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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_820/2010 
 
Urteil vom 31. Januar 2011 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied 
Bundesrichter Wiprächtiger, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Inge Mokry, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Strafzumessung; Strafvollzug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 24. August 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ übergab am 24. Oktober 2008 drei Kügelchen Kokain zu je 0,1 Gramm an einen Dritten gegen die Bezahlung von Fr. 60.--. Das Bezirksgericht Zürich sprach ihn deswegen am 9. Juli 2009 der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 4 BetmG schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe vom 6 Monaten sowie einer unbedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 20.--. 
Auf Berufung der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 24. August 2010 das erstinstanzliche Urteil. 
 
B. 
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 24. August 2010 aufzuheben und eine unbedingte Freiheitsstrafe von 8 Monaten auszusprechen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
C. 
Der Beschwerdegegner stellt am 16. November 2010 ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
D. 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 42 Abs. 1 und Art. 47 StGB, da die Voraussetzungen für den bedingten Vollzug offenkundig nicht gegeben seien. Der Beschwerdegegner sei innerhalb kurzer Zeit erneut straffällig geworden. Er habe sich weder von einer unbedingten Geldstrafe noch von der unbedingten gemeinnützigen Arbeit abhalten lassen und erneut in identischer Weise delinquiert. Auch dessen Verteidigerin habe eine unbedingte Geldstrafe beantragt und sei damit von einer ungünstigen Prognose ausgegangen. 
 
1.2 Der Beschwerdegegner weist drei einschlägige Vorstrafen wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz auf. Er wurde am 11. April 2007 mit einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen und einer Busse von Fr. 500.-- bestraft. Am 27. März 2008 wurde eine unbedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen gegen ihn verhängt. Am 24. Juli 2008 wurde er schliesslich zu einer unbedingten Strafe von 240 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, wobei gleichzeitig der für die Geldstrafe von 150 Tagessätzen bedingt ausgesprochene Vollzug gemäss Urteil vom 11. April 2007 widerrufen wurde (kant. Akten, Urk. 55). 
Die Vorinstanz erwägt, in Berücksichtigung der drei Vorstrafen wäre der präventiven Zielsetzung nicht genüge getan, wenn ausschliesslich eine Geldstrafe ausgesprochen würde. Die Kombination von Geld- und Freiheitsstrafe in Anwendung von Art. 42 Abs. 4 StGB erweise sich aus spezialpräventiver Sicht als sinnvoll und zweckmässig (Ziff. 7 S. 7 in fine). Dies rechtfertige sich vorliegend, da dem Beschwerdegegner mit der unbedingten Geldstrafe der Ernst der Lage deutlich gemacht werde, so dass ihm für den bedingten Vollzug der Freiheitsstrafe eine günstige Prognose gestellt werden könne. Die Wirkung der Strafe verspüre er trotz des bedingten Vollzugs der Freiheitsstrafe unmittelbar durch die unbedingte Geldstrafe. Im Gegensatz zu seinen früheren Verurteilungen treffe ihn die Strafe insgesamt härter. Er habe nicht nur die Geldstrafe zu bezahlen, sondern es schwebe auch das Damoklesschwert einer Freiheitsstrafe über ihm. Eine solche sei ihm bisher noch nie angedroht worden. Diese Lösung gebe ihm eine letzte Chance, den eingeschlagenen positiven Weg fortzusetzen und sich in Zukunft wohl zu verhalten (Ziff. 5 S. 8 f.). 
1.3 
1.3.1 Für Strafen von weniger als einem Jahr ist der teilbedingte Vollzug im Sinne von Art. 43 StGB ausgeschlossen. Ebenso gelangt vorliegend Art. 42 Abs. 2 StGB nicht zur Anwendung, da die aus den letzten fünf Jahren vor der erneuten Tat vom 24. Oktober 2008 datierenden Geldstrafen weniger als 180 Tagessätze betrugen. 
1.3.2 Für die Bestimmung, ob die Freiheitsstrafe bedingt oder unbedingt auszusprechen ist, ist daher auf Art. 42 Abs. 1 StGB abzustellen. Danach ist der Vollzug in der Regel aufzuschieben, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten. 
Nach Art. 42 Abs. 1 StGB genügt das Fehlen einer ungünstigen Prognose. Die Gewährung des bedingten Strafaufschubs setzt mit anderen Worten nicht die positive Erwartung voraus, der Täter werde sich bewähren, sondern es genügt die Abwesenheit der Befürchtung, dass er es nicht tun werde. Der Strafaufschub ist deshalb die Regel, von der grundsätzlich nur bei ungünstiger Prog nose abgewichen werden darf. Er hat im breiten Mittelfeld der Ungewissheit den Vorrang (BGE 134 IV 97 E. 7.3; 134 IV 82 E. 4.2). Ein in subjektiver Hinsicht relevantes Prognosekriterium ist insbesondere die strafrechtliche Vorbelastung (BGE 134 IV 1 E. 4.2.1). Diese spielt die grösste Rolle bei der Prognose des künftigen Legalverhaltens. Allerdings schliessen einschlägige Vorstrafen den bedingten Vollzug nicht notwendigerweise aus (Urteil 6B_954/2009 vom 14. Januar 2010 E. 3). 
1.3.3 Eine bedingte Strafe kann in Anwendung von Art. 42 Abs. 4 StGB mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit einer Busse nach Art. 106 StGB verbunden werden. Die unbedingt ausgesprochene Verbindungsstrafe darf nur untergeordnete Bedeutung haben (BGE 135 IV 188 E. 3.3; 134 IV 1 E. 4.5.2 und 6.2). Um dem akzessorischen Charakter der Verbindungsstrafe gerecht zu werden, darf die Verbindungsgeldstrafe einen Fünftel der schuldangemessenen Gesamtstrafe grundsätzlich nicht übersteigen. Abweichungen von dieser Regel sind im Bereich tiefer Strafen denkbar, um sicherzustellen, dass der Verbindungsstrafe nicht eine lediglich symbolische Bedeutung zukommt (BGE 135 IV 188 E. 3.4.4). 
1.3.4 Die Vorinstanz legt im angefochtenen Urteil dar, weshalb nicht von einer ungünstigen Prognose ausgegangen werden muss. Sie berücksichtigt, dass der Beschwerdegegner aufgrund seiner Vorstrafen zu einer massiv höheren Strafe verurteilt wird, und dass ihm erstmals eine Freiheitsstrafe angedroht wird. Auch wenn er sich bisher von den verhängten Geldstrafen und der gemeinnützigen Arbeit nicht beeindrucken liess, kann die Androhung einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe in Anbetracht seiner beruflichen und familiären (als Vater zweier Kleinkinder) Situation durchaus geeignet sein, ihn von weiteren Straftaten abzuhalten. Die Vorinstanz verweist auf die bereits vom Bezirksgericht erwähnte positive Entwicklung des Beschwerdegegners, der im Oktober 2004 nach einer unschuldig erlittenen Untersuchungshaft von vier Wochen seine Arbeitsstelle verlor und nach einer langen Arbeitslosigkeit im Juli 2009 eine neue Anstellung mit integrierter Ausbildung beginnen konnte, welche ihm durch das Sozialamt vermittelt wurde (Urteil des Bezirksgerichts S. 6 und 10). Auch der Umstand, dass die Verteidigerin des Beschwerdegegners erstinstanzlich für eine unbedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen plädierte (kant. Akten, Urk. 24), spricht angesichts der schliesslich verhängten Strafe von rund 8 Monaten nicht zwingend für eine schlechte Prognose. Indem die Vorinstanz dem Beschwerdegegner eine letzte Chance für ein Wohlverhalten gibt, hat sie das ihr zustehende Ermessen nicht überschritten. 
1.3.5 Die unbedingt ausgesprochene Verbindungsgeldstrafe übersteigt die von der Rechtsprechung festgelegte Obergrenze von einem Fünftel, welche angesichts der Gesamtstrafe von 8 Monaten bei 48 Tagessätzen läge. Dieser Punkt wird in der Beschwerde allerdings nicht gerügt. Es kann daher offen bleiben, ob die Voraussetzungen für ein Abweichen von der Regel, wonach die Verbindungsstrafe grundsätzlich einen Fünftel der Gesamtstrafe nicht übersteigen darf, erfüllt sind. 
 
2. 
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Beschwerdegegner obsiegt. Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird daher gegenstandslos. Er wurde nicht zur Stellungnahme aufgefordert und hatte deshalb vor Bundesgericht keine Umtriebe, weshalb ihm keine Entschädigung zuzusprechen ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 31. Januar 2011 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Schneider Unseld