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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.184/2005 /ruo 
 
Urteil vom 30. September 2005 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Kiss, 
Gerichtsschreiber Widmer. 
 
Parteien 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Fürsprecher Marcel Aebi, 
 
gegen 
 
Stadt B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Keller, 
Obergericht des Kantons Schaffhausen, 
Postfach 568, 8201 Schaffhausen. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Zivilprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen 
vom 3. Juni 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 28. August 2000 schlossen die A.________ AG (Beschwerdeführerin) und die C.________ einen Vertrag über die Lieferung von Erdgas für die Heizzentrale M.________ und das Kantonsspital S.________. 
B. 
Nachdem eine Nachrechnung aus diesem Vertrag unbezahlt geblieben war, gelangten die C.________ am 20. Februar 2003 an das Friedensrichteramt Schaffhausen. In ihrer Klagschrift an das Kantonsgericht Schaffhausen stellten sie den Antrag, die Beschwerdeführerin sei zur Zahlung von Fr. 188'217.73 zuzüglich 7,6% Mehrwertsteuer, nebst 5% Zins seit 1. Juli 2001 zu verpflichten. Die Beschwerdeführerin beantragte Abweisung der Klage und bestritt vorsorglich die Rechtsfähigkeit der Kläger. Die Zuständigkeit des Kantonsgerichts anerkannte sie ausdrücklich an. Am 23. März 2004 trat das Kantonsgericht wegen fehlender Parteifähigkeit der Kläger auf die Klage nicht ein. 
 
Hiegegen erhob die Stadt B.________ (Beschwerdegegnerin) Rekurs an das Obergericht des Kantons Schaffhausen. Sie beantragte, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Kantonsgericht anzuweisen, auf die Klage einzutreten und das hängige Verfahren fortzuführen. Mit Entscheid vom 3. Juni 2005 hiess das Obergericht den Rekurs im Sinne der Erwägungen gut, hob den Beschluss des Kantonsgerichts vom 23. März 2004 auf und wies die Sache zur Weiterführung des Verfahrens an das Kantonsgericht zurück. Die Kosten des Rekursverfahrens, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 5'000.--, auferlegte es der Beschwerdeführerin, die beantragt hatte, den Rekurs abzuweisen. Ferner sprach es zu ihren Lasten eine Parteientschädigung von Fr. 5'310.40 an die Beschwerdegegnerin. Das Obergericht erkannte, dass den C.________- Werken mangels Rechtspersönlichkeit die Parteifähigkeit fehle, dass die Stadt B.________ jedoch deren Prozesshandlungen in wirksamer Weise nachträglich genehmigt habe. Damit habe die Stadt B.________ rückwirkend die klägerische Parteistellung erworben und sei im Rubrum als Klägerin aufzuführen. Die eingeklagte Forderung sei überdies privatrechtlicher Natur und daher zu Recht auf dem Zivilweg erhoben worden. 
C. 
Mit Eingabe vom 4. Juli 2005 beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und das Verfahren an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Das Obergericht verzichtetet auf einen Antrag und verweist auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Beschwerdeführerin beantragt, das Verfahren sei als staatsrechtliche Beschwerde oder als zivilrechtliche Berufung zu führen. In ihrer Eingabe vom 4. Juli 2005 rügt sie eine willkürliche Anwendung von Art. 173 und Art. 177 ZPO-SH sowie eine willkürliche Festlegung der Kostenfolgen. Mit Blick darauf ist die Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde zu behandeln. 
2. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich rein kassatorischer Natur, d.h. sie kann nur zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen (BGE 129 I 129 E. 1.2.1 S. 131 f. mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführerin beantragt, das Verfahren sei an die Vorinstanz zurückzuweisen, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
3. 
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid, schliesst er doch, indem er die Streitsache "zur Weiterführung des Verfahrens" an das Kantonsgericht zurückweist, das kantonale Verfahren nicht ab. Gegen Zwischenentscheide der vorliegenden Art ist die staatsrechtliche Beschwerde nur dann zulässig, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 87 Abs. 2 OG). Der Nachteil muss rechtlicher Natur sein (BGE 131 I 57 E. 1; 129 III 107 E. 1.2.1 S. 110; 128 I 177 E. 1.1). Rückweisungsentscheide oberer kantonaler Instanzen an untere gelten nach ständiger Rechtsprechung als Zwischenentscheide, die grundsätzlich keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken (BGE 129 I 313 E. 3.2. S. 317). 
3.1 Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid die Beschwerdegegnerin anstelle der irrtümlich in eigenem Namen klagenden, jedoch nicht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Verwaltungseinheiten als Klägerin anerkannt. Die Beschwerdeführerin macht zu Recht nicht geltend, daraus erwachse ihr ein rechtlicher Nachteil. Die Lage ist namentlich anders als in BGE 131 I 57, in welchem eine Partei, die bisher am Verfahren beteiligt war, durch eine andere ersetzt wurde (Parteiwechsel) mit der Folge, dass erstere Partei gegen ihren Willen vom Prozess ausgeschlossen wurde. 
3.2 Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, ein nicht wiedergutzumachender Nachteil "wäre" anzunehmen, wenn "die Entscheidung des Obergerichts über die Rechtsnatur der Forderung (zivilrechtlich/öffentlichrechtlich) als abschliessend zu qualifizieren wäre" und - damit zusammenhängend - wenn "mit dem Entscheid des Obergerichts definitiv die Zuständigkeit der Zivilgerichte begründet würde". Mit diesem nicht näher begründeten Vorbringen ist nicht dargetan, welche rechtlichen Nachteile die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Rückweisungsentscheid erleiden könnte. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin vor Obergericht selbst die Auffassung vertreten, der Vertrag vom 28. August 2000 sei privatrechtlicher Natur, und sie hat in ihrer Klagantwort vom 23. Oktober 2003 die Zuständigkeit des Kantonsgerichts ausdrücklich anerkannt, sich mithin vorbehaltlos eingelassen. 
3.3 Einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil scheint die Beschwerdeführerin sodann darin zu erblicken, dass sie im angefochtenen Entscheid mit den Kosten des obergerichtlichen Verfahrens belastet und zur Leistung einer Parteientschädigung verpflichtet wurde. 
 
Dem ist nicht beizupflichten. Der Entscheid über die Kosten- und Entschädigungsfolgen in einem Rückweisungsentscheid stellt seinerseits einen Zwischenentscheid dar, der grundsätzlich keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat. Er kann vor Bundesgericht erst nach Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges angefochten werden, zusammen mit dem neuen Entscheid in der Sache selber oder für sich allein, wenn das rechtlich geschützte Interesse des Betroffenen in der Sache selber im Laufe des kantonalen Verfahrens dahinfallen sollte (BGE 131 III 404 E. 3.3; 122 I 39; 117 Ia 251). 
 
3.4 Der angefochtene Zwischenentscheid bewirkt für die Beschwerdeführerin weder durch die Rückweisung der Sache zur Weiterführung des Verfahrens noch durch die Kostenregelung einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinn von Art. 87 Abs. 2 OG. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. 
 
Sofern die Beschwerdeführerin geltend machen möchte, der angefochtene Entscheid, mit dem das Obergericht festhielt, dass es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit handelt, die vor den Zivilgerichten auszutragen ist, stelle einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über die Zuständigkeit dar, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde nach Art. 87 Abs. 1 OG zulässig sei, ohne dass ein nicht wiedergutzumachender Nachteil dargetan werden muss, so könnte auch darauf von vornherein nicht eingetreten werden; denn die Beschwerdeführerin lässt es insofern an jeglicher Begründung missen und verfehlt mithin die Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
4. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann nicht eingetreten werden. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Bei der Bemessung der Gerichtsgebühr ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Gericht sich mit den materiellen Einwänden gegen den angefochtenen Zwischenentscheid nicht zu befassen hatte. 
 
Der obsiegenden Beschwerdegegnerin (Stadt B.________) ist, obschon sie im bundesgerichtlichen Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, gestützt auf Art. 159 Abs. 2 OG - der nach der Praxis auch im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde Anwendung findet - keine Parteientschädigung zuzusprechen. Eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigt sich nur bei kleineren und mittleren Gemeinwesen, die über keinen Rechtsdienst verfügen und daher auf einen Rechtsanwalt angewiesen sind (Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bern 1992, N. 3 zu Art. 159 OG S. 161 f.). Bei der Stadt B.________ trifft dies nicht zu. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Für das bundesgerichtliche Verfahren wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Stadt B.________ und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 30. September 2005 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: