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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_322/2012 
 
Urteil vom 30. Oktober 2012 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, Schöbi, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Isenring, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Steuerhinterziehung nach Art. 85 Abs. 1 aMWSTG und Art. 36 Abs. 1 AStG; Willkür, Grundsatz in dubio pro reo, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 4. Abteilung, vom 1. März 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Am 27. Oktober 2006 führte die A.________ AG im Auftrag von X.________ einen Ferrari Enzo in die Schweiz ein, wobei dessen Wert anstatt mit Fr. 950'000.-- lediglich mit Fr. 200'350.-- deklariert wurde. Durch die zu tiefe Deklaration wurden Einfuhr- und Automobilsteuern in der Höhe von gesamthaft Fr. 89'280.-- hinterzogen. 
 
B. 
Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) verurteilte X.________ mit Strafbescheid vom 20. Oktober 2009 wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung nach Art. 85 Abs. 1 aMWSTG und Art. 36 Abs. 1 des Automobilsteuergesetzes vom 21. Juni 1996 (AStG; SR 641.51) zu einer Busse von Fr. 80'000.--. Mit Strafverfügung vom 13. Dezember 2010 hielt sie an den Schuldsprüchen fest, reduzierte die Busse jedoch auf Fr. 50'000.--. X.________ verlangte eine gerichtliche Beurteilung, woraufhin ihn das Bezirksgericht Kriens am 9. Juni 2011 wegen eventualvorsätzlicher Steuerhinterziehung nach Art. 85 Abs. 1 aMWSTG und Art. 36 Abs. 1 AStG mit Fr. 50'000.-- büsste. Auf dessen Berufung hin bestätigte das Obergericht des Kantons Luzern am 1. März 2012 das erstinstanzliche Urteil. 
 
C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil vom 1. März 2012 aufzuheben und ihn wegen fahrlässiger Steuerhinterziehung zu einer Busse von maximal Fr. 25'000.-- zu verurteilen. Eventualiter sei die Angelegenheit zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er stellt ein Gesuch um aufschiebende Wirkung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und eine Verletzung von Art. 85 aMWSTG, Art. 36 AStG sowie Art. 2 VStrR i.V.m. Art. 12 und 13 StGB. Er bestreitet, die Mehrwert- und Automobilsteuer vorsätzlich bzw. eventualvorsätzlich hinterzogen zu haben. Der tatsächliche Wert des Fahrzeugs sei ihm nicht bekannt gewesen. Er sei einem Sachverhaltsirrtum unterlegen, da er von einem "gewöhnlichen" Ferrari ausgegangen sei. 
1.2 
1.2.1 Der Steuerhinterziehung nach Art. 85 Abs. 1 aMWSTG macht sich strafbar, wer vorsätzlich sich oder einem andern einen unrechtmässigen Steuervorteil verschafft, namentlich die Steuer hinterzieht. Den Tatbestand der Steuerhinterziehung nach Art. 36 Abs. 1 AStG erfüllt u.a., wer die Steuer vorsätzlich bei der Einfuhr durch Nichtanmeldung, Verheimlichung oder unrichtige Deklaration der Automobile ganz oder teilweise hinterzieht. 
1.2.2 Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. Art. 2 VStrR). Das Gericht darf vom Wissen des Täters auf den Willen schliessen, wenn sich diesem der Eintritt des Erfolgs als so wahrscheinlich aufdrängte, dass die Bereitschaft, ihn als Folge hinzunehmen, vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolgs ausgelegt werden kann (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 133 IV 222 E. 5.3 mit Hinweisen). Der Nachweis des Vorsatzes gilt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als erbracht, wenn mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass sich der Beschuldigte der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der gemachten Angaben bewusst war. Ist dieses Wissen erwiesen, so muss angenommen werden, dass er auch mit Willen handelte, d.h. eine Täuschung der Steuerbehörden beabsichtigt und eine zu niedrige Veranlagung bezweckt (direkter Vorsatz) oder zumindest eventualvorsätzlich in Kauf genommen hat (BGE 114 Ib 27 E. 3a). Dies trifft namentlich zu, wenn sich die steuerpflichtige Person überhaupt nicht darum kümmert, ob die von ihr gemachten Angaben richtig sind (Urteil 2C_290/2011 vom 12. September 2011 E. 2.1 mit Hinweisen). 
1.3 
1.3.1 Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft so genannte innere Tatsachen. Rechtsfrage ist hingegen, ob im Lichte der festgestellten Tatsachen der Schluss auf Eventualvorsatz begründet ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 135 IV 152 E. 2.3.2; je mit Hinweisen). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 134 IV 36 E. 1.4.1). Dem vom Beschwerdeführer angerufenen Grundsatz in dubio pro reo kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4; 134 I 140 E. 5.4; je mit Hinweisen). 
1.3.2 Die Rüge der Willkür muss präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen). 
 
1.4 Die Vorinstanz geht in rechtlicher Hinsicht zutreffend davon aus, eine eventualvorsätzliche Steuerhinterziehung sei auch gegeben, wenn der Beschwerdeführer den tiefen Wert von Fr. 200'350.-- deklarierte, obschon er wusste, dass er den wahren Wert des Fahrzeugs nicht kannte. Soweit der Beschwerdeführer das Gegenteil behauptet, erweist sich seine Beschwerde als unbegründet. 
1.5 
1.5.1 In tatsächlicher Hinsicht führt die Vorinstanz zusammengefasst aus, in den Akten befänden sich verschiedene, an den Beschwerdeführer adressierte Dokumente, die für den Ferrari Enzo unterschiedliche Wertangaben enthielten. Es handle sich um das Schreiben der B.________ vom 13. September 2006 (EUR 600'000.--), das Schreiben der B.________ vom 19. Oktober 2006 (Fr. 200'000.--), die Ausfuhrdeklaration vom 24. Oktober 2006 (EUR 441'000.--) und die Offerte sowie die Deckungszusage der C.________-Versicherung je vom 19. Oktober 2006 (Fr. 950'000.--). Die Offerte der C.________-Versicherung mit dem angegebenen Katalogpreis von Fr. 950'000.-- sei vom Beschwerdeführer sogar unterzeichnet worden. Sie sei im Ordner "Autos Versicherungen" im gleichen Klarsichtmäppchen abgelegt gewesen wie das dem Beschwerdeführer bekannte Schreiben der B.________ vom 19. Oktober 2006, welches er nach eigenen Angaben über seinen Manager in Frankreich erstellen liess (Urteil E. 3.2.4 S. 8 f.). Der Import des ihm geschenkten Ferrari Enzo in die Schweiz sei dem Beschwerdeführer ein persönliches Anliegen gewesen. Er habe um die an ihn adressierten und von ihm teilweise sogar unterzeichneten Schreiben gewusst bzw. diese auch inhaltlich zumindest flüchtig zur Kenntnis genommen (Urteil E. 3.2.5 S. 9). Wäre er tatsächlich von einem Wert von Fr. 200'000.-- ausgegangen, sei nicht einzusehen, weshalb er diesen der Mitarbeiterin der C.________-Versicherung am 16. Oktober 2006 nicht auch mitgeteilt habe, anstatt sie auf die laufenden "Abklärungen" zu verweisen (Urteil E. 3.2.6 S. 10). Ausschlaggebend sei nicht die Auftragserteilung an das Speditionsunternehmen vom 19. Oktober 2006, sondern die Zolldeklaration, mithin der 27. Oktober 2006. Der Beschwerdeführer habe bis zu diesem Zeitpunkt keine Abklärungen vorgenommen, obschon er sich bewusst gewesen sei, dass der Marktwert von Fahrzeugen, insbesondere von Luxusmodellen, sehr schwer einzuschätzen sei und von Fahrzeug zu Fahrzeug variiere. Das Risiko einer Falschdeklaration sei unter den gegebenen Umständen derart gross gewesen, dass das Verhalten des Beschwerdeführers nur den Schluss zulasse, er habe eine Steuerhinterziehung bewusst und willentlich in Kauf genommen (Urteil S. 11). 
1.5.2 Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er habe von den an ihn adressierten Schreiben der B.________ keine Kenntnis gehabt, da sowohl seine private wie auch die geschäftliche Post von seiner Assistentin erledigt und abgelegt werde. Dies gelte auch für die Offerte der C.________-Versicherung. Er habe diese ohne tatsächliche Kenntnisnahme unterzeichnet (Beschwerde S. 10 ff. und 18). Die Einfuhr des Ferraris sei keine persönliche Angelegenheit gewesen (Beschwerde S. 12 f.). Er habe in den letzten Jahren immer wieder Automobile - darunter auch luxuriöse Sportwagen - in die Schweiz importiert und diese in jeder Hinsicht korrekt verzollt (Beschwerde Ziff. 51 S. 13). Die Vorinstanz gehe fälschlicherweise davon aus, er habe vor dem Import keinerlei Abklärungen zum Wert des Ferrari Enzo getroffen, obschon er sich am Wert des von einem Bekannten kürzlich erworbenen Ferraris orientiert, bei der D.________ AG Erkundigungen angestellt und Spezialisten der A.________ AG mit der Einfuhr betraut habe. Seine Aussage, "er habe keinerlei Abklärungen getroffen", könne nur dahingehend verstanden werden, dass er sich beim Schenker nicht nach dem Wert des Fahrzeugs erkundigt habe (Beschwerde S. 14-17). 
1.5.3 Diese Einwände erschöpfen sich in einer unzulässigen appellatorischen Kritik. Sie sind nicht geeignet, Willkür darzutun. Die Vorinstanz zeigt mit überzeugenden Argumenten auf, weshalb sie für erwiesen annimmt, der Beschwerdeführer habe von den in seinen Unterlagen abgelegten Schreiben der B.________ und der C.________-Versicherung Kenntnis gehabt. Dieser legt selber dar, er habe bereits verschiedentlich Luxusfahrzeuge importiert. Die Vorinstanz durfte davon ausgehen, der Markt von Luxusfahrzeugen sei ihm nicht unbekannt gewesen. Der Beschwerdeführer gab an, der Ferrari sei ihm geschenkt worden. Damit konnte die Vorinstanz für erstellt annehmen, dass die Einfuhr des Fahrzeugs ein persönliches Anliegen war, da er diesen nicht etwa für einen Klienten seines Treuhandbüros importierte. Die pauschalen Vorbringen, mit welchen der Beschwerdeführer das Gegenteil behauptet, lassen die vorinstanzliche Würdigung nicht willkürlich erscheinen. 
 
1.6 Der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Hinterziehung der Mehrwert- und Automobilsteuer ist bundesrechtskonform. Damit erübrigt sich eine Behandlung der weiteren Rügen des Beschwerdeführers betreffend die Strafzumessung und den Kostenpunkt (Beschwerde Ziff. 105 ff. S. 24-25), da er seinen Ausführungen eine fahrlässige Steuerhinterziehung zugrunde legt. 
 
2. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 30. Oktober 2012 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld