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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.548/2003 /ggs 
 
Urteil vom 31. März 2005 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann, 
Gerichtsschreiberin Scherrer. 
 
Parteien 
1. X.________, 
2. Y.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. Erbengemeinschaft D.________, bestehend aus: 
4.1. E.________, 
4.2. F.________, 
4.3. G.________, 
Beschwerdegegner, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Felix Huber, 
Gemeinde Volketswil, vertreten durch den Gemeinderat, Zentralstrasse 5, 8604 Volketswil, 
Regierungsrat des Kantons Zürich, vertreten durch die Baudirektion des Kantons Zürich, Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Gemeindeversammlungsbeschluss betreffend Gestaltungsplan "Gewerbehaus Goodyear" (Stimmrechtsbeschwerde), 
 
Stimmrechtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, vom 19. Juni 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 7. Dezember 2001 stimmte die Gemeindeversammlung Volketswil dem privaten Gestaltungsplan "Gewerbehaus Goodyear" im Ortsteil Zimikon zu. Gegen diesen Beschluss gelangte X.________ als Einwohner und Stimmbürger von Volketswil an den Bezirksrat Uster und beantragte die Aufhebung des Entscheids aus planungsrechtlichen Gründen. Mit einer Beschwerde wandte sich auch Y.________ an den Bezirksrat und verlangte wegen einer fehlerhaften ersten Publikation des Abstimmungstraktandums sowie aus planungsrechtlichen Gründen die Aufhebung des Beschlusses. 
 
Der Bezirksrat Uster trat auf beide Rechtsmittel am 5. März 2002 nicht ein, da die Beschwerde von Y.________, soweit sie Mängel des Abstimmungsverfahrens betreffe, verspätet sei. Zur Behandlung der planungsrechtlichen Einwände, welche in beiden Rechtsmitteln geltend gemacht wurden, sei der Bezirksrat sachlich nicht zuständig. Diesbezüglich wurden die Rechtsmittel an die Baurekurskommission III überwiesen. Gegen den Entscheid des Bezirksrates erhob Y.________ insoweit Stimmrechts- und Aufsichtsbeschwerde an den Regierungsrat, als der Bezirksrat wegen Verspätung nicht auf seine Stimmrechtsbeschwerde eingetreten war. Der Regierungsrat wies die Stimmrechtsbeschwerde am 27. November 2002 ab und gab gleichzeitig der Aufsichtsbeschwerde keine Folge. 
B. 
Die Baurekurskommission III vereinigte die beiden Rekurse und wies sie mit Entscheid vom 6. November 2002 ab. Beide Rekurrenten gelangten hierauf ans Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerden mit Entscheid vom 19. Juni 2003 ab. Die Gerichtskosten auferlegte es zur Hälfte Y.________, während die andere Hälfte auf die Gerichtskasse genommen wurde. Beide Beschwerdeführer wurden solidarisch verpflichtet, die Beschwerdegegnerschaft II zu entschädigen. 
C. 
Mit Eingabe vom 13. September 2003 erhoben X.________ und Y.________ gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid Stimmrechtsbeschwerde beim Bundesgericht. Im Rahmen des bundesgerichtlichen Vernehmlassungsverfahrens stellten die privaten Beschwerdegegner am 2. Oktober 2003 Antrag auf Sistierung, weil das Interesse am Gestaltungsplan aufgrund der langen Verfahrensdauer dahingefallen sei und die betroffenen Grundeigentümer beabsichtigten, dessen Aufhebung zu beantragen. Das Bundesgericht sistierte das Verfahren mit Verfügung vom 27. Oktober 2003. 
D. 
Die Baudirektion des Kantons Zürich genehmigte die von der Gemeindeversammlung Volketswil am 24. September 2004 beschlossene Aufhebung des Gestaltungsplans am 15. Februar 2005. Das Bundesgericht forderte die Parteien hierauf mit Schreiben vom 25. Februar 2005 auf, sich zur Gegenstandslosigkeit der Beschwerde vom 13. September 2003 zu äussern. 
 
Das Verwaltungsgericht hat gegen eine Abschreibung des Verfahrens zufolge Gegenstandslosigkeit nichts einzuwenden. Ebenso lassen sich die privaten Beschwerdegegner vernehmen. Auch der Beschwerdeführer X.________ (nachfolgend Beschwerdeführer 1) erklärt sich damit einverstanden, dass die Beschwerde für gegenstandslos erklärt werde. Die Baudirektion vertritt die Auffassung, dass die Beschwerde im Hauptpunkt gegenstandslos geworden sei. Der Beschwerdeführer Y.________ (nachfolgend Beschwerdeführer 2) ist grundsätzlich mit der Abschreibung des Geschäftes einverstanden, beantragt indes nochmals, dass er von der Kostentragungspflicht sowohl vor den kantonalen Instanzen als auch im bundesgerichtlichen Verfahren zu befreien sei. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die Beschwerdeführer verlangen in ihrer als Stimmrechtsbeschwerde bezeichneten Eingabe vom 13. September 2003 im Hauptpunkt, der umstrittene Gestaltungsplan sei aufzuheben. Nachdem dies in der Zwischenzeit geschehen ist, sind sowohl das Anfechtungsobjekt als auch das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführer dahingefallen. Diesbezüglich ist die Beschwerde gegenstandslos geworden. Indes beantragt der Beschwerdeführer 2 sinngemäss, die ihm im Verfahren vor der Baurekurskommission III und dem Verwaltungsgericht auferlegten Kosten seien vollumfänglich vom Kanton Zürich zu tragen. Dazu ist er legitimiert (Art. 88 OG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in diesem Punkt - unter Vorbehalt von E. 1.2 hiernach - einzutreten. 
1.2 Soweit der Beschwerdeführer 2 beantragt, der Kostenentscheid der Baurekurskommission III sei aufzuheben, ist darauf nicht einzutreten. Aufgrund des Devolutiveffekts ist der Entscheid des Verwaltungsgerichts an die Stelle desjenigen der Baurekurskommission III getreten; letzterer ist damit nicht mehr Anfechtungsgegenstand (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage, Bern 1983, S. 190). 
2. 
2.1 Die Baurekurskommission III führt in ihrem Entscheid vom 6. November 2002 aus, der Beschwerdeführer 2 sei Eigentümer des Grundstücks Kat.-Nr. 1460, welches nur durch den Zelgliweg und das Grundstück Kat.-Nr. 2265 vom Gestaltungsplangebiet getrennt sei. Er weise darum über eine hinreichend enge Raumbeziehung zum Gestaltungsplangebiet und dem geplanten Anbau auf, um aufgrund seiner Rügen im Sinne von § 338a Abs. 1 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975 (PBG/ZH; LS 700.1) anfechtungsbefugt zu sein. Das von ihm ergriffene Rechtsmittel sei daher als Rekurs im Sinne von § 20 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG/ZH; LS 175.2) entgegenzunehmen. Demgegenüber wohne der Beschwerdeführer 1 weit ausserhalb von Zimikon und verfüge über kein Grundeigentum in der Nähe des Gestaltungsplangebietes, womit er gemäss § 338a PBG/ZH nicht rekurslegitimiert sei. Er rüge jedoch implizit die Missachtung der sich aus Art. 17 Abs. 1 lit. c RPG und § 50 PBG/ZH ergebenden Verpflichtung zur Erhaltung schutzwürdiger Ortsbilder und damit eine Verletzung gesetzlicher Bestimmungen. Sein Rechtsmittel sei darum als Beschwerde im Sinn von § 151 Abs. 1 Ziff. 1 des Gemeindegesetzes vom 6. Juni 1926 (GG/ZH; LS 131.1) entgegenzunehmen. 
 
Das Verwaltungsgericht ist dieser Qualifikation der Rechtsmittel in seinem Entscheid vom 19. Juni 2003 gefolgt. 
2.2 Nach § 338a Abs. 1 PBG/ZH ist zum Rekurs oder zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Aufhebung oder Änderung hat. Dasselbe gilt für die Anfechtung von Erlassen. Gestützt auf § 20 VRG/ZH können sodann mit dem Rekurs alle Mängel des Verfahrens und der angefochtenen Anordnung geltend gemacht werden. § 151 Ziff. 1 GG/ZH sieht dagegen vor, dass Beschlüsse der Gemeinde und des Grossen Gemeinderates von den Gemeindebehörden, von Stimmberechtigten und von denjenigen Personen, die gemäss § 21 VRG/ZH dazu berechtigt sind, durch Beschwerde angefochten werden können, wenn sie gegen übergeordnetes Recht verstossen. Der Kreis derjenigen, die zur Stimmrechtsbeschwerde legitimiert sind, ist demzufolge weiter als derjenige der Rekurslegitimierten gemäss § 338a PBG/ZH. Das Rechtsmittel hat sodann direkten Einfluss auf die Kognition der entscheidenden Behörde. Im Rekursverfahren werden die angefochtenen Entscheide gestützt auf § 20 VRG/ZH grundsätzlich mit voller Kognition, somit einschliesslich einer Angemessenheits- und Zweckmässigkeitskontrolle, überprüft. Zwar hat die Rekursbehörde die den Gemeinden bei der Festsetzung einer Bau- und Zonenordnung zustehende Planungsautonomie zu beachten. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht steht dem Gericht bei der Überprüfung von Rekursentscheiden über kommunale Planfestsetzungen denn auch keine Ermessenskontrolle zu (§ 50 Abs. 1 und 2 VRG/ZH). Die planungsrechtlichen Rügen in der Gemeindebeschwerde jedoch können von vornherein nur auf Rechtsverletzungen hin geprüft werden, was für den Rechtsuchenden eine Einschränkung bedeutet. 
2.3 Sind die kantonalen Behörden aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe, welche das Grundstück des Beschwerdeführers 2 zum ehemaligen Gestaltungsplangebiet aufweist, davon ausgegangen, er sei nach § 338a PBG/ZH zum Rekurs legitimiert, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal seine Rügen dadurch grundsätzlich mit erweiterter Kognition überprüft werden konnten. Dabei ist nicht relevant, wie der Beschwerdeführer 2 seine Eingabe selber bezeichnete. Mit seinem Vorwurf, das Gebot der Rechtsgleichheit sei verletzt worden, dringt er jedenfalls nicht durch. Die Rechtsgleichheit wird in allgemeiner Weise durch Art. 8 Abs. 1 BV gewährleistet. Danach ist die rechtsanwendende Behörde verpflichtet, Sachverhalte mit gleichen relevanten Tatsachen gleich zu behandeln, soweit nicht sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen bzw. gebieten (BGE 130 I 71 E. 3.6 S. 70; 129 I 113 E. 5.1 S. 125 f., je mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer 1 durch den umstrittenen Gestaltungsplan nicht gleich stark tangiert wie der Beschwerdeführer 2, weshalb es sich durchaus rechtfertigte, die beiden Rechtsmittel unterschiedlich zu behandeln. 
2.4 Unbegründet ist denn auch die Behauptung des Beschwerdeführers 2, die kantonalen Instanzen hätten für die unterschiedliche Qualifikation der Rechtsmittel keine Gründe angegeben. Sowohl die Baurekurskommission III (Ziff. 3 S. 5 des Entscheids vom 6. November 2002) als auch das Verwaltungsgericht (E. 2 S. 4 f. des Urteils vom 19. Juni 2003) haben sich eingehend mit der Legitimation und den eingereichten Rechtsmitteln befasst. Das Verwaltungsgericht hat denn in Erwägung 5 S. 14 auch dargetan, weshalb es dem Beschwerdeführer 2 die Hälfte der Gerichtskosten auferlegt hat. Im Verfahren der Gemeindebeschwerde werden grundsätzlich keine Kosten erhoben (§ 151 GG/ZH i.V.m. § 132 des Wahlgesetzes vom 4. September 1983 [LS 161]), wohingegen gemäss den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens mehrere am Verfahren Beteiligte die Kosten in der Regel entsprechend ihrem Unterliegen tragen (§ 70 i.V.m. § 13 Abs. 2 VRG/ZH). Gestützt auf diese rechtlichen Grundlagen durfte das Verwaltungsgericht willkürfrei die Hälfte der Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer 2 auferlegen. 
3. 
Daraus ergibt sich, dass die Beschwerde, soweit überhaupt noch darauf einzutreten ist, abzuweisen ist. Da die Beschwerde im Hauptpunkt gegenstandslos geworden ist, rechtfertigt es sich, von einer Kostenerhebung im bundesgerichtlichen Verfahren abzusehen. Parteientschädigungen wurden keine beantragt und sind auch nicht zuzusprechen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinde Volketswil, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 31. März 2005 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: