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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_123/2012 
 
Urteil vom 31. Mai 2012 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, Denys, 
Gerichtsschreiberin Pasquini. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Semela, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Mehrfaches Führen eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration etc.; Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts 
des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, 
vom 23. Dezember 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Gemäss bestrittenem Sachverhalt wollte X.________ am 7. Juli 2008, um ca. 00.10 Uhr, mit seinem Personenwagen von Mellingen an seinen Wohnort in A.________ fahren. Als er in angetrunkenem Zustand von Seon kommend in Richtung Hunzenschwil fuhr, kollidierte er in Schafisheim mit einem Inselschutzpfosten. Der weggeschleuderte Pfosten beschädigte den Zaun von B.________. X.________ fuhr weiter, ohne den Geschädigten oder die Polizei zu informieren, da er wusste, dass eine Blut- oder Atemalkoholprobe durchgeführt werden würde. Um 01.14 Uhr kollidierte er in Oberentfelden auf der Autobahn A1 in Fahrtrichtung Bern mit der Leitplanke, wodurch eine halbe Felge seines Fahrzeugs abgerissen wurde. Ohne anzuhalten oder die Polizei zu benachrichtigen, fuhr er weiter und verliess die Autobahn in Kölliken. Dort stellte er sein Fahrzeug vor dem Haus von C.________ ab und entfernte sich zu Fuss. 
X.________ wird weiter vorgeworfen, am 7. Juli 2008, um 05.30 Uhr, mit dem Geschäftsfahrzeug von Buchs nach A.________ gefahren zu sein. Die auf 00.28 Uhr rückgerechnete Blutalkoholkonzentration ergab einen Wert von 2,01-3,13 o/oo, die auf 05.30 Uhr bezogene einen solchen von 1,66-2,13 o/oo. 
 
B. 
Die Gerichtspräsidentin III des Bezirksgerichts Lenzburg sprach X.________ am 12. April 2011 des mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration, der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit, der einfachen Verkehrsregelverletzung durch Nichtbeherrschen des Fahrzeugs und des mehrfachen pflichtwidrigen Verhaltens bei einem Unfall schuldig. Sie verurteilte ihn zu einer unbedingt vollziehbaren Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 200.-- und zu einer Busse von Fr. 100.--. 
Das Obergericht des Kantons Aargau wies die von X.________ gegen dieses Urteil erhobene Berufung am 23. Dezember 2011 ab. 
 
C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben, und er sei freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei für die Geldstrafe der bedingte Vollzug zu gewähren, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Staatskasse. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Die Vorinstanz berücksichtige seine Vorbringen zu den Fahrtwegen der inkriminierten Taten nicht (Beschwerde S. 8 N. 5). 
 
1.2 Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist unbegründet. Die Vorinstanz hat sich mit den Ausführungen des Beschwerdeführers zu den Fahrtstrecken auseinandergesetzt (Berufungseingabe vom 7. November 2011 S. 6 f. N. 6). Sie erwägt, es stehe zweifelsfrei fest, dass sich der Sachverhalt so zugetragen habe, wie ihn die erste Instanz festhalte. Daran vermöge auch der Einwand des Beschwerdeführers nichts zu ändern, die Fahrtstrecken seien realitätsfern. Dies schliesse jedenfalls nicht aus, dass er jene Strecken gefahren sei (Urteil S. 12 E. 2.4). Die Vorinstanz durfte sich darauf beschränken, in den wesentlichen Grundzügen darzulegen, weshalb sie anderer Auffassung als der Beschwerdeführer ist (hierzu BGE 136 I 229 E. 5.2 mit Hinweisen). Im Umstand, dass sie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt trotz seiner Vorbringen als erwiesen erachtet, liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. 
 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer bestreitet, die beiden Fahrzeuge gelenkt zu haben. Er rügt, die Vorinstanz stelle den Sachverhalt offensichtlich falsch fest, würdige die Beweise willkürlich und verletze den Grundsatz "in dubio pro reo" (Beschwerde S. 4-9 N. 2-4 und N. 6). 
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, es sei aktenwidrig, wenn die Vorinstanz davon ausgehe, der bei ihm sichergestellte Schlüssel Nr. 1 sei derjenige, welcher zuletzt benutzt worden sei (Beschwerde S. 4-6 N. 2). Zudem würdige die Vorinstanz sowohl die Aussagen von D.________ als auch diejenigen von C.________ willkürlich und lasse ausser Acht, dass ihn beide entlasteten (Beschwerde S. 7 ff. N. 3 f. und N. 6). 
 
2.2 Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig ist sie, wenn sie willkürlich ist (BGE 136 II 304 E. 2.4 S. 314 mit Hinweis). Die Beweiswürdigung ist willkürlich, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenso vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE 134 I 140 E. 5.4 mit Hinweisen). 
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in der vom Beschwerdeführer angerufenen Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende selbstständige Bedeutung zu (vgl. BGE 127 I 38 E. 2a S. 41; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen). 
Wird die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) gerügt, gelten qualifizierte Anforderungen an die Begründung. Eine solche Rüge prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur, wenn sie in der Beschwerde vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Das bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen. Auf appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; 136 I 65 E. 1.3.1; je mit Hinweis). 
 
