedelt, leuchtet die von der Vorinstanz übernommene Ansicht der Ärztin der IV-Stelle, die Versicherte sei in ihrer angestammten leichten, sitzenden Arbeit noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsverfügung 50% arbeitsfähig gewesen, weil sie auch bei Zunahme der Rückenschmerzen ihre Arbeit während zwei mal zwei Stunden hätte verrichten können (Stellungnahme vom 17. Dezember 1999/18. März 2000), ein. Daran ändert nichts, dass bei der Versicherten gemäss Gutachten vom 11. August 2000 zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäss SGB XI seit Januar 1999 eine Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe I vorliegt; denn die Hilfsbedürftigkeit bei bestimmten Verrichtungen besagt nichts über die Arbeitsfähigkeit für eine nicht die gleichen Bewegungen und Belastungen implizierende Tätigkeit. 
4.3 Die Rekurskommission setzte die Arbeitsunfähigkeit in der letzten Erwerbstätigkeit mit der Erwerbsunfähigkeit gleich, indem sie nach Feststellung einer hälftigen Arbeitsfähigkeit ohne nähere Erklärungen von einer Invalidität von 50% im erwerblichen Bereich ausging. Richtigerweise hätte sie für die Invaliditätsbemessung im erwerblichen Bereich die Beeinträchtigung auf dem gesamten für die Versicherte in Betracht fallenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt ermitteln müssen (vgl. Art. 27bis Abs. 1 IVV in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 121 V 274 Erw. 6b/cc, 116 V 249 Erw. 1b, 109 V 29; AHI 1998 S. 291). 
 
Liesse sich mit einer anderen Beschäftigung ein geringeres Invalideneinkommen erzielen als mit der halben Leistung im angestammten Beruf, würde die Versicherte auf ihre bisherige Tätigkeit verwiesen. In dieser könnte sie bei der ihre gesundheitlichen Einschränkungen vollumfänglich berücksichtigenden Arbeitsunfähigkeit von 50% die Hälfte des ohne Gesundheitsschaden erzielten Einkommens beziehen. Diesfalls entspräche demnach der Grad der Erwerbsunfähigkeit in Übereinstimmung mit der Annahme der Vorinstanz jenem der Arbeitsunfähigkeit. Die von der Rekurskommission festgesetzte Einschränkung im erwerblichen Bereich ist demnach nicht zu gering ausgefallen. 
Dr. med. S.________ bezeichnete die Versicherte im November 1997 für leidensangepasste leichte wechselbelastende körperliche Arbeiten als voll arbeitsfähig. Dr. med. B.________ schloss sich dieser Einschätzung am 26. Februar 1998 an, und Dr. med. C.________ fand gemäss Gutachten vom 1. September 1998 keine wesentlichen neuen Diagnosen. Daher fragt sich, ob die Beschwerdeführerin während des hier interessierenden Zeitraums oder wenigstens eines Teils desselben nicht mit einer leidensangepassten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen das Einkommen aus einer 50%igen Leistung in der angestammten Beschäftigung übersteigenden Verdienst hätte erzielen können. In Anbetracht der Beurteilung des Dr. med. C.________, der der Versicherten auch für eine leidensangepasste Tätigkeit keine volle Arbeitsfähigkeit attestierte, und des Umstandes, dass von zur Bestimmung des Invalideneinkommens herangezogenen Tabellenlöhnen ein Abzug von bis zu 25% vorgenommen werden kann, um insbesondere der leidensbedingten Einschränkung Rechnung zu tragen (BGE 126 V 78 Erw. 5; AHI 2002 S. 62), erscheint die vorinstanzliche Annahme einer Invalidität im erwerblichen Bereich von 50% indessen auch nicht offensichtlich zu hoch. 
 
Im Ergebnis ist demnach nicht zu beanstanden, dass die Rekurskommission die Einschränkung im erwerblichen Bereich mit 50% veranschlagt hat. 
5. 
Geht man mit der Vorinstanz unter Anwendung der gemischten Methode von einem Erwerbsanteil von 60% und einem Haushaltsanteil von 40% aus, ist bei einer Einkommenseinbusse von 50% im erwerblichen Bereich ein einen Anspruch auf eine ganze Rente begründender Invaliditätsgrad von mindestens 66 2/3% ohne weiteres zu verneinen; denn ein solcher würde selbst bei einer aufgrund der Akten nicht in Frage kommenden Einschränkung im Haushalt von 90% noch nicht erreicht (60 x 50% + 40 x 90% = 66%). Es kann deshalb offen gelassen werden, ob die von der Vorinstanz mit 55% bezifferte Einschränkung im Haushalt zutrifft. 
 
Dahingestellt bleiben kann auch, ob die Vorinstanz zu Recht nach der gemischten Methode mit den erwähnten Anteilen ausgegangen ist oder ob die Versicherte für die Invaliditätsbemessung als voll Erwerbstätige zu betrachten ist. Im letzteren Fall wäre einzig der erwerbliche Bereich zu berücksichtigen und dementsprechend von einem Invaliditätsgrad von 50% auszugehen. Nach beiden Methoden ergibt sich somit für den hier zu beurteilenden Zeitraum bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung ein Anspruch auf eine halbe Rente. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, der Schweizerischen Ausgleichskasse und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 30. September 2002 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: