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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
4A_240/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. September 2013  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin, 
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Niquille, 
Gerichtsschreiber Leemann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Y.________ SA, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Blarer, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Einsichtsrecht des Gläubigers, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 8. März 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Y.________ SA (Gesuchstellerin, Beschwerdegegnerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in A.________. Sie bezweckt den Erwerb und den Verkauf von Betrieben in den Bereichen Gesundheit, Kosmetik und Wellness. 
Die X.________ AG, B.________, (Gesuchsgegnerin, Beschwerdeführerin) bezweckt die Führung und den Betrieb eines Architektur-, Planungs- und Beratungsstudios mit Projekt- und Baumanagement, die Tätigkeit als General- bzw. Totalunternehmerin in diesen Bereichen, die Erbringung von Dienstleistungen aller Art im Immobilienbereich sowie den Handel mit Baugütern aller Art. 
 
B.  
Mit Gesuch vom 20. Dezember 2012 beantragte die Gesuchstellerin dem Handelsgericht des Kantons Aargau, es sei die Gesuchsgegnerin zu verpflichten, ihr Einsicht in die Jahresrechnung 2011/2012, in eine allfällige Konzernrechnung und in den Revisionsbericht 2011/2012 zu gewähren. 
Mit Entscheid vom 8. März 2013 hiess das Handelsgericht das Gesuch gut und verpflichtete die Gesuchsgegnerin, der Gesuchstellerin Einsicht in die letzte genehmigte Jahresrechnung seit Urteilsdatum sowie in die allfällige Konzernrechnung und den Revisionsbericht für dasselbe Geschäftsjahr zu gewähren. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die X.________ AG, es sei der Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 8. März 2013"aufzuheben und verbunden mit der Anweisung zur Neubeurteilung zurückzuweisen". Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und es seien die ihr von der Vorinstanz auferlegten Gerichtskosten und Parteientschädigungen der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. 
Sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Vorinstanz beantragen die Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 133 E. 1 S. 133 mit Hinweisen). 
 
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b BGG i.V.m. Art. 6 ZPO sowie Art. 90 BGG). Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Zivilsachen offen.  
 
1.2.  
 
1.2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Mit Blick auf die Begründungspflicht des Beschwerdeführers (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind; es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; 134 III 102 E. 1.1). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
1.2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
Der Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss substantiiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (vgl. BGE 133 III 350 E. 1.3 S. 351 f., 393 E. 7.1 S. 398, 462 E. 2.4 S. 466 f.). 
 
1.2.3. Die Beschwerde hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde an das Bundesgericht ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich der Beschwerdeführer grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zu beantragen, sondern muss einen Antrag in der Sache stellen. Der Beschwerdeführer muss demnach angeben, welche Punkte des angefochtenen Entscheids bestritten und welche Abänderung des Dispositivs beantragt werden. Grundsätzlich ist ein materieller Antrag erforderlich; Anträge auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung oder blosse Aufhebungsanträge genügen nicht und machen die Beschwerde unzulässig. Ein blosser Rückweisungsantrag reicht ausnahmsweise aus, wenn das Bundesgericht im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 137 II 313 E. 1.3; 134 III 379 E. 1.3 S. 383; 133 III 489 E. 3.1 S. 489 f.).  
 
1.3. Die Beschwerdeführerin beantragt im Hauptbegehren einzig die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Rückweisung an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Einen materiellen Antrag stellt sie nicht und gibt nicht an, inwiefern das Dispositiv des angefochtenen Beschlusses zu ändern wäre. Damit genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 BGG nicht, fällt doch eine reformatorische Entscheidung vorliegend nicht von vornherein ausser Betracht; Gegenteiliges wird auch in der Beschwerde nicht dargetan.  
Die Beschwerdeführerin formuliert hinsichtlich des vorinstanzlichen Kostenentscheids separate Eventualbegehren. Ihrer Beschwerdebegründung lassen sich jedoch keine Rügen hinsichtlich der Kostenverteilung entnehmen, weshalb sie die Begründungsanforderungen nach Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG selbst unter der Annahme verfehlt, dass sie 
den handelsgerichtlichen Kostenentscheid unabhängig vom Ausgang der Hauptsache anfechten wollte. 
Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. 
 
1.4. Selbst wenn die Beschwerdeführerin im Hauptbegehren rechtsgenügende Anträge gestellt hätte, würden ihre Vorbringen ins Leere stossen.  
Die Beschwerdeführerin unterbreitet dem Bundesgericht ihre Sicht zum Hintergrund des Rechtsstreits und stützt sich auf eine eigene Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse, ohne jedoch eine zulässige Sachverhaltsrüge zu erheben. Sie reicht dem Bundesgericht zudem zahlreiche neue Beweismittel ein und beantragt die Einvernahme verschiedener Zeugen, was im Beschwerdeverfahren nicht zulässig ist (Art. 99 Abs. 1 BGG). Ausserdem beruft sie sich in unzulässiger Weise auf Vorgänge, die sich nach dem angefochtenen Entscheid zugetragen haben sollen. 
Die einzige zulässige Rüge, dass Art. 697h Abs. 2 OR, auf den die Vorinstanz ihren Entscheid stützte, per 1. Januar 2013 (d.h. während des laufenden Verfahrens) aufgehoben wurde und somit im Zeitpunkt des Entscheids nicht mehr in Kraft war, vermag am Ergebnis nichts zu ändern. Die Bestimmung wurde durch Art. 958e Abs. 2 OR ersetzt, der die bisherige aktienrechtliche Regelung zum Einsichtsrecht des Gläubigers unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens weiterführen soll (Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts [Aktienrecht und Rechnungslegungsrecht sowie Anpassungen im Recht der Kollektiv- und der Kommanditgesellschaft, im GmbH-Recht, Genossenschafts-, Handelsregister- sowie Firmenrecht] vom 21. Dezember 2007, BBl 2007 1704). Die Beschwerdeführerin bringt zu Recht nicht vor, dass das Einsichtsrecht des Gläubigers nach Art. 958e Abs. 2 OR verglichen mit der bisherigen Regelung weniger weit gehen bzw. strengeren Voraussetzungen unterliegen würde. Im Ergebnis kann daher - wie die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zutreffend vorbringt - offenbleiben, welche der beiden Bestimmungen übergangsrechtlich anzuwenden gewesen wäre. 
Die Beschwerde wäre somit abzuweisen gewesen, soweit darauf hätte eingetreten werden können. 
 
2.  
Auf die Beschwerde ist demnach nicht einzutreten. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. September 2013 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Klett 
 
Der Gerichtsschreiber: Leemann