2.3 Die vom Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung erhobenen Einwände erschöpfen sich in unzulässiger appellatorischer Kritik. Er beschränkt sich darauf, wörtlich zu wiederholen, was er bereits im Berufungsverfahren geltend machte (bezüglich der Aktennotiz des Gerichtsschreibers vom 11. April 2011 oder der angeblichen Relay-Attacke, Berufungseingabe vom 7. November 2011 S. 3 f. N. 3 und Beschwerde S. 4-6 N. 2; der Aussagen von D.________, Berufungseingabe S. 4 f. N. 4 und Beschwerde S. 7 N. 3; und der Aussagen von C.________, Berufungseingabe S. 5 f. N. 5 und Beschwerde S. 7 f. N. 4) und setzt sich nicht mit den Ausführungen der Vorinstanz auseinander. Darauf ist nicht einzutreten. Seine Vorbringen sind ohnehin unbegründet. Die Vorinstanz nimmt unter Verweis auf die diesbezüglichen Erwägungen der ersten Instanz eine ausführliche Beweiswürdigung vor und setzt sich sorgfältig mit den Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander (Urteil S. 6-12 E. 2.1-2.4; erstinstanzliches Urteil S. 5-12 E. 2.2-2.3). Sie gelangt willkürfrei zum Schluss, es stehe ohne Zweifel fest, dass sich der Sachverhalt so zugetragen habe, wie ihn die erste Instanz festhalte. Sie schliesst sodann keineswegs gestützt auf die Aussagen des Zeugen C.________ auf den Beschwerdeführer als Täter (Beschwerde S. 8 N. 4). Sie erwägt vielmehr, es sei durchaus möglich, dass sich der Zeuge getäuscht habe. Dieser habe anlässlich der erstinstanzlichen Verhandlung nicht sagen können, ob es sich bei der von ihm wahrgenommenen Person um den Beschwerdeführer gehandelt habe, was angesichts des langen Zeitablaufs und der im Tatzeitpunkt herrschenden Dunkelheit nicht erstaune (Urteil S. 11 E. 2.3.3.2). 
 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verweigerung des bedingten Vollzugs der Geldstrafe sei unverhältnismässig. Die Vorinstanz lasse sein Wohlverhalten seit dem 7. Juli 2008 ausser Acht und beachte nicht, dass seine Vorstrafe Jahre zurückliege. Sie berücksichtige wesentliche Faktoren nicht, wie seinen einwandfreien, zivilen Leumund, sein intaktes Beziehungsnetz sowie den Umstand, dass er seit Jahren beim gleichen Arbeitgeber angestellt sei. Das Leugnen der Taten schliesse den bedingten Strafvollzug nicht aus (Beschwerde S. 10 N. 8). 
 
3.2 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). 
Der Strafaufschub ist die Regel, von der grundsätzlich nur bei ungünstiger Prognose abgewichen werden darf. Bei der Prüfung, ob der Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet, hat das Gericht eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung miteinzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Ein relevantes Prognosekriterium ist insbesondere die strafrechtliche Vorbelastung (BGE 134 IV 1 E. 4.2.1 f. mit Hinweisen). Allerdings schliessen einschlägige Vorstrafen den bedingten Vollzug nicht notwendigerweise aus (Urteil 6B_820/2010 vom 31. Januar 2011 E. 1.3.2 mit Hinweis). 
Dem Gericht steht bei der Prüfung des künftigen Legalverhaltens ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn dieses sein Ermessen über- bzw. unterschreitet oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt (BGE 134 IV 140 E. 4.2 S. 143 mit Hinweis). 
 
3.3 Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die einschlägige Vorstrafe und die Administrativmassnahme vom 21. April 2005 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung als erheblich ungünstige Elemente gewichtet (Urteil S. 13 f. E. 3.2). Der Beschwerdeführer war mit Strafbefehl des Bezirksamts Laufenburg vom 19. April 2006 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand zu einer Busse von Fr. 1'200.-- verurteilt worden. Wegen dieser Tat wurde ihm für die Dauer von drei Monaten der Führerausweis entzogen. Die Vorinstanz berücksichtigt zu Recht, dass die Vorstrafe und die Administrativmassnahmen keine Warnwirkung auf den Beschwerdeführer hatten. Dass sie von fehlender Einsicht und Reue ausgeht, insbesondere auch weil er die zu beurteilenden Taten trotz erdrückender Beweislage hartnäckig bestreitet, ist richtig. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe sich nach der Ausfällung des vorinstanzlichen Urteils wohlverhalten, liegt ein unzulässiges Novum vor (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
Inwiefern die vom Beschwerdeführer angeführten stabilen beruflichen und privaten Verhältnisse an der vorinstanzlichen Einschätzung der Legalprognose etwas zu ändern vermögen, ist nicht ersichtlich. Diese grundsätzlich positiven Umstände konnten ihn bereits in der Vergangenheit nicht davon abhalten, gegen das Strassenverkehrsrecht zu verstossen. 
Indem die Vorinstanz eine günstige Prognose für das künftige Wohlverhalten des Beschwerdeführers verneint, verletzt sie kein Bundesrecht. 
 
4. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 31. Mai 2012 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini