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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_827/2022  
 
 
Urteil vom 31. März 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Quinto. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Advokat Dr. Alex Hediger, 
 
gegen  
 
Departement des Innern des Kantons Solothurn, Migrationsamt, 
Ambassadorenhof, 4509 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 12. September 2022 (VWBES.2021.468). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 21. Juni 2019 heiratete die serbische Staatsangehörige A.A.________ (geboren 1976) den deutschen Staatsangehörigen B.A.________, welcher über eine Niederlassungsbewilligung EU/EFTA in der Schweiz verfügt. Am 23. September 2019 wurde der Familiennachzug für A.A.________ bewilligt; diese verfügt seit dem 17. Oktober 2019 über eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA in der Schweiz. Am 7. November 2019 beantragte A.A.________ den Familiennachzug für ihren Sohn C.________ (geboren 2002 in Serbien; serbischer Staatsangehöriger).  
 
A.b. Am 20. November 2019 zeigte A.A.________ ihren Ehemann wegen häuslicher Gewalt, begangen am 17. November 2019, an. Mit Strafbefehl vom 16. Dezember 2019 wurde der Ehemann, B.A.________, wegen einfacher Körperverletzung, Beschimpfung und Drohung zum Nachteil von A.A.________ zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 70.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.  
 
A.c. Mit Schreiben vom 8. Januar 2020 stellte das Migrationsamt des Kantons Solothurn (Migrationsamt) den Eheleuten A.________ aufgrund des Strafverfahrens verschiedene Fragen zu ihrer Ehe. Beide Eheleute hielten in ihren Antwortschreiben im Wesentlichen fest, dass sie wieder zusammen in der ehelichen Wohnung leben würden, dass es zu keiner Trennung gekommen sei und dass sie am Gesuch um Familiennachzug von C.________ festhalten würden. Am 27. April 2020 wurde das Familiennachzugsgesuch von C.________ bewilligt; er reiste am 24. Juni 2020 in die Schweiz ein. Ab dem 9. Juli 2020 verfügte er über eine Aufenthaltsbewilligung.  
 
A.d. Mit Schreiben vom 2. Januar 2021 teilte B.A.________ dem Migrationsamt mit, dass A.A.________ ihn nur geheiratet habe, um einen Aufenthalt für sich und ihren Sohn in der Schweiz zu erhalten. C.________ lebe zudem weiterhin in Serbien und nicht in der Schweiz.  
 
A.e. Am 19. Januar 2021 beauftragte das Migrationsamt die Kantonspolizei Solothurn mit einer Überprüfung der Wohnverhältnisse des Ehepaars. Zudem sei abzuklären, ob C.________ in der Schweiz wohne. Mit Bericht der Kantonspolizei Solothurn vom 25. Januar 2021 wurde ausgeführt, dass die Polizei am 2. Januar 2021 zur ehelichen Wohnung gerufen worden sei. Strafrechtlich sei nichts vorgefallen, aber A.A.________ habe mitgeteilt, dass sie die eheliche Wohnung verlasse, da es zwischen ihr und ihrem Ehemann immer wieder zu Streitigkeiten kommen würde. An diesem Tag hätten sich nur die Eheleute in der Wohnung befunden, C.________ sei nicht angetroffen worden. Am 11. Januar 2021 habe die Ehefrau ein Annäherungsverbot gegen ihren Ehemann beim Gericht erwirkt. Am 12. Januar 2021 habe der Ehemann der Polizei mitgeteilt, dass seine Frau trotz Bezug von Arbeitslosengeldern einer Arbeit nachgehe und von Anfang an alles geplant habe, um für sich und ihren Sohn eine Aufenthaltsbewilligung zu erwirken. Am 23. Januar 2021 habe A.A.________ der Polizei telefonisch mitgeteilt, dass sich ihr Sohn seit vier bis fünf Monaten wieder in Serbien aufhalte und erst dann zurückkomme, wenn sie eine neue Wohnung habe.  
A.A.________ teilte dem Migrationsamt auf Nachfrage hin am 16. April 2021 unter anderem mit, dass sie seit dem 2. Januar 2021 von ihrem Ehemann getrennt lebe. Der Grund für die Trennung und für die Einreichung des Eheschutzgesuches sei physische und psychische Gewalt des Ehemannes ihr gegenüber. Sie habe keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als sich zu trennen. Um sich zu schützen, habe sie auch ein Annäherungsverbot erwirkt. Eine Scheidung sei zurzeit nicht geplant. Sie sei wirtschaftlich gut integriert, beziehe keine Sozialhilfe und besuche einen Intensivdeutschkurs. Nach Abschluss des Deutschkurses möchte sie eine Ausbildung als Pflegeassistentin machen. Privat sei sie gut vernetzt. 
B.A.________ bestritt demgegenüber am 3. Mai 2021 die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe. Anlässlich der Auseinandersetzung vom 2. Januar 2021 sei es zu keiner Gewaltanwendung gekommen, weder physisch noch psychisch. Er habe in Serbien die Scheidung eingereicht. Seine Frau sei bereits eine neue Beziehung eingegangen; er habe den Eindruck, dass es ihr nie wirklich um eine auf Dauer ausgerichtete Ehe gegangen sei, sondern nur um die Erlangung der Aufenthaltsbewilligung für sich und ihren Sohn. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 9. November 2021 widerrief das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung von A.A.________ und erteilte ihr kein eigenständiges Aufenthaltsrecht. Zudem wurde festgestellt, dass die Aufenthaltsbewilligung von C.________ erloschen sei. Beide wurden per 31. Januar 2022 aus der Schweiz weggewiesen. 
 
Die dagegen erhobene Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn wurde mit Urteil vom 12. September 2022 abgewiesen und die Ausreise neu auf den 30. November 2022 festgesetzt. 
 
C.  
A.A.________ (Beschwerdeführerin) reichte am 10. Oktober 2022 eine nicht näher bezeichnete Beschwerde beim Bundesgericht ein und beantragt, die Verfügung des Migrationsamtes vom 9. November 2021 sei vollumfänglich aufzuheben und die erteilte Aufenthaltsbewilligung zu belassen bzw. angemessen zu verlängern. Weiter sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen und demgemäss die gesetzte Ausreisefrist aufzuheben. Für das Verfahren vor dem Bundesgericht sei Kostenerlass und die Beiordnung des unterzeichneten Anwalts als unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bewilligen. 
Mit Präsidialverfügung vom 13. Oktober 2022 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da lediglich die Verfügung des Migrationsamtes angefochten worden sei, eventualiter sei sie abzuweisen. Das Migrationsamt schliesst auf Abweisung, soweit darauf einzutreten sei. Das Staatssekretariat für Migration liess sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Bezüglich der Eintretensvoraussetzungen (ihrer nicht näher bezeichneten Beschwerde) stützt sich die Beschwerdeführerin auf die Bestimmungen zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Letztere ist auf dem Gebiet des Ausländerrechts im Zusammenhang mit Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG).  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin lebt seit Januar 2021 getrennt von ihrem hier niedergelassenen deutschen Ehegatten. Ein Bewilligungsanspruch der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 3 Anhang I des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) steht damit gemäss gefestigter Rechtsprechung - welche die Berufung auf eine inhaltsleer gewordene Ehe nicht schützt - nicht (mehr) infrage (BGE 139 II 393 E. 2.2.; 130 II 1 E. 3.6; Urteil 2C_1002/2021 vom 9. Februar 2022 E. 3).  
 
1.3. Die Beschwerdeführerin macht jedoch in vertretbarer Weise geltend, gestützt auf die (nicht mehr gelebte) Ehe in Anwendung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG über einen (potenziellen) Bewilligungsanspruch zu verfügen (nachehelicher Aufenthaltsanspruch aus wichtigen Gründen). Die landesrechtlichen Ansprüche gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG gehen weiter als Anhang I FZA, welcher bei Trennung der Ehegatten kein Aufenthaltsrecht des drittstaatenangehörigen Ex-Ehegatten mehr vermittelt. Aufgrund des Diskriminierungsverbots von Art. 2 FZA ist Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG vorliegend dennoch anwendbar, weil die landesrechtlichen Ansprüche von Art. 50 AIG aus dem früheren Ehe- und Familienleben abgeleitet werden und insofern noch einen Bezug zum freizügigkeitsrechtlichen Familiennachzug haben, aufgrund dessen der Aufenthalt ursprünglich bewilligt wurde. Vorausgesetzt ist allerdings, dass sich der (andere) EU-angehörige Ex-Ehegatte nach wie vor rechtmässig in der Schweiz aufhält bzw. nach wie vor über ein (originäres) freizügigkeitsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt (vgl. BGE 144 II 1 E. 4.7 f.).  
Soweit ersichtlich hält sich der EU-angehörige, getrennt lebende Ehegatte der Beschwerdeführerin weiterhin in der Schweiz auf, weshalb sich die drittstaatenangehörige Beschwerdeführerin grundsätzlich auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in Anwendung von Art. 50 AIG (i.V.m. Art. 2 FZA) berufen kann (vgl. Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.2.2). Die sich daran knüpfenden materiell-rechtlichen Fragen sind in einem Sachurteil und nicht als Eintretensvoraussetzungen zu behandeln (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5; 136 II 177 E. 1.1). 
 
1.4. Soweit die Aufhebung der Verfügung des Migrationsamtes beantragt wird, ist darauf nicht einzutreten (Devolutiveffekt, BGE 136 II 101 E. 1.2). Da aufgrund der Begründung der Beschwerde unmissverständlich deutlich wird, dass (auch) das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn angefochten wird und Rechtsbegehren im Lichte der Beschwerdebegründung auszulegen sind (Urteil 2C_1038/2020 vom 15. März 2022 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 148 II 369), ist das vorliegende Rechtsbegehren als solches um Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils vom 12. September 2022 entgegenzunehmen.  
 
 
1.5. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 BGG), ist auf die frist- und formgerecht (Art. 42, Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht, d.h. es ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Urteils aufzuzeigen, inwiefern die entsprechenden Rechtsnormen verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und damit auch der Beweiswürdigung ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich, wobei das Bundesgericht nur bei einer willkürlichen oder rechtsverletzenden vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung, deren Korrektur entscheid-relevant sein kann, eingreift (Art. 95, Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). Entsprechende Rügen unterstehen der qualifizierten Rüge- und Begründungspflicht (vgl. E 2.1 oben). Auf rein appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).  
 
2.3. Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung (BGE 140 I 114 E. 3.3.4). Die Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges oder entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat. Dass die von Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerin übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen; Urteil 2C_115/2022 vom 9. Juni 2022 E. 2.3).  
 
3.  
 
3.1. Es ist unbestritten, dass die Ehegemeinschaft weniger als drei Jahre gedauert hat, weshalb ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung lediglich im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG vorliegen könnte. Gemäss dieser Bestimmung besteht nach Auflösung der Ehe- oder Familiengemeinschaft weiterhin ein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung des (ausländischen) Ehegatten, wenn wichtige Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (BGE 138 II 229 E. 3.1, "nachehelicher Härtefall"; Urteil 2C_115/2022 vom 9. Juni 2022 E. 3.1). Wichtige persönliche Gründe können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde oder die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50 Abs. 2 AIG).  
 
3.2. Nach der Rechtsprechung ist im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AIG jede Form ehelicher oder häuslicher Gewalt, sei sie körperlicher oder psychischer Natur, ernst zu nehmen. Häusliche Gewalt bedeutet systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben. Auch psychische bzw. sozio-ökonomische Druckausübung wie dauerndes Beschimpfen, Erniedrigen, Drohen oder Einsperren kann einen für die Annahme eines nachehelichen Härtefalls relevanten Grad an unzulässiger Oppression erreichen. Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn die psychische Integrität des Opfers bei einer Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft schwer beeinträchtigt würde. Nicht jede unglückliche, belastende und nicht den eigenen Vorstellungen entsprechende Entwicklung einer Beziehung begründet indessen bereits einen nachehelichen Härtefall und ein weiteres Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Die anhaltende, erniedriegende Behandlung muss derart schwer wiegen, dass von der betroffenen Person bei der Berücksichtigung sämtlicher Umstände vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, dass sie einzig aus bewilligungsrechtlichen Gründen die Ehe aufrechterhält und in einer ihre Menschenwürde und Persönlichkeit verneinenden Beziehung verharrt (BGE 138 II 229 E. 3.2.1 f.; Urteil 2C_1016/2021 vom 12. Oktober 2022 E. 4.2).  
 
3.3. Bei der Beurteilung der wichtigen persönlichen Gründe sind sämtliche Aspekte des Einzelfalles mitzuberücksichtigen (BGE 138 II 229 E. 3.1; vgl. zudem Art. 31 VZAE); dazu gehören auch die Umstände, die zur Auflösung der Gemeinschaft geführt haben (BGE 137 II 345 E. 3.2.3). Hat der Aufenthalt nur kürzere Zeit gedauert und wurden keine engere Beziehungen zur Schweiz geknüpft, lässt sich ein Anspruch auf weiteren Verbleib nicht begründen, wenn die erneute Integration im Herkunftsland keine besonderen Probleme stellt (BGE 138 II 229 E. 3.1 mit Verweis auf die Botschaft AuG, BBl 2002 3709, 3754 Ziff. 1.3.7.6). Entscheidend ist, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung als stark gefährdet zu gelten hat, nicht ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre. Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der konkreten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben der ausländischen Person voraus, die mit ihrer Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 43 Abs. 1 AIG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sind (vgl. zum Ganzen BGE 138 II 229 E. 3.1).  
 
3.4. Die ausländische Person trifft bei den Feststellungen des entsprechenden Sachverhalts eine weitreichende Mitwirkungspflicht. Sie muss die eheliche Gewalt bzw. häusliche Oppression und deren Schwere in geeigneter Weise glaubhaft machen (Arztberichte oder psychiatrische Gutachten, Polizeirapporte, Berichte/Einschätzungen von Fachstellen, glaubwürdige Zeugenaussagen von weiteren Angehörigen oder Nachbarn, vgl. zu den Beweisanforderungen BGE 142 I 152 E. 6.2 mit Hinweisen). Allgemein gehaltene Behauptungen oder Hinweise auf punktuelle Spannungen genügen nicht; wird häusliche Gewalt in Form psychischer Oppression behauptet, muss vielmehr die Systematik der Misshandlung bzw. deren zeitliches Andauern und die daraus entstehende subjektive Belastung objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden (BGE 138 II 229 E. 3.2.3 mit Hinweisen).  
 
4.  
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe in Verkennung der "glasklaren Fakten" offensichtlich und damit in willkürlicher Weise das Vorliegen von anhaltender und wiederholter häuslicher Gewalt verneint. 
 
4.1. Die Beschwerdeführerin stellt damit die vorinstanzliche Würdigung der Indizien bzw. Beweiswürdigung in Frage. Diese ist nachfolgend unter dem Blickwinkel der Willkür (vgl. E. 2.3 oben) zu überprüfen.  
 
 
4.2. Die Vorinstanz hat als erstes festgestellt, dass die Beschwerdeführerin am 17. November 2019 unbestritten Opfer ehelicher Gewalt geworden ist und ihr Ehemann mit Strafbefehl vom 16. Dezember 2019 wegen einfacher Körperverletzung, Beschimpfung und Drohung (bedingt) verurteilt worden ist. Da sich dieser Vorfall indes weit vor der Trennung vor dem 2. Januar 2021 ereignet habe, reiche er für sich alleine nicht aus, um einen nachehelichen Härtefall zu begründen, zumal die Beschwerdeführerin zu ihrem Ehemann zurückgekehrt sei und gegenüber den Migrationsbehörden angegeben habe, sie würden nunmehr eine glückliche Beziehung führen und hätten keine ehelichen Probleme mehr. Im März 2020 habe sie sich sogar mit positivem Kinderwunsch an eine Frauenarztpraxis gewandt. Der Vorfall vom 17. November 2019 sei ernst zu nehmen, stehe jedoch nicht in hinreichend engem Zusammenhang mit der Trennung im Januar 2021.  
 
4.3. Die Vorinstanz stellte weiter fest, dass es nach dem Vorfall vom 17. November 2019 zu keinen weiteren physischen Gewalthandlungen mehr gekommen sei. So habe die Beschwerdeführerin selber in ihrem Eheschutzgesuch vom 9. Januar 2021 zwar davon gesprochen, dass die Ehe weiterhin von erheblicher Gewalt geprägt sei, ihr Ehemann aber nur einmal handgreiflich geworden sei und insbesondere am 2. Januar 2021, dem Zeitpunkt der Trennung der Eheleute (vgl. Bst. A.e oben) keine physische Gewalt im Spiel gewesen sei. Mit begründetem Eheschutzurteil vom 26. August 2021 des Richteramts Dorneck-Thierstein sei sodann das auf Antrag der Beschwerdeführerin superprovisorisch verfügte Kontaktverbot aufgehoben und der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass eines Rayonverbots abgewiesen worden. Dabei sei auch auf einen Bericht der Fachstelle Häusliche Gewalt vom 19. Januar 2021 Bezug genommen worden, wonach es am 2. Januar 2021 zu keinen Tätlichkeiten und Beschimpfungen gekommen sei. Weiter sei auch dem Bericht der Kantonspolizei Solothurn vom 25. Januar 2021 zu entnehmen, dass es am 2. Januar 2021 zu keinen strafrechtlich relevanten Handlungen gekommen sei. Soweit die Beschwerdeführerin entgegen ihren früheren Aussagen vorbringe, es habe am 2. Januar 2021 ein physischer Übergriff stattgefunden, sei sie unglaubwürdig.  
 
4.4. Was schliesslich die Frage der psychischen Gewalt betreffe, hielt die Vorinstanz fest, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelinge, diese hinreichend nachzuweisen. Ihre eingereichten und beantragten Beweismittel würden letztlich alle lediglich auf ihren eigenen Aussagen beruhen. Dies gelte auch für die Aussagen ihrer beiden Zeugen, die jeweils bestätigen würden, was die Beschwerdeführerin ihnen geschildert habe, etwa dass der Ehemann die Beschwerdeführerin verschiedentlich bedroht habe und sie unter seinem tyrannischen Verhalten gelitten habe. Angesichts dessen, dass der Ehemann seinerseits, unter anderem in seiner "Anzeige wegen Ehebetrug" vom 2. Januar 2021, geltend machte, er sei von der Beschwerdeführerin nur ausgenutzt und teilweise unter Druck gesetzt worden, weil deren Absicht (von Anfang an) gewesen sei, einen Aufenthaltsanspruch für sich und ihren Sohn zu erwirken, schloss die Vorinstanz in einer gesamthaften Würdigung der verschiedenen, teilweise auch gegenläufigen Aussagen und Fakten auf eine zwar unglückliche Ehe, aber nicht (mehr) eine solche, die durch systematisch ausgeübte eheliche Gewalt geprägt gewesen sei.  
 
4.5. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, verfängt nicht: Ihre Kritik an den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen und deren Beweiswürdigung ist wenig substanziiert und erschöpft sich vorab in appellatorischer Kritik sowie in einer Darstellung der eigenen Sichtweise, was nicht ausreichend ist, um die vorinstanzliche Beweiswürdigung als offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich erscheinen zu lassen (vgl. E. 4.1 oben). Sie vermag jedenfalls in keiner Weise nachzuweisen, dass es nach dem Vorfall vom 17. November 2019 und damit während des (erneuten) Zusammenlebens und insbesondere auch am 2. Januar 2021 zu weiteren Vorfällen gekommen wäre, die eine systematische physische oder psychische Misshandlung der Beschwerdeführerin darstellen würden, mit dem Ziel, Macht und Kontrolle über sie auszuüben.  
Die von der Beschwerdeführerin ins Zentrum gestellte Verurteilung betreffend den Vorfall vom 17. November 2019 (vgl. Bst. A.b oben) ist unbestritten und auch keineswegs zu verharmlosen. Aber mit Blick auf den weiteren Verlauf der Ehe kann der Vorfall nicht als ursächlich für die Trennung im Januar 2021 angesehen werden. Die Beschwerdeführerin bringt nichts weiter vor, das die vorinstanzlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen erschüttern würde: Dass superprovisorisch ein Kontaktverbot ausgesprochen worden war, ist anerkannt. Relevant ist aber für dessen Würdigung, dass dieses aufgehoben und der Erlass eines Rayonverbots abgewiesen wurde. Die von der Beschwerdeführerin zitierten schriftlichen Zeugenaussagen eines Bekannten sowie einer Nachbarin sind insofern zu relativieren, als sie hauptsächlich lediglich bestätigen, was die Beschwerdeführerin ihnen berichtet hat, nämlich dass sie unter der Beziehung leide und sich von ihrem Ehemann bedroht fühle. Was schliesslich den 2. Januar 2021 anbelangt, so macht die Beschwerdeführerin geltend, die Kantonspolizei habe sie von einer (erneuten) Strafanzeige gegen ihren Ehemann abgehalten, da ihn dies nur "wütender machen" könnte. Dies habe die Nachbarin schriftlich bestätigt. Auf Nachfrage des Migrationsamtes hin hat die Kantonspolizei am 5. November 2021 ausgeführt, dass solche Auskünfte nicht ihrer Praxis entsprechen würden. Auch wenn damit nicht abschliessend geklärt ist, was der damals diensthabende Polizist geraten hat, so ist doch festzuhalten, dass dies allein nicht genügen würde, eine systematische Misshandlung der Beschwerdeführerin aufzuzeigen. Insgesamt bleibt es bei den allgemeinen Behauptungen der Beschwerdeführerin, im weiteren Verlauf des Ehelebens, mithin nach dem 17. November 2019, häusliche Gewalt erlebt zu haben. 
 
4.6. Im Ergebnis durfte die Vorinstanz im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in tatsächlicher Hinsicht willkürfrei davon ausgehen, dass die Schwelle zur Annahme ehelicher Gewalt im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AIG in Bezug auf die Zeit nach dem Vorfall vom 17. November 2019 nicht mehr erreicht war.  
 
4.7. Nachdem die Vorinstanz, ohne in Willkür zu verfallen, festgestellt hat, dass die Trennung der Ehegatten nicht durch eheliche Gewalt verursacht wurde, verfügt die Beschwerdeführerin in rechtlicher Hinsicht nicht über einen entsprechenden, wichtigen Grund, welcher ihr einen nachehelichen Aufenthaltsanspruch gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AIG verschaffen würde. Das angefochtene Urteil erweist sich diesbezüglich als bundesrechtskonform.  
 
5.  
 
5.1. Sinngemäss bringt die Beschwerdeführerin ferner vor, ein wichtiger persönlicher Grund im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG liege auch deshalb vor, weil ihre soziale Wiedereingliederung im Heimatland massiv gefährdet sei bzw. sie in die Schweiz zu ihrem Ehemann gezogen sei, um hier zu bleiben, und sie sich entsprechend sozial und wirtschaftlich gut integriert habe. Sie habe sich auch strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen.  
 
5.2. Entscheidend ist, ob die persönliche, berufliche und familiäre Eingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3; Urteil 2C_352/2022 vom 23. November 2022 E. 7.1). Die befürchtete Beeinträchtigung muss im Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände glaubhaft erscheinen (BGE 138 II 229 E. 3.2.3).  
 
5.3. Eine solche Gefährdung ist vorliegend nicht auszumachen: Die Beschwerdeführerin lebt erst seit 2019 in der Schweiz. Gemäss den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist sie in Serbien aufgewachsen und hat dort weiterhin familiäre Bande, beispielsweise zu ihrem Sohn und ihrer Mutter. Weiter verfügt sie über einen Berufsabschluss als Chemietechnikerin, was ihr ohne Weiteres erlauben sollte, sich in ihrer Heimat auch beruflich wiedereinzugliedern.  
 
5.4. Daran vermag nichts zu ändern, dass sich die Beschwerdeführerin in der Schweiz wirtschaftlich integriert hat und sich strafrechtlich nichts hat zuschulden kommen lassen. Diese Integrationsbemühungen wurden von der Vorinstanz denn auch positiv gewürdigt, reichen jedoch nicht aus, um einen selbständigen Aufenthaltsanspruch im Sinne eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles zu erlangen.  
 
5.5. Im Ergebnis ging die Vorinstanz somit bundesrechtskonform davon aus, dass die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG keinen Anspruch auf einen weiteren Aufenthalt ableiten kann. Der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung erweist sich damit auch als verhältnismässig (Art. 96 Abs. 1 AIG), da keine überwiegenden privaten Interessen auszumachen sind, die dem Widerruf der Aufenthaltsbewilligung entgegenstehen.  
 
5.6. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.  
 
6.  
 
6.1. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht die Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.  
 
6.2. Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand (Art. 29 Abs. 3 BV; Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
6.3. Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde; eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet (BGE 129 I 129 E. 2.3.1).  
 
6.4. Die Rüge der Beschwerdeführerin bezüglich willkürlicher vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erschöpft sich primär in appellatorischer Kritik. Auch die übrigen Rügen sind wenig substanziiert. Die Beschwerde erweist sich damit als aussichtslos, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 und 3 BGG).  
 
6.5. Demzufolge und gemäss Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. März 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: C. Quinto